Sie sind hier
E-Book

Problemorientierter Sportunterricht aus Sicht von Lehrenden

Eine explorative Studie

AutorNadine Steinbrink
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl183 Seiten
ISBN9783656724803
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis31,99 EUR
Examensarbeit aus dem Jahr 2013 im Fachbereich Pädagogik - Reformpädagogik, Note: 1,0, Universität Hamburg, Sprache: Deutsch, Abstract: Zunächst werde ich die bekanntesten Konzepte offenen Sportunterrichts vorgestellt und daraufhin charakteristische Merkmale für offene Unterrichtssituationen herausgearbeitet. Auf dieser Grundlage werde ich das Konzept des problemorientierten Sportunterrichts vorstellen. Um eine deutliche Charakteristik des Modells zu erhalten, wird im Anschluss daran der Problembegriff genauer definiert. Zur Unterstreichung der Notwendigkeit einer Problemorientierung im Schulsport wird eine Begründung des problemorientierten Sportunterrichts aus bildungs- und entwicklungstheoretischer Sicht vorgenommen. Die Beantwortung meiner Fragen erfolgt über die Durchführung und Auswertung von Leitfadeninterviews. Um Fragen für die Interviews aus dem theoretischen Teil zu formulieren, werden in Kapitel 2.2.5 Grundannahmen in Bezug auf den problemorientierten Sportunterricht formuliert. Im methodischen Teil der Arbeit werden die zur Erhebung und Auswertung verwendeten Forschungsmethoden sowie das Untersuchungsfeld und der Gang der Untersuchung aufgeführt. Im letzten Teil der Arbeit werden die Ergebnisse der Interviews dargestellt, erläutert und mit Rückbezug auf den theoretischen Teil reflektiert. Diese Vorgehensweise ermöglicht es, das Potential eines problemorientierten Sportunterrichts nicht nur theoretisch aufzuarbeiten, sondern seine Bedeutung in der schulischen Praxis zu erfahren und bewerten.

Kaufen Sie hier:

Horizontale Tabs

Leseprobe

3. Methoden


 

Der theoretische Hintergrund des problemorientierten Ansatzes wurde bereits ausführlich dargestellt. Die Darstellung beruht auf theoretischen Annahmen, schildert aber nicht ausführlich die Sicht der Lehrenden. Folglich möchte ich versuchen, die Wirklichkeit des problemorientierten Sportunterrichts darzustellen, um einen besseren Einblick in das Lernen an Problemen aus Sicht der Lehrenden zu erhalten. Durch die Orientierung an Lehrpersonen können praxisrelevante Ergebnisse erzielt werden, die direkte Rückschlüsse auf das Unterrichten in problemorientierten Lernsituationen, geben. Diese Vorüberlegungen lassen sich in folgender Forschungsfrage kanalisieren:

 

„Wie erleben und deuten Sportlehrer problemorientierten Sportunterricht?“

 

Diese Fragestellung erfasst den der vorliegenden Arbeit zugrundeliegenden Untersuchungsrahmen des problemorientierten Sportunterrichts und ermöglicht forscherische Flexibilität und Freiheit bei der Erhebung der Lehrerperspektive um schließlich eine Aussage über Wahrnehmung und Deutung des Unterrichtskonzepts treffen zu können. Durch die offene Formulierung der Forschungsfrage soll verhindert werden, dass in den Interviews Vorerfahrungen oder eine bestimmte Erwartungshaltung an die befragten Lehrkräfte transportiert werden. Der Begriff „erleben“ soll auf die speziellen Erfahrungen der Lehrkräfte hinsichtlich ihrer Rolle im Unterricht abheben. Mit dem Begriff „deuten“ soll auf die Sicht der Lehrenden hinsichtlich des Nutzen und der Wirksamkeit des Konzepts abzielen.

 

Die bisherigen Überlegungen und die Wahl der Forschungsfrage haben entscheidenden Einfluss auf die Wahl der Forschungsmethodik. Um der Bearbeitung der formulierten Forschungsfrage nachzugehen, ist es unerlässlich, speziell die Lehrenden zu Wort kommen zu lassen. Um individuell geprägte Erfahrungsqualitäten und einen Einblick in individuelle Erlebnisse und Deutungen von Sportunterricht zu erhalten, ist es notwendig, Methoden anzuwenden, die vertiefende Fragestellungen und die Darstellung komplexer Prozesse ermöglichen. Auch wenn Lehrer durchaus in der Lage sind, ihre individuell geprägten Erfahrungswerte in Bezug auf den problemorientierten Sportunterricht zu versprachlichen und somit unmittelbar nach individuellen Erfahrungen und Deutungsweisen befragt werden können (vgl. Klafki, 2001, S. 26), ist es unerlässlich, dass der Erhebung von Erfahrungswerten eine Methode zugrunde liegt, die die Lehrpersonen zum intensiven und tiefgründigen Nachdenken sowie zum Reflektieren unter speziellen Gesichtspunkten anregt. Ein qualitativer Forschungsansatz bietet dementsprechend Möglichkeiten, den Lehrer zu mehr Gesprächsbereitschaft und -fähigkeit zu verleiten. Dies soll mit Hilfe einer theoriegeleiteren Vorgehensweise zur Datenerhebung und –auswertung erfolgen, die Flexibilität und Offenheit in der Exploration gewährt.

 

Im Folgenden werden die von mir gewählte Erhebungsmethode, das Leitfadeninterview, und die Auswertungsstrategie der Grounded Theory vorgestellt werden.

 

3.1 Erhebungsmethode: Das Leitfadeninterview


 

Wie im einleitenden Teil erwähnt, soll das Erhebungsverfahren die Lehrpersonen selbst zu Wort kommen lassen. Um einen verbalen Zugang zu den Akteuren zu erhalten, wird in der qualitativen Forschung die Form des Interviews gewählt. Hierbei wird versucht, das Gespräch möglichst offen zu gestalten, um den Sportlehrern die Möglichkeit zu geben, ihre Antworten weitgehend frei zu strukturieren und sie nicht in ihren Antworten und Schilderungen zu beeinflussen. Der Deutungs- und Artikulationsspielraum des Befragten soll nach Möglichkeit nicht eingeschränkt werden, der Freiheitsgrad ist demnach offen. Jedoch ist es notwendig, das Interview vorzustrukturieren, um eine inhaltliche Kongruenz und Schärfe zu erhalten (vgl. Krieger & Miethling, 2004, S. 34f.). Diese Strukturiertheit differiert bei den verschiedenen Interviewtypen. So ist das Leitfadeninterview, das in der Literatur auch problemzentriertes oder fokussiertes Interview genannt wird, stärker strukturiert als das narrative Interview (vgl. Mayring, 2002, S. 67). Durch die unterschiedliche Bezeichnung lässt sich ableiten, dass das Leitfadeninterview stets auf ein Problem fokussiert ist.[17] Diese Vorstrukturierung und Fokussierung auf ein bestimmtes Problem oder Phänomen offenbart sich in der Form des Leitfadens. Der Leitfaden ist der „leitende 'rote Faden', der sich nach Vorstellung des Forschenden vom erwarteten Gesprächsverlauf durch das Gespräch ziehen wird“ (Krieger, 2008, S. 46). Er ist „themenspezifisch strukturiert durch differenzierte Fragen, die aus dem jeweiligen theoretischen Ansatz abgeleitet sind“ (ebd., S. 34). Für die Konstruktion des Leitfadens ist die Erschließung des Themas notwendig, die neben dem eigenen Vorverständnis auch den aktuellen Stand der Forschung beinhalten sollte. Mithilfe dieser wissenschaftlichen Grundlage und durch alltagstheoretische Überlegungen werden schließlich Fragen generiert, die zur Beantwortung der formulierten Forschungsfrage dienen können (vgl. ebd., S. 53). So entsteht zunächst ein unsystematischer Fragenkatalog, der anschließend in zusammengehörige Themenkomplexe separiert werden sollte. Denn „eine lange Liste von Fragen, die zwar wichtige empirische Sachverhalte erfragt, aber unübersichtlich ist, lässt keine Prüfung auf Vollständigkeit zu und erschwert auch in erheblichem Maße die Aneignung der Leitfragen für einen flexiblen Gebrauch in der Interviewsituation“. (ebd., S. 52) Krieger empfiehlt außerdem, die einzelnen Fragen des Leitfadens auszuformulieren, da der Interviewer dadurch schon im Vorfeld gezwungen ist, über die konkrete Formulierung der Frage nachzudenken (vgl. ebd., S. 37). In Folge mehrerer Überarbeitungschritte konnte so ein Leitfaden (siehe Anhang 1) generiert werden, der eine Vorstruktutierung der Themenbereiche beinhaltete, der auf das Erleben und Deuten des problemorientierten Sportunterrichts fokussiert war und trotzdem flexibel in den einzelnen Interviewsituationen eingesetzt werden konnte (vgl. ebd., S. 47 u. 61).

 

Das theoretische Gerüst des Leitfadens soll jedoch keineswegs eine unabweichliche Vorgabe sein oder zu „Frage-Antwort-Sequenzen“ (ebd., S. 33) führen, sondern der Orientierung und Hilfestellung für den Interviewer in einer konkreten Gesprächssituation dienen. Statt einer zu starken Orientierung an den vorformulierten Fragen, stellt die Variation dieser im konkreten Kontext einen hohen Anspruch an den Interviewer. Er sollte in der Lage sein, variable Fragetypen einzusetzen, dem Befragten aktiv zuzuhören und situationsspezifisch zu reagieren, sowie bei der Verwendung von Pauschalisierungen tiefergehend nachfragen, um eine detaillierte Episodenerzählung zu erhalten (vgl. ebd., S. 60f). Die Episodenerzählung ist nach Richartz ein angemessenes Interviewformat, da sie „der ursprünglichen Form der Erfahrung“ (Richartz, 2008, S. 9) am nächsten kommt und einen möglichst großen Erfolg auf Erkenntnisgewinn für die Datenauswertung verspricht. Ist der Interviewer stattdessen nicht in der Lage, situationsspezifisch zu reagieren, kommt es häufig zur „Leitfadenbürokratie“ (Krieger, 2008, S. 47) die dem vorstrukturierten Plan die „absolute Priorität“ (ebd.) einräumt. Ein zu schnelles Abhaken der zu behandelnden Fragen führt u.a. zu raschen Themenwechseln, durch die sich der Befragte ignoriert fühlen kann, da nicht auf seine angesprochenen Themen eingegangen wird. Ein Unwohlsein des Befragten sollte jedoch stets vermieden werden, da dieser während des Interviews „das Risiko einer Selbstoffenbarung“ (Richartz, 2008, S. 10) eingeht.

 

Um ein möglichst erfolgreiches Interview zu führen, empfiehlt Krieger eine vorangehende Interviewerschulung. Als wichtige Einflussgrößen für den Erfolg des Interviews ist die Art und Weise des Fragen-Stellen zu nennen. Zum einen ist das Vermeiden von rhetorischen oder Ja/Nein-Fragen sowie Suggestivfragen sehr wichtig. Stattdessen sollen, wie schon angesprochen, erzählgenerierende Fragen gestellt werden, da im Interview ein ungewöhnlich hohes Maß an Detaillierung erforderlich ist (vgl. ebd., S. 16). Generell sollten, für eine gute Verständlichkeit, alle Fragen nach Möglichkeit kurz und präzise gestellt werden, Rückfragen, ob das Gesagte richtig verstanden wurde, sind stets erwünscht. Das Verhalten des Interviewers sollte durch aktives Zuhören und Unaufdringlichkeit geprägt sein, angebracht ist die Rolle eines „engagierten, wohlwollenden und emotional beteiligten Gesprächspartners“ (Bortz & Döhring, 2002, S. 308). Außerdem ist das Aushalten von Pausen notwendig. Um dem Befragten die Chance zu geben, „sich sicher zu fühlen“ (Richartz, 2008, S. 16) sollten die Sportlehrer sich ihrer Rolle als Experte stets bewusst sein. Sie berichteten über persönliche Sichtweisen, die nicht mit richtig oder falsch klassifiziert werden konnten oder sollten. Auch dieser Erkenntnis sollten sich die Lehrer bewusst sein, um ein möglichst hohes Maß an alltäglichem Gesprächsverhalten aufzuweisen.

 

Insgesamt wurden 9 Lehrer von verschiedenen Schulen interviewt. Eine Vorstellung der Lehrkräfte liegt im Anhang in Form von anonymisierten Kurzportraits vor (siehe Anhang 2). Die Auswahl der Lehrer gestaltete sich als schwierig, da der Großteil der Lehrkräfte der angefragten Lehrkräfte keinerlei Erfahrungen im problemorientierten Unterrichten gesammelt...

Blick ins Buch

Weitere E-Books zum Thema: Pädagogik - Erziehungswissenschaft

Weitere Zeitschriften

Menschen. Inklusiv leben

Menschen. Inklusiv leben

MENSCHEN. das magazin informiert über Themen, die das Zusammenleben von Menschen in der Gesellschaft bestimmen -und dies konsequent aus Perspektive der Betroffenen. Die Menschen, um die es geht, ...

Arzneimittel Zeitung

Arzneimittel Zeitung

Die Arneimittel Zeitung ist die Zeitung für Entscheider und Mitarbeiter in der Pharmabranche. Sie informiert branchenspezifisch über Gesundheits- und Arzneimittelpolitik, über Unternehmen und ...

aufstieg

aufstieg

Zeitschrift der NaturFreunde in Württemberg Die Natur ist unser Lebensraum: Ort für Erholung und Bewegung, zum Erleben und Forschen; sie ist ein schützenswertes Gut. Wir sind aktiv in der Natur ...

BONSAI ART

BONSAI ART

Auflagenstärkste deutschsprachige Bonsai-Zeitschrift, basierend auf den renommiertesten Bonsai-Zeitschriften Japans mit vielen Beiträgen europäischer Gestalter. Wertvolle Informationen für ...

caritas

caritas

mitteilungen für die Erzdiözese FreiburgUm Kindern aus armen Familien gute Perspektiven für eine eigenständige Lebensführung zu ermöglichen, muss die Kinderarmut in Deutschland nachhaltig ...