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E-Book

Pro und Contra der Vermögensteuer

Soll die Vermögensteuer wieder eingeführt werden?

AutorStefan Motzer
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2003
Seitenanzahl61 Seiten
ISBN9783638238175
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis23,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2002 im Fachbereich BWL - Rechnungswesen, Bilanzierung, Steuern, Note: 2,3, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn (Institut für Finanzwissenschaft), Sprache: Deutsch, Abstract: Die Frage nach einer möglichen Wiedereinführung der Vermögensteuer in Deutschland sorgt seit ihrer Aussetzung im Jahre 1997 für kontroverse Diskussionen. Dabei erfahren die Fürsprecher von der Öffentlichkeit eine breite Zustimmung. Es darf in dieser Angelegenheit jedoch nicht übersehen werden, dass die meisten Bürger nicht zu dem von der Vermögenssteuererhebung betroffenen Personenkreis gehören. Unabhängig von dem vorherrschenden Meinungsbild soll in diesem Buch untersucht werden, welche Argumente für und welche gegen die Wiedereinführung der Vermögensteuer sprechen könnten. Dabei wird lediglich auf eine Vermögensteuer für natürliche, nicht aber für juristische Personen eingegangen. Nach einer kurzen Charakterisierung der 'nominellen Vermögensteuer' und deren Abgrenzung zur 'realen Vermögensteuer' werden sowohl die Argumente, die für die Vermögensteuer angeführt werden, als auch die Contra-Argumente dargestellt und jeweils unmittelbar danach auf ihre Stichhaltigkeit untersucht. Im Anschluss daran wird der sog. 'Einheitswert-Beschluss' des BVerfG vom 22.06.1995 einer kritischen Betrachtung unterzogen. Dabei wird vor allem auf den darin installierten Halbteilungsgrundsatz und der mit ihm verbundenen Schwierigkeiten in Bezug zu einer möglichen Wiedereinführung der Vermögensteuer eingegangen - ein Punkt, der in Literatur, Politik und Presse für viel Aufsehen gesorgt hatte. Es folgt ein internationaler Vergleich innerhalb der OECD-Mitgliedstaaten, der aufzeigt, welche Staaten überhaupt eine nominelle Vermögensteuer erheben und welche Tendenz in den letzten Jahrzehnten ersichtlich ist. Eine kurze Übersicht über das Stimmungsbild innerhalb der Politik zeigt die Positionen der einzelnen Parteien auf. Die Schlussbetrachtung aller genannten Pro- und Contra-Argumente gibt Antwort auf die zu Anfang aufgeworfene Frage, ob die Vermögensteuer wieder eingeführt werden soll.

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Leseprobe

3.  Argumente für die Vermögensteuer


 

Im folgenden sollen alle Argumente, die für die Vermögensteuer angeführt werden, dargestellt und jeweils unmittelbar im Anschluss auf deren Stichhaltigkeit untersucht werden.

 

3.1  Argumente der Belastungsgerechtigkeit


 

In Bezug zur Belastungsgerechtigkeit lässt sich zwischen dem Äquivalenz- und dem Leistungsfähigkeitsprinzip unterscheiden.

 

3.1.1  Rechtfertigung mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip


 

Das Leistungsfähigkeitsprinzip gilt als das „Fundamentalprinzip der Steuergerechtigkeit“ und „oberster Vergleichsmaßstab steuerlicher Lastengleichheit“[3].

 

3.1.1.1  Definition des Leistungsfähigkeitsprinzips

 

Beim Leistungsfähigkeitsprinzip („ability-to-pay-principle“) wird das jeweilige Individuum nach seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit besteuert. Schon der schottische Philosoph und Nationalökonom Adam Smith hat im Jahre 1776 in seinem Werk „Der Wohlstand der Nationen“ im ersten seiner vier Steuerprinzipien eine Belastung der Bürger „im Verhältnis zu ihren Fähigkeiten“[4] gefordert. Auch das BVerfG hat dargelegt, dass es „ein grundsätzliches Gebot der Steuergerechtigkeit [ist – Anm. d. Verf.], daß die Besteuerung nach der (wirtschaftlichen) Leistungsfähigkeit ausgerichtet wird“[5].

 

Dabei müssen Steuerpflichtige mit gleich hoher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch („horizontale Steuergerechtigkeit“) und Steuerpflichtige mit unterschiedlicher Leistungsfähigkeit dementsprechend unterschiedlich („vertikale Steuergerechtigkeit“) besteuert werden. Die zu erbringende Steuerlast ist dabei unabhängig von erlangten Vorteilen oder verursachten Kosten.

 

In der Literatur haben sich die folgenden vier Theorien herausgebildet, welche die Vermögensteuer als Ausfluss des Leistungsfähigkeitsprinzips zu begründen versuchen, da sie im Vermögen einen Indikator steuerlicher Leistungsfähigkeit sehen.

 

3.1.1.2  Fundierungstheorie

 

Die Fundierungstheorie galt Anfang des 19. Jh. als das Hauptargument für die Begründung einer Vermögensteuer und ist auch mit dementsprechendem Gewicht in die Begründung zum preußischen Ergänzungssteuergesetz vom 14.07.1893 eingegangen.[6] Nach den Befürwortern dieser Theorie soll das aus Vermögen resultierende Einkommen, das sog. „fundierte Einkommen“, höher besteuert werden als das Arbeitseinkommen, das sog. „unfundierte Einkommen“, da es eine größere Leistungsfähigkeit innehätte.[7] So sei „der Bezieher fundierten Einkommens ... im Wirtschaftsleben gegenüber dem Bezieher nichtfundierten Einkommens unendlich bevorzugt“[8].

 

Diese Sonderleistungsfähigkeit erkläre sich zum einen daraus, dass das Vermögenseinkommen „steigerungsfähiger“ als das Arbeitseinkommen sei, denn Bezieher von Vermögenseinkommen könnten ihr Gesamteinkommen zusätzlich durch Arbeitseinkommen erhöhen. Zudem schließe es in sich die Altersvorsorge ein.[9] Das Vermögenseinkommen galt als dauerhafter, stetiger und sicherer als das Arbeitseinkommen. Es trete in gewisser Regelmäßigkeit auf und sei unabhängig von gewissen Lebensumständen wie Krankheit, Alter oder Tod. Dadurch sei Vorsorge weitgehend entbehrlich.[10]

 

Die Ursprünge der Fundierungstheorie liegen am Ende des 19. Jh.. Zu dieser Zeit und unter den damals herrschenden wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen, „sinnbildlich verkörpert in den Archetypen des bürgerlichen Rentiers und des ostelbischen Junkers zum einen, des sozial nur notdürftig abgesicherten Fabrikarbeiters zum anderen“[11], mag die Annahme von der Fundiertheit der Vermögenseinkünfte mit der Folge deren steuerlicher Zusatzbelastung nachvollziehbar gewesen sein. Doch im Laufe der letzten hundert Jahre haben sich die Dinge grundlegend geändert.

 

Auf der einen Seite wurde das als fundiert geltende Vermögen durch wirtschaftliche Erschütterungen des 20. Jahrhunderts zunehmend gefährdet. So führten die große Inflation des Jahres 1923 und die im Jahre 1929 ausgelöste Weltwirtschaftskrise zur Entwertung des Kapitaleinkommens. Zwei Weltkriege 1914-18 und 1939-45 führten zu Zerstörung und millionenfacher Vertreibung in Verbindung mit der Zurücklassung des Besitzes. In Anbetracht dessen sieht man wie schnell Vermögenspositionen in Frage gestellt werden können.[12] Vermögensteile sind zudem durch Konjunktureinbrüche und politische Unsicherheit, wie zuletzt die folgenschweren Terroranschläge des 11. September 2001 gezeigt haben, gefährdet. Nicht zuletzt belegen der Aktiencrash im Frühjahr 2000 und auch das für die Börse verlustreiche Jahr 2001, welchen Risiken und Gefahren das Kapitaleinkommen ausgesetzt ist.

 

Auf der anderen Seite sind im heutigen, modernen Sozialstaat, außer den schon immer gesicherten Einkommen im öffentlichen Dienst, die Erwerbseinkommen durch die Entwicklungen in der Sozialgesetzgebung (Altersvorsorge, Kranken- und Invaliditätsversorgung, Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle, Kündigungsschutz, Arbeitslosengeld, Sozialpläne, staatliche Maßnahmen zur Arbeitsplatzerhaltung) und der betrieblichen Altersvorsorge deutlich abgesicherter als früher. Dadurch hat sich ein tragfähiges Netz der sozialen Sicherheit gebildet. Durch diese Sicherheit, die das Arbeitseinkommen in den letzten Jahrzehnten gewonnen hat, ist es zu bezweifeln, ob dass das der Vorsorge dienende Besitzvermögen heutzutage überhaupt sicherer und ergiebiger ist als beispielsweise ein Anspruch gegen die Sozialversicherung, welcher mit der Arbeitsleistung verknüpft ist.[13] So ist selbst bei alters- oder krankheitsbedingtem Ausfall der Arbeitskraft ein ständiger Einkommenszufluss, wenn auch nicht in gleichbleibender Höhe, gewährleistet.[14] Der Ausbau des Sozialstaats und der sozialen Sicherung haben den „abhängigen Beschäftigten“ immer mehr dem Vermögenden angenähert.

 

Eine deutliche Trennung zwischen Arbeits- und Vermögenseinkommen bzw. nicht fundiertem und fundiertem Einkommen ist heutzutage nicht mehr berechtigt.[15]

 

Die Fundierungstheorie ignoriert zudem die Tatsache, dass auch ertragloses Vermögen belastet wird und steht deshalb im Widerspruch zu dessen Belastung.

 

3.1.1.3  Vermögensbesitztheorie

 

Die Vermögensbesitztheorie ist ebenfalls schon in der Begründung zum preußischen Ergänzungssteuergesetz vom 14.07.1893 wiederzufinden.[16] Nach den Befürwortern dieser Theorie läge im Vermögen selbst ein besonderer Leistungsfähigkeitsfaktor, der im Einkommen, und somit auch in der Einkommensbesteuerung, noch nicht erfasst sei. Diese Leistungsfähigkeit, von Neumark als sachlich-generische Leistungsfähigkeit[17] bezeichnet, läge in der bloßen Existenz des Vermögens. Der Vermögensbestand per se stelle sich somit, und zwar unabhängig von seinen Erträgen, als ein Träger einer Leistungsfähigkeit sui generis dar.[18]

 

Diese zusätzliche Leistungsfähigkeit läge zum einen darin, dass Vermögen finanzielle Reserven schafft, welche aufgezehrt werden könnten. Dadurch entstehe eine erhöhte wirtschaftliche Sicherheit und Unabhängigkeit, denn das Vermögen diene im Notfall als Verbrauchsreserve.[19] Durch diese finanziellen Reserven steigere sich die Angebotselastizität des Vermögensbesitzers auf dem Arbeitsmarkt und auch die Kreditfähigkeit werde durch den Vermögensbesitz gestärkt.[20] Dem Vermögensbesitzer werde in der Gesellschaft eine wirtschaftliche Machtstellung verliehen.[21] Eine besondere steuerliche Leistungsfähigkeit wurde weiterhin darin gesehen, dass das Vermögen in seinem Bestand unabhängig von der Arbeitskraft und der Fortdauer der Persönlichkeit sei[22], somit also Vermögen im Gegensatz zur Arbeitskraft vererbbar sei. Auch Haller verweist auf einige Vorteile, die mit Vermögensbesitz verbunden seien. Dabei benennt er das gesellschaftliche Ansehen, die wirtschaftliche Sicherheit und Unabhängigkeit, die mit einem „längeren Atem“ bei der Erwerbswahl verbunden sei, Kreditwürdigkeit, Freude am Besitz und Bedürfnisbefriedigung durch Selbstbestätigung bzw. Selbstverwirklichung.[23] So verweist die „AG Alternative Wirtschaftspolitik“ auch heutzutage noch auf „Nutzkomponenten“ wie „Sicherheit, Liquidität, Macht oder Sozialprestige“ hin, „welche die steuerliche Leistungsfähigkeit definieren“[24] und deshalb der Vermögensbesteuerung unterzogen werden müssten. Auch Sandford spricht davon, dass die Vermögensteuer gebraucht wird „to take account of the additional taxable capacity conferred by wealth, irrespective of the income”[25]. Folgte man der Vermögensbesitztheorie, so könnte die Konsequenz daraus in der Erhebung progressiver Steuersätze liegen, wenn mit zunehmendem Vermögen die benannten Vorteile dementsprechend überproportional steigen.

 

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