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Philippine Welser

Die schöne Augsburgerin im Hause Habsburg

AutorKarin Schneider-Ferber
VerlagVerlag Friedrich Pustet
Erscheinungsjahr2016
Reihekleine bayerische biografien 
Seitenanzahl136 Seiten
ISBN9783791760759
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis13,99 EUR
Ein abgelegenes Schloss in Böhmen wird 1557 zum Schauplatz einer ungewöhnlichen Hochzeit: Erzherzog Ferdinand II. von Tirol entstammt dem Kaiserhaus der Habsburger, die Augsburger Patriziertochter Philippine Welser kann nur eine bürgerliche Herkunft vorweisen. Dennoch gelingt es ihr, sich Achtung und Reputation in ihrem Umfeld zu erkämpfen. Auf Schloss Ambras in Innsbruck verkehrt sie zwanglos mit dem Tiroler Landadel. Sie steigt zur populären Landesmutter auf und kann diese Rolle nach Aufhebung der Geheimhaltungspflicht ihrer Ehe durch den Papst 1576 ganz offiziell ausüben. Die Biografie einer außergewöhnlichen Frau, die es verstand, auf dem glatten Parkett der Ständegesellschaft keine Fehler zu machen, und die mit ihrer Liebes-romanze der Nachwelt in lebendiger Erinnerung bleibt!

Karin Schneider-Ferber, geb. 1965, lebt als freie Autorin in Berlin. Sie schreibt u. a. für die Zeitschrift G/Geschichte; zahlreiche Publikationen zu historischen Themen.

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Leseprobe

2   Philippines Welt


Augsburg als Stadt der Reichstage und der Reformation


Die Bühne, die Philippines Heimatstadt Augsburg einem wohlhabenden Mädchen aus der Oberschicht bot, hätte glänzender nicht ausfallen können. Die schwäbische Metropole mit römischen Wurzeln blickte auf eine lange und ehrwürdige Geschichte zurück und zählte mit einer stattlichen Einwohnerschaft von etwa 35 000 Menschen zu den größten Städten des Reiches. Das 16. Jahrhundert begann für die Stadt zwischen Lech und Wertach unter äußerst günstigen Vorzeichen. Steigendes Handelsvolumen und Kapitalakkumulation machten sie für die Träger der Macht, die römisch-deutschen Könige und Kaiser, zunehmend attraktiv. Seit 1316 Freie Reichsstadt und damit ohnehin in enger Beziehung zum König als einzigem Stadtherrn stehend, gelang es der wirtschaftlich blühenden Metropole mit Hilfe kapitalkräftiger Bürger, die Kontakte zu den stets klammen Kaisern aus dem Hause Habsburg zu intensivieren. Nur allzu gerne griffen die gekrönten Häupter auf die großzügigen Kredite reicher Augsburger Handelsherren zurück.

Die enge Symbiose von Kapital und Politik drückte sich nicht zuletzt in einer zunehmenden Präsenz der Kaiser innerhalb der Augsburger Stadtmauern aus. Einer, der das Metropolenleben in vollen Zügen genoss, war Kaiser Maximilian I., der gleich 17 Mal in Augsburg weilte, dabei Logis in den Häusern seiner diversen Bankiers nahm und schließlich mit dem Meutingschen Hause in der Nähe der Heilig-Kreuz-Kirche eine eigene Wohnstätte in der Stadt erwarb. Maximilian erntete für seine Neigung zum Großstadtleben den Spottnamen »Bürgermeister von Augsburg«. Sein Enkel und Nachfolger Karl V., dessen Wahl 1519 zum römisch-deutschen König von Augsburger Kapital abhängig gewesen war, setzte die guten Beziehungen zum Zentrum der Hochfinanz weiter fort und holte immer wieder die hohe Politik hinter die Stadtmauern. Wegen seiner verkehrsgünstigen Lage zu den Alpenpässen eignete sich Augsburg nämlich hervorragend als Versammlungsplatz international bedeutender ›Gipfeltreffen‹. Zwischen 1500 und 1550 fanden sieben Reichstage in Augsburg statt, darunter gerade die für die Geschichte der Reformation bedeutsamsten. Die zahlreich dafür anreisenden Gäste rückten Augsburg ins Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit. Zum Reichstag von 1518 kamen neben dem Kaiser alle Kurfürsten, 51 Bischöfe und 23 weltliche Fürsten nebst Gefolge in die Stadt.

Die Reichstage, die Versammlungen der Reichsstände unter Vorsitz des Kaisers, berieten über die brisanten Themen der Tagespolitik, so die Steuerbewilligung zur Kriegsfinanzierung oder religiöse Kontroversen. Der »Thesenanschlag« Martin Luthers 1517 in Wittenberg hatte nicht nur die Reichspolitik, sondern auch das religiöse Leben Augsburgs gehörig durcheinander gewirbelt. Als Wirtschaftsmetropole war die Stadt gleichzeitig ein führendes Kommunikationszentrum, das mit zahlreichen Offizinen die reformatorischen Schriften verbreiten half. Nach Wittenberg war Augsburg der bedeutendste Druckort lutherischer Schriften; allein zwischen 1518 und 1530 sind 457 Drucke nachgewiesen. Im Oktober 1518 musste sich Luther im Anschluss an den in Augsburg tagenden Reichstag vor Kardinal Cajetan rechtfertigen und überstürzt aus der Stadt fliehen, um seiner Verhaftung wegen Häresie zuvorzukommen. Rasch schlossen sich weite Kreise der Bevölkerung, vor allem jene, die im Stadtregiment unterrepräsentiert waren, der Reformation an. Verschiedene Bewegungen, darunter auch die im ganzen Reich verfolgten Täufer, fanden Zulauf in der Stadt.

Für Augsburg gingen diese bewegten Jahre mit einer spannungsgeladenen Atmosphäre einher, denn während ein großer Teil der Bevölkerung mit der Reformation sympathisierte, achteten die vornehmen Geschlechter, die die Stadtpolitik bestimmten, peinlich genau darauf, es sich mit den katholischen Habsburgern nicht zu verderben. Geschäft war schließlich Geschäft, ganz unabhängig von der persönlichen religiösen Einstellung. Daher öffnete sich Augsburg erst spät, in den Jahren 1534/37, der Reformation und schloss sich – sehr zum Zorn Kaiser Karls V. – auch dem militärischen Verteidigungsbündnis der Protestanten, dem Schmalkaldischen Bund, an. Erst 1555 gelang mit dem Abschluss des Augsburger Religionsfriedens, der den Lutheranern die reichsrechtliche Anerkennung verschaffte, ein Ausgleich. Denn nach 1555 durften beide Konfessionen gleichberechtigt und nebeneinander in der Stadt ihr religiöses Leben pflegen.

So präsentierte sich Augsburg in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts als eine für das Reichsgeschehen bedeutsame, im Innern aufgewühlte Metropole mit gleichzeitig internationalem Flair. Wer hier aufwuchs, bewegte sich an einem der Brennpunkte der Zeit und konnte sich nur schwerlich den politischen und religiösen Fragen entziehen. Von provinzieller Abgeschiedenheit und biedermeierlicher Idylle weit entfernt, bot Augsburg ein Leben am Puls der Zeit, das keinen Angehörigen der städtischen Oberschicht unberührt ließ.

Handel und wirtschaftliche Bedeutung der Stadt


Die Quellen des Reichtums und damit der machtpolitischen Bedeutung lagen für Augsburg von jeher in Handel und Gewerbe. Schon im Hochmittelalter begannen ortsansässige Kaufleute ihre Fühler auf überregionale Märkte auszustrecken und Beziehungen zu den jenseits der Alpen gelegenen Regionen zu knüpfen. Vor allem ein Import-Produkt verhalf der Augsburger Wirtschaft dabei auf die Sprünge: die über Venedig aus dem Orient eingeführte Baumwolle. Die Augsburger Weber kombinierten an ihren Webstühlen die geschmeidige Baumwollfaser mit dem etwas steiferen, aus heimischer Rohstoffproduktion stammenden Leinfaden und schufen so ein ebenso preiswertes wie angenehm zu tragendes Mischgewebe, den Barchent. Dieser wurde für Augsburg der Stoff, aus dem die kühnsten Träume gewoben wurden. Denn seit dem ausgehenden 14. Jahrhundert, nachdem die Pestwellen die gewerblichen Strukturen in Italien, Frankreich und England nachhaltig geschädigt hatten, sprang die Nachfrage nach qualitativ hochwertigen Textilien an und beflügelte damit die oberdeutsche Produktion.

Die verkehrsmäßig günstige Lage Augsburgs zwischen Alpenpässen, Flachsanbaugebieten und wichtigen Handelsrouten nach Norden kam dem Aufschwung zusätzlich zugute. Während sich die Weber zur zahlenmäßig stärksten Zunft entwickelten, profitierten auch die textilverarbeitenden Gewerbe wie Schneider oder Färber von dem Wirtschaftsboom. Seit den 1470er-Jahren stieg das Augsburger Steueraufkommen zur Freude der Ratsherren fast jährlich um über 3 % an. Das Gesamtanschlagvermögen aller steuerzahlender Bürger wuchs von ca. 700 000 Gulden im Jahr 1466 auf ca. 3,8 Mio. Gulden im Jahr 1516 an, hatte sich also in 50 Jahren mehr als verfünffacht. In der Weberzunft saßen bereits im Jahr 1428 30 Mitglieder, die ein stattliches Vermögen von mindestens 1000 Gulden besaßen. Im 16. Jahrhundert stieg schließlich die jährliche Produktionsmenge auf 2,5 Mio. Barchenttuche an.

Der Reichtum war jedoch äußerst ungleich verteilt. Die größten Einkommen verzeichneten jene, die nicht mehr selbst am Webstuhl saßen, sondern in den Baumwollhandel einstiegen und abhängige Weber für sich arbeiten ließen. Man nannte sie Verleger, weil sie den begehrten Rohstoff und die für dessen Verarbeitung notwendigen Werkzeuge zur Verfügung stellten, also »vorlegten«, und erst nach Abschluss des Produktionsprozesses vom abhängigen Weber feste Tuchmengen zu festgelegten Endpreisen abnahmen. Die Gewinnspannen, die zwischen Rohstoffeinkauf und Verkauf des Endproduktes lagen, waren beträchtlich und kamen allein dem Verleger zugute, der aufgrund seiner Marktpräsenz die Möglichkeit hatte, den Lohn seiner abhängigen Weber zu drücken. Wer also den Mut aufbrachte, in die Ferne zu ziehen, hatte die besten Chancen, wirtschaftlich aufzusteigen. Aber nicht nur der Textilhandel versprach hohe Gewinne. Der Montansektor lockte ebenfalls mit lohnenden Renditen, sofern man bereit war, an den Stätten der Erzvorkommen in Tirol, Ungarn, Siebenbürgen und andernorts präsent zu sein. Da dies nur über örtliche Vertretungen und angestellte Mittelsmänner gelingen konnte, wandelte sich der ursprünglich in der Form einer ›Ich-AG‹ tätige Kaufmann mittelalterlicher Tradition zum renditeorientierten Unternehmer frühneuzeitlichen Zuschnitts. Der hohe Kapitalbedarf, den ein weitverzweigtes Handelsnetz und ein Engagement im Montansektor erzwangen, war für die Handelsfamilien nur noch durch den Einsatz fremden Geldes zu decken. Es lag daher nahe, an einen Einstieg ins Finanzgeschäft zu denken, fremdes Geld anzunehmen und zu investieren, andererseits Kapital gegen Zinsen wieder auszuleihen. Doch nur einer kleinen Minderheit unter den Augsburger Kaufleuten gelang dieser Sprung in ein ebenso risikoreiches wie gewinnträchtiges Geschäftsfeld. Vor allem zwei Familien schälten sich als ›Platzhirsche‹ heraus: die Fugger und die Welser.

So war es mit der sozialen Ausgewogenheit in Augsburg nicht weit her, vielmehr prägten krasse Einkommensgegensätze die Stadtbevölkerung. Einer hauchdünnen, märchenhaft reichen Oberschicht, die überdies noch den Ton in der Stadtpolitik angab, stand ein großes Heer an Armen und Vermögenslosen gegenüber. Etwa 5 % der Bevölkerung besaßen über 80 % aller Vermögenswerte. Nirgendwo ging die Schere zwischen Arm und Reich so weit auseinander wie in Augsburg. Die Lebenswelten der einzelnen Bevölkerungsschichten unterschieden sich daher wie Tag und Nacht. Während sich die führenden Geschlechter, die man in Anlehnung an antike Tradition Patrizier nannte, in ihrer Genussfreude stark dem Adel annäherten, fristeten die Tagelöhner, Dienstmägde, Knechte und Handwerksgesellen ein prekäres Dasein, das durch...

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