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E-Book

Philipp II.

Biographie eines Weltherrschers

AutorFriedrich Edelmayer
VerlagKohlhammer Verlag
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl310 Seiten
ISBN9783170306998
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis21,99 EUR
King Philipp II of Spain (1527-1598) was the first modern monarch, whose possessions spanned the entire globe. Politically apt and with clear reason he ruled and enlarged the land mass he had inherited from his father king Karl V and turned Spain into the leading global power. This biography gives an account of the life of Philipp II founded on current research. Not only is he the general, tactician and conscious of his power, but also the loving father, collecting patron of arts, the bigoted believer and administering bureaucrat. Edelmayer succeeds impressively in giving a multi-facetted portrait of a ruler who fascinates and polarises up to today.

Prof. Dr. Edelmayer teaches Modern History at the University of Vienna.

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Leseprobe

 

1          Die spanische Monarchie


 

 

 

Die spanische Monarchie, in der König Philipp II. in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts herrschte, hatte sich ab dem letzten Viertel des 15. Jahrhunderts relativ rasch formiert.1 1469 heiratete der aragonesische Thronfolger Ferdinand II. (1452–1516) seine Cousine, die kastilische Prinzessin Isabel I. (1451–1504). Diese war erst im Jahr davor von ihrem Halbbruder, König Heinrich IV. von Kastilien-León (1425–1474), als Thronfolgerin in jenem Königreich anerkannt worden. Im Dezember 1474, als Isabel I. in Kastilien-León die Herrschaft antrat, oder auch im Januar 1479, als Ferdinand II. seinem Vater Johann II. (1398–1479) in den Ländern der aragonesischen Krone als König nachfolgte, bestanden auf der Iberischen Halbinsel noch fünf verschiedene Reiche: Kastilien-León, die Länder der Krone von Aragón, Navarra und Portugal sowie das muslimische Königreich von Granada. Die Herrscher der vier christlichen Länder waren allerdings mannigfach miteinander verschwägert. Als Karl I., der spätere Kaiser Karl V. (1500–1558), der Enkel der Herrscher von Kastilien-León und Aragón, nach dem Tod König Ferdinands II. 1516 auf der Iberischen Halbinsel die Herrschaft antrat, gab es dort nur noch zwei Dynastien – das Haus Avis in Portugal und das Haus Habsburg, die »Casa de Austria«, in allen anderen Königreichen. Denn 1492 war es Ferdinand II. und Isabel I. gelungen, das Königreich Granada zu erobern und der kastilischen Krone anzuschließen – als eine der Folgen der Eroberung hatten sie 1496 vom Papst den Ehrentitel »Katholische Könige« erhalten –, und 1512 hatte Ferdinand II. den auf der Südseite der Pyrenäen liegenden Teil des Königreichs Navarra annektiert, der unter Wahrung seiner Sonderrechte 1515 der Krone von Kastilien inkorporiert wurde.

Das waren nicht die einzigen territorialen Veränderungen, die in der Regierungszeit der Katholischen Könige stattfanden. Vielmehr schufen sie die Grundlagen dafür, dass unter ihrem Nachfolger Karl V. die spanische Monarchie zu einer Weltmacht aufsteigen konnte. Doch Spanien war unter den Katholischen Königen kein zentralisierter Einheitsstaat, sondern eine Matrimonialunion. Sowohl die aragonesische Krone als auch jene von Kastilien-León folgten weiterhin eigenen Interessen einer expansiven Territorialpolitik. Die Krone von Aragón bestand aus insgesamt sieben Teilen. Es waren dies im iberischen Raum die Königreiche Aragón, Valencia und Mallorca sowie das Fürstentum von Katalonien. Bereits 1282 hatte der aragonesische König Sizilien okkupiert und 1324 das Königreich Sardinien. 1504 gelang es Ferdinand II., auch das Königreich Neapel gegen die ehrgeizigen Bestrebungen Frankreichs zu erwerben.2 Das westliche Mittelmeer wurde damit endgültig zu einem aragonesischen, oder, zieht man in Betracht, dass unter den Katholischen Königen in Fortführung der Conquista von Granada auch in Nordafrika Territorien erobert wurden – Melilla 1497, Mazalquivir 1505, Oran 1509, Bugia und Tripolis 1510 –, zu einem »spanischen« Meer.

Portugal war nach der Eroberung von Granada und Navarra der einzige Konkurrent der kastilischen und aragonesischen Monarchie auf der Iberischen Halbinsel geblieben. Mit Portugal mussten die Katholischen Könige daher zu einem Ausgleich der Interessen kommen. Dies war umso nötiger, als König Alfons V. von Portugal (1432–1481) – dessen Schwester Leonor (1436–1467) mit Kaiser Friedrich III. (1415–1493) verheiratet war – sich im kastilischen Bürgerkrieg, der nach dem Tod Heinrichs IV. 1474 ausgebrochen war, militärisch auf die Seite einer mächtigen Adelsgruppe gestellt hatte, die Juana (1462–1530), die Tochter des verstorbenen Königs, zur neuen Herrscherin proklamieren wollte. Alfons V., der die Thronprätendentin heiratete – was im Falle der Durchsetzung der so entstehenden Ansprüche anstelle der kastilisch-aragonesischen eine portugiesisch-kastilische Matrimonialunion bedeutet hätte –, schloss nach einigen verlorenen Schlachten 1479 mit Ferdinand II. und Isabel I. den Friedensvertrag von Alcáçovas ab. Dieser legte nicht nur jene Grenzen zwischen Kastilien und Portugal endgültig fest, die mit geringfügigen Ausnahmen auch heute noch gelten, sondern sollte sich noch in anderer Hinsicht als folgenschwer erweisen. Denn Ferdinand II. und Isabel I. mussten darin anerkennen, dass der Seeweg um Afrika nach Indien ausschließlich den Portugiesen vorbehalten sein sollte. An den afrikanischen Küsten bekamen nur diese das Recht, Handelsstützpunkte zu begründen.

Die Kastilier waren durch den Vertrag definitiv davon ausgeschlossen, am reichen indischen Gewürzhandel teilzunehmen. Gleichzeitig machte die Eroberung von Granada 1492 finanzielle Ressourcen frei, so dass Ferdinand II. und Isabel I. den Plänen des Genuesen Cristoforo Colombo (Christoph Kolumbus) (1451?–1506) nicht mehr ablehnend gegenüber standen, die reichen Schätze Indiens auf dem Westweg zu erschließen. Das, was Kolumbus mit seinen drei Schiffen im Oktober 1492 entdeckte, war zwar nicht das Reich eines asiatischen Großkhans, sondern die Inselwelt der Karibik, doch öffnete er mit seinen Entdeckungen das Tor zu einer wahrhaft »Neuen Welt«. Bis zum Ende der Regierungszeit der Katholischen Könige wurden die Inseln der Karibik, vor allem Cuba, Santo Domingo, Puerto Rico und Jamaica, für die kastilische Krone in Besitz genommen, auch Teile der Küsten des kontinentalen Festlandes Süd- und Mittelamerikas befuhr bereits Kolumbus. Und schon 1513 durchquerte Vasco Núñez de Balboa (1475–1519) die Landenge von Panamá und entdeckte den Pazifik.

Der Konflikt, der wegen der neuen Entdeckungen sofort mit Portugal auszubrechen drohte, das seine Handelsinteressen erheblich gefährdet sah, wurde durch den Papst entschärft. Alexander VI. (1431–1503), als Mitglied der Familie Borja (Borgia) aus Aragón stammend, teilte 1493 mit einer zu Berühmtheit gelangten Bulle die Interessenzonen zwischen Kastilien und Portugal. Die im Vertrag von Alcáçovas entlang einer Ost-West-Linie geregelten Einflusszonen wurden fortan entlang einer Nord-Süd-Linie geteilt. 1494, im Vertrag von Tordesillas zwischen Kastilien und Portugal, wurde diese Linie mit 370 Leguas (Meilen) westlich der Kapverdischen Inseln fixiert. Westlich dieser Linie sollten die Kastilier das ausschließliche Entdeckungs-, Navigations- und Kolonisationsrecht haben, östlich davon, mit Ausnahme der Kanarischen Inseln, die Portugiesen. Als nach der Entdeckung der Philippinen 1521 der Streit zwischen den beiden iberischen Mächten neuerlich aufflammte, dieses Mal um die Einflusszonen in Ostasien, wurde die Tordesillas-Linie im Vertrag von Zaragoza 1529 auf die andere Seite des Globus verlängert.

Das Jahr 1492 stellt noch in anderer Hinsicht eine bedeutende Zäsur in der Geschichte der Iberischen Halbinsel dar. Denn bereits kurz nach der Eroberung von Granada dekretierten Ferdinand II. und Isabel I. die Vertreibung all jener Juden, die sich nicht taufen lassen wollten. Gemeinsam mit den Maßnahmen gegen die Muslime, die trotz gewisser Schutzgarantien bereits zehn Jahre nach der Eroberung von Granada ein ähnliches Schicksal erlitten, zeigt das antijüdische Dekret den Willen der Monarchen, auch in religiöser Hinsicht die Iberische Halbinsel zu vereinheitlichen.

Das Übergewicht der kastilischen Länder in der kastilisch-aragonesischen Matrimonialunion der Katholischen Könige wird beim Vergleich der Bevölkerungszahlen der iberischen Königreiche sichtbar. Kastilien mit seinen sämtlichen Provinzen, also auch dem neu eroberten Granada, erstreckte sich über eine Fläche von ungefähr 385 000 Quadratkilometern, auf denen etwas mehr als vier Millionen Menschen wohnten. In den vier iberischen Teilen der aragonesischen Krone lebten auf ungefähr 110 000 Quadratkilometern etwa 800 000 Menschen, das kleine Königreich Navarra (12 000 Quadratkilometer) bevölkerten nur 120 000 Personen.

Die wichtigsten Großstädte Kastiliens lagen im Tal des Duero. Mit mehr als 10 000 Einwohnern waren dies Burgos, Valladolid, Medina del Campo und das leonesische Salamanca. In Neukastilien kann nur Toledo als Großstadt bezeichnet werden. Der Rest der Großstädte mit mehr als 10 000 Einwohnern lag in Andalusien. Zu diesen zählten Sevilla und Córdoba sowie die erst 1487 unter christliche Herrschaft gelangte Hafenstadt Málaga und das 1492 eroberte Granada. In den aragonesischen Reichen können Zaragoza, Barcelona und Palma de Mallorca mit mehr als 10 000 Menschen als Großstädte bezeichnet werden, sowie Valencia, das mit seinen 70 000 Einwohnern eine der größten Städte Europas war.

Während des gesamten 16. Jahrhunderts...

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