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Philosophische Temperamente

Von Platon bis Foucault

AutorPeter Sloterdijk
VerlagDiederichs Verlag
Erscheinungsjahr2010
Seitenanzahl144 Seiten
ISBN9783641044053
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis4,99 EUR
Die großen Weltendeuter im Portrait
Vierzig Jahre nach Wolfgang Weischedels Philosophischer Hintertreppe präsentiert Peter Sloterdijk philosophische Temperamente von Platon bis Foucault und öffnet damit einen neuen Zugang zu den Meisterdenkern des Abendlands. Seine Toasts auf die zwanzig bedeutendsten Köpfe der Geistesgeschichte sind die perfekte philosophische Einstiegsdroge. Prägnanter und treffender wurden Platon, Marx & Co. noch nicht porträtiert.

Vierzig Jahre nach Wolfgang Weischedels Philosophischer Hintertreppe präsentiert Peter Sloterdijk philosophische Temperamente von Platon bis Foucault und öffnet damit einen neuen Zugang zu den Meisterdenkern des Abendlands. Seine Toasts auf die zwanzig bedeutendsten Köpfe der Geistesgeschichte sind die perfekte philosophische Einstiegsdroge. Prägnanter und treffender wurden Platon, Marx & Co. noch nicht porträtiert.

Aus dem Inhalt: Platon, Aristoteles, Augustinus, Descartes. Leibniz, Kant, Fichte, Schelling, Hegel, Kierkegaard, Marx, Schopenhauer, Nietzsche, Wittgenstein, Sartre, Foucault

Peter Sloterdijk, Jahrgang 1947, ist Rektor der Karlsruher Hochschule für Gestaltung und war Moderator des Philosophischen Quartetts (ZDF). 2005 wurde er mit dem Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa ausgezeichnet.

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Leseprobe
BRUNO (S. 27-28)

Aus der glanzvollen Reihe der Renaissance-Philosophen, die das neuere europäische Denken aus der Vorherrschaft der allmächtigen christlichen Scholastik herauszuführen begannen, ragt die verkohlte Silhouette Giordano Brunos eindrucksvoll hervor. Seit seinem römischen Feuertod im Februar des Jahres 1600 steht sein Name, umwoben von Gerüchten pantheistischer Ruchlosigkeit und kosmologischer Kühnheit, in den Märtyrerakten des neuzeitlichen Freien Geistes. Seine posthumen Schicksale haben etwas von dem irrlichternden Glanz und von der üblen Fortuna seiner Lebensgeschichte behalten.

Sie erwecken den Eindruck, als hätten seine Anhänger und Interpreten mehr in seiner Asche gestochert als in seinen Schriften gelesen. Tatsächlich kennt die Geistesgeschichte wenige Autoren, deren Nachleben in solchem Ausmaß von Projektionen und von Vereinnahmungen für die Interessen träumerischer Sympathisanten bestimmt ist. So ist die Geschichte der Bruno-Rezeption mit wenigen Ausnahmen die einer gutgesinnten Leseschwäche, so mancher anlehnungsbedürftige Nachfahre hat Bruno in den Mund gelegt, was dieser gesagt hätte, wäre er der gewesen, für den man ihn gerne halten wollte.

So haben ihn Bündnissucher aller Couleurs für ihre Sache eingespannt, Freidenkergruppen, Antiklerikale und Pantheisten an erster Stelle, jüngst hat sogar ein gewisser katholischer Pietismus nach ihm gegriffen. Man drängt sich danach, neben ihm verbrannt zu scheinen, um von seinem Opfer-Nimbus zu profitieren. Solche Zudringlichkeiten mögen ein für die Geschichte dissidenter Philosophen typischer Mechanismus sein. Sie erklären sich, soweit sie auf einem Mangel an besserem Wissen beruhen, zu einem Gutteil aus dem Umstand, daß seit dem 19. Jahrhundert das Lateinische bei den Gebildeten Europas zur Totensprache verfallen ist, so daß die entscheidenden lateinisch verfaßten Schriften Brunos lange Zeit wie in einer Gruft versunken lagen.

Wer sich der Kraft und Größe von Brunos Denken in seinen eindrucksvollsten Manifestationen aussetzen will, muß sich zunächst darum bemühen, den »Magier« Bruno, den Gedächtnis-Künstler, den Materiosophen, den Bilder-Ontologen und den Lehrer der allwendigen Verwandlungen aus seiner lateinischen Krypta zu befreien, um seine Anregungen im Licht der modernen Sprachen zu überdenken. Es ist Elisabeth von Samsonows Verdienst, daß sie - nicht zuletzt angeregt durch die Arbeiten der großen alten Dame der Renaissance-Forschung Frances A. Yates - damit begonnen hat, deutschen Lesern den Zugang zu einigen der am längsten vergessenen lateinischen Schriften Brunos zu eröffnen.

Sein Werk bezeugt einen verkannten Aspekt im Mythos der Neuzeit: Es illustriert die Geburt der Modernität aus dem Geist einer Imaginations-Philosophie. Nach der Wiederentdeckung der Brunischen Lehren von den weltkonstituierenden Leistungen der »Phantasie« wird die träge Neigung der Ideenhistoriker, das neuzeitliche Denken ganz von Descartes her zu konstruieren, fragwürdiger denn je. Man muß auf das Universum Brunos, Shakespeares und Bacons zurückgehen, um die Schlüssel zu weithin unbekannten Schatzhäusern der beginnenden Modernität zu finden.

Wie kaum ein Denker vor ihm hat sich Bruno in die Kosmodynamik der Gedächtnisse versenkt. Mit seinen Einsichten in die Natur und Funktion der memoria kann Giordano Bruno zum Zeitgenossen derer werden, die sich heute über das menschliche Gehirn beugen als wäre es der Hort der Welträtsel. Weil er den ars-Charakter von Erinnerung und Gedächtnis betonte, ist Bruno der erste »Kunst«-Philosoph der Neuzeit. Es ist an der Zeit, die Asche über Brunos Manuskripten wegzublasen, um freizusetzen, was einen Denker, der ein Meister italienischer und lateinischer Prosa war, alleine ehrt: die leuchtende Buchstäblichkeit seiner wirklichen Gedanken
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