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Pflegenotstand? Doch nicht bei uns!

99 Geschichten aus dem Alltag einer Krankenschwester

AutorAnton Frank
VerlagTWENTYSIX
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl152 Seiten
ISBN9783740718862
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis5,99 EUR
Rund 1 Million Menschen arbeiten in der Gesundheits- und Krankenpflege, doch wie sieht der Alltag hinter den Kulissen aus? Der Autor Anton Frank hat über mehrere Jahre die Geschichten seiner Frau Barbara gesammelt, die als Krankenschwester auf einer Inneren Station arbeitet. 99 Geschichten erzählen in 6 Kapiteln von heiteren, amüsanten bis hin zu ernsten und dramatischen Momenten im stationären Alltagsbetrieb. Am Ende wird sichtbar: Es fehlt bis heute an Wertschätzung und Unterstützung durch die Politik und Gesellschaft, aber auch durch Verantwortliche vor Ort. Ein anrührendes und berührendes Buch, authentisch und ehrlich.

Anton Frank, verheiratet mit einer Krankenschwester, hat großen Respekt vor dem Engagement in den Pflegeberufen. Selbst in einem sozialen Beruf tätig, sucht er mit seiner Frau Barbara immer wieder Ausgleich in ausgedehnten Radtouren.

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Leseprobe

1. Kapitel: Krankenschwestern und Ärzte

Auch in meiner Fantasie gibt es sie noch: die Krankenschwestern, die im Dienstzimmer mit der Kaffeetasse in der Hand schwatzend und gestikulierend alles Mögliche diskutieren, sich aber nicht darauf einigen können, wer aufspringt, um zu schauen, welcher unverfrorene Patient mal wieder geklingelt haben könnte. Man steht eigentlich nur auf, um die Kaffeemaschine neu zu befüllen. Oder eine rauchen zu gehen. Doch diese Vorstellungen entspringen wirklich der reinen Fantasie. Auch die „Halbgötter in Weiß“ gehören einer anderen Generation an. Ärzte sind heute nicht mehr die unumstrittenen Autoritäten, wie man sie vielleicht noch aus der „Schwarzwaldklinik“ im Fernsehen kennt. Und doch: All diese Bilder spielen unbewusst eine Rolle, sei es im Aufeinandertreffen von Patienten und Pflegepersonal, sei es im komplizierten Gefüge von Pflegekräften und Ärzten. Auch wenn man schnell untereinander auf Station per du ist, es gibt trotzdem Hierarchien, ausgesprochene und unausgesprochene. Da ist jemand eben „nur“ eine „einjährige Schwester“, die im Schnelldurchlauf ihre Ausbildung gemacht hat und entsprechend weniger Verantwortung zu tragen hat. Da ist eine Schülerin „Kurs 1“, „Kurs 2“ oder eben schon „Kurs 3“. Da gibt es Assistenzärzte, Oberärzte und Chefärzte. Letztlich ist es aber dann doch eher Zufall, ob eine gute Konstellation von Leuten aufeinander trifft oder ob die Zusammenarbeit immer wieder auf harte Proben gestellt wird. Wer Morgenmuffel ist, aber trotzdem zum Frühdienst anrücken muss, macht es den Kolleginnen nicht unbedingt leichter, mit dem Dienst zu beginnen. Wer privat viele Probleme zu lösen hat, bringt diese Stimmungen mit auf Station und kann unter Umständen ganz schön nerven mit all den Geschichten der ungelösten Probleme. Es ist sicherlich auch ein Unterschied, ob ein Team aus lauter Frauen besteht oder ob wenigstens ein, zwei Männer dabei sind. Alles in allem: Ein gutes Team gehört zur Arbeitszufriedenheit, mehr noch als ein üppiges Gehalt. Wenn Barbara davon spricht, dass sie ihre Arbeit nicht mehr machen könne, wenn sie nicht ein so gutes Team hätte, glaube ich ihr das sofort. Bei den folgenden Geschichten wird deutlich: Der Stationsalltag kann unglaublich hart und herausfordernd sein. Aber es gibt dazwischen immer wieder Momente des Überraschtseins, Slapstickmomente, die nur das Leben so erfinden kann. Schauen wir mal hinein in diesen Alltag von Höhen und Tiefen einer Krankenschwester.

Schmerzende Füße

Der neue Stationsarzt klagt: „Mir tun jeden Abend die Füße so weh! Darauf habe ich einfach keine Lust mehr!“ Er war zuvor in einer Reha-Einrichtung. Vermutlich waren da die Patienten immer zu ihm gekommen.

Wir, die wir gerne Wandern gehen, sitzen gerade entspannt am Küchentisch, als mir Barbara davon berichtet. Doch sie bestätigt mir ebenfalls: „Wenn man einige Tage frei hatte und dann nach dem ersten Dienst wieder nach Hause kommt, dann meint man, es würden einem die Füße abfallen!“ Erst am zweiten Tag ist es dann wieder besser.

„Was meinst du eigentlich, welche Strecken du in einer Schicht zurück legst?“ frage ich Barbara. „Kürzlich hat eine Kollegin mal einen Schrittzähler mitgebracht“, antwortet Barbara, „die ist auf fast 10 km gekommen!“ Ich bin beeindruckt, schaffe ich es doch in einer „Schicht“ maximal auf 10 Radkilometer.

Ein Arzt wie aus einer Fernsehserie

Ein neuer, attraktiver Stationsarzt arbeitet seit einiger Zeit auf der Station. Es ist Sonntagmorgen. Barbara kommt gegen 6 Uhr zum Dienst. Die Nachtschwester unterhält sich gerade mit den beiden Schwestern, die mit Barbara zum Frühdienst eingeteilt sind. Die drei sprechen darüber, dass das doch ein äußerst netter, attraktiver Arzt sei, der da neu angefangen habe. Wie aus dem Bilderbuch. Die etwa 50-jährige Nachtschwester sagt zur jüngeren der beiden Mitschwestern: „Tja, da bist du wohl zu spät dran. Er hat schon zwei Kinder!“ Die Schwester ist völlig überrascht. Barbara bestätigt: „Ja, das wusste ich auch schon!“ Völlig verblüfft antwortet die Mitschwester: „Barbara, hast du etwa die Lage auch schon gecheckt?“ Ehe Barbara antworten kann, ruft die Nachtschwester in die Runde: „Wir hatten eigentlich schon lange kein Techtelmechtel mehr auf Station!“

„Oh, diesen Arzt würde ich auch gerne mal kennenlernen“, meine ich am Nachmittag, gerade den Sonntagskuchen essend. „Wann gab es denn bei euch das letzte ´Techtelmechtel`?“ – „Das scheint wirklich schon lange zurück zu liegen“, antwortet Barbara, „das muss vor meiner Zeit gewesen sein. Da hat sich eine junge Schwester auf der Station einen Oberarzt geangelt …“ – „Sag mal“, meine ich, „kommt heute noch irgend so eine Arztserie, die wir schauen könnten?“

Frohe Weihnachten!

Arzt 1 verabschiedet sich bei Arzt 2: „Frohe Weihnachten!“ Keine ungewöhnliche Verabschiedung am 23. Dezember. Und Arzt 1 rauscht ab in den verdienten Urlaub über die Weihnachtsfeiertage. Ungewöhnlich nur: Barbara und Schwester Ilse stehen direkt daneben. Kein Ton zu ihnen. Als wären sie Luft. Etwas entgeistert schauen sie sich an. Arzt 1 ist ihr Stationsarzt.

Ich muss wirklich lachen, als mir Barbara etwas aufgebracht davon erzählt. „Aha“, denke ich, „da sind die Schwestern dann doch etwas empfindlich.“ Immerhin, in meiner „Firma“ gab es heute sogar ein weihnachtliches Kaffeetrinken zum Abschied in die Weihnachtsferien …

Egon

„Ich bin der Egon!“ – ein neuer Mitarbeiter steht morgens um 7 Uhr in einem weißen Kittel ohne Namensschild im Stationszimmer. Das wird auf einer großen Station schon seine Richtigkeit haben. Kurze Zeit später fragt er, was die „schwarz geschriebenen Namen auf dem Bildschirm“ zu bedeuten hätten. Barbara erklärt es ihm: „Das sind die Patienten, die angemeldet sind zur Aufnahme.“ Egon fragt zurück: „Wer nimmt sie auf?“ Die Antwort von Barbara: „Der Stationsarzt“, nicht wissend, dass „Egon“ der neue Stationsarzt ist. Der Nachname bleibt zunächst im Dunkeln. Aber er ist wirklich sehr nett, jung und hübsch und – so hofft Barbara – nicht nachtragend.

„Tja“, meine ich, „da werden eure Leute ja ganz schön ins kalte Wasser geworfen“ – und hoffe insgeheim, dass mich meine Frau auch noch „nett, jung und hübsch“ findet …

Die Tetanusspritze

Anruf von Barbara bei der Ambulanz im Haus. Ihr Anliegen: Sie braucht eine Tetanusspritze. Barbara fängt an zu erklären: „Wir haben einen Patienten mit einer Platzwunde am Augenlid …“, doch da wird Barbara schon unterbrochen: „Ja, der muss jetzt warten, wir haben keine Zeit!“, und schon will die Kollegin am anderen Ende den Hörer auflegen. „Halt!“, brüllt Barbara in den Hörer, „wir brauchen nur eine Tetanusspritze!“ – „Ach so“, kommt die Antwort, „ja die kannst du dir abholen.“

Ich muss herzlich lachen, als mir das Barbara bei Kartoffeln und Quark erzählt. Hatte ich doch selbst vor kurzem erst so meine Erfahrungen mit der völlig überlasteten Ambulanz gemacht. Ich hatte an einem Samstagvormittag einen Radunfall und entschloss mich, die Ambulanz des Krankenhauses aufzusuchen. Sozusagen im Selbstversuch. Beim Empfang kann ich mein Anliegen nicht schildern. „Gehen Sie einfach da rein zur Ambulanz“, werde ich gleich unterbrochen. Ich bekomme eine Nummer wie in einer Kfz-Zulassungsstelle zugeteilt. Es ist die Nummer „606“. „Es dauert aber noch eine Weile – da sind noch zwei weitere Patienten“, wird mir mitgeteilt. Nach einer guten halben Stunde wird die „606“ für das Behandlungszimmer 2 aufgerufen. Beim Händedruck zur Begrüßung der diensthabenden Schwester gibt es einen Aufschrei. „Oh“, entschuldige ich mich, „habe ich etwas zu fest zugedrückt?“ – „Nein, nein“, antwortet sie, „ich habe vergessen, dass mein kleiner Finger verletzt ist …“ Nach 20 Minuten des Wartens im Behandlungszimmer – als Lektüre gibt es nur den Krankenbericht auf dem Bildschirm des Computers am Tisch des Arztes, offensichtlich handelt es sich um ein kleines Mädchen, das vom Sofa gefallen ist – schaut die Schwester nochmals hinein. „Ist ER noch nicht da gewesen?“ fragt sie, um dann flüsternd hinzuzufügen: „Wissen Sie, er ist nicht gerade der Schnellste“. Die Vertraulichkeit rührt mich an. „Sie sind wirklich in der Reihenfolge“, versichert mir die Schwester. „Wir haben niemanden dazwischen genommen“. Tröstlich. „Ich mache mal die Türe auf, vielleicht geht es dann schneller“, ruft sie mir noch zu. Als der Arzt dann kommt, muss ich feststellen, dass ich mir wegen meiner Leisten- und Unterleibsbeschwerden, wegen...

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