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Pädagogik der Anerkennung: Wege zum Verständnis von Resilienz

AutorKristina Lange
VerlagDiplomica Verlag GmbH
Erscheinungsjahr2010
Seitenanzahl115 Seiten
ISBN9783836642002
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis19,99 EUR
Es sind die einfachen alltäglichen Dinge im Leben, die mich dazu bewegen, stark oder schwach zu sein. Ich habe immer wieder bemerkt, dass ich selbst einen entscheidenden Anteil dazu beitrage, wie meine Umwelt mit mir und ich mit ihr umgehe. In den letzten Jahren habe ich stetig versucht, meinem jeweiligen Gegenüber Offenheit, Beachtung und Anerkennung zu vermitteln. Große Worte, die jedoch im Vergleich kleine Gesten fordern. Ein Lächeln, Zuspruch, eine Motivation, wirkliches Interesse, eine sachliche Kritik, ernst gemeinte Hilfestellung oder eine Umarmung können in einem Menschen viel Positives auslösen. Dieser Level ist natürlich nicht immer zu halten, deswegen versuche ich, mir eine entsprechend gesunde innerliche Haltung anzueignen und sie authentisch im Alltag zu leben.
Unabhängig davon, welcher pädagogische Ansatz vertreten wird, ist es wichtig zu verstehen, dass die heutige Gesellschaft, die einerseits gekennzeichnet ist durch Überfluss, Schnelllebigkeit, Leistungsdruck, Oberflächlichkeit und Egoismus, aber andererseits auch durch Armut und Ausgrenzung, einen Ausgleich fordert.
Nicht nur die Starken sollten gefordert und gefördert werden, sondern ebenso auch die Schwachen. Eine Pädagogik der Anerkennung betrachtet den Menschen aus unterschiedlichen Perspektiven, steht ihm offen in seinem Wesen gegenüber, schenkt gesunde Anerkennung und Wertschätzung und fördert individuell die Selbstwirksamkeit wie ebenfalls die Selbstwirksamkeitsüberzeugung des einzelnen.
In Filmprojekten mit der Methode der biographischen Spielfilmarbeit konnte ich mehrfach Erfahrungen sammeln, was ein resilienter Umgang bewirken kann. Wenn kleine Gangster beginnen mit ihrem Gegenüber rücksichtsvoll umzugehen, demotivierte zurückgezogene Außenseiter es genießen, im Rampenlicht zu stehen, schüchterne Mädchen bemerken, dass ihre Stimme gefordert ist oder Quatschköpfe anfangen, über ihr Verhalten nachzudenken und Versager zu Recht stolz auf sich sind, dann ist das ein sichtbarer und deutlicher Erfolg. Potentiale, die durch Selbstwirksamkeitsbestärkung freigesetzt werden können, vermögen Erstaunliches zu bewirken. Einzelgänger werden gemeinschaftsfähig, Nieten zielorientiert und Ignorante rücksichtsvoll. Kompetenzen, die für einen gelungenen positiven Lebensweg die Basis bilden. Diese Entwicklungsgänge sind erstarkende Lernprozesse. Meine positiven Erfahrungen bestärken mich und sind Beweggrund, mich mit einer wirksamen Pädagogik der Anerkennung auseinanderzusetzen.
Kulturen und Gesellschaften fordern zeitgenössische Lerntheorien und sich darauf beziehende Pädagogien. Jene können jedoch erst dann wahrhaftig wirksam werden, wenn ihre zeitgenössischen Forderungen erkannt und der Mensch in ihr und durch sie verstanden wird.
Das vorliegende Buch befasst sich mit dem ganzheitlichen Verständnis des Menschen und impliziert im Fokus seine größte Begabung: die Fähigkeit zu lernen.
Welche Unterstützungen und Bedingungen ein Mensch im aktuellen zeitgenössischen Kontext in Bezug auf Lernen braucht ist die Kernfrage und Kernfrage dieser Studie.
Selbstanerkennung und Selbstwirksamkeit spielen hierbei einen entscheidenden Anteil. Die menschlichen Beweggründe des Lernens, Neurobiologie, Pädagogik, verschiedenste Lerntheorien in kulturellen und gesellschaftlichen Kontexten, der didaktische Konstruktivismus wie viele weitere Aspekte werden in der vorliegenden Studie behandelt.

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel 5.7, Der Ansatz integrativer Lerntheorien: Im Gegensatz zur klassischen und operanten Konditionierung beleuchten die interaktiven Ansätze, dass zwischen Reiz und Reaktion bedeutende Vorgänge stattfinden, die Lernen wesentlich beeinflussen. Reaktionen wie auch Konsequenzen ergeben sich demnach aus vorhergehenden Reizen und dem, was die Reize im Menschen individuell auslösen. Solche Faktoren sind Motivationen und Emotionen, wie Kognitionen und daraus resultierende Erwartungen. Wie ich mich verhalte ist also abhängig davon, was ich kenne. Das, was ich kenne, steht immer unter motivierender und emotionaler Beeinflussung. Diese Beeinflussung lenkt meine Erwartungen. Daraus resultiert ein individuelles Verhalten. 'Wenn ich wieder einmal über mich nachdenke, komme ich zu folgendem Beispiel: Eine gute Freundin hat vor nicht allzu langer Zeit zu mir gesagt: 'Kristina, wenn ich philosophieren möchte, um Antworten zu finden, dann komme ich zu dir.' Im ersten Moment konnte ich mit ihrer Aussage nichts anfangen, denn ich gebe doch genauso Antworten wie andere. Es geht aber darum, wie und welche Antworten von mir gefunden werden, und das ist immer eine Frage des Blickwinkels. Ich bin mit Sicherheit kein Philosoph. Denke ich über meine Erziehung und Bildung nach, die anthroposophisch orientiert war, begreife ich ihr Argument. Den Blickwinkel einer anderen Person kennenzulernen macht Gespräche interessant, spannend und anregend. Denn aus ihnen kann ein Verhalten resultieren, welches nicht auf dem eigenen Hintergrund beruht.' Es entwickelt sich auf Grund dessen ein neues Lernverständnis. Geschichtliche Einbettung integrativer Lerntheorien: Das erste Jahrzehnt der Nachkriegszeit, gestaltete sich für Europa sehr wirtschaftlich schwierig und mühselig. Parallel erfreute sich Amerika am zunehmenden Wohlstand und Wachstum. Die Lebenserwartung stieg, der Einwanderungsstrom hielt an und die beträchtliche Geburtenrate ließ die Bevölkerungsanzahl zwischen 1940 und 1970 um 55 Prozent ansteigen. Nicht nur die amerikanische Wirtschaft erfuhr Aufschwung, sondern auch ihr Militär- und Verwaltungsapparat. Mehr als zwanzig Prozent der arbeitenden Bevölkerung waren unter ihnen beruflich angestellt. Das steigende Nationaleinkommen ermöglichte der amerikanischen Regierung verstärktes innenpolitisches Engagement, was dem Gesundheits- Erziehungs- und Sozialwesen zu Gute kam. Doch leider forderte das schnelle wirtschaftliche Wachstum seinen Tribut. Das schnelle Anschwellen der Städte veranlasste den Mittelstand, sich in das Landesinnere zurückzuziehen. Wer in den Zentren der Städte zurückblieb, war meistens arm, arbeitssuchend oder mittellos. Ghettobildungen, Rassenkonflikte und Diskriminierungen waren die unausweichliche Folge. Martin Luther King setzte sich im Jahre 1955/56 erstmals für das Recht der Schwarzen ein, jedoch soziale Ungerechtigkeiten boten weiterhin Anstoß für blutige Unruhen und Auseinandersetzungen. Clark Leonard Hull 1884-1952: Hull zählt zu den bedeutsamsten amerikanischen Vertretern der klassischen Lerntheorien in der frühen Nachkriegszeit des Zweiten Weltkrieges. Er ist Freund der Pawlowschen Gesetze. Die klassische Konditionierung dient ihm als Basis für seinen eigenen Beitrag der psycho-logischen Forschung. Hull veröffentlicht 1943 'Principles of Behavior'. Er versteht das menschliche Verhalten als Ergebnis der konstanten Interaktion zwischen Organismus und Umwelt, schreibt Guy R. Lefrancois.96 Die Umwelt bietet Reize und der Organismus Reaktionen. Der Unterschied zur klassischen Konditionierung ist folgender: Für Hull ist die unbeobachtbare Komponente (die intervenierende Variable) ausschlaggebend für die Reaktion. Weil sie nicht direkt beobachtbar sind, schließt die klassische Konditionierung jene aus. Intervenierende Variablen sind als Gewohnheitsstärken oder Triebe zu verstehen. Sie sind, Organismus variablen, etwa wie individuelle Lebensgeschichten, biologische Bedürfnisse oder Mündigkeitszustände. Sie stehen zwischen Reiz und Reaktion. 'In diesem Sinne postulieren Hulls intervenierende Variablen zwischen Reiz (Input-Variable) und Reaktion (Output-Variable), welche zwar nicht direkt beobachtbar, aber aufgrund systematischer Beobachtungen erschließbar sind', psychoanalytische und lerntheoretische Annahmen waren somit miteinander verbunden. Die intervenierenden Variablen beinhalten ein reaktionsförderndes Potential und/oder ein reaktionshemmendes Potential, welches auf Verhalten Einfluss nimmt. Folgt eine Reaktion auf einen Reiz, ist er also davon abhängig, ob reaktionsfördernde oder reaktionshemmende Faktoren überwiegen.
Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Pädagogik der Anerkennung. Wege zum Verständnis von Resilienz1
Vorwort3
Inhaltsverzeichnis5
1 Einleitung8
2 Scham und Anerkennung9
2.1 Scham9
2.2 Formen der Scham9
2.3 Gibt es eine Ur-Scham11
2.4 Schamabwehrverhalten12
2.5 Beschäme und herrsche14
2.6 Anerkennung versus Scham- eine pädagogische Geheimwaffe15
2.7 Selbstanerkennung17
3 Lernen, wir unterscheiden uns19
3.1 Warum lernen Menschen?19
3.2 Wir sehen das, was wir kennen22
4 Was ist Lernen?25
4.1 Lernen aus der Sicht der Neurobiologie25
4.2 Allgemeines Lernen, wie funktioniert es?26
4.3 Lernen unterteilt sich in Phasen27
4.4 Die Wahrnehmungs-Erfahrungs-Landkarte29
4.5 Was bedeutet Wahrnehmung?30
4.6 Neurobiologie und Pädagogik32
5 Die Klassischen Lerntheorien34
5.1 Die Klassische Konditionierung34
5.2 Geschichtliche Einbettung der Klassischen Konditionierung34
5.3 Der Ansatz der Klassischen Konditionierung35
5.4 Die Operante Konditionierung37
5.5 Geschichtliche Einbettung der operanten Konditionierung37
5.6 Der Ansatz der operanten Konditionierung39
5.7 Der Ansatz integrativer Lerntheorien40
5.8 Geschichtliche Einbettung integrativer Lerntheorien41
5.9 Clark Leonard Hull 1884-195242
5.10 O. Hobart Mowrer 1907-198243
5.11 Edward Chace Tolman 1886-195943
5.12 Der Ansatz sozialer Lerntheorien44
5.13 Geschichtliche Einbettung sozialen Lernens44
5.14 Julian B. Rotter (1906-)45
5.15 Martin Seligman (1942-)46
5.16 Albert Bandura (1925-)47
5.17 Die Gestaltpsychologie47
5.18 Geschichtliche Einbettung der Gestaltpsychologie48
5.19 Der Ansatz der Gestaltpsychologie48
6 Der didaktische Konstruktivismus51
6.1 Übergreifende konstruktivistische Begriffe51
6.2 Der Mensch ist ein geschlossenes System51
6.3 Der Mensch konstruiert seine eigene Welt51
6.4 Die Intersubjektivität53
6.5 Die Viabilität53
6.6 Einführungen in die konstruktivistische Lerntheorie54
6.7 Die Entwicklung der konstruktivistische Didaktik56
6.8 Konstruktivistische Didaktik56
7 Sozialisation58
7.1 Individualität und Sozialcharakter59
7.2 Innere und äußere Welt61
7.3 Strukturen des Sozialisationsprozesses62
7.4 Phasen des Sozialisationsprozesses64
7.5 Die Selbstwirksamkeit66
8 Gruppen69
8.1 Primärgruppen69
8.2 Die Familie als einflussreichste formelle Primärgruppe70
8.3 Eltern und Kind70
8.4 Geschwister74
8.5 Familie und Autonomie76
8.6 Informelle Gruppen78
8.7 Peer-Groups und ihre Funktionen79
8.8 Selbstvertrauen als Basis der Peer-Groups81
8.9 Freundschaften83
9 Identität85
9.1 Das Selbst aus unterschiedlichen Perspektiven87
9.2 Das Entscheidende des Selbst - die Moral90
9.3 Ich –Stärke vs. moralisches Wissen und unmoralisches Handeln92
9.4 Moralentwicklung92
10 Resilienz95
10.1 Die Bewältigung von Entwicklungsaufgaben der Altersstufen95
10.2 Widerstandskraft97
10.3 Resilienz ist lernbar99
10.4 Was kennzeichnet resiliente Kinder und ihr Umfeld99
10.5 Wie wird ein Mensch resilienzfähiger102
10.6 Resilienzförderung102
11 Resümee105
12 Quellenverzeichnis107
Die Autorin114

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