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E-Book

Passive Sicherheit von Kraftfahrzeugen

Biomechanik - Simulation - Sicherheit im Entwicklungsprozess

AutorFlorian Kramer
VerlagVieweg+Teubner (GWV)
Erscheinungsjahr2007
Seitenanzahl432 Seiten
ISBN9783834890429
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis36,99 EUR
Die passive Sicherheit von Kraftfahrzeugen nimmt bei der Auslegung von Kraftfahrzeugen, bei Umfrageergebnissen von Fahrzeugbenutzern und bei der Berichterstattung in Fachzeitschriften und Automagazinen einen hohen Stellenwert ein. Ihrer ständig wachsenden Bedeutung sowie der hohen Innovationsrate wird in dieser zweiten Auflage durch die Aufnahme neuer Kapitel Rechung getragen, und zwar zur Sensorik für die Unfalldetektierung und zur sicherheitstechnischen Auslegung im Entwicklungsprozess von Kraftfahrzeugen. Außerdem wurden umfassende Überarbeitungen bei Simulation, Aktualisierungen bei Bewertung und Gesetzen sowie Erweiterungen bei Sicherheitsmaßnahmen eingebracht.


Hon.-Professor Dr.-Ing. Florian Kramer lehrt an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden (FH) das Fachgebiet Kraftfahrzeugsicherheit und Unfallanalytik.

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Leseprobe
8 Rechnerische Simulation (S. 361-362)

Für eine Zulassung im Straßenverkehr sind Fahrzeugversuche international vereinbart und gesetzlich vorgeschrieben. Mit der experimentellen Simulation werden nicht selten unerwartete Schwachstellen aufgedeckt. Nachteilig ist allerdings der Umstand, dass Testobjekte erst als Prototypen oder Muster vorliegen müssen, um experimentell überprüft werden zu können. Dies bedeutet nicht nur hohe Erstellungskosten, sondern auch einen hohen Zeitaufwand, der mit den immer kürzer werdenden Entwicklungszyklen neuer Fahrzeugtypen und -plattformen unvereinbar ist. Daher entwickelte sich die rechnerische Simulation hin zum entscheidenden und anerkannten Auslegungswerkzeug.

Die Anwendung reicht von der Konzeptphase bis hin zur Serienentwicklung und zeichnet sich durch ein hohes Maß an Zuverlässigkeit und Genauigkeit aus. Dies gilt für die statische und dynamische Berechnung des Fahrzeugverhaltens und der Komponenten des Insassenschutz-Systems als auch für die Simulation des Bewegungs- und Belastungsverhaltens von Insassen. Innerhalb dieser Crash-Mechanik-Simulation werden Rechenverfahren eingesetzt, die die zu untersuchende Komponente als deformierbar oder als gekoppelte Starrkörper annehmen.

Entsprechend nutzt man Programme aus dem Bereich der Finite-Elemente- Methode (FEM) bzw. Programme für Mehr-Körper-Systeme (MKS). Nach einer Zusammenfassung der geschichtlichen Entwicklung der Berechnungsverfahren werden die einzelnen mathematischen Methoden kurz umrissen. Daran schließt sich die Beschreibung von verwendeten Modellarten in den unterschiedlichen Berechnungsdisziplinen. Abschließend werden erforderliche Kriterien zur Bewertung einer Berechnung diskutiert und die Möglichkeiten der Optimierung von Systemen mittels Simulation erläutert. 8.1 Geschichte der rechnerischen Simulation Verwendet man MKS-Formulierungen, führt dies zu Systemen von gewöhnlichen Differentialgleichungen.

Eine noch heute aktuelle Gruppe von Algorithmen zur Lösung von Anfangswert-Problemen von gewöhnlichen Differentialgleichungen wurde Anfang des 20. Jahrhunderts, also vor der Entwicklung und Verbreitung von Computern, veröffentlicht. Die Methoden sind nach den Entwicklern, dem deutschen Mathematiker und Physiker Carle David Tolmé RUNGE (1856-1927), der in Göttingen lehrte und dem deutschen Mathematiker Martin Wilhelm KUTTA (1867-1944), der in Stuttgart lehrte, benannt. Die RUNGE-KUTTA-Verfahren sind aber noch nicht in der Lage, die in der Insassensicherheit auftretenden Gleichungen effektiv zu lösen.

Dazu wurden Mitte des 20. Jahrhunderts in Arbeiten von Charles CURTISS und Joseph HIRSCHFELDER Untersuchungen zu so genannten steifen Systemen gemacht. Verfahren zum Lösen des steifen Systems wie RUNGE-KUTTA-ROSENBROCK oder RUNGE-KUTTA-NYSTRÖM erlauben die Aufgaben numerisch zu lösen. Eines der ersten zweidimensionalen Insassen-Simulationsmodelle wurde 1963 in den USA durch CALSPAN von McHENRY unter der Bezeichnung CAL-2D aufgestellt und laufend weiterentwickelt, so entstanden z. B. das Programm ROS (Revised Occupant Simulation) von SEGAL im Jahre 1971, das Programm MODROS (Modified Revised Occupant Simulation) von DANFORTH und RANDALL 1972 und das Programm PSOS (Programm zur Simulation und Optimierung von Sicherheitsgurten) von NIEDERER 1977.

Parallel zum CALSPAN-Modell entwickelte ROBBINS das als MVMA-2D bezeichnete Modell, das von ihm und anderen Co-Autoren 1970 veröffentlicht wurde. Das an der Technischen Universität Berlin entwickelte Insassen-Crashmechanik- Rechenmodell ICMF wurde zwar in Forschungsprojekten intensiv angewandt, jedoch nie kommerziell vertrieben. Es geht ursprünglich zurück auf ein von ANSELM 1975 aufgestelltes Programm.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort zur zweiten Auflage6
Danksagung7
Inhaltsverzeichnis9
1 Die passive Sicherheit14
1.1 Sicherheitswissenschaftliche Grundbegriffe14
1.2 Die passive Fahrzeug-Sicherheit als Teilgebiet der Straßenverkehrssicherheit15
2 Unfallforschung22
2.1 Unfalldatenerhebung und -statistik24
2.1.1 Zielsetzung der Unfallstatistik25
2.1.2 Polizeilich erhobene Unfalldaten25
2.1.3 In depth-Untersuchungen26
2.2 Unfallmechanik und -rekonstruktion28
2.2.1 Rekonstruktion von Unfällen29
2.2.2 Unfallschwere31
2.3 Unfallanalyse32
2.3.1 Aufklärung der Unfallursachen33
2.3.2 Ableitung von Verbesserungsmaßnahmen34
2.4 Strukturierung des Unfallgeschehens36
2.4.1 Unfallart37
2.4.2 Unfalltyp39
2.4.3 Kollisionsart41
2.4.4 Kollisionstyp45
2.4.5 Aufprallart50
2.4.6 Aufpralltyp52
2.4.7 Belastungsart und Belastungstyp54
2.4.8 Verletzungsart und Verletzungstyp58
Literaturnachweis zu Kapitel 260
3 Biomechanik62
3.1 Anatomie des menschlichen Körpers und Verletzungsmechanismen62
3.1.1 Der Kopf63
3.1.2 Die Wirbelsäule68
3.1.3 Der Thorax80
3.1.4 Das Abdomen und das Becken88
3.2 Verletzungsschwere und deren Monetarisierung107
3.2.1 Verletzungsschweregrad108
3.2.2 Verletzungsskalierung nach AIS109
3.2.3 Andere Verletzungsskalierungen110
3.2.4 Monetäre Bewertung der Verletzungsschwere112
3.3 Verletzungs- und Schutzkriterien114
3.3.1 Definitionen115
3.3.2 Untersuchungsmethoden zur Ermittlung von Schutzkriterien118
3.3.3 Gesetzlich festgelegte Schutzkriterien124
3.3.4 Schutzkriterien in der Diskussion135
4 Sicherheitsmaßnahmen156
4.1 Zielsetzung und Definitionen156
4.1.1 Selbst- und Kontrahentenschutz157
4.1.2 Wirkrichtung der Schutzmaßnahmen158
4.2 Schutzprinzipien158
4.2.1 Energetische Betrachtung158
4.2.2 Wechselwirkung zwischen Frontal- und Seitenkollision161
4.2.3 Kompatibilität161
4.2.4 Prinzip des Geschwindigkeitsangleichs170
4.2.5 Ride Down-Effekt173
4.2.6 Out of Position-Situationen175
4.3 Maßnahmen zum Selbstschutz177
4.3.1 Karosserie und Deformationsstruktur177
4.3.2 Gurtsysteme und -komponenten183
4.3.3 Airbag-Systeme und -Komponenten198
4.3.4 Insassenschutz-Systeme213
4.3.5 Selbstschutzmaßnahmen für Zweirad-Fahrer225
4.3.6 Selbstschutzmaßnahmen für Nutzfahrzeuge230
4.4 Maßnahmen zum Kontrahentenschutz236
4.4.1 Maßnahmen am PKW zum Schutz äußerer Verkehrsteilnehmer236
4.4.2 Maßnahmen am NFZ zum Schutz von PKW-Insassen und äußeren Verkehrsteilnehmern241
4.5 Nachkollisionäre und sonstige Sicherheitsmaßnahmen246
Literaturnachweis zu Kapitel 4253
5 Sensorik zur Unfalldetektierung256
5.1 Entwicklung der Sensorik257
5.1.1 Mechanische Sensoren257
5.1.2 Elektromechanische Sensoren258
5.1.3 Elektronische Sensoren263
5.2 Seiten-Sensoren271
5.2.1 Beschleunigungssensoren272
5.2.2 Druck-Sensor272
5.3 Up Front-Sensor273
5.4 Systeme zur Insassen-Erkennung274
5.4.1 Kindersitz-Erkennung275
5.4.2 Sitzgebundene Systeme276
5.4.3 Optische Systeme278
5.4.4 Übersicht zu Insassen-Erkennungssystemen278
5.5 PreCrash-Sensorik279
5.6 Airbag-Elektronik281
5.6.1 Spannungsversorgung und Energiereserve283
5.6.2 Sensoren sowie Steuerungs- und Überwachungseinheiten283
5.6.3 Zündungseinrichtung283
5.6.4 Speicherung von Ereignisdaten284
5.7 Sicherheitsanforderungen an die Airbag-Elektronik284
5.7.1 Mechanische Systeme285
5.7.2 Elektromechanische Systeme285
5.7.3 Elektronische Systeme286
5.7.4 Integritätslevel für die Zuverlässigkeit290
5.8 Datenübertragung291
5.8.1 Bus-Systeme293
5.8.2 Bus-fähige Anzünder296
5.9 Systemintegration hinsichtlich aktiver und passiver Sicherheit297
6 Überprüfung und Bewertung der Sicherheit299
6.1 Quantifizierung der Straßenverkehrssicherheit299
6.2 Gesetzgebung303
6.2.1 Vorschriften in Deutschland und in Europa303
6.2.2 Vorschriften in den USA und anderen Staaten305
6.2.3 Zusammenfassung der Vorschriften in verschiedenen Ländern305
6.2.4 Künftige Vorschriften zur passiven Sicherheit317
6.3 Bewertung auf der Basis der Unfallstatistik319
6.3.1 Highway Loss Data Institute Report319
6.3.2 FOLKSAM Report320
6.3.3 Secondary Safety Rating System for Cars320
6.4 Bewertung auf der Basis von experimentellen Untersuchungen320
6.4.1 ADAC-Testverfahren zur passiven Sicherheit von PKW323
6.4.2 Bewertung nach „auto motor und sport“ (ams-Test)324
6.4.3 Crash Worthiness Rating System for Cars (CWRSC)324
6.4.4 New Car Assessment Program (NCAP)325
6.4.5 Die Quantifizierung der passiven Sicherheit für PKW-Insassen und das Sicherheitskriterien-System SiKriS330
6.5 Verletzungsfolgekosten und Sachschäden335
Literaturnachweis zu Kapitel 6339
7 Experimentelle Simulation341
7.1 Versuchsarten342
7.1.1 Fahrzeugversuche342
7.1.2 Schlittenversuche348
7.1.3 Komponentenversuche351
7.2 Versuchseinrichtungen und -anlagen354
7.3 Anthropometrische Testpuppen (Dummies)355
7.3.1 Anforderungen356
7.3.2 Instrumentierung357
7.3.3 Verwendete Dummies und ihr Einsatz359
7.4 Messtechnik363
7.4.1 Messkette364
7.4.2 Messwert-Geber364
7.4.3 Messdaten-Erfassung und -Verarbeitung366
7.5 Film- und Beleuchtungstechnik370
Literaturnachweis zu Kapitel 7371
8 Rechnerische Simulation374
8.1 Geschichte der rechnerischen Simulation374
8.2 Berechnungsverfahren376
8.2.1 Mehrkörper-Systeme mit dem Fokus „Insassensicherheit“376
8.2.2 Mehrkörper-Systeme mit dem Fokus „Unfallrekonstruktion“377
8.2.3 Finite-Elemente-Methode378
8.2.4 Kontrollvolumen und Strömungssimulation381
8.2.5 Gekoppelte Systeme382
8.2.6 Hardware-Architekturen385
8.2.7 Kommerzielle Programmsysteme386
8.3 Berechnungsmodelle386
8.3.1 Unfallrekonstruktion387
8.3.2 Strukturberechnung388
8.3.3 Insassensimulation mit Dummy-Modellen392
8.3.4 Simulation von Fußgänger- und Zweirad-Kollisionen396
8.3.5 Simulationen mit Modellen des menschlichen Körpers400
8.4 Berechnungsbewertung402
8.5 Rechnerische Optimierung im Bereich der passiven Sicherheit403
Literaturnachweis zu Kapitel 8405
9 Passive Sicherheit im Fahrzeugentwicklungsprozess409
9.1 Prozessziele und Entwicklungsorganisation410
9.2 Der Entwicklungsprozess410
9.3 Qualität und deren Absicherung412
9.4 Herausforderungen innerhalb der Projektarbeit414
9.4.1 Gesetzliche Anforderungen414
9.4.2 Rating-Anforderungen417
9.5 Rechnerische Simulation und experimentelle Absicherung im Entwicklungsablauf417
9.5.1 Einsatz der Entwicklungswerkzeuge418
9.5.2 Absicherung neuer Technologien und Werkstoffe424
9.5.3 Möglichkeiten und Grenzen425
9.6 Integration der Unfallforschung in den Entwicklungsablauf am Beispiel Mercedes-Benz426
Literaturnachweis zu Kapitel 9430
Sachwortverzeichnis431

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