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Pictures of identity. Menschen mit Migrationshintergrund in Berlin-Kreuzberg explorieren ihre Identität

Eine Photovoice-Studie

AutorAndrea Frisch
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl156 Seiten
ISBN9783656769460
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis31,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2014 im Fachbereich Psychologie - Sonstiges, Note: 1.3, FernUniversität Hagen, Sprache: Deutsch, Abstract: Das Konstrukt bikulturelle Identität wurde in einer Feldstudie in Berlin-Kreuzberg an sechs Personen mit einem Mixed-Method-Design erforscht. Ziel der Studie war es, Kompatibilitätswahrnehmungen von bikulturellen Identitäten (Benet-Martínez & Haritatos, 2005) auf Abhängigkeit von sozialer und lokaler Bindung zu untersuchen sowie zentrale Aspekte der erlebten bikulturellen Identität in Kreuzberg zusammenzufassen. Qualitative Daten wurden mit Photovoice (Wang & Burris, 1997) erfasst. In dieser Studie waren zentrale Identitätsaspekte positiv und negativ erlebte, alltägliche Diversität in der Community und ein von Offenheit geprägtes Sozialklima. Dies war mit dem Erleben zahlreicher Identifizierungsmöglichkeiten, hoher sozialer und lokaler Identifizierung und dem Erlernen von Resilienz verbunden. Dekategorisierung und schwache ethnische Identifizierung war positiv mit affektiver Kompatibilität verbunden. Starke personale und nicht unbedingt ethnische Identifizierung war positiv mit kognitiver Kompatibilität verbunden, Identifizierung mit der übergeordneten Gesellschaft war hier zum Großteil nicht einflussreich. Implikationen ergeben sich u.a. für die Stadtraumplanung und Institutionen. Multikulturelle Symbole im öffentlichen Raum, Diversitätstrainings auf institutioneller Ebene und vermehrte Anerkennung der Leistungen von Ausländern durch Politik und Medien könnten für Respekt gegenüber Diversität förderlich sein.

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Leseprobe

2. Methode


 

Eine Feldstudie im Mixed-Method-Design wurde durchgeführt. Zuerst wurden qualitative und dann quantitative Daten erfasst.

 

2.1 Erhebungsinstrumente


 

Bikulturelle Identität, räumliche Bindung und demografische Variablen wurden mit folgenden Instrumenten untersucht:

 

2.1.1 Qualitative Daten: Photovoice.


 

 In der ursprünglichen Konzeption (Wang & Burris, 1997) folgt der Photovoice-Prozess 13 aufeinander folgenden Phasen: (1) Identifikation eines Problems, (2) Definition von damit zusammenhängenden Themen und Zielen, (3) Rekrutierung von politischen Entscheidungsträgern, denen die Photovoice-Erkenntnisse später präsentiert werden soll, (4) Training der Photovoice-Moderatoren, um in den Gruppendiskussionen kritischen Dialog zu fördern, (5) Durchführung eines Workshops mit den Teilnehmenden, (6) Ausarbeitung eines Startthemas für die Bildaufnahme, (7) Phase des Photographierens, (8) Initiierung einer Gruppendiskussion, (9) Auswahl von Photos, Kontextualisierung und Kodifizierung, (10) Dokumentation, (11) formative Evaluation, (12) Mobilisierung von politischen Entscheidungsträgern, Spendern, Medien, Forschern und Personen, die soziale Veränderung herbeiführen können und (13) partizipative Evaluation. Während der Gruppendiskussion können durch die SWOWeD-Technik Themen identifiziert werden. Die Moderatoren regen kritischen Dialog an, indem sie folgende Fragen stellen: Was ist auf dem Photo zu sehen?, Was ist die Geschichte hinter dem Bild?, Wie wirkt sich das auf unser Leben aus?, Warum tritt dieses Problem oder diese Stärke auf? und Was können wir dagegen tun? (What do you See here?, What is really Happening?, How does this relate to Our lives?, Why does this problem or strength exist? und What can we Do about it?). Ein dreistufiger Prozess bildet die Grundlage für die partizipative Analyse der Photos: (1) Auswahl der Photos, die das Anliegen und die Werte der Gemeinschaft am Besten widerspiegeln, (2) Kontextualisierung der Photos durch Beschreibungen des photographischen Inhalts, Erzählungen und Gruppendiskussion und (3) Kodifizierung der identifizierten Bedeutungszuweisungen in Fragen, Themen und Theorien. Die Kodierungen können unmittelbar definiert oder nach systematischer Sammlung von Themen und Mustern analysiert werden. Das Photovoice-Konzept (Wang & Burries, 1997) wurde für diese Studie aufgrund des Datenerhebungsschwerpunktes modifiziert. In dieser Studie entsprachen insgesamt 9 von 13 Phasen der ursprünglichen Konzeption. Phasen, die nicht realisiert wurden, basierten auf partizipativen Anforderungen oder zielten auf soziale Veränderungen ab. Im Folgenden stehen die ursprünglichen Photovoice-Phasen in Klammern. Das Thema und die Ziele wurden nicht partizipativ sondern von der Forscherin definiert (Phase 1 und 2). Phase 3 wurde nicht realisiert. Das Training der Photovoice-Moderatorin (der Forscherin) fand in Form von zwei Gesprächen mit zwei erfahrenen Personen und Literaturstudium zum Thema Fokusgruppen statt (Phase 4). Die Durchführung des Photo-Workshops und Informationssession wurde den Anforderungen gemäß zusammen mit dem Reportagefotograf Kai Wiedenhöfer durchgeführt (Phase 5, Durchführungsskript siehe Anhang J). Bei diesem Termin wurde ausführlich über das Ziel der Studie aufgeklärt und die Teilnehmenden unterschrieben eine Einverständniserklärung zur Teilnahme zu Audio-, Bild- und Textfreigaben und zur Wahrung der Anonymität der Teilnehmenden. Außerdem wurde ein Photofreigabe-Formular für Photographierte verteilt (Anhang K-M). Der Workshop wurde auf Video aufgezeichnet. Die Ausarbeitung des Startthemas war nicht-partizipativ (Phase 6). Die Photographierphase entsprach dem Photovoice-Grundkonzept (Phase 7). Die Teilnehmenden konnten während dieser Phase an drei Terminen Photos besprechen. Dazu wurden die Bilder per Beamer an die Wand projeziert und mit der Forscherin und Kai Wiedenhöfer besprochen. Neben photographischen Aspekten wurden auch offene Interviews geführt, per Audio aufgezeichnet und transkribiert (die Transkripte wurden im Rahmen dieser Studie nicht ausgewertet). Aus ökonomischen Gründen wurde von der Forscherin die Anzahl der Photos pro Person nach den Kriterien Bezug auf die Forschungsfrage, vielfältige Motive und gleiche Photo-Anzahl pro Person ausgesucht und ausgedruckt. In den Fokugruppen sollten dann jede Teilnehmende zwei Photos aussuchen, die am meisten mit ihrer Identität zu tun hatten. Die Fokusgruppen entsprachen dem Photovoice-Konzept (Phase 8 und 9), wurden per Audio aufgezeichnet (Zoom H4n Handy Recorder) und transkribiert. Mit der S-Frage (Was ist auf dem Photo zu sehen?), einer adaptierten Version der O-Frage (Wie hängt die Geschichte hinter dem Bild mit Ihrer Identität zusammen?) der SWOWeD-Technik und Verständnisfragen wurden die Fokusgruppen von der Forscherin moderiert (Transkripte und Photoauswahl siehe Anhang P). Die Teilnehmenden präsentierten abwechselnd je ein Photo um alle Personen möglichst schnell zu Wort kommen zu lassen und eventuellen Sprechängsten entgegen zu wirken. Außerdem wurde darauf abgezielt, die Gesprächsentwicklung voranzutreiben. Die Teilnehmenden sollten sich zu anderen Präsentationen direkt äußern und durch Zuhören eigene Überlegungen vertiefen. Dokumentation fand auf der Projekt-Website und bei einer Ausstellung statt (Phase 10). Aufgrund des Datenerhebungsschwerpunktes wurden die Transkripte der Gruppendiskussion nicht partizipativ analysiert. Der Photovoice-Prozess wurde über Rückfragen und direktes Feedback der Teilnehmenden formativ evaluiert (Phase 11). Phase 12 wurde nicht realisiert. Der Photovoice-Prozess wurde mündlich während der Ausstellung evaluiert (Phase 13).

 

Die Teilnehmenden wurden instruiert, zu folgenden Fragen zu photographieren (Anhang A): (1) Wie unterscheiden sie sich als Kreuzberger_in von den Bewohner_innen anderer Berliner Kieze? Was macht das Leben in Kreuzberg aus? Versuchen sie, ein positives und ein negatives Beispiel zu fotografieren, (2) Welcher Ort in Kreuzberg ist bedeutsam für sie? Wo fühlen sie sich am wohlsten? Wo finden sie am meisten Unterstützung?, (3) Wo befindet sich für sie eine (gefühlte) Grenze von Kreuzberg?, (4) Bitte fotografieren sie Gruppen, die ihnen besonders wichtig sind, (5) Wodurch ähneln sich die beiden Kulturen, mit denen sie leben? Wodurch unterscheiden sie sich? und (6) Welcher Ort in ihrer Wohnung bzw. in ihrer privaten Umgebung ist bedeutsam für sie? (siehe Anhang A). Die Fragen unter (1) wurden mit dem Ziel der Reflexion des lokalen Kontextes gestellt und sollten eine Warm-Up-Funktion erfüllen. Die Fragen unter (2) zielten auf die persönliche räumliche Bindung und das erlebte Wohlbefinden an einem bestimmten Ortes ab. Frage (3) zielte auf eine Begrenzung des Kontextes ab. Die Fragen unter (4) beziehen sich auf Reflexion bedeutsamer Gruppenzugehörigkeiten. Die Fragen unter (5) zielten auf die Auseinandersetzung mit beiden Kulturen ab. Frage (6) wurde mit der Intention gestellt, den privaten Raum zu reflektieren. Nach Wang und Burries (1997) folgen durch die Interpretation der Photos in den Fokusgruppen reliable und ökologisch valide Daten. Indem die formalisierten Photovoice-Forschungsschritte eingehalten und dokumentiert wurden, konnte die prozeduale Reliabilität erhöht werden. Durch Partizipation und Feedbacks wurde die kommunikative Validität erhöht.

 

2.1.2 Quantitative Daten.


 

Quantitative Daten wurden mit der Bicultural Identity Integration Scale (BIIS-1; Benet-Martínez & Haritatos, 2005, deutsche Übersetzung: Andrea Frisch, Anhang B) und der Personal Dimensions of Difference Scale (PDD; Dunbar, 1997, Anhang C) nach den Fokusgruppengesprächen erfasst.

 

2.1.2.1 Bicultural Identity Integration Scale.

 

Die BIIS-1-Skalen (Anhang B) bestehen aus den Subskalen Blendedness und Harmonie. Mit der 4-Item-Skala Blendedness wird die wahrgenommene kulturelle Überlappung vs. Distanz erfasst: (1) Ich bin einfach eine Türkin, die in Deutschland lebt (invertiert), (2) Ich halte die türkische und deutsche Kultur getrennt (invertiert), (3) Ich fühle mich türkisch-deutsch und (4) Ich fühle mich als als Teil einer kombinierten Kultur. Mit der 4-Item-Skala Harmonie wird die Wahrnehmung von kultureller Kompatibilität vs. Konflikt erfasst: (5) Ich fühle mich zwischen der türkischen und deutschen Kultur hin- und hergerissen (invertiert), (6) Ich fühle mich wie jemand, der sich zwischen zwei Kulturen bewegt (invertiert), (7) Ich fühle mich im Konflikt mit der deutschen und der türkischen Art, Dinge zu tun (invertiert) und (8) Ich fühle mich nicht zwischen der türkischen und deutschen Kultur hin- und hergerissen. Die Teilnehmenden stuften jedes Item auf einer Skala von 1 (überhaupt keine Übereinstimmung) bis 5 (starke Übereinstimmung) ein. Die Wertungen der Items (1), (2), (5), (6) und (7) wurden invertiert und über die Skalen gemittelt (minimal: 1.0 bis maximal: 5.0). Ein hoher Wert (> 3.66) indiziert jeweils hohe, ein niedriger Wert (< 2.33) niedrige Blendedness bzw. Harmonie (genaue Grenzwert-Angaben wurde in keiner BII-Studie gefunden und daher selbst berechnet [Intervalllängen für niedrig – mittel – hoch: 4 : 3 = 1.33]). Ein BII-Gesamtscore wird berechnet, er indiziert das Ausmaß der Kompatibilität (BII ist hoch) bzw. Inkompatibilität (BII ist niedrig). Die BIIS-1-Komponenten...

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