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Von Pionieren, Rebellen und Legenden

Bemerkungen zum Obstbau mit besonderem Bezug zum Bundesland Salzburg

AutorErwin Palnstorfer
Verlagnovum pro Verlag
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl192 Seiten
ISBN9783990482193
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis13,99 EUR
Salzburg ist das einzige Bundesland Österreichs ohne nennenswerten gewerblichen Obstbau. Dafür hat es eine lange Tradition des sogenannten Liebhaberobstbaus. Herausragende Persönlichkeiten gestalteten die Entwicklungsgeschichte des Obstbaus. Pioniere in ihren Tagen, Legenden Jahre später. So auch Josef Flieger, ein ganz Großer seiner Zunft! Was in der Steinzeit begann, trieben die antiken Griechen und Römer, die Pomologen und die gewinnorientierten Industrienationen voran. Die müßiggängerischen Adelsleute und die eifrigen Klosterbrüder bewahrten diesen Schatz vor dem Untergang, bis die aufbegehrenden Bürger seine Demokratisierung durchsetzten. Um den Fruchtgehölzen erlesene Produkte abzuringen, sind ausgereifte Techniken anzuwenden. Einst galten die Baumschneider am französischen Hof als Künstler, heute sind die Baumwarte geschulte Praktiker, für die dieses Buch eine Lanze bricht. Der Autor selbst stellte den Obstbaum in den Mittelpunkt seines Lebens.

Erwin Palnstorfer wurde 1960 in Wels geboren. Nachdem er den Naturwissenschaften eine Absage erteilt hatte, konzentrierte er sich auf den handwerklichen und spirituellen Bereich, machte eine Tischlerlehre und eine sozialpädagogische Ausbildung. Er arbeitete als Sozialpädagoge, Baumwart, Baumpfleger, Baumkontrolleur und Waldpädagoge. Nach und nach wurde das Thema Holz immer mehr zu seinem Lebensmittelpunkt, erst in lebloser, dann in lebendiger Form. Er interessiert sich für das Studium der Bäume, hält sich gerne in der Natur auf und fährt viel Rad. Ihm ist ein natürliches, ressourcenbewusstes Leben sehr wichtig, ebenso der Kontakt mit anderen Menschen. Bisher veröffentlichte er 'Der Obstbaumschnitt' im Servus-Verlag.

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Leseprobe

Auf den Weg

„Griaß eich!“ – „Griaß di!“ – Hias sitzt am Steuer, Sepp sitzt neben ihm. An der Bushaltestelle an der Mattseer Landstraße steige ich in den roten VW-Bus ein. Im rückwärtigen Bereich suche ich mir einen Platz zwischen Arbeitsgeräten und allerlei Material. Es ist 13.15 Uhr, wie wir vereinbart hatten. Auf meine Freunde vom OGV ist Verlass. Freunde, na gut, stimmt so nicht, Freunde ist nicht das passende Wort. Vereinskollegen ist besser. Die Männer und Frauen, die ich in den Ausschusssitzungen des Obst- und Gartenbauvereins Bergheim treffe und mit denen ich etliche Veranstaltungen durchführe, sind Kolleginnen und Kollegen, wir sind Gleichgesinnte mit einem gemeinsamen Interesse. Das Spielfeld der Freundschaften liegt woanders. Das eine, die Vereinskultur, entspricht nicht dem anderen, dem Freundeskreis, und sollte nicht miteinander verwechselt werden. Gegen ein Vermischen wäre nichts einzuwenden. Denn wenn Kollegen Freunde werden, rückt die Welt zusammen.

Wir fahren aus der Busbucht, als hinter uns ein Auto identifiziert wird, das weitere Leute des Vereins mit sich bringt. „Der Franz ist hinter uns“, stellt Hias fest. Franz ist unser Obmann, er hat den Ausflug organisiert. Die Fahrt zum Obstschaugarten vom „Flieger“. An diesem Juli-Sommertag wollen interessierte Mitglieder des Obst- und Gartenbauvereins Bergheim einen im ganzen Land bekannten Obstgarten besichtigen. Manche fahren nicht das erste Mal zu seiner Anlage. Die Apfelbäume des Herrn Flieger sind ein Begriff. Jeder, der sich mit Obstkulturen, speziell dem Apfelanbau, beschäftigt, hat schon mal was vom „Flieger“ gehört.

So war auch ich bereits vor Jahren auf diesen Namen gestoßen. Als mein Interesse an den Obstbäumen erweckt war und kurze Zeit später eine milde Form der Manie erlangt hatte, war ich bei der Suche nach Informationen und Informanten auf einen Apfelzüchter mit großem Schaugarten irgendwo in der Nähe von Obertrum gekommen. Er heiße Flieger, er sei ein alter Mann. Er habe wunderschöne Apfelbäume mit vielen verschiedenen Sorten. Ein geheimnisvoller Ort war in meiner Fantasie entstanden. Und ich machte mich auf den Weg.

Der Name Flieger war mir als Inbegriff für Wissen und Weisheit in einem verheißungsvollen Sachgebiet bekannt geworden. Eine große Faszination ging von der Vorstellung aus, es gäbe einen kleinen Garten Eden, angelegt von einem Mann, der dort zwischen seinen Bäumen wandelt und mit diesen Bäumen lebt und alt geworden war, sie pflegt und gesund erhält und jahrelang ihr Wachsen und Fruchten beobachtete und auf diese Weise ein enormes Wissen sammeln konnte.

Ich befand mich erst am Anfang einer Leidenschaft, die mich zu ergreifen schien. Er, Flieger, war wohl schon an ein Ende angelangt, so meinte ich damals.

Jetzt stehe ich kurz davor, jener Gestalt, die aus meiner Sicht durchaus im Nimbus des Legendenhaften angelangt war, zu begegnen. Seit dem Moment, als Franz uns den Termin für diese Ausflugsfahrt nannte, habe ich mich darauf gefreut. Nun, auf der Rückbank des VW-Busses, bin ich erwartungsvoll aufgeregt.

Die Fahrt Richtung Obertrum verläuft kurzweilig. Jeder gewährt kurze, aktuelle Einblicke in seinen Alltag. Hias, der Breitbauer, weiß von Schlägerungsarbeiten zu berichten, von Rodungen in einem Waldstück auf seinem Grund. Ich frage nach, warum jetzt, in dieser Jahreszeit, Bäume umgeschnitten werden. Wenn’s um Bäume geht, horche ich auf und bin wissbegierig. Der Käfer war reingeraten und hatte ein paar Fichten vernichtet. Die wurden entfernt, die kahlen und ein paar alte Fichten dazu, aber dadurch standen plötzlich die Buchen im vollen Sonnenlicht. Hias redet auch gerne über Bäume, das merkt man. Er sei erstaunt, wie rasch die Buchenblätter reagierten. Er mache sich Sorgen, dass die Buchen Schaden nähmen, weil sie so leicht einen Sonnenbrand kriegen. „Sonnenbrand?“, frage ich. „Machst du einen Witz?“ „Aber na!“, lacht Hias. „Richtigen Sonnenbrand. Die Rinde ist so empfindlich. Die geht ab. Der Baum ist kaputt.“

Wie wenig Ahnung ich damals noch von Bäumen hatte! Kannte ich mich beim „toten“ Holz auch gut aus – ich hatte den Tischlerberuf gelernt und wusste mit der Handelsware, dem Schnittholz, gut umzugehen –, war ich doch ein ziemlicher Laie und bestenfalls Träumer beim lebendigen Holz. Botanisch unbedarft, im Praktischen unerfahren!

Gerade als Sepp ansetzt, von seinen Bienen zu berichten, von der erfolgreichen Honigernte, müssen wir von der Landstraße runter. „Da rein! Da vorne rechts! Hier geht’s zur Petermühle. Da hinten geht’s rauf zum Flieger!“

Eine schmale Bauernstraße schlängelt sich in weiten Kurven hinauf auf die Anhöhe. Zurückblickend breitet sich ein wunderbares Panorama aus. Fantastisch! Wie die Zähne einer Astsäge reihen sich die spitzen Gipfel der ganzen Osterhorngruppe aneinander. Im Osten springt der Schafberg mit seiner typischen Form ins Auge, davor der Schober, in der Mitte des Blickfeldes dominiert der Gaisberg, zum Greifen nahe, daneben der mächtige Block des Untersberg. Links und rechts vom Hausberg der Stadtinger ragen weitere markante Felsformationen auf, der Göll, die bayrischen Berge, der Watzmann, der Staufen und wie sie alle heißen. Gleich gegenüber von uns erhebt sich der Buchberg, seitlich darunter blitzt der Obertrumer See auf. Ruhig glänzt er bläulich grün. Der Flachgau liegt uns zu Füßen, ein atemberaubend schöner Teil davon.

Die kleine Ansiedlung hier heroben ist ein verschlafenes Nest. Am Ortsrand ein altes, leer stehendes Bauernhaus. Die verwinkelte Straße führt zu einer Lagerhalle, wo wir anhalten. Und siehe da, es kommen noch fünf Autos, die entlang einer übermannshohen Betonwand zu stehen kommen. An die zwanzig Leute stehen in Grüppchen herum, ein Stimmengewirr, suchende Blicke. Wo ist er, der Flieger?

Das Chaos ordnet sich, die Personengruppe formiert sich und richtet sich aus, beginnt, sich in eine Richtung zu bewegen, denn vor dem umzäunten Grundstück, das wild verwachsen scheint, steht jemand. Jetzt schaue ich genauer und nehme zwei Menschen vor einem eisernen Gartentor wahr. Es ist ein Mann und eine Frau. Sie ist größer als er, auch jünger, wie es scheint. Betagte Leute sind beide. Während sie einen frischen, aufrechten Habitus ausstrahlt, wirkt er gebückt und zurückhaltend, abwartend. Aber es besteht kein Zweifel, das müssen sie sein. Der Flieger und seine Frau.

Mit einer eleganten Geste heißt uns Herr Flieger willkommen und verweist gleichzeitig auf sein Reich, das sich hinter ihm ausbreitet, noch verborgen vor unserer Neugier. Das Stimmengewirr hat sich gelegt, gespannt und erwartungsvoll harren wir der Dinge. Franz, in seiner Funktion als Obmann, löst sich aus der Menge und geht auf das Ehepaar Flieger zu. Herr Flieger seinerseits wendet sich Franz zu. Frau Flieger hält sich bescheiden im Hintergrund, wissend, dass er die Hauptperson in diesem Stück ist.

Im letzten Augenblick besinnt sich Franz auf die gesellschaftliche Konvention, hält plötzlich einen Blumenstrauß in Händen, den er der Gattin mit angedeutetem Kopfneigen überreicht.

Franz und Flieger schütteln sich die Hände. Die üblichen Floskeln werden vorgebracht, mit dem Dank für die Einladung, der Bekundung des großen Interesses und der gesteigerten Erwartungen. Herr Flieger nickt bedächtig und schweigt.

Nachdem Franz seine Ansprache beendet hat, sagt Herr Flieger nur: „Na, dann kumman’S!“, und öffnet das Gartentor.

Der metallene Flügel gleitet geräuschlos auf. Herr Flieger geht voran. Der Haufen aus Bergheim folgt. Als Letzte betritt Frau Flieger das enge Rasenstück im Eingangsbereich des dicht verwachsenen Grünlands und schließt das Tor hinter sich.

Ich bin bemüht, dicht an Herrn Flieger dranzubleiben, damit mir nichts entgeht. Ich möchte hören, was der Mann mit dem in Fachkreisen wohlbekannten Namen zu sagen hat.

Und der erst so Wortkarge legt los, sobald er sich auf seinem Territorium befindet. Auf den ersten Schritten beginnt er mit Erklärungen zu den Pflanzungen. Denn hier, wo rechts am Gartentor beginnend auf der Innenseite der Mauer Wein emporrankt, wird bei genauerem Hinsehen deutlich, dass sich der Wein über die gesamte Länge der Mauer ausbreitet. Es sind 14 verschiedene Sorten, die hier angepflanzt wurden, erfahren wir. Die Weinreben werden von einem schmalen, an der Mauerkrone angebrachten Dach geschützt. „Aber die“ – Flieger deutet auf eine Rebe – „muss ich weg tun, die frisst der Mehltau.“

Links steht eine Hütte. Deren fensterlose Holzwand liegt beinahe unsichtbar hinter dem dichten Blattwerk zweier eng stehender Dirndlsträucher. Eine Kiwipflanze ist überdies am Sichtschutz beteiligt. Darüber lugt ein graues, eternitgedecktes Dach hervor. Ein sehr hoher und noch breiterer Rhododendronbusch steht am Wegrand und verdeckt den Blick. Es ist gänzlich unmöglich, vom Eingangsbereich aus eine Sicht auf die Anlage zu haben. Lediglich das helle Blätterdach eines Kirsch- und eines Apfelbaums macht neugierig auf mehr. Der starkastige Nussbaum, dessen ausladende Krone alles überragt und nur dem Wein genug Sonne lässt, macht es auch nicht besser. Nur geradeaus, wie durch einen langen Gang hindurch, kann man schauen und mehr erkennen, nämlich drei dunkle Holzkisten, Bienenbeuten, wie wir später erfahren, auf einem Podest im Schutz einer imposanten Fichte, die den Abschluss bildet. Gleich...

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