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E-Book

Präferenzmessung

Methodengestützte Entwicklung zielgruppenspezifischer Produktinnovationen

AutorMichael Steiner, Roland Helm
VerlagKohlhammer Verlag
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl332 Seiten
ISBN9783170270244
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Den Ausgangspunkt jeglicher Marktaktivitäten und Beginn des Kaufentscheidungsprozesses bilden die Bedürfnisse potenzieller Kunden und die damit verbundene Präferenzbildung. Trotz ihrer essentiellen Bedeutung für das Produkt- und Dienstleistungsmarketing behandeln Lehrbücher zur Marktforschung zumeist nur operative Techniken, Messungs- und Auswertungsverfahren, während die Messung von Präferenzen bei neuen Produkten und Dienstleistungen unbeachtet bleibt. Vor diesem Hintergrund geht es den Autoren darum, eine durchgängige, systematische und methodengestützte Darstellung dieser Thematik vorzulegen und damit einen wichtigen Beitrag zur Theorie und Praxis der Marktforschung, Produktpolitik und des Innovationsmanagement zu liefern.

Prof. Dr. Roland Helm ist Inhaber des Lehrstuhls für Absatzwirtschaft an der Universität Jena. Dr. Michael Steiner war dort wissenschaftlicher Mitarbeiter.

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Leseprobe

2. Grundlegende Vorüberlegungen zur Messung von Präferenzen


2.1 Präferenzbildung


Ausgangspunkt jeglicher unternehmerischer Marktaktivitäten und damit der Präferenzmessung bilden, wie bereits beschrieben, die Bedürfnisse der potenziellen Kunden. Sie sind der Startpunkt des Kaufentscheidungsprozesses und stellen ein Mangelgefühl oder Problem, verbunden mit dem Bestreben dieses zu beseitigen, dar.48 Dazu werden verschiedene Alternativen zur Bedürfnisbefriedigung vom Nachfrager selektiert und bewertet. Der sich daraus ableitende Bedarf ist objektorientiert und somit auf eine Reihe von konkreten Produktalternativen bezogen, die generell zur Bedürfnisbefriedigung und Problembeseitigung geeignet erscheinen. Die letztendliche Entscheidung für eine konkrete Produktalternative wird stark von den Präferenzen des Entscheidungsträgers beeinflusst.

Trotz ihrer deshalb herausragenden Bedeutung für das Produktmarketing gibt es derzeit noch keine einheitliche Definition für den Begriff „Präferenz“.

In der Regel wird Präferenz als eindimensionaler Indikator für die subjektive Vorziehenswürdigkeit einer Alternative gegenüber anderen Produktalternativen zu einem bestimmten Zeitpunkt beschrieben.49 Aufgrund der engen Beziehung zwischen Präferenzen und dem tatsächlichen Kaufverhalten spielen die Verfahren der Präferenzmessung eine bedeutende Rolle bei der Erklärung der Alternativenselektion von Nachfragern.

Im Vergleich zu Einstellungen, die als gelernte Bereitschaft eines Entscheidungsträgers auf einen Stimulus in einer bestimmten Art und Weise zu reagieren, beschrieben werden können,50 handelt es sich bei Präferenzen um die Einstellungsdifferenz zwischen mindestens zwei Alternativen und somit um „relativierte Einstellungen“.51 Präferenzen sind zudem stets auf einen einzelnen Entscheidungsträger bezogen – es handelt sich also um individuelle Beurteilungen.

Durch die zeitliche Komponente wird deutlich, dass die Präferenz eine dynamische Größe und als solche das Ergebnis wiederholter Perzeptions- und Präferenzbildungsprozesse ist, das einem stetigen Wandel unterliegt.52 Präferenzen sind immer abhängig von den aktuell präsentierten Eigenschaften und Eigenschaftsausprägungen, d.h. sie sind immer kontextabhängig53 – ein Aspekt, der unten noch einmal genauer betrachtet wird. Folglich werden vom Nachfrager im Rahmen des Kaufentscheidungsprozesses lediglich bezüglich der Alternativen, die sich in seinem Evoked-set bzw. Relevant-set befinden, genau definierte Präferenzen gebildet,54 d.h. die Erfassung von Präferenzen für Produkte, die sich nicht im Evoked-set eines Befragungsteilnehmers befinden, ist nicht sinnvoll. Die Präferenz kann damit als geeigneter Prädikator für die Auswahlentscheidung von Nachfragern gesehen werden, wobei jedoch zu beachten ist, dass anhand der Vorziehenswürdigkeit von Produktalternativen noch nicht darauf geschlossen werden kann, dass der Nachfrager eine Alternative kauft.

Präferenzen können des Weiteren dahingehend unterschieden werden, ob

  • bei der Erhebung restriktive Kauffaktoren einbezogen werden (Constrained Preferences) oder
  • nicht (Unconstrained Preferences).

Bei der Analyse von Constrained Preferences wird explizit berücksichtigt, dass Entscheider nicht unbedingt die Produktalternative wählen, die sie am meisten präferieren, sondern Wahlentscheidungen unter Berücksichtigung individueller Budgetrestriktionen getroffen werden.55 Derartige Kaufrestriktionen können beachtet werden, indem der Preis einer Alternative als ein Produktmerkmal in die Untersuchungen aufgenommen wird.56 Da lediglich Constrained Preferences als Basis zur Prognose von realen Kaufentscheidungen und damit zur Ableitung von produktpolitischen Entscheidungen dienen können, stehen sie im Mittelpunkt dieses Buches.

Eine Beschränkung auf individuelle Budgetrestriktionen ist jedoch nicht ausreichend, denn es kann nicht davon ausgegangen werden, dass allein die Eigenschaft „Preis“ in jedem Fall Einfluss auf die letztendliche Kaufentscheidung ausübt – dies gilt insbesondere, wenn die Alternativen im Evoked-set eines Entscheidungsträgers ein ähnliches Preisniveau aufweisen. Vielmehr müssen die Präferenzen auf Basis der Gesamtheit sämtlicher Anforderungen eines Entscheiders ermittelt werden – dies ist nur möglich, wenn die Erhebung der Präferenzen ausgehend vom Evoked-set der Befragungsteilnehmer erfolgt. Entscheidend ist dabei, dass unterschiedliche Kundengruppen explizit berücksichtigt werden. Dies ist unerlässlich, da beispielsweise die Alternativen des Evoked-sets einer Zielgruppe bezüglich des Preisniveaus für eine andere Kundengruppe inakzeptabel sein könnten. Im Rahmen der Präferenzmessung sollten deshalb zielgruppenspezifische Präferenzen erhoben werden. Eine strikte Fokussierung der gesamten Präferenzmessung auf die Alternativen des Evoked-sets ist bisher kaum thematisiert, aber zwingend notwendig, da Nachfrager lediglich bezüglich dieser Alternativen stabile Präferenzen ausbilden, die gemessen werden können.57

Kundenpräferenzen befinden sich, wie bereits erwähnt, in einem steten Veränderungsprozess, der unter anderem durch soziale, kulturelle, politische und insbesondere technologische Rahmenbedingungen beeinflusst wird. Werden beispielsweise in einem Markt neuartige Produkte angeboten, wird dies die Vorziehenswürdigkeit der sonstigen Produktalternativen am Markt beeinflussen. Präferenzen sind aus diesem Grund immer dynamische Konstrukte, die je nach Entscheidungskontext variieren.

Der Entscheidungskontext der Nachfrager beeinflusst die Ausbildung der Präferenzen und damit auch die letztliche Produktwahl.

In Abbildung 3 wird beschrieben, welche Faktoren den Entscheidungskontext beeinflussen. Ausschlaggebend für den Kauf sind natürlich die am Markt verfügbaren Produkte, d.h. ein Nachfrager kann lediglich eine Auswahlentscheidung auf Basis der Alternativen treffen, die er tatsächlich kaufen kann. Kommen neue Produkte auf den Markt, z.B. ein neuer Laptop mit im Vergleich zu den bisherigen Produkten verbesserten Merkmalen, so hat dies einen Einfluss auf die Präferenzen eines Nachfragers. Die innerhalb der Präferenzmessung zur Verfügung gestellten Informationen (in Form von Eigenschaften und insbesondere deren Ausprägungen) sind somit entscheidend.

Abbildung 3: Einflussgrößen auf den Entscheidungskontext

Dem Studenten Bastian werden zwei Nebenjobs angeboten, die sich lediglich bezüglich der beiden Eigenschaften „Entfernung von der Wohnung“ und „Stundenlohn“ unterscheiden. Fragt man den Studenten, welches Merkmal aus seiner Sicht das „wichtigste“ ist, dann nennt er vielleicht das Merkmal „Stundenlohn“. Anhand von Tabelle 1 wird jedoch sofort einsichtig, dass die Bedeutung von Merkmalen allein durch die untersuchten Ausprägungen determiniert wird.

In Situation 1 unterscheiden sich die beiden Jobangebote bezüglich des Stundenlohns deutlich, beide sind zudem einfach zu Fuß erreichbar. Bei der Auswahl eines Studentenjobs wird deshalb der Stundenlohn eine entscheidende, die Entfernung zur Wohnung dagegen eine geringe Rolle spielen. Bastian wird sich vermutlich für „Job 2“ entscheiden. Betrachtet man dagegen Situation 2 so unterscheiden sich die beiden Studentenjobs bezüglich des Stundenlohns kaum – dieses Merkmal wird deshalb bei der Entscheidung lediglich eine geringe bzw. keine Rolle spielen. Im Ge gensatz zur Situation 1 wird der Student sicher nicht den Aufwand auf sich nehmen und jeweils 25 km zum Arbeitsplatz und zurück zur Wohnung fahren und sich für den „Job 1“ entscheiden. 58

Situation 1

Situation 2

Eigenschaft

Job 1

Job 2

Eigenschaft

Job 1

Job 2

Lohn pro h

4,00 Euro

10,00 Euro

Lohn pro h

9,90 Euro

10,00 Euro

Entfernung

1 km

1,5 km

Entfernung

1 km

25 km

Tabelle 1: Kontextabhängigkeit von Präferenzen

Die Relevanz einzelner Produktmerkmale kann folglich aufgrund verschiedener Kontexte nicht statisch bzw. konstant sein, sie ist vielmehr allein von den jeweils relevanten Merkmalsausprägungen...

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