Spricht man von Globalisierung, so meint dies die weltweite Verflechtung beinahe aller Lebensbereiche wie Politik, Kultur, Umwelt und Kommunikation, besonders aber der internationalen Wirtschaft. Die Globalisierung hat sowohl Einfluss auf Industrie, Handel und Dienstleistungen als auch auf die Menschen, die darin involviert sind, wie beispielsweise Arbeitnehmer und Arbeitslose.[16]
Ursprüngliche Grenzen zwischen den einzelnen Ländern verwischen im Zuge der Globalisierung, so dass die Welt sinnbildlich gesprochen zusammenrückt. Sie entwickelt sich zu einem „globalen Dorf“[17] und macht Menschen von unterschiedlichen Kontinenten zu Nachbarn.
Viele Konzerne verlagern ihre Standorte über die staatlichen Grenzen hinaus in solche Länder, in denen die Produktionskosten vergleichsweise sehr gering sind. Dementsprechend werden Volumen- und Gewinnsteigerungen erzielt. Dies hat allerdings zur Folge, dass Firmen einer Branche zusammengefügt werden und somit sowohl Aufwendungen als auch Arbeitsplätze reduziert werden. Die Globalisierung zieht demnach einerseits Gewinner in Wirtschaft und Handel mit sich, andererseits Verlierer, die an Armut und Arbeitslosigkeit zu leiden haben.[18]
Migrationsbewegungen hat es zu jeder Zeit der Menschengeschichte gegeben. Dies hatte unterschiedliche Beweggründe wie klimatische Veränderungen, Hungersnöte, politische und religiöse Konflikte oder Vertreibungen. So erzählt beispielsweise auch die Bibel von zahlreichen Völkerwanderungen
(z. B. Exodus).
Während Europa Anfang des 20. Jahrhunderts noch als Auswanderungskontinent galt, erhöhte die Globalisierung seit Mitte des letzten Jahrhunderts die Migrationsbewegungen und machte Deutschland und andere Länder Europas zu Einwanderungsländern.[19] Mit den unvermögenden und in Armut lebenden Menschen, denen Hoffnung auf Arbeit, Geld und ein gänzlich besseres Leben gemacht wurde, kamen in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg zudem zahlreiche Flüchtlinge, Vertriebene und osteuropäische Aussiedler nach Westeuropa, so dass allein in Deutschland zur „Jahrtausendwende […] der Zuwanderungsüberschuss der letzten 40 Jahre knapp 9 Millionen Personen“ betrug.[20]
Sie wurden zu Migranten, die bereit waren oder dazu gezwungen wurden, „große Strapazen und den Verlust ihrer Heimat auf sich zu nehmen.“[21]
Schon damals waren sie Misstrauen, Fremdenfeindlichkeit oder Diskriminierungen aufgrund ihres nationalen, religiösen oder kulturellen Hintergrunds ausgesetzt.[22] Darüber hinaus erwies sich die Konfrontation bzw. der Umgang mit der westlichen Welt, ihrer Demokratie und ihren aufgeklärten Konfessionen für viele Migranten als schwierig, so dass Gefühle des Fremdseins und der Entwurzelung, aber auch Konflikte innerhalb der Einwandererfamilien nicht selten ausblieben.[23]
In unserem Land leben derzeit etwa 15,4 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund. Dies macht etwa 18,7 % des Gesamtbevölkerungsanteils aus.[24] Demzufolge prägen auch viele Menschen nichtchristlicher Religionen das gesellschaftliche Leben in Deutschland. In unmittelbarer Nähe verbringen sie ihren Alltag mit und neben den Deutschen. Davon sind etwa 3,1 Millionen Menschen Muslime und ca. 1,2 Millionen orthodoxe und altorientalische Christen. Weitere 100.000 Menschen sind Hindus, 60.000 Buddhisten und 5.000 Bahai. Der Großteil von ihnen lebt in den deutschen Großstädten.
Das am 1. Januar 2005 erschienene neue Aufenthaltsgesetz soll nun helfen, die mit der Einwanderung verbundenen Probleme zu lösen. Es attestiert u. a. das Recht des Kindes- und Familiennachzugs, das Aufenthaltsrecht von Flüchtlingen und die Abschiebeordnung für als gefährlich eingestufte Ausländer, um „Deutschland als Zuwanderungsland zu stabilisieren und die Integration vor Ort wirksam zu fördern.“[25]
In vergangenen Jahrhunderten war das Gros der europäischen Einwohner einer bestimmen Religion, zumeist der christlichen, zugehörig und beinahe untrennbar mit ihrer Tradition, Identität und Geschichte verwurzelt.[26]
Seit dem 18. Jahrhundert verringerte sich das Interesse der modernen westlichen Welt an religiösen Einstellungen kontinuierlich. Überdies verloren auch gesellschaftliche Bereiche wie Wissenschaft, Politik, Wirtschaft, Schulwesen, Medizin und ein Großteil der öffentlichen Ordnung an religiösem Einfluss. Weiterhin war auch eine zunehmende Verlagerung der Religion vom öffentlichen in den privaten Bereich zu beobachten. Folglich galt jedwede religiöse Orientierung, die die Modernisierungsphase überdauert hatte, als konservativ oder traditionell.[27]
Einige Jahrhunderte später ist sowohl die Zahl der evangelischen und katholischen Christen weiterhin rückläufig als auch ein Verlust an Traditionsbindung festzustellen. Während in katholischen Ländern noch eher als in dominierend evangelischen Ländern eine kirchliche Religiosität praktiziert wird[28], ist gesamtgesellschaftlich sowohl ein Macht- als auch „Bedeutungsverlust des Kirchlichen, Christlichen und Religiösen“, also eine „Entkirchlichung“ auszumachen.[29] Dieser religiöse Wandel wurde lange Zeit als Säkularisierung bezeichnet und verwies auf einen Bedeutungsverlust des Religiösen aufgrund der gesellschaftlichen Modernisierung. Kritiker bezweifeln jedoch den unmittelbaren Zusammenhang zwischen Modernisierung und Religion. Vielmehr wird diese These der Differenziertheit der eigentlichen Gründe nicht gerecht. Religion ist trotz Modernisierungstendenzen weiterhin präsent, wenngleich in einer abgewandelten Form.[30] Von einer so genannten „Rückkehr der Religionen“ ist allerdings in vielen Religionsgemeinschaften, anders als im Islam, wenig zu vernehmen. Nachdem sich das Auftreten des traditionellen Christentums im öffentlichen Leben Deutschlands verringert hat, erfährt der Islam derweil eine kontinuierliche religiöse Etablierung.[31]
Ferner stellt sich aber eine andere Art von Rückkehr der Religionen heraus. Rudolf Englert nennt dies die „Sakralisierung des Säkularen“ und meint damit eine deutlich diametrale Entwicklung der Säkularisierung, bei der sich die Interessen von der klassischen Religion weg und hin zum individuellen Leben und zu allem Sakralen in ihm verlagert haben.[32] Thomas Luckmann bezeichnet das Ergebnis dieser Tendenzen als „unsichtbare Religionen“ und betrachtet exemplarisch den Zeitgeist der sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts: Damals seien Autonomie, Familie und Sexualität zu sakralen Elementen des Lebens avanciert.[33] Im Laufe der letzten Jahre hat sich der Bereich der modernen Heiligtümer auf Konsumgüter, Sport, Werbung, Popmusik etc. ausgeweitet. Dabei handelt es sich nicht um eine klassische Religiosität, bei der ein göttliches Wesen das Zentrum bildet, sondern um Hoffnungssymbole, die über das Leben hinaus strukturgebend sind, Menschen zu Glaubensgemeinschaften vereinen und zu einer eigenen Identität verhelfen.[34] Der Mensch orientiert sich folglich nicht mehr nur an einer
Sozialinstanz, sondern er und seine Erfahrungen mit den gesellschaftlichen Subsystemen werden selbst zur Instanz, was mit einem Bedeutungsgewinn der Subjektivität zusammenhängt.[35] Diese Art religiöse Individualisierung ist besonders bei der jungen Generation vorherrschend.
Die Ansicht, dass sich die Gestalt der Religion „von Formen institutionell vermittelten, fremdreferentiellen Glaubens in Richtung individualisierter Formen autoreferentieller Religiosität“ gewandelt habe, dominiert in der Religionssoziologie.[36] Im Rahmen einer solchen Theorie wird zudem die Zunahme religiöser Pluralität verständlich.
Englert unterscheidet drei Formen individualisierter Religiosität:[37]
1. Volkstümliche Inkulturation: Auch früher hat es keine gänzliche Identität zwischen dem öffentlichen Glauben der Kirche und dem tatsächlichen Glauben der Menschen gegeben. Die tatsächlich gelebte religiöse Orientierung erfuhr schon damals Pluralisierung, da die Menschen nicht einfach ein standardisiertes Muster übernahmen, sondern über ein gewisses Maß an individueller religiöser Freiheit verfügten, so beispielsweise bei der Wahl der zu verehrenden Heiligen.
2. Individualisierte Glaubensform: Auch wenn die Vertreter von Religionsgemeinschaften dafür Sorge tragen, dass die praktizierte Religiosität einer Religion auch ihrer Identität in Lebensführung, Kult und...