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Projektmanagement - klassisch, agil, lean und systemisch

AutorFahim Halamzie
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl107 Seiten
ISBN9783656356486
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Bachelorarbeit aus dem Jahr 2012 im Fachbereich Informatik - Wirtschaftsinformatik, Note: 1,0, Universität Duisburg-Essen, Sprache: Deutsch, Abstract: Projekte und deren Management sind aus dem heutigen wirtschaftlichen Alltag nicht mehr wegzudenken. Doch die Bedeutung und die Komplexität des Projektmanagements, insbesondere des IT-Projektmanagements nimmt stetig zu. Die zugesprochene höhere Bedeutung ist durch die wachsende Komplexität der Aufgaben in Unternehmen zu begründen. Um dieser Komplexität entgegen zu wirken, herrschen in der Literatur und Praxis unterschiedliche Ansätze. Neben dem klassischen Projektmanagement gibt es das in letzter Zeit verstärkt diskutierte systemische und das agile Projektmanagement. Der in regelmäßigen Abständen erscheinende CHAOS Report der STANDISH GROUP untersucht die Erfolgsquote von Softwareentwicklungsprojekten. Im Jahr 1994 waren 31% der Projekte gescheitert und 53% entweder verspätet oder mit einer Budgetüberschreitung verbunden. 2009 lagen die Zahlen bei 24% für gescheiterte Projekte und 44% für teilweise erfolgreiche Projekte. Die Summe an erfolgreichen Projekten lag bei 16% (1994), 28% (2000) und 32% (2009). Die Studien zeigen, dass zwischen 1994 und 2009 die Summe der gescheiterten und nur teilweise erfolgreichen Projekte stetig gesunken ist. Der CHAOS Report wird in der Literatur kontrovers diskutiert, sodass sich Zweifel gegenüber der Methodik und den Ergebnissen nicht ausräumen lassen und somit kritisch zu hinterfragen sind. Dennoch kann festgehalten werden, dass IT-Projekte auch heute noch signifikant häufig scheitern. Bedenkt man, dass die ersten agilen Methoden wie eXtreme Programming oder Crystal im Jahr 2003 veröffentlicht wurden, so liegt der Verdacht nahe, dass die Reduzierung der Summe an überschrittenen Projekten zwischen 2004 und 2009, sowie die Steigerung der Erfolgsquote durch agile Methoden bewirkt wurde. Diese These wird durch die OOSE Studie (2008), welche in Kooperation mit dem PROJECT MANAGEMENT INSTITUTE (PMI) und der DEUTSCHEN GESELLSCHAFT FÜR PROJEKTMANAGEMENT (GPM) 212 Projektleiter nach den Erfolg ihrer Projekte befragt hat, untermauert. Die Studie zeigt, dass agile Projektmethoden zu 59,2%, währenddessen klassische Projektmethoden zu 40,8% erfolgreich sind.

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Leseprobe

3. Projektmanagement – agil und lean


 

In diesem Kapitel wird das agile Projektmanagement näher betrachtet. Agiles Projektmanagement wird primär in der Softwareentwicklung angewendet und ist im Rahmen dieser Arbeit als solches zu betrachten. In diesem Kapitel wird in einem ersten Schritt der Begriff Agilität näher eingegrenzt und für den Rahmen dieser Arbeit definiert. In einem zweiten Schritt werden unter Rückgriff auf das Agile Manifest, die Werte und Prinzipien hinter agilen Methoden vorgestellt. Zudem wird auf leane Prinzipien eingegangen, um in einem letzten Schritt Kanban als agile-leane Methode zu erläutern.

 

3.1 Agilität


 

Um ein Verständnis für agiles Projektmanagement und dessen Abgrenzung sowie Unterschied zum klassischen Projektmanagement zu bekommen, wird in diesem Kapitel zunächst der Begriff der Agilität näher eingegrenzt und für diese Ausarbeitung definiert. Agilität wird von Highsmith (2002, S. 29) wie folgt definiert:

 

Agility is the ability to both create and respond to change in order to profit in a turbulent business environment.” 

 

Eine weitere bekannte Definition von Agilität ist die von Goldman et al. (1995 S. 42), welche in der Literatur auch häufig Cockburn[6] (2002) zugesprochen wird:

 

Agility is dynamic, context specific, aggressively change-embracing and growth-oriented. It is not about improving efficiency, cutting costs or battening down the business hatches to ride out fearsome competitive ‘storms.’ It is about succeeding and about winning: about succeeding in emerging competitive arenas, and about winning profits, market share and customers in the very center of the competitive storms many companies now fear.

 

Holsapple und Li (2008, S. 6) definieren Agilität wie folgt:

 

Agility is the result of integrating alertness to changes (recognizing opportunities/challenges) – both internal and environmental – with a capability to use resources in responding (proactive/reactive) to such changes, all in a timely, flexible, affordable, relevant manner.

 

Bei der Betrachtung der Definitionen wird ersichtlich, wie diffus der Begriff der Agilität in der Softwareentwicklung ist. Eines der zentralen Elemente aller Definitionen ist die Fähigkeit auf Änderungen zu reagieren. Goldman et al. (1995 S. 42) gehen noch einen Schritt weiter und bezeichnen das Verhalten auf Änderungen als “change embracing”. Weiterhin betonen Goldman et al. (1995 S. 42) sowie Highsmith (2002, S. 29) explizit die Profitorientierung von Agilität in einer dynamischen und emergent-chaotischen Welt.

 

Dagegen differenzieren Holsapple und Li (2008, S. 6) die Fähigkeit zu reagieren in einen proaktiven Prozess (Agieren) und in die reaktive Fähigkeit, auf Änderungen spontan und ohne vorherige Planung zu reagieren. Diese Differenzierung zwischen einen proaktiven und reaktiven Agilitätsbegriffs findet sich in der Agilen Literatur häufig wieder (Naylor et. al. 1999, S. 107-118; Stratton und Warburton 2003, S. 184-188).

 

Zudem besitzt Agilität weitere Eigenschaften, die durch die drei angeführten Definitionen nicht abgedeckt werden. Agilität bedeutet nach Gunasekaran und Yusuf (2002, S. 1357) auch „new ways of running business“ sowie „casting off old ways of doing things“, wodurch die Innovationskraft von Agilität betont wird. Diese Eigenschaft wird auch von Christopher und Towill (2000, S. 206-207) untermauert, indem sie Agilität als „opportunity exploitation“ bezeichnen. Breu et al. (2001, S. 21-25) erweitern diese Reaktionseigenschaft von Agilität durch die Betonung der Schnelligkeit von agilen Methoden. Zusammenfassend wird Agilität im Rahmen dieser Arbeit wie folgt definiert:

 

Agilität ist die Fähigkeit, in einer dynamischen, emergent-chaotischen Umgebung schnell zu Agieren und Reagieren. Dabei werden innovative und neue Wege zur Lösungsfindung genutzt, um einen Mehrwert für den Kunden, sowie sich für selbst zu generieren.

 

3.2 Agiles Manifest


 

In diesem Kapitel wird das Agile Manifest erläutert. Das Agile Manifest wurde 2001 von führenden Vertretern und Autoren aus dem Umfeld des agilen Projektmanagements verfasst. Ziel des agilen Manifests ist es, einen Handlungsleitfaden für agile Methoden, mit Hilfe von vier Werten und zwölf Prinzipien, zur Verfügung zu stellen (Götzenauer 2009, S. 26). Das Agile Manifest ist ein Werk ohne konkrete wissenschaftliche Fundierung und versteht sich als eine Sammlung von Best Practices, welche primär auf den Erfahrungen der Autoren basiert (Götzenauer 2009, S. 26-27). Die Werte des agilen Manifests sind mit Gegenstücken sowie einer Gewichtung verbunden (vgl. Tabelle 2). Die Werte lassen einen gewissen Raum an Interpretation zu, wodurch das Agile Manifest nur als grobe Handlungsrichtung ohne konkrete Handlungsanweisung erscheint, welches durch folgendes Zitat deutlich wird:

 

 „Das heißt, obwohl wir die Werte auf der rechten Seite wichtig finden, schätzen wir die Werte auf der linken Seite höher ein.“ (agilemanifesto.org).

 

Tabelle 2: Werte des agilen Manifests

 

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an agilemanifesto.org.

 

 

Die Werte Individuen und Interaktionen heben den Fokus gegenüber den Werten Prozesse und Werkzeuge zum einen auf die projektbeteiligten Menschen und zum anderen auf die Kommunikation zwischen diesen, sodass Individuen und Interaktionen als zentrale Erfolgsfaktoren für IT-Projekte gelten. Durch diesen Fokus werden vor allem zwischenmenschliche Dinge wie Motivation und Kommunikation zwischen den Projektteilnehmern wichtiger, als festgelegte Prozesse wie z. B. Organisationshierarchien (Wieczorrek und Mertens 2007, S. 110; Munz und Soergel 2007, S. 82). Bleek und Wolf (2008, S. 13-14) stellen zudem explizit die Planung als Gegenstück der Interaktion gegenüber. Weiterhin ist nach Beck (2004, S. 29) eine mangelnde oder schlechte Kommunikation die Grundursache der meisten Probleme in der Softwareentwicklung. Das Agile Manifest adressiert das Problem der mangelnden Kommunikation und versucht dieses zu beheben (Beck 2004, S. 29). 

 

Solange die essenziellen Anforderungen an eine Dokumentation erfüllt sind, wird der Fokus primär auf eine funktionierende Software anstatt auf eine umfassende Dokumentation gesetzt (Munz und Soergel 2007, S. 82).

 

Der Leitsatz Zusammenarbeit mit dem Kunden setzt vor allem auf eine enge Kommunikation mit dem Kunden. Dadurch können Anforderungen und Wünsche des Kunden aufgrund des direkten Feedbacks genauer als bei einer schriftlichen Ausarbeitung erfasst werden (Wieczorrek und Mertens 2007, S. 111). Das Gegenstück dazu ist die Vertragsverhandlung, welche eine klare und eindeutige Anforderungsdefinition zu Beginn des Projekts voraussetzt. Diese Prämisse kann in der Softwareentwicklung selten angenommen werden (Kleuker 2011, S. 43). Werden die Inhalte der Anforderungen unzureichend oder unklar definiert und kommuniziert, können daraus (rechtliche) Streitsituationen zwischen den Vertragspartnern entstehen (Sutherland 2011, S. 14; Parnas und Clements 1996, S. 251-252).

 

Der Leitsatz Reagieren auf Veränderung beinhaltet Parallelen zum definierten Agilitätsbegriff, da die Reaktion und die Flexibilität in einer chaotischen Umwelt explizit betont werden (vgl. Kap. 3.1). Weiterhin berücksichtigt Reagieren implizit auch das Agieren, d. h. proaktiv Änderungen zu antizipieren und in den Planungsprozess mit einzubinden (vgl. Kap. 3.1). In Kapitel 2.4 wurde ersichtlich, dass bei einem linear-kausalen, deterministischen Weltbild davon ausgegangen wird, dass bei der Planung zukünftige Ereignisse antizipiert werden können. Der Leitsatz Reagieren auf Veränderung steht explizit als Gegenstück zum Befolgen eines festen Plans (Wieczorrek und Mertens 2007, S. 111-113). Neben diesen Werten existieren zwölf weitere Prinzipien, welche die agilen Werte konkretisieren und erweitern (vgl. Tabelle 3). Nach Biberger (2010, S. 83) betonen die agilen Prinzipien insbesondere die Fähigkeit, auf (unvorhergesehene) Änderungen reagieren zu können. Aus einer agilen Perspektive betrachtet, bieten diese Änderungen eine Innovationskraft, welche man sich aneignen kann (vgl. Kap. 3.1). Zudem zieht sich die Kommunikation als roter Faden durch das Agile Manifest, welche maßgebend die Kundenzufriedenheit fördert und damit auch entscheidend zum Projekterfolg beiträgt (Halamzie 2012, S. 21-23).

 

Weiterhin stellen die agilen Prinzipien die Wichtigkeit von Reflexionsphasen heraus. Die Reflexionsphase soll zu der Erkenntnis führen, welche Projektelemente Verbesserungspotenzial bieten und welche sich bewährt haben (Pries und Quigley 2011, S. 43). Durch diesen Prozess...

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