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Werkstoffe
2.1 Theoretische Grundlagen
2.1.1 Themen und Lerninhalte
Die in der chemischen Industrie hergestellten Produkte erfordern eine Vielzahl verschiedener Apparaturen und die sorgfältige Auswahl der Werkstoffe. Zur richtigen Beurteilung, Verwendung und Verarbeitung dieser Werkstoffe müssen ihre Eigenschaften und ihr Verhalten bekannt sein. Aus den natürlichen Rohstoffen, z.B. Erzen, Erdöl, Kohle oder Holz entstehen durch verschiedene Fertigungsverfahren Werkstoffe wie Stahl, Kunststoffe oder Bauholz (s. Abb. 2-1).
Bei diesen Fertigungsverfahren und bei der Verarbeitung zu Werkstücken werden beispielsweise Kühl- und Schmiermittel, sogenannte Hilfsstoffe eingesetzt.
Abb. 2-1 Einteilung der Werkstoffe
Werkstoffe werden nach ihren physikalischen, chemischen und technologischen Eigenschaften beurteilt (s. Tab. 2-1).
Tab. 2-1 Eigenschaften von Werkstoffen.
Physikalische Eigenschaften | Chemische Eigenschaften | Technologische Eigenschaften |
Dichte | Legierbarkeit | Gießbarkeit |
Festigkeit | Brennbarkeit | Schmiedbarkeit |
Schmelzpunkt | Giftigkeit | Lötbarkeit |
Härte | Korrosionsbeständigkeit1 | Schweißbarkeit |
Elastizität | Wärmebeständigkeit | Klebbarkeit |
Elektrische Leitfähigkeit | | |
Für den Einsatz als Werkstoff sind neben den genannten Eigenschaften noch gute Verarbeitbarkeit und leichte Formgebung von Bedeutung. Außerdem muss der Werkstoff wirtschaftlich einsetzbar und umweltfreundlich sein.
2.1.2 Metalle
Metalle haben im allgemeinen folgende charakteristische Eigenschaften:
- sie sind bei Zimmertemperatur fest,
- sie sind gute Wärme- und Elektrizitätsleiter,
- sie besitzen eine hohe Festigkeit,
- sie haben metallischen Glanz,
- sie sind lichtundurchlässig,
- sie bilden mit anderen Metallen Legierungen und
- sie sind weitgehend flüssigkeits- und gasdicht.
2.1.2.1 Eisenmetalle
Von den etwa 40 als Bestandteil von Werkstoffen wichtigen Metallen ist Eisen als Gebrauchsmetall von überragender Bedeutung. Es kann mit vielen anderen Elementen Legierungen mit sehr unterschiedlichen Eigenschaften bilden.
In den Eisenmetallen überwiegt der Massenanteil an Eisen den jedes anderen beteiligten Elementes.
Aus den in der Natur vorkommenden Erzen wird im Hochofen das Roheisen gewonnen. Roheisen kann Kohlenstoff, Silizium, Mangan, Phosphor und Schwefel enthalten. Diese Elemente werden Eisenbegleiter genannt, sie sind nicht absichtlich zugefügt.
Als Eisenbegleiter hat Kohlenstoff einen besonderen Einfluss auf die Eigenschaften der Eisenmetalle; dieser ist in Tab. 2-2 genauer aufgelistet.
Tab. 2-2 Einfluss des Kohlenstoffs auf die Eigenschaften der Eisenmetalle.
Kohlenstoffanteil | Eigenschaften | Werkstoff |
3-4% | nicht schmiedbar, spröde, hart | Grauguss |
0,5-1,7% | härtbar, hart, weniger gut schweißbar | unlegierter Werkzeugstahl |
0,05-0,5% | gut schmied- und schweißbar, dehnbar, zäh | allgemeiner Baustahl |
Elemente, die den Eisenmetallen absichtlich zugefügt werden, heißen Legierungszusätze oder Legierungselemente.
Die Eigenschaften der Eisenmetalle werden außer vom Kohlenstoff auch vom prozentualen Anteil und von der Zusammenstellung weiterer Eisenbegleiter und Legierungselemente beeinflusst:
- Nickel, Chrom und Silicium erhöhen die Korrosionsbeständigkeit,
- Chrom, Wolfram und Molybdän erhöhen die Wärmebeständigkeit,
- Nickel, Chrom, Mangan, Vanadium und Molybdän steigern die Verschleißfestigkeit,
- Kupfer ist Legierungselement von wetterfestem Stahl.
Im folgenden werden die wichtigsten Eisenmetalle vorgestellt.
Stahl
Stahl ist ein Eisenmetall, das zur Wärmebehandlung geeignet ist, z.B. gehärtet werden kann, und bis etwa 2% Kohlenstoff enthält. Er wird aus Roheisen oder Stahlschrott, meist aus beidem erzeugt. Eine Einteilung kann erfolgen in unlegierten und legierten Stahl.
a) Unlegierter Stahl enthält neben Kohlenstoff als Eisenbegleiter Aluminium, Titan, Kupfer, Mangan und Silicium in festgelegten maximalen Anteilen. Werden diese Werte überschritten oder Legierungselemente zugefügt, so ist der Stahl legiert. Unlegierter Stahl wird eingeteilt in allgemeinen Baustahl, unlegierten Qualitätsstahl und unlegierten Edelstahl.
– Allgemeiner Baustahl zeichnet sich im Wesentlichen durch seine Zugfestigkeit und Streckgrenze bei Raumtemperatur aus. Er ist in der Regel nicht zur Wärmebehandlung geeignet mit Ausnahme des Spannungsarm- und Normalglühens. Aus allgemeinem Baustahl werden geschweißte, genietete und geschraubte Bauteile hergestellt.
Beispiel: St 37-2
Zugfestigkeit 360-470 N/mm2,
Gütegruppe 2 (Unterscheidung der mechanischen Eigenschaften und chemischer Zusammensetzung)
– Unlegierter Qualitätsstahl ist zur Wärmebehandlung geeignet und hat verglichen mit allgemeinem Baustahl höhere Reinheit und eine glattere Oberfläche. Dieser Stahl ist z.B.
- gut abzukanten und kalt zu profilieren,
- gut schweißbar,
- gut beständig gegen atmosphärische Korrosion und
- gut geeignet für den Gebrauch bei hohen und niedrigen Temperaturen.
Beispiel: C 60
Qualitätsstahl mit einem Kohlenstoffanteil von 0,6%
– Unlegierter Edelstahl ist besonders rein mit einem begrenzten Gehalt an nichtmetallischen Einschlüssen hergestellt. Er hat z.B. gute magnetische oder elektrische Eigenschaften und ist durch Zusatz von Blei zerspanbar. Er wird u.a. verwendet als Relaiswerkstoff, Schweißzusatzwerkstoff, für Federn, Seile und Werkzeuge.
Beispiel: Ck 10
Unlegierter Edelstahl mit einem Kohlenstoffanteil von 0,1%, »k« bedeutet: geringer Phosphor- und Schwefelgehalt.
b) Legierter Stahl wird eingesetzt, wenn an den Stahl besondere Anforderungen gestellt werden. Er umfasst u.a. Werkzeug-, Schnellarbeits-, Wälzlager- und Nitrierstahl. Niedriglegierte Stähle enthalten weniger als 5%, hochlegierte Stähle mehr als 5% Legierungselemente. Hochlegierter Stahl ist immer Edelstahl.
Schwerrostender oder witterungsbeständiger Stahl ist niedriglegiert und enthält 0,3% Kupfer und 0,1% Phosphor.
Chemisch beständiger, nichtrostender Stahl ist hochlegiert und hat hohe Anteile an Chrom und Nickel. Durch Zusatz von Molybdän wird die chemische Beständigkeit verbessert. Er ist korrosionsbeständig gegenüber Luftfeuchtigkeit, Wasser und den meisten Säuren und Laugen und wird daher besonders in der chemischen Produktion und in der Nahrungsmittelindustrie eingesetzt.
Beispiel: X 5 Cr Ni Mo 18 12
Hochlegierter Stahl mit 0,05% C, 18% Cr, 12% Ni und geringen Mengen Mo.
Gusseisen
Gusseisen ist ein Eisenmetall mit einem Kohlenstoffanteil von mehr als 2% und dadurch gut schmelz- und gießbar. Es entsteht durch Umschmelzen und Reinigen von Roheisen.
– Grauguss (GG) ist Gusseisen mit Graphit in Lamellenform. Er hat gute Korrosionsbeständigkeit und gute Laufeigenschaften, eine Dichte von 7,25 g/cm3 und Zugfestigkeiten bis 400 N/mm2. Grauguss wird verwendet zur Herstellung von Gehäusen, Rohren und Lagern.
Beispiel: GG 15
Grauguss mit einer Zugfestigkeit von 150 N/mm2, ein spröder, harter Werkstoff.
– Kugelgraphitguss (GGG) ist Gusseisen mit Graphit in Kugelform. Er zeichnet sich durch einen hohen Verschleißwiderstand, gute Dehnbarkeit und Festigkeit aus, ist chemisch beständig und warmfest. Die Dichte beträgt 7,2 g/cm3, die Zugfestigkeit kann Werte bis 800 N/mm2 annehmen. Kugelgraphitguss wird zur Herstellung von Kurbelwellen, Zahnrädern, Kupplungen, Pumpen oder Turbinen verwendet.
Beispiel: GGG 50
Kugelgraphitguss mit einer Zugfestigkeit von 500 N/mm2 und stahlähnlicher Güte für die Herstellung von z.B. Kupplungen.
– Temperguss (GTW = weißer Temperguss, GTS = schwarzer Temperguss) ist ein durch ein besonderes Glühverfahren hergestelltes Gusseisen. Er ist zäh, fest, nur bedingt schmiedbar und wird z.B. zur Herstellung von Fittings, Schraubenschlüsseln und Baubeschlägen verwendet.
– Stahlguss (GS) ist Stahl, der in Formen gegossen wird. Er wird eingesetzt, wenn die...