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E-Book

Persönlichkeitsstörungen mit dem Schwerpunkt Borderline

AutorMireill Steinert
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2010
Seitenanzahl90 Seiten
ISBN9783640739295
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis36,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2010 im Fachbereich Pädagogik - Pädagogische Psychologie, Note: 1.3, Universität Rostock, Sprache: Deutsch, Abstract: 'Wie bin ich nur auf diese geschlossene Psychiatriestation gekommen ich wollte doch nur nicht allein zu Hause sein? Ich bin auf die geschlossene Station gekommen, weil ich einem Arzt gesagt habe, daß ich mich am liebsten umbringen würde. Der Raum ist groß. Er ist wie ein Glaskasten-von außen einzusehen. Bett an Bett. Ich habe mein Bett zwischen Halbverrückten und Ganzverrückten. Beim Essen treffe ich die weniger Verrückten, die auch irgendwas hergebracht hat. So wie mich. Es ist ziemlich schlimm hier. Die Stationsschwester sagt, ich gehörte hier nicht her. Ich will auch so schnell wie möglich wieder weg von hier. Und dann bekomme ich Angst vor dem `Wieder weg. Und dann will ich wieder weg. Und dann kommt wieder die Angst. Wenn ich nicht hergehöre-wo gehöre ich dann hin? Ich brauche Hilfe. Ich weiß nicht was mit mir ist. Ich weiß nur, daß es mir entsetzlich schlecht geht. Nach ein paar Tagen komme ich in ein kleineres Zimmer zu den weniger Verrückten. Der Stationsarzt unterhält sich oft mit mir über Literatur-ich lese gerade den `Wendepunkt´ von Klaus Mann. Und über Musik. Ich spüre sein Irritiert sein, ich wirke so normal in der Unterhaltung. Irgendwann fragt er nach. Wie erklärt man einen Alptraum während man ihn träumt?' (Anders 2004, S.19f) Dieses Zitat verdeutlicht die Gefühlswelt eines Borderliners. In dieser Diplomarbeit wird ein Überblick über das Krankheitsbild Borderline gegeben. Wo ist diese Erkrankung eingeordnet, wie äußert sie sich konkret, welche Therapiemöglichkeiten gibt es. Die gesamte Arbeit wird durch praktische Beispiele aus meiner Arbeit mit Borderlinern in der geschlossenen Psychiatrie untermauert.

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Leseprobe

1.Einleitung

 

Innerhalb meines Studiums zur Diplompädagogin habe ich mehrere Praktika absolviert. Um die für mich geeignete Praktikumsstelle zu finden, habe ich mir im Vorherrein Gedanken darüber gemacht in welchem Bereich ich nach dem Studium arbeiten möchte. Seit meiner Schulzeit interessiere ich mich besonders für den Bereich der psychischen Erkrankungen im Erwachsenenalter. Es ist für mich sehr faszinierend zu betrachten, welche Auswirkungen eine psychische Erkrankung auf das ganze Bewusstsein und soziale Leben einer Person haben kann. Aus diesem Grund habe ich meine Aufmerksamkeit vor allem auf Institutionen gerichtet, die dieses Klientel betreuen. Dabei bin ich auf eine psychiatrische Klinik in Schleswig - Holstein aufmerksam geworden. Diese ist in 4 Geschäftsbereiche, Pflege, Behandlung,  Forensik und Eingliederung unterteilt, die miteinander vernetzt sind. Mein erstes 8-wöchiges Praktikum habe ich dann dort in einer Wohngruppe der Eingliederungshilfe absolviert. Die 9 männlichen Bewohner haben alle eine forensische Vorgeschichte und kommen direkt aus dem geschlossenen Vollzug. Die Diagnosen waren sehr vielfältig und reichten von Schizophrenie bis zu Persönlichkeitsstörungen. Das Ziel der Arbeit in diesem Bereich ist es das Klientel nach einem langen Aufenthalt in der Forensik Schritt für Schritt wieder auf ein Leben in der Gesellschaft vorzubereiten. Es werden gemeinsam lebenspraktische Fähigkeiten erarbeitet und die Umsetzung geübt, dazu gehört unter anderem der Umgang mit freiem Ausgang, das selbstständige Verwalten des Geldes, die eigenständige Regelung von behördlichen Angelegenheiten und das Übernehmen von Verantwortung für sich selbst und das eigene Handeln.

 

Nach diesen 8 Wochen habe ich für mich festgestellt, dass die Arbeit mit psychisch kranken Menschen genau das Richtige für mich ist und dementsprechend das 6-monatige Praktikum ebenfalls in diesem Bereich stattfinden soll.

 

Im Oktober 2007 habe ich dann in der gleichen Einrichtung in Schleswig Holstein mein zweites Praktikum begonnen. Es handelt sich dabei auch um einen Bereich der Eingliederung, allerdings ist dieser anders strukturiert, als der vorherige. Auf diesem Wohnbereich leben 24 männliche Bewohner, die alle einen Unterbringungsbeschluss gemäß § 1906 BGB Abs. 1 u.2 haben, das heißt es handelt sich hierbei um einen geschlossenen Bereich, der jedoch keine Vollzugseinrichtung ist. Die Klientel hier ist sehr unterschiedlich. Das Alter reicht von 18 bis momentan 50 Jahren. Auch die Diagnosen sind sehr verschieden. Es gibt Bewohner mit einer Alkoholabhängigkeit und damit verbundenen Anzeichen vom Korsakow-Syndrom, Personen die unter Schizophrenie leiden mit teilweise sehr starken Wahnvorstellungen und Klienten, die durch den Missbrauch von psychotropen Substanzen an einer psychischen Störung leiden. Ebenso besteht bei einem großen Teil der Bewohner eine Persönlichkeitsstörung mit verschiedenen spezifischen Ausprägungen. Wie bereits erwähnt, sind die Bewohner betreuungsrechtlich untergebracht, dieses jedoch aus verschiedenen Gründen. In vielen Fällen erfolgte dieser Beschluss wegen Eigengefährdung, bei manchen auch wegen Fremdgefährdung. So gibt es Bewohner, die sich in einer akuten Phase massiv in den unterschiedlichsten Arten selbst verletzen oder unter Einfluss von Drogen und Alkohol fremdaggressiv übergriffig werden und auch bereits strafrechtlich in Erscheinung getreten sind.

 

Da es sich hierbei um eine Einrichtung der Eingliederungshilfe handelt ist das oberste Ziel, dass die Klienten lernen mit ihrer Erkrankung umzugehen und wieder in die Gesellschaft integriert werden können. Die Aufenthaltsdauer variiert, je nach Diagnose und Klientel zwischen einem halben Jahr und mehreren Jahren. Im Anschluss an den Aufenthalt wechseln die meisten Bewohner in eine offene betreute Einrichtung, in der sie weiterhin unterstützt werden. 

 

Nach Beendigung des Praktikums fand ich dann auf diesem Bereich eine Anstellung. In den mittlerweile fast 2 Jahren, die ich jetzt dort arbeite, konnte ich mir ein Bild von den unterschiedlichsten psychischen Erkrankungen machen. Besonders Bewohner mit der Diagnose einer Persönlichkeitsstörung speziell Borderline stellten sich mir hierbei sehr unterschiedlich dar. Einerseits sind es die Personen, die am häufigsten den Kontakt zu den Mitarbeitern suchen, die dann aber auch den größten Abstand brauchen. An einem Tag wollen sie die komplette Aufmerksamkeit, sind immer präsent und am nächsten Tag entziehen sie sich vollständig und halten sich vor allem in ihrem Zimmer auf. Weiterhin ist es sehr auffallend, dass sie sich bestimmte Mitarbeiter heraussuchen, mit denen sie dann über ihre Probleme sprechen, andere werden dabei völlig ignoriert und auch nur sehr schwer toleriert. Momentan leben auf dem Wohnbereich 8 Bewohner mit einer Persönlichkeitsstörung, wobei 2 davon als Hauptdiagnose Borderline haben. Diese Beiden sind wie erwähnt sehr präsent und ich habe häufig Kontakt mit ihnen in den unterschiedlichsten Formen. Entweder wollen sie reden, Karten spielen, spazieren gehen u.s.w. oder sie machen durch selbstverletzendes Verhalten und / oder Alkoholmissbrauch auf sich aufmerksam. Obwohl beide Männer die gleiche Diagnose haben, zeigen sie erst einmal relativ unterschiedliche Verhaltensmuster. Ihr Handeln löste viele Fragen in mir aus, da ich oft Schwierigkeiten habe, es zu verstehen oder nachzuvollziehen.

 

Sind sie wirklich so verschieden oder liegt es eher an der Komplexität des Krankheitsbildes selbst? Kann man sie überhaupt direkt miteinander vergleichen? In welcher Intensität, Art und Weise beeinflusst die Borderline-Persönlichkeitsstörung ihr Verhalten? Warum sind sie so unvorhersehbar?

 

Ein weiteres Problem für die Bewohner selbst, stellt auch die geschlossene Unterbringung dar. Sie sehen sich selbst nicht als direkt gefährdet oder gefährlich an und können deshalb auch nicht die Notwendigkeit dieses Beschlusses nachvollziehen. Sie sind der Meinung, dass sie einfach nur weggesperrt wurden, weil sie als „unbequem“ empfunden werden und sie zweifeln an der Notwendigkeit dieser Maßnahme. Sie fühlen sich nach ihren eigenen Angaben aussortiert und weggeschlossen. Andererseits erwähnen sie auch, dass dieses ein Gefühl von Sicherheit hervorruft, da sie nicht auf sich selbst gestellt sind und die Verantwortung für ihre Entscheidungen in die Hände des Personals bzw. des Betreuers legen können. Dieses Gefühl beschreibt auch Berit Anders in ihrer Biographie.

 

 „Wie bin ich nur auf diese geschlossene Psychiatriestation gekommen- ich wollte doch nur nicht allein zu Hause sein? Ich bin auf die geschlos- sene Station gekommen, weil ich einem Arzt gesagt habe, daß ich mich  am liebsten umbringen würde. Der Raum ist groß. Er ist wie ein Glaskas- ten-von außen einzusehen. Bett an Bett . Ich habe mein Bett zwischen  Halbverrückten und Ganzverrückten. Beim Essen treffe ich die weniger  Verrückten, die auch irgendwas hergebracht hat. So wie mich. Es ist  ziemlich schlimm hier. Die Stationsschwester sagt, ich gehörte hier nicht  her. Ich will auch so schnell wie möglich wieder weg von hier. Und dann  bekomme ich Angst vor dem `Wieder weg`. Und dann will ich wieder  weg. Und dann kommt wieder die Angst. Wenn ich nicht hergehöre-wo  gehöre ich dann hin? Ich brauche Hilfe. Ich weiß nicht was mit mir ist. Ich  weiß nur, daß es mir entsetzlich schlecht geht. Nach ein paar Tagen  komme ich in ein kleineres Zimmer zu den weniger Verrückten. Der Sta- tionsarzt unterhält sich oft mit mir über Literatur-ich lese gerade den  `Wendepunkt´ von Klaus Mann. Und über Musik. Ich spüre sein Irritiert- sein, ich wirke so normal in der Unterhaltung. Irgendwann fragt er nach.  Wie erklärt man einen Alptraum während man ihn träumt?“

 

(Anders 2004, S.19f)

 

Dieses Zitat zeigt auch diese ambivalenten Gefühle, das Hin- und Hergerissen sein. Man sollte sich an dieser Stelle fragen, ob diese Form der Unterbringung für diese Erkrankung die Richtige ist. Ist eine geschlossene Unterbringung angebracht? Wenn ja, für wen und wie lange?

 

Diese Fragen und noch einige mehr haben sich für mich durch die enge Zusammenarbeit mit diesen beiden Bewohnern ergeben. Ich habe dieses Thema für meine Arbeit gewählt, da es mich sehr interessiert und es sich hierbei offensichtlich um ein sehr komplexes Krankheitsbild handelt. Ich möchte die obengenannten Fragen beantworten und noch auf einige andere Aspekte eingehen, die im Zusammenhang mit dieser Störung eine wichtige Rolle spielen.

 

Anfangs werde ich einige Begrifflichkeiten klären, weil sie im Verlauf der Arbeit immer wieder Verwendung finden und für die Verständlichkeit unumgänglich sind. Dabei wird in erster Linie auf die Klassifikationssysteme ICD 10 und DSM IV eingegangen, da die Krankheit anhand dieser diagnostiziert wird.

 

Da es sich bei Borderline um eine spezifische Persönlichkeitsstörung handelt, werde ich diese psychische Erkrankung anschließend allgemein definieren, einordnen und die spezifischen Persönlichkeitsstörungen kurz erläutern. Im ICD 10 gibt es zusätzlich zu den neun angeführten spezifischen Persönlichkeitsstörungen noch eine zehnte. Diese wird als emotional-instabile Persönlichkeitsstörung...

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