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E-Book

Psychodynamisch denken - tiefenpsychologisch handeln

Praxis der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie

AutorGerd Rudolf
VerlagSchattauer
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl160 Seiten
ISBN9783608115246
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis24,99 EUR
• Der 'neue Rudolf' - ein kurzgefasster Leitfaden für 'Meisterschülerinnen und -schüler' • Bewährte psychodynamische Grundlagen für eine professionelle psychotherapeutische Heilkunst • Stets im Vordergrund: Die innere Einstellung zum Patienten und die adäquate therapeutische Haltung Ein kurz gefasstes, leicht verständliches, auf immenser therapeutischer Erfahrung und wissenschaftlicher Kompetenz beruhendes und dazu praxisrelevantes Psychotherapiebuch - wer hätte sich das zu Beginn seiner Aus- und Weiterbildung und im Verlauf seiner Berufspraxis nicht gewünscht? Gerd Rudolf ist ein Nestor der Psychotherapieforschung und -lehre, seine 'Strukturbezogene Psychotherapie' gilt als Meilenstein der psychotherapeutischen Literatur. Mit diesem neuen Buch richtet er sich an psychodynamisch orientierte Therapeutinnen und Therapeuten, speziell an die oft noch sehr jungen Kolleginnen und Kollegen in Ausbildung. Vor dem Hintergrund eines Psychologie- oder Medizinstudiums und oft mit wenig Erfahrung im Umgang mit Patienten stehen sie vor der Aufgabe, die psychischen Erkrankungen der ihnen zugewiesenen Patientinnen und Patienten unter psychodynamischen Gesichtspunkten zu verstehen und einen Behandlungsplan zu entwerfen und zu verwirklichen. Der 'neue Rudolf' unterstützt tiefenpsychologische Therapeutinnen und Therapeuten in ihrem Verständnis der Patientenpersönlichkeit und holt sie in ihren praktischen therapeutischen Fähigkeiten ab. Das Buch ist kein Manual, es geht nicht um 'Skills' oder Techniken: Im Vordergrund stehen die innere Einstellung und die Haltung der psychotherapeutisch Tätigen. Entsprechend Rudolfs Forschungs- und Behandlungsschwerpunkt liegt dabei ein besonderer Akzent auf den strukturellen Störungen, die sich nicht als Resultat mehr oder weniger aktueller Konflikte manifestieren, sondern die aufgrund von Entwicklungsdefiziten oder Traumata die gesamte Persönlichkeitsstruktur eines Menschen bestimmen. Wieder ein außergewöhnliches Werk, erfreulich kurz gefasst, verständlich und mit großer Leidenschaft für eine professionelle und empathische psychotherapeutische Heilkunst geschrieben. Dieses Buch richtet sich an - Ärztliche und psychologische Psychodynamische Psychotherapeuten, besonders für junge Therapeuten in der Ausbildung hilfreich

<p>Gerd Rudolf, Prof. Dr. med. em., Professor für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie. Bis 2004 Ärztlicher Direktor der Psychosomatischen Universitätsklinik Heidelberg. Mitbegründer der OPD und Sprecher der OPD-Achse »Struktur«. Hauptarbeitsgebiete: Konzeptbildung, empirische Therapieforschung (psychoanalytische Langzeittherapie) und Qualitätssicherung im Bereich der psychodynamischen Psychotherapien. 2004 Auszeichnung mit dem Heigl-Preis für seine Verdienste um die Psychotherapie und Psychosomatik in Deutschland. Bis dato supervisorisch tätig für psychodynamische Psychotherapien. <br /></p>

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Leseprobe

Geleitwort


Werte Leserinnen und Leser,

wenn Sie diese Zeilen lesen, werden Sie sich vielleicht wundern. Gewöhnlich ist es so: Der junge Autor bittet den älteren Professor um ein Geleitwort, um seinen Text quasi zu adeln, ein wenig »Eminenzbasierung« einzuheimsen. Hier ist es anders herum. Der allseits respektierte und einflussreiche Professor lässt seinen Text kommentieren von einem Vertreter der nachfolgenden Generation. Schon dieser merkwürdige Umstand verrät Ihnen etwas über den Autor. Es enthält eine augenzwinkernde Selbstironie und eine gehörige Portion Innovation, wenn Professor Rudolf nicht die Bestätigung bei anderen »Altvätern« einholt, sondern interessiert die kritische Rückmeldung derjenigen einholt, die seine Theorie heute anwenden und morgen vielleicht weiterentwickeln werden. Traditionen auf den Kopf stellen, um etwas Neues herauszuschütteln, beschreibt gut den bisherigen Schaffensweg von Gerd Rudolf. Seine Arbeiten zur Strukturbezogenen Psychotherapie stellen bahnbrechende Innovationen in der Behandlungstechnik dar. Dabei ging es ihm aber nicht darum, den bereits etablierten »Schulen« in der Psychoanalyse (Rudolf würde vielleicht von »Kirchen« sprechen) eine weitere Richtung hinzuzufügen. Sondern es ging ihm darum, das psychodynamische therapeutische Handeln so zu erneuern, dass damit auch bislang als nicht behandelbar geltenden Patienten1 geholfen werden kann. Dazu musste das psychodynamische Störungsverständnis quergedacht und immer auch an der Empirie abgeglichen werden.

Noch vor 15 Jahren bedeutete es oft einen Kampf mit den Gutachtern, schwerer (strukturell) gestörten Patientinnen eine Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie anzubieten. Ausgangspunkt war häufig ein Missverständnis zwischen psychoanalytischem Gutachter und tiefenpsychologischer Therapeutin, was denn eigentlich mit dem Begriff »strukturelle Störung« gemeint sei. Die Gutachter hatten oft einen kategorialen Strukturbegriff, gingen also davon aus, dass die Behandlerinnen irgendwie den »Charakter« der Patientinnen verändern wollten. Die Therapeutinnen hingegen folgten einem eher dimensionalen Strukturbegriff, zielten darauf ab, mit ihren Patientinnen grundlegende strukturelle Entwicklungsdefizite in der Behandlung auszugleichen. In diesem ungleichen Kampf konnten sich die Behandlerinnen nur wenig auf etablierte psychodynamische Konzepte berufen. Eigentlich waren es nur Rudolf und die OPD-2, die argumentativ zur Seite standen.

Das hat sich grundlegend geändert. Seit einigen Jahren enthält beinahe jedes psychodynamische Lehrbuch einen Satz wie »Seit gut zehn Jahren ist die Strukturbezogene Psychotherapie in Deutschland untrennbar mit dem Namen Gerd Rudolf verbunden«. Hier hat ein historisch sehr langer Prozess seinen vorläufigen Schlusspunkt gefunden. Freud selbst zielte in seinem Beitrag zum Budapester Kongress 1919 darauf ab, die Psychoanalyse auch breiten Bevölkerungsschichten zugänglich zu machen. Allerdings lieferte er mit seiner Metapher von »Gold und Kupfer« zugleich eine Argumentationsgrundlage für psychoanalytische Traditionalisten, mit der Veränderungen der Methodik über viele Jahrzehnte erschwert wurden. Bereits die technischen Innovationen von Ferenczi und Rank von 1924 erlitten das Schicksal, mangels Linientreue als falsch eingeordnet zu werden. So war es erst nach dem Zweiten Weltkrieg möglich, eine wirklich demokratische, also allen Bevölkerungsschichten zugängliche Psychotherapie zu installieren. Annemarie Dührssen nutzte ein historisch einmaliges Zeitfenster, um die Psychotherapie als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung zu etablieren, damit die Psychotherapie allen Bevölkerungsschichten und im Prinzip auch allen Störungsbildern zugänglich zu machen. Möglich war dies nur, indem statt auf die »reine Lehre« auf eine empirische Evidenz rekurriert wurde.

Damit war aber nicht nur ein Gewinn für die Psychotherapie als solche verbunden, es war auch ein Problem geschaffen worden. Wenn nun im Prinzip alle Menschen mit seelischen Belastungen in Psychotherapie gehen konnten, dann kamen im Behandlungszimmer auch Menschen an mit Störungen, die bis dato als unbehandelbar, weil unanalysierbar, galten. Was war zu tun mit Patienten, die nicht brav den Ödipuskomplex als Zentrum ihrer Neurose aufzuweisen hatten, dennoch aber erhebliches seelisches Leid erlebten? Wie konnte man Menschen mit sogenannten »Frühstörungen« therapeutisch helfen? Um das Indikationsspektrum der Psychotherapie zu erweitern, bedurfte es einer Veränderung der behandlungstechnischen Voraussetzungen. Exemplarisch genannt sei hier die »Göttinger Gruppe« um Heigl, Heigl-Evers und Ott: Das von ihnen vorgeschlagene »Prinzip Antwort« war seinerzeit eine in der psychoanalytischen Community heiß umkämpfte technische Innovation, die uns Jüngeren inzwischen recht selbstverständlich einleuchtet. In den folgenden Jahrzehnten wurde fleißig nachgedacht und geforscht, um die Methoden den Patienten anzupassen (statt umgekehrt die Patienten nach ihrer Eignung für die Methode auszuwählen). Diese Prozesse sind verbunden mit »großen Namen« wie Kernberg, Rudolf und Fonagy. Getragen allerdings wurden diese Prozesse von mutigen Therapeutinnen (in Deutschland vor allem TPler), welche ihre Behandlungskonzepte der Kritik einer traditionell ausgerichteten Psychoanalyse auszusetzen hatten. Und von mutigen Patientinnen, welche ihren Behandlern das Vertrauen entgegenbrachten, dass ihre doch erheblichen Störungen behandelbar wären, auch wenn die Behandler sich auf konzeptionell dünnem Eis bewegten.

Dieser Prozess ist vollzogen. Oder, wie ein verhaltenstherapeutischer Kollege es ausdrückte: »Diese Burg habt ihr geschliffen.« Die deskriptiven Diagnosesysteme DSM-5 und ICD-11 bieten die Möglichkeit, mit ihren hybriden Strukturmodellen Störungen so abzubilden, dass sie mit einer TP-Behandlungskonzeption erreichbar sind. Die Reformen der Psychotherapie-Richtlinien von 2009 und 2017 tragen dem Rechnung insofern, als dass die Behandlung struktureller Störungen auch mit den Mitteln der TP als richtlinienkonform festgeschrieben wurden. In aller Deutlichkeit legt der 11. »Faber/Haarstrick-Kommentar Psychotherapie-Richtlinien« aus, dass in der TP strukturelle Störungen behandelbar sind, sofern sich das Behandlungskonzept auf eine von vier Konzeptionen stützt: Strukturbezogene Psychotherapie nach Rudolf, Übertragungsfokussierte Psychotherapie (TFP), Mentalisierungsbasierte Psychotherapie (MBT) oder Psychoanalytisch-interaktionelle Methode (PIM).

Seit ungefähr 15 Jahren lerne ich von Professor Rudolf, was ich mir einfallen lassen kann, wenn ich mit Patienten in Beziehung trete, deren Problematik vor allem als strukturelle Störung daherkommt. Angefangen von »Die Struktur der Persönlichkeit« (2002) über die »Strukturbezogene Psychotherapie« (2004) bis hin zu »Psychodynamische Psychotherapie« (2010) habe ich oft Hinweise zur Behandlungstechnik, aber darüber hinaus auch Trost und Hoffnung aus seinen Werken ziehen können. Über die konkrete Problematik hinaus war Rudolf für mich auch in einer weiteren Perspektive eine Orientierung, sei es auf der Ebene der verschiedenen Auflagen des Lehrbuches »Strukturbezogene Psychotherapie« (Rudolf 2004b), sei es auf der Ebene der soziohistorischen Verortung in seinen Büchern »Wie Menschen sind« (Rudolf 2015b) oder »Psychotherapie in sozialer Verantwortung« (Rudolf & Rüger 2016).

Seit über 10 Jahren lehre ich Strukturdiagnostik nach OPD-2 und Behandlungstechnik nach Rudolf am Berliner ppt-Institut. Es suchen mich zahlreiche Patientinnen und Supervisanden zu diesem Thema auf. Je länger ich die Methode der »Strukturbezogenen Psychotherapie nach Rudolf« anwende und lehre, desto unspezifischer finde ich sie. Das hat den Hintergrund, dass es in der Praxis sehr selten »reine« Konfliktstörungen oder »reine« Strukturstörungen gibt. Diese Einsicht ist nicht neu – bereits Adler (1932) erkannte dies, und Rudolf belegte es 2010 empirisch. (Nebenbei bemerkt ist es dieser Umstand, welcher den Praktiker gegenüber der RCT-fixierten Forschung skeptisch bleiben lässt.) Wir wenden demnach die Methode der »Strukturbezogenen Psychotherapie« zwangsläufig auch bei Patientinnen an, deren Störungen aus einer Misch-Ätiologie erklärbar sind.

Dabei scheint mir ein Aspekt der Strukturbezogenen Psychotherapie besonders erwähnenswert, weil er weit über das Anwendungsfeld der strukturellen Störungen hinaus wertvoll...

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