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E-Book

Psychoanalyse für Pädagogen

Eine Einführung

AutorAnna Freud
VerlagHogrefe AG
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl128 Seiten
ISBN9783456949185
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis16,99 EUR
Das klassische Beispiel einer allgemein verständlichen Einführung in die Psychoanalyse

Anna Freud gilt als die Begründerin der Kinderanalyse, und sie schlug früh die Brücke von der therapeutischen Rekonstruktion von Kindheitserfahrungen zur pädagogischen Arbeit mit Kindern selbst. In ihrer 1930 erstmals veröffentlichten Einführung in die Psychoanalyse für Pädagogen legte sie die Grundlage für ihre spätere berufliche Tätigkeit, die in der Gründung der Hampstead-Klinik für Kinder und dem Lehrinstitut für analytische Kinderpsychotherapie gipfelte. Diese Einführung ist leicht verständlich geschrieben, stellt komplexe Zusammenhänge nachvollziehbar dar und bietet somit auch heute noch alles, was für das Verständnis der Psychoanalyse notwendig ist.

Anna Freud (* 3. Dezember 1895 in Wien; † 9. Oktober 1982 in London) war Lehrerin und Psychoanalytikerin. Als jüngste Tochter Sigmund Freuds war sie in seinen letzten Jahren wichtigste Mitarbeiterin und später geistige Erbin. 1938 emigierte sie nach London und baute dort in der Hampstead-Klinik das erste Zentrum für Kinderanalyse auf. Die Psychoanalyse verdankt ihr entscheidende Anregungen zur Ich-Psychologie und zur empirischen Beobachtung der kindlichen Entwicklung.

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Kapitelübersicht
  1. Inhaltsverzeichnis, Geleitwort und Vorwort zur fünften Auflage
  2. Erster Vortrag: Die infantile Amnesie und der Ödipuskomplex
  3. Zweiter Vortrag: Das infantile Triebleben
  4. Dritter Vortrag: Die Latenzperiode
  5. Vierter Vortrag: Die Beziehungen zwischen Psychoanalyse und Pädagogik
  6. Die Rolle der körperlichen Krankheit im Seelenleben des Kindes
  7. Einige Bemerkungen zur Säuglingsbeobachtung
  8. Die Aggression in ihrer Beziehung zur normalen und pathologischen Gefühlsentwicklung
  9. Personenregister
Leseprobe
Eine solche Unterstützung des praktischen Handelns durch ein vermehrtes Wissen erscheint mir aus zwei Gründen für den Horterzieher ganz besonders wichtig. Der Kinderhort, der die aus äußeren oder inneren Gründen im Elternhaus gefährdeten Kinder in der schulfreien Zeit des Tages aufnehmen soll, ist die jüngste unter den öffentlichen Erziehungseinrichtungen der Stadt Wien. Er ist als Vorbeugungsmittel gegen die wachsende Verwahrlosung der Kinder gedacht und verdankt seine Existenz der Einsicht, dass es leichter ist, beginnende Anzeichen von Verwahrlosung oder Asozialität in dem freien, der Schule oder dem Elternhaus nahe stehenden Milieu des Hortes zu beeinflussen, als einige Jahre später die schwer verwahrlosten oder kriminellen Jugendlichen zu oft schon aussichtslosen Erziehungsversuchen in Besserungsanstalten abzusondern. Aber für den Besuch des Kinderhorts gibt es augenblicklich noch kein Zwangsmittel. Die Behörde kann die Eltern zwar zwingen, ihre Kinder zur Belehrung in die Schule zu schicken; ob sie aber ein Kind, dem sie selber nur die schlechtesten Bedingungen zu bieten haben, der Horterziehung anvertrauen wollen, bleibt vorläufig noch ihrem eigenen Gutdünken überlassen. Daraus ergibt sich, dass die Kinderhorte ihre Existenzberechtigung jedem Elternpaar und jedem Kinde durch besonders erfolgreiche Arbeit ständig von Neuem beweisen müssen; ebenso etwa wie vor der Einführung des Impfzwangs die Eltern immer wieder neu von der Notwendigkeit der Impfmaßnahme überzeugt werden mussten. Aber der Horterzieher spürt noch in anderer Beziehung die Schwierigkeit seiner Stellung. Er hat fast ausschließlich mit Kindern zu tun, die schon eine ganze Reihe mehr oder minder schwerwiegender Erlebnisse hinter sich haben und durch die Hände einer ganzen Anzahl von Erzieherpersonen gegangen sind. Er muss merken, dass sie – wenigstens zu Anfang – gar nicht auf seine wirkliche Person und sein tatsächliches Verhalten ihnen gegenüber reagieren, sondern lauter fertige Verhaltungsweisen mitbringen, ihm etwa mit dem Misstrauen, dem Trotz oder der Abwehr entgegenkommen, die sie sich in ihren Erfahrungen bei anderen Erwachsenen erworben haben. Das Leben des Kindes im Hort ist außerdem immer nur eine Ergänzung seines Schullebens. Der Hort arbeitet im Allgemeinen mit freieren, humaneren und moderneren Methoden als die meisten Schulen. So wird das Verhalten, das die Schule von den Kindern verlangt und ihnen anerzieht, dem Hort oft zum Hindernis bei der Erreichung seiner eigenen Absichten.

Die Lage des Horterziehers ist also keine beneidenswerte. Er hat in fast allen Fällen eine schwierige Aufgabe vor sich, die ein selbstständiges Handeln und Eingreifen verlangt. Aber er ist trotzdem nie etwas anderes als ein Mitund Nacherzieher.

Wir täten aber der Schule unrecht, wenn wir die Stellung der Lehrer als eine günstigere beurteilen würden. Auch die Lehrer klagen darüber, wie selten sie das Kind aus erster Hand bekommen, wie schwer es zum Beispiel ist, schon die Kinder der ersten Volksschulklassen an die richtige ernsthafte Einstellung ihnen und dem Unterricht gegenüber zu gewöhnen, wenn sie vorher durch die spielerische Atmosphäre eines Kindergartens gegangen sind. Sie bringen das dort erlernte Verhalten in die Schule mit, in deren Betrieb es nicht mehr passen will.

Wenden wir uns aber an die Kindergärtnerinnen, die nach den eben gehörten Auskünften in der beneidenswerten Lage sein müssten, einen noch ganz frischen Boden bearbeiten zu können, so hören wir zu unserem Erstaunen die Klage, dass auch die dort untergebrachten Dreibis Sechsjährigen schon lauter «fertige Menschen» sind, dass jedes von ihnen eine Sammlung von Eigenarten mitbringt und auf seine bestimmte Weise auf das Benehmen der Kindergärtnerin reagiert, dass man bei jedem bestimmte Erwartungsvorstellungen und Ängste, Abneigungen und Vorlieben, seine eigene Form von Eifersucht und Zärtlichkeit, Liebesbedürfnis oder Abwehr feststellen kann. Es ist keine Rede davon, dass die Erzieherin hier einem noch ungeformten Wesen ihren eigenen Stempel aufdrücken kann. Sie bewegt sich zwischen lauter komplizierten Miniaturpersönlichkeiten, deren Beeinflussung alles eher als leicht ist.

Die öffentlichen Erzieher – in Hort, Schule, Kindergarten – befinden sich also alle in der gleichen schwierigen Lage. Der Mensch wird offenbar früher fertig, als man es sich im Allgemeinen vorstellt. Um die kindlichen Eigenheiten, die diesen Erziehern so viel zu schaffen machen, zu ihren Uranfängen zurückzuverfolgen, muss man die Nachforschungen in die Zeit hinein ausdehnen, die vor dem Eintritt des Kindes in die öffentlichen Erziehungsinstitutionen liegt, und zu jenen Erziehern zurückgehen, die tatsächlich in seinem Leben die ersten waren: also in die Zeit vor dem fünften Lebensjahr und in das Elternhaus.

Vielleicht kommt es Ihnen so vor, als ob unsere Aufgabe sich damit nur vereinfacht hätte. Statt die größeren Kinder in den Schulen oder Horten in ihrem täglichen Verhalten zu beobachten, sollen wir versuchen, Auskünfte über die Eindrücke und Erinnerungen aus ihren allerersten Lebensjahren von ihnen einzuholen. Das scheint auf den ersten Blick kein schwieriges Unternehmen. Sie haben alle im Umgang mit den Ihnen anvertrauten Zöglingen darauf hingearbeitet, ein aufrichtiges Vertrauensverhältnis zwischen sich und den Kindern herzustellen. Das kann Ihnen in diesem Augenblick zunutze kommen. Das Kind wird bereit sein, Ihnen alles zu erzählen, wenn Sie nur anfangen, es verständig auszufragen.

Ich rate Ihnen allen zu einem solchen Versuch, aber ich kann Ihnen auch im Vorhinein verraten, dass er ergebnislos ausfallen wird. Kinder geben keine Auskünfte über die Vergangenheit. Sie erzählen bereitwillig von den Ereignissen der letzten Tage und Wochen, von Ferien, die sie in fremder Umgebung verbracht haben, von einem zurückliegenden Geburtsoder Namenstag, vielleicht noch von dem Weihnachtsfest des vorigen Jahres. Dann aber stocken ihre Erinnerungen oder fehlt wenigstens die Möglichkeit, sie mitzuteilen.
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis6
Geleitwort8
Vorwort zur fünften Auflage14
Erster Teil16
Erster Vortrag: Die infantile Amnesie und der Ödipuskomplex18
Zweiter Vortrag: Das infantile Triebleben34
Dritter Vortrag: Die Latenzperiode48
Vierter Vortrag: Die Beziehungen zwischen Psychoanalyse und Pädagogik64
Was die Erwachsenen Unrechtes tun74
Zweiter Teil78
Die Rolle der körperlichen Krankheit im Seelenleben des Kindes80
1. Einleitung80
2. Die Auswirkungen der Krankenpflege, der ärztlichen Maßnahmen und chirurgischen Eingriffe82
3. Die Auswirkungen von Schmerz und Angst89
4. Die Auswirkungen der Krankheit91
5. Zusammenfassung95
Einige Bemerkungen zur Säuglingsbeobachtung98
Die Aggression in ihrer Beziehung zur normalen und pathologischen Gefühlsentwicklung114
Einleitung114
Die Bedeutung der Triebe für den Aufbau der Persönlichkeit114
Sexualität und Aggression als Haupttriebe115
Die psychoanalytische Sexualtheorie116
Die psychoanalytische Aggressionslehre117
Autoaggressionen des Kleinkinds117
Objektgerichtete Aggression118
Die Bedeutung der quantitativen Faktoren119
Pathologische Äußerungsformen der infantilen Aggression119
Lebens- und Todestriebe120
Personenregister122

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