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Pro-forma-Kennzahlen. Berichterstattungspraxis und Aussagekraft

AutorMartin Fischer
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl103 Seiten
ISBN9783656031413
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis31,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2011 im Fachbereich BWL - Controlling, Note: 1,3, Hochschule Ludwigshafen am Rhein (Fachbereich I), Sprache: Deutsch, Abstract: Die Pro-forma-Berichterstattung ist ein verhältnismäßig neues Phänomen der betrieblichen Praxis. In diesem Rahmen werden freiwillig Kennzahlen und vor allem Ergebnisgrößen berichtet, die an reguläre Jahresabschlussgrößen anknüpfen und diese modifizieren bzw. bereinigen. Diese Form der Berichterstattung ist von unterschiedlichen Motiven geprägt. Grundsätzlich kann bei jeder Form der Kommunikation die Beeinflussung - wertneutral - des Rezipienten als allgemeiner Kommunikationszweck angesehen werden. Bei der Kommunikation von Pro-forma-Kennzahlen tritt dementsprechend die Beeinflussung der Stakeholder des Unternehmens in den Vordergrund. Sprachlich wird hier im positiven Sinn die Informationsbestrebung eines Unternehmens hervorgehoben oder im negativen Sinn das Motiv der Beeinflussung oder gar Täuschung in den Vordergrund gestellt. In der Fachliteratur und Presse wird die Pro-forma-Berichterstattung, neben wertneutralen Untersuchungen, häufig mit sarkastischem und mitunter deutlich negativem Unterton präsentiert. So ist vom 'große(n) Zahlenzauber', einer 'EBITanei' oder dem 'numbers game' bzw. 'earnings game' die Rede. Resultierend aus diversen Bilanzierungsskandalen werden die berichteten Kennzahlen als 'EBBS (=) earnings before .. bad stuff', 'EBIT = earnings before irregularities and tampering' und 'EBITDA = earnings before I tricked the dumb auditor' parodiert. Durch die teils großen Freiheitsgrade in Rechnungslegungsvorschriften werden die Adjustierungen als 'nach Herzenslust' gestaltet beschrieben. [...]

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Leseprobe

2 Pro-forma-Kennzahlen


 

2.1 Zum Begriff der Pro-forma-Kennzahlen


 

2.1.1 Zur Wendung pro forma‘ in der Wirtschaftswissenschaft


 

Der Begriff pro forma‘ stammt aus dem lateinischen und lässt sich mit „der Form wegen“[27], „zum Schein“[28] oder „nur formell“[29] übersetzen. Auch im englischen Sprachgebrauch ist der Begriff mit der Erläuterung „as a matter of form“"[30] analog der deutschsprachigen Übersetzung zu verwenden. Etymologisch betrachtet stammt die Wendung aus der Kanzleisprache des 16. Jahrhunderts und wurde von dort in die Allgemeinsprache übernommen.[31]

 

Im wirtschaftswissenschaftlichen Bereich wird der Pro-forma-Begriff häufig gemäß der Übersetzungsvariante ,zum Schein' im Sinne von ,als ob' übersetzt bzw. verwendet.[32] So soll darauf aufmerksam gemacht werden, dass das Berichtssubjekt unter gewissen Annahmen zustande gekommen ist oder bestehende Berichtssubjekte modifiziert wurden.

 

Neben der konjunktivischen ,als-ob'-Betrachtung einzelner Geschäftsvorfälle, wird dem Pro- forma-Begriff des Weiteren die geringe Regulierung in den Rechnungslegungsstandards[33] zugeschrieben. Dies ist exemplarisch mit den „erhebliche(n) Freiheitsgrade(n) in der Ergebnispräsentation und -disaggregation“[34] nach IAS 1 belegbar. Unternehmen können somit Pro-forma- Elemente individuell interpretieren und ausgestalten.[35] Auch im Umfeld der US-GAAP wird werden der Ermessensspielraum beispielsweise von Teitler-Feinberg kritisch erwähnt.[36] Entsprechende Elemente werden häufig auch als non-GAAP“[37] oder ,adjusted-GAAP‘[38] bezeichnet.

 

Mit dem Merkmal der nicht-Regulierung ist die Freiwilligkeit[39] der Berichterstattung verbunden. Das Attribut freiwillig' ist zwar häufig, jedoch eingeschränkt gültig. Es existieren auch Verpflichtungen zur Kommunikation von Pro-forma-Information.[40] Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein Unternehmen mit einem Kreditor ein privatrechtliches Abkommen schließt und daraufhin bestimmte Informationen zur Kreditwürdigkeit oder Ertragskraft bereitstellen muss.[41] Ein weiteres Beispiel ist das Reporting des Ergebnisses je Aktie nach DVFA/SG.[42] Dies geschieht für den HGB-Bilanzierer grundsätzlich freiwillig[43], ist jedoch in seiner Ausgestaltung am Schema der DVFA/SG zu orientieren.[44]

 

Geläufige Termini mit der Wendung pro forma‘sind im betriebswirtschaftlichen Zusammenhang

 

 und bezugnehmend auf die Rechnungslegung im Speziellen - unter vielen v.a.[45]:

 

 Pro-forma-Berichterstattung bzw. -Kommunikation oder -Informationsübermittlung,

 

 Pro-forma-Informationen,

 

 Pro-forma-Berichte bzw. -Jahresabschlüsse,

 

 Pro-forma-Kennzahlen und

 

 Pro-forma-Ergebnisse[46].

 

Die Pro-forma-Berichterstattung bzw. -Kommunikation oder -Informationsübermittlung beschreibt den Ablauf der Übermittlung von Informationen - oder allgemein einer Nachricht - vom Sender an den Empfänger.[47] Die Begriffe werden üblicherweise synonym verwendet.[48] Als Bestandteil des Berichtswesens findet hier die Bündelung von Informationen für vorab definierte Empfänger statt.[49] Der Sender ist in diesem Fall das Unternehmen. Empfänger können Stakeholder eines Unternehmens oder aber einzelne Teilgruppen derselben sein.[50] Den Inhalt bzw. die Nachricht der Pro-forma-Kommunikation stellen allgemein betrachtet Pro- forma-Informationen dar.[51] Informationen sind als in einen bestimmten Kontext eingeordnete Daten zu verstehen.[52] Es handelt sich also um verarbeitete Daten, die explizites Wissen darstellen.[53] Dieses Wissen kann in Form von Pro-forma-Berichten bzw. -Jahresabschlüssen[54] übermittelt werden. Bestandteil von Pro-forma-Berichten sind neben allgemeinen Angaben insbesondere Pro-forma-Kennzahlen.[55] Da es prinzipiell möglich ist, Pro-forma-Kennzahlen außerhalb eines Berichtsrahmens zu kommunizieren, sind sie nicht unbedingt integraler Bestandteil von Pro-forma-Berichten. [56] Dies gilt in besonderem Maß für Pro-forma-Jahresabschlüsse als spezifische Form eines Berichts. Es existiert jedoch unweigerlich eine Schnittmenge. Integraler Bestandteil von Pro-forma-Kennzahlen hingegen sind die Pro-forma-Ergebnisse, also von der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) abgeleitete Kennzahlen.[57] Die Abgrenzung der Begriffe wird in Abbildung 2 gemäß den vorherigen Ausführungen grafisch verdeutlicht.

 

 

Abbildung 2: Begriffsabgrenzung innerhalb der Pro-forma-Berichterstattung

 

Quelle: Eigene Darstellung.

 

2.1.2 Der Kennzahlenbegriff


 

„Kennzahl(en) ... bezeichnen .. ganz allgemein eine Absolut- oder Verhältniszahl, die einen bestimmten ... Sachverhalt oder Tatbestand mit besonderer Aussagekraft beschreibt“[58]. Betriebswirtschaftliche Kennzahlen haben die Aufgaben, Erkenntnisse zu ordnen, Sachverhalte zu erläutern und - je nach Art der Kennzahl - Ereignisse zu prognostizieren.[59] Durch Kennzahlen können komplexe betriebliche Sachverhalte mittels Verdichtung in vereinfachter Form dargestellt werden.[60] Dies erfolgt durch die Erfassung interner oder externer Daten bzw. Informationen.

 

Kennzahlen lassen sich anhand typischer Merkmale identifizieren. Grundsätzlich wird eine kardinale Messbarkeit gefordert.[61] Dadurch lassen sich mathematische Modelle und Methoden anwenden, mit denen die gewünschte Aussagekraft erreicht oder verdeutlicht werden kann. Desweiteren sind die Parameter Objektbezug, Zeitbezug und Zahlenwert charakteristisch.[62] So ergibt sich eine individuelle Identifizierbarkeit, die dem Nutzer der Kennzahl einen Einblick in weitere Informationen neben der reinen Datensicht liefert und weitere Analysen ermöglicht. Ein Beispiel ist in diesem Zusammenhang die operative Umsatzrendite (Zahlenwert) - z.B. 10% - von Unternehmen X (Objektbezug) im Jahr 2009 (Zeitbezug). Weitere Analysen sind durch eine Änderung des Objektbezugs (z.B. Benchmarking in der Branche) oder des Zeitbezugs (z.B. Vorjahresvergleich) möglich.

 

Die Kategorisierung von Kennzahlen kann nach mathematischen oder nach inhaltlichen Gesichtspunkten erfolgen. Eine mögliche Untergliederung von Kennzahlen nach der numerischen Klassifikation ist demnach[63]:

 

 Absolute Kennzahlen

 

 Unter Verwendung von Rechenoperationen

 

 Summen (z.B. Bilanzsumme)

 

 Differenzen (z.B. Jahresergebnis)

 

 Mittelwerte (z.B. durchschnittliche Personalkosten je Mitarbeiter)

 

Ohne Verwendung von Rechenoperationen (z.B. einzelne Buchungen im Rechnungswesen)

 

 Relative Kennzahlen

 

Gliederungszahlen (z.B. Marktanteil) o Beziehungszahlen (z.B. Umsatzrendite) o Messzahlen (z.B. Preisindizes).

 

Neben der mathematischen Klassifizierung ist ebenfalls eine betriebliche Sichtweise möglich. In einer funktionalen Betrachtung lassen sich Kennzahlen gemäß ihrem Ursprung bzw. Einsatzbereich gliedern[64]:

 

 Forschung und Entwicklung

 

 Unternehmensanalyse und -organisation

 

 Marketing und Vertrieb

 

 Produktion

 

 Einkauf

 

 Logistik und Materialwirtschaft

 

 Personal.

 

Bezugnehmend auf den Komplex der Pro-forma-Kennzahlen ist eine Gliederung nach Bereichen der finanziellen Berichterstattung von Unternehmen von besonderem Interesse.[65] Eine mögliche Kategorisierung könnte wie folgt aussehen[66]:

 

 Bilanzkennzahlen

 

Kennzahlen zur Mittelverwendung (z.B. Anlageintensität) o Kennzahlen zur Mittelherkunft (z.B. Eigenkapitalquote)

 

 Kapitalflussorientierte Kennzahlen (z.B. Free Cash Flow)

 

 Kennzahlen der Gewinn- und Verlustrechnung (z.B. Betriebliches Ergebnis)

 

 Hybride Kennzahlen (Kombination verschiedener Kategorien z.B. Forderungsumschlag).

 

2.1.3 Arbeitsdefinition für Pro-forma-Kennzahlen


 

Es existiert bisher keine allgemein anerkannte und vereinheitlichte Definition für Pro-forma- Kennzahlen bzw. -Ergebnisgrößen.[67] Eine Erklärung beschränkt sich in vielen wissenschaftlichen Ausführungen - u.a. bedingt durch einen besonders speziellen Forschungsfokus - auf wenige Sätze in der Einleitung.[68] Es gilt also, die Wendung pro forma‘ und den Kennzahlenbegriff in Zusammenhang zu bringen und eine Definition für nachfolgende Untersuchungen zu erarbeiten.

 

Konkrete Definitionen werden insbesondere von Mulford/Comiskey und Küting/Heiden formuliert....

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