In diesem Kapitel wird das Steuern von Projekten behandelt und welche Bestandteile eine erfolgreiche Umsetzung ermöglichen. Daraufhin wird das Projektmanagement in der öffentlichen Verwaltung untersucht und insbesondere, wie sich daraus Anforderungen zur Umsetzung von Projekten ableiten lassen.
Als Projekt wird ein zeitlich begrenztes Vorhaben zur Kreierung eines neuartigen Produktes oder einer Dienstleistung gesehen und hat ein bleibendes Ergebnis zum Ziel.[46] Nach DIN 69901[47] ist ein Projekt gekennzeichnet durch einmalige Bedingungen in der Gesamtheit, die zu Unsicherheit und Unschärfe im Ziel führen.[48]
Weitere Merkmale sind die Neuartigkeit, Zielvorgabe, Abgrenzung von anderen Vorhaben und zeitliche, finanzielle, personelle oder andere Beschränkungen.[49] Dabei wird von einem definierten Beginn und Ende ausgegangen.
Die Zeit dazwischen wird meist in Phasen unterteilt und durch detaillierte Pläne ergänzt. Dadurch entsteht eine mathematisch-technische Betrachtungsweise des Ablaufs, der Schnittstellen und des Ergebnisses.[50] Damit soll das „magische Dreieck der Projektsteuerung“ aus den Zieldimensionen Kosten, Zeit und Leistung erreicht werden.[51]
Dar. 2: Magisches Dreieck der Projektsteuerung.(Vgl. Bea, F. X.; Scheurer, S., Hesselmann, S. (2008): S.7)
Probleme, die bei einem Ziel entstehen, wirken sich immer auf die Stakeholder des Projektes aus und gefährden den Projekterfolg.[52] Deshalb müssen Entscheidungen in einem Projekt immer im Hinblick auf alle Zieldimensionen getroffen werden.
Daraus erklärt sich auch die Definition der IPMA[53]: „Ein Projekt ist eine einmalige Gesamtheit von koordinierten Aktivitäten mit bestimmten Anfangs- und Endpunkten. Die von einer Person
oder Organisation mit dem Ziel durchgeführt werden, bestimmte Termin-, Kosten- und Leistungsziele zu erreichen“[54].
Diese Betrachtungsweise hat allerdings entscheidende Schwachstellen. Es fehlt die Berücksichtigung von immateriellen Ressourcen, wie die Kompetenz der Mitarbeiter, der vorhandenen Unternehmensprozesse, der organisatorischen Projekteinordnung und nicht zuletzt das Vorhandensein eines Konfliktmanagements.[55]
Die für diese Arbeit konzipierte Definition schließt sich grundlegend an Hölzle an, lässt jedoch auch Raum für Change-Prozesse, die für Organisationen im öffentlichen Bereich von besonderer Bedeutung sind: Ein Projekt ist als temporäre Organisation zu verstehen, welche eine eigene Struktur, eigene Identität und eigene Prozesse hat. Mittels Einbindung aller nötigen materiellen und immateriellen Ressourcen sind neuartige und risikobehaftete Vorhaben umsetzbar.
Damit die angesprochene Unsicherheit bezüglich Zielerfüllung, Vorgehen und Integration zu bewältigen ist, soll der Ansatz des ganzheitlichen Projektmanagements aufgegriffen werden. Projektmanagement ist als Leitungs- und Organisationskonzept zu verstehen, damit die vielen und sich teilweise interdependenten Projektelemente und Projektgeschehen nicht dem Zufall überlassen werden.[56] Es umfasst die Anwendung von Wissen, Fähigkeiten, Werkzeugen und Verfahren für Projektvorgänge, um die Erwartungen der Stakeholder des Projektes zu erfüllen.[57] Die primären Aufgaben des Projektmanagements sind die Projektplanung, -organisation, -einführung und das Projektcontrolling.
Der ganzheitliche Ansatz ergänzt das klassische Projektmanagement um organisatorische und persönliche Aspekte, die für ein Beziehungsmanagement notwendig sind, damit die Projektziele erreicht werden.[58]
Damit ein Projekt nach den genannten Zielen ausgerichtet werden kann, ist es zweckmäßig den Ablauf in eine logische Abfolge verschiedener Aktivitäten zu bringen.[59] Diese Projektphasen bilden in ihrer Gesamtheit den Projektlebenszyklus, dabei gehen die meisten Ansätze von einem sequenziellen Ablauf aus.[60] Die Phasen haben einen eindeutigen Output und sind durch Entscheidungspunkte voneinander getrennt.[61] Allerdings bestehen „in der Realität (…) wechselseitig rekursive Vernetzungsbeziehungen zwischen den verschiedenen Phasen.“[62]
Eine Möglichkeit der Darstellung wird durch die Methodik des vernetzten Denkens zur Lösung komplexer Probleme von Ulrich/Probst realisiert.[63]
Dar. 3: Phasenablauf im Projektmanagementprozess nach Bea/Scheurer/Hesselmann.
Die Phasen unterstützen das Projektmanagement, um den Erstellungsprozess transparent zu gestalten, eine Vergleichbarkeit zu ermöglichen und deren Fertigstellung objektiv bewerten zu können. Sie werden durch die zugrunde liegende Dienstleistung und deren Branche geprägt, daher sind auch die Bezeichnungen dafür variabel.[64]
Die Phasen der Projektinitialisierung und des Abschlusses bzw. des Transfers von Wissen stellen die Eckpunkte eines Projektes dar. Ihr Platz außerhalb des Regelkreises verdeutlicht, dass diese nur wenige Interdependenzen mit anderen Projektphasen aufweisen.[65]
Die Initialisierung ist die wichtige Grundlage für alle weiteren Phasen, es werden die Rahmenbedingungen des Projektes festgelegt. Dazu zählen:[66]
Projektidee formulieren
Entwicklung der Projektskizze, in der die Zuständigkeiten, Aufwand, Grobziele und Meilensteine festgelegt sind
Planung des Projektmanagementsystems
Zusammenstellung des Teams und Festlegung der Organisationsform
Projektumfeldanalyse, Bewertung der Machbarkeit
Kick-Off-Meeting
Die Zielpräzisierung bildet aufgrund des stark projektbegleitenden Charakters eine eigene Phase innerhalb des Regelkreises.[67] Ziele müssen immer wieder den Gegebenheiten der vorhandenen Unsicherheit angepasst und präzisiert werden. Aufgrund der Komplexität und Dynamik im Projektverlauf ist es zwar möglich, die Ziele im Vorhinein detailliert, aber nicht
exakt, festzulegen. Für die Wirksamkeit von Zielen kann sich an dem SMART-Schema orientiert werden:[68]
S Ziele müssen spezifisch, eindeutig und positiv beschrieben sein
M die Zielerreichung sollte messbar sein
A für das Projektteam sollte es attraktiv sein, das Projektziel zu erreichen
R das Ziel muss auf realistischer Weise erreichbar sein
T das Ziel muss terminiert sein
Weitere Bestandteile können das Lastenheft aus Kundensicht und sein Pendent, das Pflichtenheft aus Sicht des Projektteams, sein.[69]
Bei der Planung ist zu beachten, dass eine wechselseitige Beziehung zwischen der Entwicklung der Projektziele und dem Fortschreiten der Projektplanung besteht.[70] Dieses geschieht bspw. wenn mit dem Fortschreiten des Projektes klar wird, dass ein Teil der Planung unter gegebenen Umständen nicht mehr realistisch ist. Somit muss eine Zielanpassung erfolgen, welche mit den Vorgaben/Vorstellungen des Auftraggebers in Einklang zu bringen ist. Planungsgrundlage ist der Projektstrukturplan, verbunden mit einem Ablauf- und Zeitplan. Anhand dessen werden die Personalressourcen geplant. Ein weiteres Mittel ist die Risikoanalyse, mit der dem Projekterfolg widerstrebende Faktoren identifiziert und bewertet werden.[71]
Bei der Durchführung werden die Pläne als Grundlage für eine systematische Erarbeitung der erstrebten Projektergebnisse eingesetzt.[72] Dabei werden schrittweise Resultate erzielt, die an dem Projektproblem und der bisherigen Herangehensweise kontrolliert werden sollten. Ein Resultat kann bspw. zur Folge haben, dass der bisherige Lösungsansatz in Frage zu stellen ist und eine erneute Planung notwendig wird.[73] Eine systematische Herangehensweise für das
Steuern von Änderungen ist eine Voraussetzung, um dem dynamischen Umfeld in dem sich Projektvorhaben meist befinden, gerecht zu werden. Gleichzeitig müssen Informationen erfasst und an die richtigen Personen zum passenden Zeitpunkt geleitet werden.[74] Das heißt, dass die...