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Psychotherapie der ADHS im Erwachsenenalter

AutorAlexandra Philipsen, Bernd Hesslinger, Harald Richter
VerlagHogrefe Verlag Göttingen
Erscheinungsjahr2004
Seitenanzahl107 Seiten
ISBN9783840918568
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis21,99 EUR

Die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen ist in den letzten Jahren auch im deutschsprachigen Raum zunehmend in den Mittelpunkt des Interesses gerückt. Während jedoch im Kindes- und Jugendalter eine Reihe von evaluierten Diagnostik- und Therapieverfahren zur Verfügung stehen, war die ADHS im Erwachsenenalter bis vor wenigen Jahren noch weitgehend unbekannt, obwohl insbesondere die Komorbidität von ADHS mit anderen psychischen Störungen (wie z.B. Depressionen, Sucht oder Angst) für die Psychiatrie und Psychotherapie von herausragender Bedeutung ist. Im vorliegenden Band wird zunächst ein Überblick über den bisherigen Kenntnisstand zur ADHS im Erwachsenenalter gegeben. Weiterhin werden an den Leitlinien zur ADHS im Erwachsenenalter orientierte Empfehlungen zur Diagnostik und Behandlung formuliert. Anschließend wird die Entwicklung eines störungsspezifischen, symptomorientierten Psychotherapiekonzepts für Erwachsene und dessen klinische Erprobung beschrieben. Die Ziele des Programms sowie die Therapieelemente und ihre Anwendung werden ausführlich vorgestellt. Ebenfalls enthalten sind die Arbeitsmaterialien, die zur Durchführung des Programm notwendig sind. Auf diese Weise werden Bausteine für eine phänomen- und störungsspezifische Psychotherapie präsentiert, die den Bedürfnissen und den Vorkenntnissen der Teilnehmer angepasst werden können.   

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Kapitelübersicht
  1. Inhaltsverzeichnis und Danksagung
  2. Vorwort und Einleitung
  3. ADHS – Ein Überblick
  4. Behandlung
  5. Entwicklung einer Psychotherapie der ADHS im Erwachsenenalter
  6. Die Bausteine der Psychotherapie Sitzung I-IV: „Vorstellung/Vereinbarung/Klärung“, „Neurobiologie“ und „Achtsamkeit I“, „Achtsamkeit II“, „Chaos und Kontrolle“
  7. Die Bausteine der Psychotherapie Sitzung V-XIII: „Problemverhalten und Verhaltensanalyse“, „Gefühlsregulation“, „Depression“ und „Medikamente bei ADHS“, „Impulskontrolle und Handlungsplanung“, „Stress“, „Sucht“, „Beziehungen/Selbstachtung“, „Rückblick/Abschied/Ausblick“ Literatur und Anhang
Leseprobe

Kapitel 3 (S. 27-28)

Aus der Diagnose einer ADHS leitet sich noch keine Behandlungsnotwendigkeit ab. Viele Menschen mit ADHS sind nach der Diagnostik alleine mit einer Erklärung für ihr „Anderssein" zufrieden und wollen keine spezifische Behandlung. Andere sind erfolgreiche Menschen mit ADHS („hunter" im Sinne von Hartmann (1997)), die keine Behandlung benötigen, weil sie die allgemeinen klinischen Kriterien (z.B. das Kriterium der deutlichen und klinisch relevanten Beeinträchtigung in verschiedenen Lebensbereichen) nicht erfüllen.

Diese erfolgreichen Menschen mit ADHS suchen aber ohnehin keine psychiatrischpsychotherapeutische Hilfe auf, wenn keine anderen psychischen Erkrankungen auftreten. Die deutschsprachigen Leitlinien empfehlen eine Behandlung im Sinne einer multimodalen Therapie auch nur dann, wenn bei der sicheren klinischen Diagnose einer ADHS entweder starke Beeinträchtigungen in mindestens einem Lebensbereich oder leichte Beeinträchtigungen in mindestens zwei Lebensbereichen bestehen, und wenn diese Beeinträchtigungen sicher durch ADHS verursacht sind.

3.1 Medikamentöse Behandlung

Die Erfolgsaussichten einer medikamentösen Behandlung im Erwachsenenalter sind wahrscheinlich etwas geringer als im Kindesalter (Faraone et al. 2000, Wilens et al. 2002b). Zwar werden die Grundsymptome ähnlich beeinflusst wie im Kindesalter, oft haben sich aber die sozialen Schwierigkeiten und problematischen Verhaltensmuster so verselbstständigt, dass die medikamentös bedingten Effekte nicht ausreichend zum Tragen kommen. Es wurden zahlreiche kontrollierte Studien zur medikamentösen Behandlung von ADHS im Erwachsenalter durchgeführt. Die Wirksamkeit von Stimulanzien wie Methylphenidat (z.B. Equasym ®, Medikinet®, Ritalin®, Concerta®) und noradrenerg wirksamen Antidepressiva ist belegt (Übersichten in Krause et al. 1998, Faraone et al.

2000, Krause & Ryffel-Rawak 2000, Trott 2001, Wilens et al. 2002b, Ebert et al. 2003), aber auch andere Substanzen wurden in wissenschaftlichen Untersuchungen geprüft. Randomisierte und/oder placebokontrollierte Studien mit Wirksamkeitsnachweis (meist jedoch kleine Fallzahlen und kurze Studiendauern von wenigen Wochen) wurden bis Ende 2002 für folgende Substanzklassen publiziert (Ebert et al. 2003):

– Stimulanzien
– Trizyklische Antidepressiva mit ausgeprägtem noradrenergen Wirkmechanismus (s. u.)
– Lithium
– Andere Antidepressiva (Bupropion, Atomoxetin)
– Phenylalanin
– Nikotinpflaster
– Nikotin-Rezeptor-Agonisten

In den deutschsprachigen Leitlinien werden Stimulanzien als medikamentöse Therapie der ersten Wahl empfohlen. Es gibt keinen Beweis für eine erhöhte Suchtgefahr durch Stimulanzien. Studien weisen eher darauf hin, dass durch die Pharmakotherapie bei ADHS das Risiko für eine Suchterkrankung mit den entsprechenden sozialen Folgen verringert werden kann (Trott 2001). Bei aktuellem Substanzmissbrauch oder Abhängigkeit in Zusammenhang mit einer ADHS empfiehlt sich vor einer Stimulanzienbehandlung die Durchführung einer Entgiftung und nachfolgend regelmäßige Abstinenzkontrollen während der Behandlung.

Als Alternativen zu Stimulanzien bei Nebenwirkungen oder Kontraindikationen werden im klinischen Alltag meist Antidepressiva eingesetzt, die eine noradrenerge Wirkkomponente besitzen (wie z. B. Reboxetin, Venlafaxin). Die Wirksamkeit noradrenerg wirksamer Antidepressiva bei ADHS wurde in kontrollierten Untersuchungen mit kleinerer Fallzahl zwar gezeigt (Faraone et al. 2000, Wilens et al. 2002b), aussagekräftige Vergleichsuntersuchungen zur Behandlung mit Stimulanzien stehen aber noch aus. Bei Depression und/oder Angst können Antidepressiva auch Mit- tel der 1. Wahl sein, oder mit Stimulanzien kombiniert werden. Zusammenfassend gibt es bei ADHS im Erwachsenenalter noch zu wenige Vergleichsuntersuchungen zur Effektivität und Differenzialindikation der verschiedenen Medikamente und nur eine sehr spärliche Datenlage zur Langzeitbehandlung mit Medikamenten. In Deutschland ist bisher keines der oben beschriebenen Medikamente offiziell zur Behandlung von ADHS im Erwachsenenalter zugelassen („off-label-use", Fritze & Schmauß 2002).

3.2 Stand der Psychotherapieforschung

Obwohl Stimulanzien bei vielen Patienten die Grundsymptome entscheidend verbessern und somit einen Grundpfeiler der Therapie darstellen, sind sich die mit ADHS vertrauten Kliniker darin einig, dass eine alleinige medikamentöse Behandlung den Bedürfnissen nicht entspricht, zumal im Erwachsenenalter oft nicht die Basissymptome, sondern vielmehr die sekundären psychosozialen Folgen und die komorbiden Störungen im Vordergrund stehen. Darüber hinaus wünschen viele Menschen mit ADHS nicht nur eine medikamentöse, sondern zusätzlich (oder wegen Bedenken gegenüber Stimulanzien stattdessen) eine psychotherapeutische Behandlung. Viele Menschen mit ADHS haben in der Vorgeschichte Psychotherapien unter den verschiedensten Diagnosen begonnen und wieder abgebrochen, weil sie den Eindruck hatten, dass ihre spezifischen Bedürfnisse nicht genügend berücksichtigt wurden. Zur psychotherapeutischen Behandlung von ADHS im Erwachsenenalter gab es bis 2002 keine Veröffentlichungen zur Wirksamkeit (Bemporad 2001). Allerdings wurden ohne empirische Belegung positive Erfahrungen mit Gruppentherapie und „coaching" bei ADHS berichtet (z.B. Hallowell & Ratey 1999) und der Einsatz von strukturierender Verhaltenstherapie sowie die Anleitung zum Selbstmanagement (Weiss 1994) empfohlen. Tiefenpsychologische Ansätze wurden von anderen Autoren z. B. zur Bearbeitung der Selbstwertproblematik favorisiert (Krause & Ryffel-Rawak 2000, Krause & Krause 2002).

Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis6
Danksagung10
Vorwort11
Kapitel 1 Einleitung12
Kapitel 2 ADHS – Ein Überblick13
2.1 Geschichte und Begriffe13
2.2 Häufigkeit und Verlauf14
2.3 Symptome14
2.4 Komplikationen und Komorbidität („was noch?“)15
2.5 Leitlinien-orientierte Diagnostik17
2.6 Ergänzende Untersuchungen18
2.7 Ursachen der ADHS (D. Ebert)19
2.8 Differenzialdiagnose23
2.9 Fallbeispiel einer ADHS im Erwachsenenalter mit Anwendung der verschiedenen Diagnosesysteme24
Kapitel 3 Behandlung28
3.1 Medikamentöse Behandlung28
3.2 Stand der Psychotherapieforschung29
Kapitel 4 Entwicklung einer Psychotherapie der ADHS im Erwachsenenalter30
4.1 Zielsetzung30
4.2 Konzepterstellung30
4.3 Wahl des therapeutischen Verfahrens32
4.4 Dialektisch Behaviorale Therapie (DBT) nach M. Linehan32
4.5 Struktur der Behandlung33
4.6 Bisherige Ergebnisse39
Kapitel 5 Die Bausteine der Psychotherapie43
5.1 Sitzung I: „Vorstellung/Vereinbarung/Klärung“43
5.2 Sitzung II: „Neurobiologie“ und „Achtsamkeit I“63
5.3 Sitzung III: „Achtsamkeit II“71
5.4 Sitzung IV: „Chaos und Kontrolle“71
5.5 Sitzungen V und VI: „Problemverhalten und Verhaltensanalyse“74
5.6 Sitzung VII: „Gefühlsregulation“77
5.7 Sitzung VIII: „Depression“ und „Medikamente bei ADHS“80
5.8 Sitzung IX: „Impulskontrolle und Handlungsplanung“82
5.9 Sitzung X: „Stress“87
5.10 Sitzung XI: „Sucht“91
5.11 Sitzung XII: „Beziehungen/Selbstachtung“94
5.12 Sitzung XIII: „Rückblick/Abschied/Ausblick“100
Literatur103
Anhang – Diagnostische Kriterien der ADHS105
A) Diagnostische Leitlinien der Hyperkinetischen Störungen nach ICD-10105
B) Diagnostische Kriterien der ADHS nach DSM-IV-TR105
C) Die Wender-Utah-Kriterien der107

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