Kerstin Rock/ Christina Pöhland

2. Forschungs- und Diskussionsstand zu
Integrationshilfen im inklusiven Schulsystem

Auch wenn die Integrationshilfe im Zuge der Umsetzung inklusiver Bildung in Deutschland an Bedeutung gewonnen hat, ist die Veröffentlichungslage zum Thema Integrationshilfe / Schulbegleitung im deutschsprachigen Raum überschaubar. Inhaltlich setzen sich die meisten Beiträge mit praxisrelevanten sowie mit rechtlichen und finanziellen Fragen auseinander (Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege des Landes Nordrhein-Westfalen 2014; Axmann 2014; Eikötter 2014; Heller et al. 2008; Kepert/Pattar 2014; Kingreen 2013; Langer 2011). Zudem werden Probleme in der Arbeit der Integrationshelfer zumeist ausgehend von praktischen Erfahrungen diskutiert (Schöler 2002; Kremer 2012; Bloemer-Hausmanns 2014, Fredigg 2014, Lindmeier/Polleschner 2014, Lassak/Piering 2012).

Die Forschungslage zum Thema Integrationshilfe wird derzeit über folgende Studien abgebildet:

Anmerkungen: BL = Bundesland (BW = Baden-Württemberg, BY = Bayern, Niedersachsen, TH = Thüringen)

Abgesehen von einer qualitativen Einzelfallstudie, die ausgehend von einer objektiv-hermeneutischen Einzelfallrekonstruktion strukturelle Handlungsmöglichkeiten im inklusiven Unterricht analysiert (vgl. Heinrich/Lübeck 2013), sind die übrigen Studien vorwiegend quantitative Querschnittsanalysen. Die bislang umfassendsten Studien, die in Deutschland zum Thema Integrationshilfe bzw. Schulbegleitung durchgeführt wurden, beziehen sich auf Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen.

An der LMU München haben Beck et al. (2010) Daten zur Arbeitssituation und den Tätigkeitsbereichen von Schulbegleiter/innen an Bayrischen Förderzentren mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung erhoben. In einer zweiten Studie der LMU München hat Dworschak (2012) die Situation der Schulbegleitungen untersucht, die im Rahmen einer Einzelintegration Schüler/innen mit Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung an allgemeinen Schulen in Bayern unterstützen. Beide Studien belegen, dass die Schulbegleiter/innen ein breites Spektrum an Tätigkeiten übernehmen, das eindeutig über alltagspraktisch-pflegerische Aufgaben hinausreicht (vgl. Beck et al. 2010, S. 252; Dworschak 2014, S. 215f.) Ebenso wird die mangelnde Einarbeitung und geringe fachspezifische Qualifikation konstatiert (Beck et al. 2010, S. 252; Dworschak 2014, S. 217).

Den Handlungsbedarf im Hinblick auf die Qualifizierung von Schulbegleitern aufgreifend befasst sich derzeit ein Projekt des Universitätsklinikums Ulm, wie zuvor das Modellprojekt QuaSI in Thüringen, mit der Entwicklung einer Fortbildung. Im Zuge der Curriculumsentwicklung wurde für Baden-Württemberg u. a. eine Vollerhebung zu Schulbegleitung an allen allgemeinbildenden Schulen durchgeführt und ergänzend 526 Schulbegleiter/innen schriftlich befragt. Die Ergebnisse zum Aufgabenspektrum bestätigen im Kern die Befunde aus Bayern (vgl. Henn et al. 2014; Fegert/Henn/Ziegenhain 2015). Auch auf Baden-Württemberg bezieht sich eine Untersuchung zur Praxis der Gewährung von Leistungen der Eingliederungshilfe, die mit unterschiedlichen methodischen Zugängen die ambulanten Integrationshilfen in Kindertageseinrichtungen und in Schulen erforscht. Hier konnten u. a. differenzierte Befunde zur beruflichen Qualifikation der Integrationshelfer/innen vorgelegt werden. In Kindertageseinrichtungen und bei Schulbegleitungen für Kinder mit seelischen Behinderungen im Rahmen der Jugendhilfe werden überwiegend pädagogische Fachkräfte eingesetzt, während über die Sozialhilfe finanzierte Integrationshilfen an Schulen am häufigsten durch Begleitkräfte ohne Qualifikation erbracht werden (vgl. Deger et al. 2015, S. 96f.) Aus den vertiefenden Fallstudien in acht Kreisen wurden unter anderem Gelingensbedingungen und Hinweise für...