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E-Book

Postmoderne Tendenzen im Film

AutorRitvan Sentürk
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2007
Seitenanzahl411 Seiten
ISBN9783638826075
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis27,99 EUR
Doktorarbeit / Dissertation aus dem Jahr 1998 im Fachbereich Medien / Kommunikation - Film und Fernsehen, Note: 1,0, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, 151 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Die Arbeit versucht ein möglichst klares Bild von den ästhetischen, ethisch-ästhetischen, epistemologisch-phänomenologischen Aspekten der geistigen Haltung der Postmoderne darzustellen, und zwar in Anlehnung an Autoren wie J.F.-Lyotard, G. Deleuze, M. Foucault, J. Derrida, P. Virilio, J. Baudrillard, welche nicht nur ethisch-ästhetische, methodologische, erkenntnis-theoretische und diskursive Prinzipien der Moderne kritisieren, sondern auch in ihren unterschiedlichen Erörterungen auf die ästhetische, sozio-kulturelle und techno-wissenschaftliche Praxis der postmodernen Sensibilität reflektieren. Da einige dieser Theoretiker (wie z.B. J.F.- Lyotard, M. Foucault und J. Derrida) sich in ihren Kritiken an der Moderne und in ihren neuen Problemstellungen besonders auf Nietzsche, Wittgenstein, Heidegger, oder wie es bei Lyotard und Deleuze der Fall ist, sehr kritisch auf S. Freud beziehen, versucht die Arbeit auf einige Werke und Begriffe dieser Denker zurückzugreifen, und so ihre kritische Haltung gegenüber dem Prozess der Modernisierung unter bestimmten Aspekten der Postmoderne zur Diskussion zu stellen. Die Arbeit bezieht sich auf die postmoderne ästhetische Begriffen wie Paralogien, Sprachspiele, Pluralität, Intertextualität, Grenzüberschreitung, Dekonstruktion des Undekonstruierbaren, Darstellung des Undarstellbaren (Unrepräsentierbaren) und stellt zuerst einige Fragen nach dem Wesen des Films und vor allem nach den praktischen Möglichkeiten der postmodernen Film-Ästhetik innerhalb der 100jährigen Geschichte des Films. Dabei stellt die Arbeit fest, dass nicht nur die Filme der letzten Jahrzehnte, die aufgrund der Tatsache, dass sie posthistorische, posthumane und postevolutionäre Entwicklungen zum Gegenstand ihrer Erzählung machen, und praktische Ungültigkeit der modernen Prinzipien demonstrieren, als postmoderne Filme betrachtet werden könnten. Darüber hinaus möchte die Arbeit zeigen, dass die postmoderne Tendenz zum figurativen Aufbau des Kinos sich im Einklang mit der ikonischen Eigentümlichkeit des Films und unter dem Einfluss anderer technologischer und soziokultureller Entwicklungen durch die gesamte Geschichte des Films entwickelt und ihre ästhetische Hauptdifferenz durchgesetzt hat.

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Leseprobe

Der Prozess der Modernisierung und seine Folgen


 

Der moderne Diskurs und seine wissenschaftlich-gesellschaftliche Praxis


 

Die Krise bedeutet meistens das Ende eines kulturellen Prozesses, beziehungsweise den Anfang vom Ende. Mit anderen Worten, die Krise ist eine Zwischen-Phase, die die aufgrund eines Anfangs vom Ende entstandene Ungewissheit ausdrückt.

 

Der Begriff “Postmoderne” scheint auf den ersten Blick ebenso auf ein Moment der Krise hinzudeuten. Wenn man den Begriff “Postmoderne” betrachtet, dann verbindet man damit ein bestimmtes Konzept der Moderne, das sowohl für den so genannten Aufstieg als auch für den Verfall (Krise) der Moderne verantwortlich ist. Obwohl der Begriff “Postmoderne” in seiner Konstruktion nur in Bezug auf die Moderne einen Sinn zu haben scheint, deutet die Vorsilbe “post-“ nicht auf die Spät- oder Nachmoderne hin, sondern auf einen Wandel vom Ende der Moderne (als Periodisierung der Geistesgeschichte, bzw. Zeitgeschichte vermittelst der Paradigmen vom Fortschritt der Vernunft und der Freiheit im Diskurs der Aufklärung) zur Unbestimmtheit, der post-modernen Nach-Periodisierung.

 

Die Vorsilbe “post-“ deutet darauf hin, dass wir über die Moderne hinausgegangen sind; und zwar nicht nur aufgrund der entscheidenden Bedeutung der neuen Technologie, sondern auch, weil wir uns von der Ästhetik, dem intellektuellen und psychologischen Universum der modernen Periode distanziert haben. Ich würde sogar argumentieren, dass die Ursachen, die die Krise der Moderne veranlasst haben, im Prozess der Modernisierung zu suchen sind.

 

Eine Studie über diesen Prozess würde uns zeigen, dass

 

1) die gleichen Prinzipien, auf denen das Projekt der Moderne basierte, den Prozess der Modernisierung zu seinem eigenen Ende (Tod, bzw. Selbstmord) geführt haben

2) die Postmoderne, bzw. Postmodernität keineswegs eine Erfindung von Kunsttheoretikern, Künstlern und Philosophen ist, vielmehr unsere Realität und Lebenswelt “postmodern” geworden ist.

 

Heute stellen wir fest, dass es im Prozess der Modernisierung dem an die Stelle Gottes getretenen, säkularen Subjekt gelungen ist, unzählige Erkenntnisse in den verschiedenen Wissensgebieten, und zwar in professioneller und technisch perfekter Art und Weise zu konstruieren, jedoch ohne dabei eine Ethik begründet zu haben. Der säkulare Humanismus der Moderne ging davon aus, dass das Leben nicht Gott, sondern uns selbst gehört, dergestalt, dass wir sogar das Recht auf Selbstmord haben. Das Subjekt wurde in diesem Prozess zum Zentrum des Universums ohne Ethik, d.h., ohne zu wissen, wie es sich richtig im ethischen Sinne verhalten sollte. Das ist die eigentliche Absurdität und selbstmörderische Haltung der Moderne, die sich selbst von Anfang an zum Scheitern verurteilte. Denn wenn man das Subjekt als absolutes Maß für seine eigenen Taten gelten lässt, dann ist es fast unmöglich, die Probleme, die sich im Hinblick auf Mord und Menschenrechte ergeben, zu lösen. Weder die Sprache, noch die Logik oder gar die Wissenschaft würden es in diesem Fall dem Subjekt ermöglichen, eine allgemeingültige Ethik zu konstruieren, oder festzulegen, was “gut” ist. Demzufolge ist der Mensch sein eigener Richter ohne irgendein Gesetzbuch. Die Zunahme an Diskursgenres, die jeweils ihre spezifische Rechtschaffenheit verlangen, ist der Beweis dafür, dass es keine Gerechtigkeit im Sinne einer universellen Gesetzgebung mehr gibt, die erlauben würde, zu entscheiden, was man zu tun und was man zu lassen hat.

 

Die polysemantisch-paralogische Haltung der Postmoderne intensiviert das Gefühl, dass die Ethik nicht zu umgehen ist; und zwar gerade dann, wenn man trotz nicht vorgegebener Regeln ein Urteil fällen muss. Das zeigt uns auch die Grundhaltung der Postmoderne, die sich von der paradigmatisch-konstruktivistischen Haltung des modernen Diskurses unterscheidet. Der postmoderne Künstler glaubt, so möchte ich darüber hinaus argumentieren, dass er innerhalb der Codes arbeiten sollte, die die kulturelle Landschaft definieren, während der moderne Künstler glaubt, dass ideologische und kulturelle Codes zu Gunsten eines Diskurses (Meta-Sprache) transzendiert werden können.

 

In diesem ersten Kapitel werde ich untersuchen, wie die Moderne entstanden und dann aus denselben Gründen in die Krise geraten ist. Damit möchte ich zeigen, dass die Frage nach der Postmodernität in erster Linie mit der Frage nach der Modernität zusammenhängt, d.h., um zu wissen, was die Postmoderne ist, brauchen wir ein klares Bild der Moderne, von dem wir ausgehen können. Es soll dargestellt werden, wie der moderne Diskurs des Subjekts allmählich zur Aufspaltung und dann Auflösung desselben Subjekts führte, was dann die Postmoderne als Faktum angenommen und zur Grundlage ihrer Ästhetik gemacht hat. Deshalb halte ich es für wichtig, zu wissen, was überhaupt unter dem Prozess der Modernisierung zu verstehen ist.

 

Weil dieser Modernisierungsprozess in der Ära von Renaissance und Reformation verwurzelt war, und von den wissenschaftlichen Entwicklungen im 17. Jahrhundert begleitet wurde, soll zunächst versucht werden, die Geburt der Moderne am Beispiel der Galileischen Forschungen auf dem Gebiet der Naturwissenschaften und seiner säkularen Haltung gegenüber der Kirche zusammenzufassen. So werde ich diesen Prozess nicht nur in seinem allgemeinen theoretischen Umfang beschreiben, sondern auch am Beispiel von Galileischen Revolutionen und der daraus hervorgegangenen Entwicklung konkretisieren. Denn Galilei Galileo (1564-1642) war kein Mathematiker, Physiker oder Astronom wie jeder andere. Und sicherlich war es auch nicht seine größte Entdeckung, bzw., Wiederentdeckung, dass die Erde sich um die Sonne dreht. Seine wahren Entdeckungen waren diejenigen, die ihn nicht nur zum Schöpfer einer neuen Ära, sondern mehr noch zum Mythos des modernen Diskurses machten.

 

Der “Ausbruch” eines unendlichen Universums


 

Man weiß, dass es der Renaissance an einer grundsätzlich nach wissenschaftlichen Normen geprägten Alternative, bzw. einem durch bestimmte Klassifikationskriterien beherrschten System fehlte, das man an Stelle dessen hätte setzen können, was sie in Zweifel zu ziehen begann: nämlich die aristotelisch-theologische Metaphysik, besonders die Ontologie und letztlich auch die Physik.

 

Während der Zeit der Renaissance spielte die Astrologie eine sehr viel größere Rolle als die Astronomie. Selbst Wunder wurden aus natürlichen Wirkungen erklärt, und folglich hielt man alles für möglich und natürlich. Dazu sagt Koyré:

 

“Solche magische Naturalisierung des Wunderbaren machte den so genannten Naturalismus der Renaissance aus.”[6]

 

Es ist zuerst Galilei und der neuzeitlichen Naturwissenschaft gelungen, diesen Versuch der Renaissance den wissenschaftlichen Kriterien gemäß zu reinigen, beziehungsweise ein alternatives wissenschaftliches System zu konstruieren, zu dem die Renaissance nicht imstande war.

 

Für Aristoteles stellte die Physik, im Verhältnis zur Metaphysik, noch eine sekundäre Disziplin dar. Aristoteles legte der Physik metaphysische Kriterien zugrunde. Infolgedessen betrachtete Aristoteles die Physik nur als eine Anwendung von der Natur überlegenen Gesetzen im Bereich des Natürlichen. Aristotelisch-theologischen Auffassungen nach stellte das klassisch-mittelalterliche Weltbild den Kosmos als abgeschlossenes, einheitliches Ganzes dar. Dieses Ganze war qualitativ bestimmt und hierarchisch gegliedert und seine Bestandteile waren entsprechend ihrer irdischen und himmlischen Natur zu untersuchen, bzw. unterschiedlichen Gesetzen folgend. Wie z.B.: die schweren Dinge fallen, die leichten steigen, irdische bewegen sich geradlinig, himmlische im Kreise.

 

Der Körper, die Zeit, der Raum und die Bewegung stellten der aristotelischen Auffassung nach Kontinuitäten dar und waren bis ins Unendliche teilbar.

 

Mit Galileis “Discorsi” wurde dieser Kosmos von einem Universum abgelöst, das als offene, unbegrenzte, ausgedehnte Gesamtheit existierte, und nach fundamentalen Gesetzen, die überall gelten, konstruiert ist. Ein Universum, in dem alle Dinge auf derselben Seinsebene stehen, ganz im Gegensatz zur traditionellen Vorstellung mit ihrer Unterscheidung und im Gegensatz der zwei Welten von Himmel und Erde. Hier gelangte man vom Kontinuierlichen zum Diskontinuierlichen, vom Sichtbaren zum Unsichtbaren, von Qualitäten zu Quantitäten etc.

 

M. Foucault zufolge ist der wahre Skandal von Galileis Werk die Konstituierung eines unendlichen und unendlich offenen Raumes:

 

Dergestalt, dass sich die Ortschaft des Mittelalters gewissermaßen aufgelöst fand: der Ort einer Sache war nur mehr ein Punkt in ihrer Bewegung, so wie die Ruhe einer Sache nur mehr ihre unendlich verlangsamte Bewegung war. Anders gesagt: seit Galilei, seit dem 17. Jahrhundert setzt sich die Ausdehnung an die Stelle der Ordnung.[7]

 

Säkularisierungsprozess und der moderne Diskurs des Subjekts


 

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