Nachdem die Grundlagen gelegt sind, werden in diesem Kapitel die am Markt befindlichen Inszenierungen analysiert und in fünf Kategorien unterteilt. Diese Kategorien werden anhand ihrer Merkmale und Ausprägungen beschrieben und jeweils einige Beispiele dargestellt. Im Anschluss wird eine Übersicht über die fünf Kategorien mit ihren möglichen Elementen und ihrem konkretem Fokus gegeben.
Eine Kategorisierung der vielen verschiedenen Inszenierungsmöglichkeiten ist aufgrund einer besseren Übersichtlichkeit sinnvoll, insbesondere, da diese Kategorien es ermöglichen, Entscheidungshilfen in klarer und einfach verwendbarer Form abzubilden.[168] Durchgeführt werden kann diese Kategorisierung anhand der verwendeten Technik, des Erscheinungsbildes, des Potenzials oder der abgebildeten Produktmenge. Anhand einer Analyse des Status Quo wurde untersucht, welcher Aspekt Grundlage der Kategorisierung darstellen sollte. Es wurde deutlich, dass eine Unterscheidung anhand der verwendeten Technik aus Kundensicht eine geringe Rolle spielt (sofern sie bei ihm korrekt angezeigt wird) und ein Großteil mittels Flash umgesetzt wird oder werden kann. Eine Unterscheidung aufgrund der Wirkungen kann an dieser Stelle noch nicht erfolgen, da die Wirkungen erst im Verlauf der Arbeit untersucht werden. Die abgebildete Produktmenge, die Einbindung von User-Generated-Content (kurz: UGC, vgl. Glossar) und andere Features, eignen sich auch nicht als Unterscheidungsmerkmal, da in vielen der anzutreffenden Inszenierungen die Implementierung von UGC ermöglicht wird sowie die angezeigte Produktmenge theoretisch variable ist. Folglich wurde eine Kategorisierung anhand des Erscheinungsbildes der Inszenierungen durchgeführt. Das Erscheinungsbild bietet im Vergleich die höchste Relevanz und Unterscheidungskraft in dieser Arbeit, vor allem an dieser Stelle.
Als Grundlage für die Inszenierungskategorien dienen die Kategorien der Produktwelten.[169] Aufgrund der breiteren Thematik der Produktinszenierungen wurden die Kategorien der Produktwelten um die Kategorien ‚Visual Navigation‘, ‚Product Video‘ und ‚Show Case‘ ergänzt. Die Kategorien der User Generated Produktwelt und der Rich Media werden nicht verwendet, da alle Produktinszenierungsformen, wie sie in dieser Arbeit beschrieben werden, Rich Media und User Generated Elemente enthalten können. So können letztendlich die fünf Kategorien ‚Show Case‘, ‚Visual Navigation‘, ‚Product Cloud‘, ‚Real Environment‘ und ‚Product Video‘ genannt werden.[170] Prinzipiell kann ein Online-Shop mehrere Inszenierungskategorien einbinden, sowie auch innerhalb einer Inszenierung mehrere Kategorien verknüpfen. Folglich ist die Einordnung eines konkreten Anwendungsbeispiels in ausschließlich eine Kategorie nicht in jedem Fall möglich.
Die erste Inszenierungskategorie umfasst alle Elemente, welche eine ansprechendere Präsentation ermöglichen. Sie ähneln einer Warenpräsentation, wie sie im stationären Handel in den Schaufenstern betrieben wird. ‚Show Case‘-Produktinszenierungen sind die einfachste Inszenierungsform. Sie benötigen in der Regel geringere technische Ressourcen und sind weniger aufwendig umzusetzen als die restlichen Inszenierungsformen.
Inszenierungen dieser Kategorie orientieren sich an der Gestaltung und dem Aufbau der Schaufenster in stationären Läden. Sie können bspw. durch ein Bühnenelement dargestellt sein oder durch eine Präsentationsebene, welche einzelne oder mehrere Produkte (in einer Ebene dargestellt) besonders hervorhebt. Ferner sind Animationen, welche erlebbare Handlungen ermöglichen, Elemente einer ‚Show Case‘-Inszenierung: bspw. ermöglicht der Page-Curl und der Corner-Curl das Auslösen eines Katalog-Feelings.
Neben diesen vorwiegend statischen Produktpräsentationen sind auch virtuelle Laufstege Teil dieser Kategorie. Virtuelle Laufstege besitzen auch ‚Real Environment‘-Elemente (vgl. dazu Kapitel 3.4), aufgrund des klaren Fokus auf die Präsentation der Produkte werden sie jedoch dennoch zur ‚Show Case‘-Kategorie gezählt. Überdies gehört jegliche Art von drehbaren Elementen, 3D-Ansichten (wie beispielsweise das Parfümflakon auf diesel-fragrances.ca[171]), Mouse-Over Effekten und sonstigen Animationen zu dieser Inszenierungskategorie.
Das Potenzial der Kategorie liegt in der Implementierung verknüpfter Elemente auf einer Seite. So kann bspw. ein Objekt aus einem Element im oberen Seitenbereich heraus fallen und mit entsprechender Zeitverzögerung in einem anderen Element im unteren Seitenbereich wieder auftauchen.[172] Diese Art der Darstellung wird bislang vorwiegend bei Werbebannern umgesetzt. Sie kann jedoch auch hervorhebend zur Produktinszenierung genutzt werden, da sie sehr stark die Aufmerksamkeit des Konsumenten auf sich zieht (mehr zur Aufmerksamkeit in Kapitel 4.1).
Ein sehr gelungenes Beispiel für ‚Show Case‘-Produktinszenierungen ist im Online-Shop von s.Oliver zu finden. Auf der Startseite und den Kategorieübersichtsseiten ist jeweils eine große Bühne eingebunden, in der einzelne Produkte attraktiv präsentiert werden (vgl. Abbildung 5). Die Produkte stehen im Raum und werden, in Anlehnung an klassische Schaufenster, auf Sockeln und Podesten dargeboten.
Abbildung 5: Schaufensterelemente (sOliver.de)[173]
Eine weitere schöne ‚Show Case‘-Inszenierung ist der Webpräsenz von Duden gelungen (vgl. Abbildung 6). Die Website erweckt auf der Startseite den Eindruck, als befände sich der Nutzer in einer Bibliothek oder einem Bücherladen. Die Bücherregale symbolisieren die Kategorien der Seiteninhalte.
Abbildung 6: Inszenierung im Raum (duden.de)[174]
‚Cheese & Buger‘ (vgl. Abbildung 7) bildet ein sehr gelungenes Beispiel des Page-Curl (vgl. Glossar). Hier wird auf einem Blick deutlich, wie ein Page-Curl (ebenso der Corner-Curl) ein realitätsnahes 3D-Erlebnis simulieren kann. Der Konsument hat das Gefühl, einen realen Katalog in der Hand zu haben. Bei dieser Inszenierung wird dem Nutzer die Bedienung durch vielfältige Navigationsmöglichkeiten erleichtert. Er kann durch den ‚Katalog‘ blättern, in dem er an den Rädern links und rechts dreht (Drag&Drop), an den Pfeilen unter und über den Rädern klickt oder unten den Schieber bewegt.
Abbildung 7: Page-Curl-Element (CheeseandBurger.com)[175]
Als letztes Beispiel soll der virtuelle Laufsteg genannt werden, wie einer im Online-Shop HSN zu sehen ist (vgl. Abbildung 8). Hier stehen fünf Models zur Verfügung, um einen Teil des Kleidungssortiments vorzuführen. Trickreich an diesem Beispiel ist, dass links die wartenden Models zu sehen sind, welche per Mausklick ‚auf die Bühne‘ geholt werden. Dort stehen dann eine 360 Grad Ansicht und eine Zoomfunktion zur Verfügung, auch sieht der Konsument rechts die einzelnen Kleidungsstücke des Models abgebildet. Ein kleiner Button unten im Hauptbild verlinkt zur Produktdetailseite.
Abbildung 8: Virtueller Laufsteg (HSN.com)[176]
Als zweite Inszenierungskategorie wurde ‚Visual Navigation‘ identifiziert. Hier wird die Nutzerführung nicht durch ein klassisches Menü abgewickelt, sondern durch Miniaturansichten aller Produkte des Sortiments in einer Ebene. Der User kann sich mit Hilfe der Pfeiltasten oder der Maus durch das komplette Produktsortiment navigieren.
Der Fokus dieser Kategorie liegt vorwiegend auf der Generierung eines Schaufensterbummel-Effektes. Ein wichtiger Punkt bei dieser Inszenierungskategorie ist, dass eine ausreichende Usability gewährleistet sein muss, d.h. dass der Konsument die Steuerung und Navigation im Shop beherrscht und sich trotz visueller Sortimentsdarstellung zurechtfindet. Dies ist vor allem dadurch bedeutend, dass in vielen Fällen Shops mit visueller Navigation keine zusätzliche klassische Navigation ermöglichen, sodass Probleme und Nichtverständnis der Navigation zu hohen Abbruchraten führen. Vorteil dieser Kategorie ist, dass ‚Visual Navigation‘-Inszenierungen, im Gegensatz zu den anderen, mitunter auch große Sortimente abbilden können, dem Konsumenten aber dennoch eine spannende Präsentation der Produkte ermöglicht wird.
Das Potenzial dieser Kategorie liegt in der Entwicklung von visuellen Navigationselementen im Raum. Eine 3D Navigation wird bislang nur in wenigen Webseiten verwendet.[177] Shops, die dieses Element einbinden, gibt es bislang keine.
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