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Postvermerke auf Briefen 15.–18. Jahrhundert

Neue Ansichten zur Postgeschichte der frühen Neuzeit und der Stadt Nürnberg

AutorJoachim Helbig
VerlagHerbert Utz Verlag
Erscheinungsjahr2010
Seitenanzahl288 Seiten
ISBN9783831609451
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis37,99 EUR
Durch den sensationellen Fund von Privatbriefen der Frühen Neuzeit in der Trewsammlung (Handschriftenabteilung der Universität Erlangen) müssen die bisherigen Ansichten zur Postgeschichte grundlegend revidiert werden. Neben dem Hause Taxis erweisen sich die Botenanstalten der Reichsstädte über 300 Jahre lang als die dominanten Träger der Nachrichtenübermittlung und lassen die Bedeutung des Postverkehrs für das gesamte politisch-ökonomische und gesellschaftliche Leben der Frühen Neuzeit in einem neuen Licht erscheinen.
Erstmals werden hier Postvermerke auf Briefen als aufschlußreiche historische Quelle vorgestellt und Interpretationshinweise zu ihrem Verständnis erarbeitet. Keine andere Quellengattung vermittelt in gleicher Weise die Unterschiede zwischen den beteiligten Interessen der Postverwaltungen, Beförderer und Postkunden derart unmittelbar und unverfälscht.

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Leseprobe
9. Zusammenfassung und Ausblick (S. 110-111)

Die postalische Situation während der Frühen Neuzeit muss offenbar differenzierter als bisher betrachtet werden. Zwar bringen die Innovationen der Taxispost enorme Fortschritte durch regelmäßige Hochgeschwindigkeitskurse, doch wird dieser Aspekt in der Literatur häufig überschätzt, denn daneben spielten andere Kommunikationsbedürfnisse wie Sicherheit, Verlässlichkeit Schnelligkeit und unmittelbare Anwort eine zumindest ebenso große Rolle, die Taxis nur bedingt erbringen konnte, zumal seine Dienstleistung nur auf einen Kurs beschränkt war. In den anderen Teilen des Reiches dominierten die Botenanstalten der Fürsten und Städte bis weit in das 17. Jahrhundert und blieben, trotz aller Stützungsmaßnahmen der Kaiser für Taxis, unverzichtbar.

Bis ins 18 Jahrhundert müssen wir also von einem Nebeneinander mehrerer Kommunikations-Einrichtungen ausgehen. So gelang es einigen Fürsten, wie das Beispiel von Kurfürst Albrecht Achilles zeigte, ein ausgezeichnetes Botensystem einzurichten, das den Beförderungsleistungen des Hauses Taxis nicht nachstand. Kleinere Fürstentümer verließen sich auf Gelegenheitsboten oder lehnten sich an die städtischen Botenanstalten an, indem sie ihre Sendungen durch Kaufmannsagenten vermitteln ließen. Am bedeutendsten sind die Kaufmannsboten der Städte, die seit dem 14. Jahrhundert ein Netz von Botenkursen mit vielfältigen Abzweigungen unterhielten, das außerordentlich effektiv funktionierte und bis ins Detail organisiert war.

Diese drei Säulen der Kommunikation in Europa arbeiteten entsprechend ihren jeweiligen Vorzügen eng zusammen und rechneten offensichtlich auch gegenseitig nicht nur über ihre eigenen Beförderungsleistungen sondern auch über Portobeträge Dritter ab. Der Anschein ständiger Auseinandersetzungen und Übervorteilungen zwischen diesen Einrichtungen entspricht daher wohl nicht der tatsächlich betriebenen Kooperation.

Der Blick auf die am Postgeschäft beteiligten Interessen hat gezeigt, dass die Korrespondenten einen großen Aufwand an Zeit, Überlegung und Geld betrieben, um ihren Sendungen eine optimale Beförderung zu garantieren. Durch die Einschaltung von Forwardern und das Mittel der Kuvertierung konnten sie selbst in schwierigen militärischen und politischen Situationen ihr Informationsbedürfnis befriedigen. Ihrer kritischen Aufmerksamkeit ist es wohl auch zu verdanken, dass sich schon sehr früh ein vielschichtiges Instrumentarium an Postvermerken entwickelte, das ein hohes Maß an Sicherheit für die Sendungen und Planungsspielraum für die Kalkulation der Kaufleute gewährleistete.

Die Gelehrten, wie sie vor allem hier in der Trew–Sammlung vertreten sind, mussten in dieser Situation einen möglichst kostengünstigen Weg wählen. Da ihnen sowohl die Reichspost wie auch die städtischen Boten zu teuer kamen, entwickelten sie eine zusätzliche Struktur, in der einzelne Gruppenmitglieder als Briefverteiler fungierten. Denn es ist auffallend, dass in umfangreichen Korrespondenzen meist nur die ersten Briefe „postalisch“ behandelt sind und die späteren über diese Verteiler liefen. Für eine bessere Abklärung müssten dazu aber noch die Inhalte der Trewbriefe analysiert werden.

Erst als Taxis Ende des 17. Jahrhunderts mit anderen Staaten und Postanstalten Postverträge über Lieferverpflichtungen zu vorteilhaften Beförderungsbedingungen abschloss, konnte der Fürst die großen und einträglichen Transitrouten für sich monopolisieren und erreichte so die notwendigen Mittel, um sich auch im Reich konsequent in die Fläche auszudehnen. Dadurch wurden die städtischen Botenanstalten, die ihrerseits in einem Niedergang von Korruption und Vorteilnahme begriffen waren, unattraktiv und unrentabel. Die Professionalität und internationale Erfahrung von Taxis entwickelte dann auch ein System von internationalen Leitwegen, von Speditionsregeln, Postvermerken und Stempeln, das ihre Posteinrichtungen für Jedermann unverzichtbar werden ließen."
Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Inhalt6
Vorwort7
1. Standortbestimmung – Begriffe8
2. Materialgrundlage13
3. Erfindung der Post in Italien im 14. Jahrhundert16
4. Fürstliche Postanstalten53
5. Fussacher Boten63
6. Thurn und Taxis68
7. Postvermerke — Spiegelbilder von Interessen76
8. Städtische Botenanstalten – Nürnberg104
9. Zusammenfassung und Ausblick111
Briefesammlung Trew114
Ortsregister280
Literaturverzeichnis282
Abkürzungen284

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