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Pharmakogenetische Analyse neuer CYP2B6 Varianten mittels rekombinanter Expression und in silico Vorhersagen

AutorRobert Radloff
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl145 Seiten
ISBN9783668171367
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis12,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2011 im Fachbereich Biologie - Genetik / Gentechnologie, Note: 1,3, , Sprache: Deutsch, Abstract: Der Fokus in dieser Diplomarbeit ist auf die Enzymklasse der Cytochrom P450 Monooxygenasen (CYPs) gerichtet. Durch das humane Genom Projekt wurden 57 aktive CYP Gene identifiziert, die anhand ihrer Sequenzidentität in 18 Proteinfamilien (CYP1-51) und 43 Proteinsubfamilien (CYP1A etc.) eingeteilt wurden. Die Wissenschaft der Pharmakologie beschäftigt sich mit den Wechselwirkungen zwischen Arzneistoffen und dem Organismus. Teilgebiete der Pharmakologie sind die Pharmakodynamik, Pharmakokinetik und die Pharmakogenetik. Die Pharmakokinetik ist eng mit der Pharmakodynamik verknüpft und analysiert die Aufnahme (Absorption), die Verteilung (Distribution), die Metabolisierung (Metabolism) und die Ausscheidung (Excretion). In der Pharmakologie werden diese Prozesse unter dem Begriffe ADME zusammengefasst. Die Pharmakodynamik beschäftigt sich dabei mit der Dosis-Wirkungsbeziehung des Arzneimittels und damit verbundene mögliche Arzneimittelnebenwirkungen. Die interindividuelle Variabilität der Arzneimittelwirkung und der damit verbundenen Nebenwirkungen hängen von Patienten-Faktoren (Alter, Geschlecht, Hormonstatus etc.), den gegebenen Umwelteinflüssen (Ernährung, Komedikation etc.) und von der unterschiedlichen genetischen Ausstattung der Patienten ab. Die Pharmakogenetik analysiert genetischen Faktoren und ihre Auswirkungen auf die Pharmakodynamik und -kinetik. Im Zeitalter der Hochdurchsatz-Sequenzierungen (next-generation-sequencing) und Voranschreiten der personalisierten Medizin werden vermehrt Unterschiede in der genetischen Grundausstattung des Menschen identifiziert. Dabei handelt es sich oftmals um Einzelnukleotidaustausche (single nucleotide polymorphisms, SNPs), die bei den sogenannten nicht-synonymen Polymorphismen (nsSNPs), zu einem Aminosäureaustausch des Proteins führen. Dies kann unter Umständen zur interindividuellen Variabilität im Arzneistoffwechsel beitragen. Neben den Transkriptionsfaktoren, Rezeptoren und Ionenkanälen sind für die Pharmakogenetik vor allem Membranproteine der P-Glykoprotein/ABC-Transporterfamilie (MDR-Proteine) und die arzneimittelabbauenden Enzyme der Phase I und - II von besonderem Interesse.

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Leseprobe

1. Einleitung


 

1.1 Pharmakologische Forschung in der Post-Genom Ära


 

Die Wissenschaft der Pharmakologie beschäftigt sich mit den Wechselwirkungen zwischen Arzneistoffen und dem Organismus. Teilgebiete der Pharmakologie sind die Pharmakodynamik, Pharmakokinetik und die Pharmakogenetik (Abb. 1). Die Pharmakokinetik ist eng mit der Pharmakodynamik verknüpft und analysiert die Aufnahme (Absorption), die Verteilung (Distribution), die Metabolisierung (Metabolism) und die Ausscheidung (Excretion). In der Pharmakologie werden diese Prozesse unter dem Begriffe ADME zusammengefasst. Die Pharmakodynamik beschäftigt sich dabei mit der Dosis-Wirkungsbeziehung des Arzneimittels und damit verbundene mögliche Arzneimittelnebenwirkungen. Die interindividuelle Variabilität der Arzneimittelwirkung und der damit verbunden Nebenwirkungen hängen von Patienten-Faktoren (Alter, Geschlecht, Hormonstatus etc.), den gegebenen Umwelteinflüssen (Ernährung, Komedikation etc.) und von der unterschiedlichen genetischen Ausstattung der Patienten ab [1]. Die Pharmakogenetik analysiert genetischen Faktoren und ihre Auswirkungen auf die Pharmakodynamik und –kinetik.

 

 

Abb. 1: Teilgebiete der Pharmakologie und Ursachen der interindividuellen Variabilität der Arzneimittelwirkung

 

Im Zeitalter der Hochdurchsatz-Sequenzierungen (next-generation-sequencing) und Voranschreiten der personalisierten Medizin werden vermehrt Unterschiede in der genetischen Grundausstattung des Menschen identifiziert. Dabei handelt es sich oftmals um Einzelnukleotidaustausche (single nucleotide polymorphisms, SNPs), die bei den sogenannten nicht-synonymen Polymorphismen (nsSNPs), zu einem Aminosäureaustausch des Proteins führen. Dies kann unter Umständen zur interindividuellen Variabilität im Arzneistoffwechsel beitragen. Neben den Transkriptionsfaktoren, Rezeptoren und Ionenkanälen sind für die Pharmakogenetik vor allem Membranproteine der P-Glykoprotein/ABC-Transporterfamilie (MDR-Proteine) und die arzneimittelabbauenden Enzyme der Phase I und – II von besonderem Interesse.

 

Der Fokus in dieser Diplomarbeit ist auf die Enzymklasse der Cytochrom P450 Monooxygenasen (CYPs) gerichtet. Durch das humane Genom Projekt wurden 57 aktive CYP Gene identifiziert, die anhand ihrer Sequenzidentität in 18 Proteinfamilien (CYP1-51) und 43 Proteinsubfamilien (CYP1A etc.) eingeteilt wurden [2].

 

1.1.1 Arzneimittelmetabolismus durch humane Cytochrom P450 Enzyme


 

Neben der Metabolisierung von endogenen Substanzen wie Steroiden und Fettsäuren (CYP4-51), sind die humanen CYPs der Proteinfamilie CYP1-3 vor allem an der Umsetzung von Xenobiotika beteiligt [3]. Cytochrom P450 Enzyme werden in vielen Geweben exprimiert, ein Großteil des humanen CYP-Anteils befindet sich jedoch in der Leber. Dort sind sie in der Membran des endoplasmatischen Retikulums N-terminal verankert und werden als mikrosomale CYPs bezeichnet. Die zur Enzymklasse der Monooxygenasen (EC: 1.14.x.y) gehörenden P450 Enzyme katalysieren folgende allgemeine Redoxreaktion ( I ):

 

( I ) RH + O2 + NADPH + H+ → ROH + H2O + NADP+

 

Dabei wird mit Hilfe des molekularen Sauerstoffs und dem Reduktionsmittel NADPH das Substrat (RH) oxidiert. Die zwei benötigten Elektronen werden über eine Elektronen-transportkette auf das Häm Eisen des P450 Enzyms übertragen. Proteine, die in der Elektronentransportkette von mikrosomalen CYPs vorkommen, sind die NADPH:P450-oxidoreduktase (POR) und Cytochrom b5 (Abb. 2).

 

 

Abb. 2: Schematische Darstellung des P450 Monooxygenase Systems: Interaktion des mikrosomalen Cytochrom P450 (orange) mit den Proteinen der Elektronentransportkette; Grafik verändert: aus Zanger und Eichelbaum 2008 [3]

 

Diese von den CYPs ausgeführte Reaktion ( I) nennt man Phase-I-Reaktion oder auch Funktionalisierungsreaktion. Durch das Anfügen der funktionellen Gruppe, meist einer Hydroxyl-Gruppe, wird das Substrat polarer. Diese Biotransformation führt vorwiegend zur Inaktivierung und anschließenden Eliminierung des Substrates, wodurch das Arzneimittel seine pharmakologische Wirkung verliert. Das bevorzugte Organ für die Arzneimittelelimination ist die Leber. Hier werden ca. 70 % der Fremdstoffe (Xenobiotika) eliminiert, wobei der Rest über die Niere beseitigt wird (Abb. 3).

 

Beispiele für die Bioaktivierung durch P450 Enzymen gibt es auch. So kann das Pilzgift Aflatoxin durch die Oxidation in seine Epoxidform umgewandelt werden und lebertoxische bzw. krebserregende Wirkung entfalten [4].

 

Im Gegensatz dazu ist eine P450 vermittelte Aktivierung aber auch bei der Krebstherapie einsetzbar. In der sogenannte Enzym/Prodrug Krebstherapie können P450 Enzyme spezifisch inaktive Arzneimittel („Prodrug“) durch ihre Oxidation aktivieren [5].

 

Die humanen P450 Enzyme der Proteinfamilien CYP4-51 sind an der Metabolisierung von endogenen Substanzen beteiligt, wie zum Beispiel an der Hormon-, Fettsäure- und Vitaminsynthese [3].

 

Zum Großteil (ca. 80 %) werden die Arzneimittel über die Phase-I-Reaktionen der P450 Enzyme in der Leber metabolisiert (Abb. 3). Nur ein kleiner Prozentsatz (ca. 5 %) wird durch Phase-II-Enzyme, wie die Glutathion-S-Transferase oder die N-Acetyltransferase, inaktiviert.

 

 

Abb. 3: Eliminierung der 200 meist verschriebenen Arznei- mittel in den USA (RxList Data 2008); Grafik aus: [6]

 

Die 200 am häufigsten verschriebenen Arzneimittel in den USA werden zu einem Prozentsatz von circa 35 % durch die CYP3A4/5 Isoenzyme metabolisiert. Zusammen mit CYP2C9 und CYP2D6 machen diese vier Enzyme 70 % der hepatischen P450 Eliminierungsreaktionen aus (Abb. 3) [6, 7].

 

1.1.2 Die Cytochrom P450 Monooxygenase 2B6


 

Eines der weniger gut untersuchten und charakterisierten P450 Enzyme war CYP2B6. Anfang 2000 war noch relativ wenig über dieses Isoenzym bekannt [8]. Zwanzig Jahr nach der Entdeckung der ersten Polymorphismen, welche den Arzneimittelstoffwechsel des Menschen beeinflussen [9], existierten für CYP2B6 keine phänotypische Charakterisierung von pharmakogenetischen Effekten. Da CYP2B6 nur ca. 3-6 % des P450 Lebermikrosomen Anteils ausmacht [10], wurde es lange Zeit weniger beachtet als andere humane P450 Enzyme. Aber auch fehlende selektive Substrate und Inhibitoren machten die CYP2B6 Erforschung zu einer schwierigen Aufgabe. 2001 wurden die ersten CYP2B6 Polymorphismen von der Forschungsgruppe um Prof. Dr. Ulrich Zanger am Institut für klinische Pharmakologie Stuttgart publiziert [11]. Von diesem Zeitpunkt an nahm die Zahl der neuen CYP2B6 Polymorphismen stetig zu. Das Cytochrom 2B6 stellte sich als ein sehr polymorphes Gen heraus. Zu diesem Zeitpunkt sind 29 Allel[*] beschriebenen und mehr als 100 SNPs veröffentlicht. Zudem zeigte sich die klinische Relevanz dieses Enzyms, indem es mit mehr als 100 xenobiotischen Substraten interagiert [8, 12]. Die wichtigsten darunter sind das Antimalariamittel Artemisinin, das Anästhetikum Propofol, das Antidepressivum Bupropion und die nichtnukleosidischen Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NNRTI) Nevirapin und Efavirenz zur HIV Therapie [13]. Auch die zuvor angesprochene Prodrug Strategie zur Krebstherapie wird mit CYP2B6 verfolgt. Bei der sogenannten P450-Gene-Directed-Enzyme-Prodrug Therapie (GDEPT) aktiviert CYP2B6 das Zytostatikum Cyclophosphamid spezifisch in Tumorzellen. Da CYP2B6 nur in geringen Umfang im Organismus exprimiert wird und zudem eine geringe Affinität für Cyclophosphamid besitzt, sind die zytotoxischen Effekte im gesunden Gewebe niedrig [5, 14]. Die durch rationales Design verbesserte CYP2B6 Enzymvariante 114V/477W könnte durch einen retroviralen Vektor direkt im Krebsgewebe exprimiert werden und damit in hohem Masse Cyclophosphamid aktivieren [14, 15].

 

Viele klinisch relevante interindividuelle Unterschiede von P450 Enzymen und die damit verbundenen unvorhersehbaren Arzneimittelwirkungen konnten mit organspezifischen Proben und klinischer Patientendokumentation aufgeklärt werden. Die humane Leberbank mit über 300 Leberproben am Institut für klinische Pharmakologie in Stuttgart konnte zu diesem Zwecke bereits für eine Vielzahl von Analysen eingesetzt werden [16]. Zusätzlich zu den in vivo bzw. ex vivo gewonnen Daten konnten humane P450 Enzyme anhand rekombinant exprimierter Enzyme in vitro charakterisiert werden.

 

1.1.3 Sequenz- und Struktur-Funktionsbeziehungen von P450 Enzymen


 

In der Post-Genom-Ära hat die Bioinformatik einen besonders großen Stellenwert eingenommen. Die Hochdurchsatz-Identifizierung von krankheitsrelevanten Genen in Genom- und Exomsequenzen ist dabei eine wichtige Aufgabe in der Pharmakogenetik und Pharmakogenomik. In der Protein Strukturaufklärung von klinisch relevanten Molekülen konnte die Bioinformatik ebenfalls große Fortschritte erzielen. So wurde 1987 mit CYP101 (P450cam) die erste Röntgenstruktur eines P450 Enzyms aus Pseudomonas putida aufgeklärt [17]. Mikrosomale und mitochondriale CYPs bereiteten Schwierigkeiten bei der Kristallisation da sie nicht löslich und membrangebunden sind. Im Jahr 2000 konnte die erste Röntgenkristallstruktur von CYP2C5...

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