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Quartiersforschung

Zwischen Theorie und Praxis

VerlagVS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV)
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl354 Seiten
ISBN9783531910321
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis49,99 EUR
Die Autoren aus verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen und der Praxis zeigen unter den Schwerpunkten 'theoretische Perspektiven auf das Quartier', 'Prozesse, Steuerung und Governance im Quartierskontext' und 'Quartiere im soziodemographischen Wandel' wichtige Themenfelder einer intensivierten Quartiersforschung auf.

Dr. Olaf Schnur ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Geographischen Institut der Humboldt-Universität zu Berlin. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Stadt- und Sozialgeographie, Quartiersentwicklung in Großstädten und soziale Stadtentwicklung.

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Leseprobe
III Prozesse, Steuerung und Governance im Quartierskontext (S. 147-149)

Wohl und Weh von Quartiersbudgets: Einblicke in die lokale Umsetzung eines Verfahrens zur partizipativen Fördermittelvergabe

Miriam Fritsche

1 Einleitung

Die politikwissenschaftliche Partizipationsforschung hat ihren Ursprung in Studien zum Wählerverhalten (vgl. Kaase 2003: 496f., Schultze 2003, Hoecker 2006: 15ff., Broschek & Schultze 2006): Wahlen galten (und gelten) als wichtigste Art lokaler politischer Beteiligung1, gefolgt von direktdemokratischen Mitwirkungsrechten (Bürgerbegehren und -entscheide). Andere, nicht dem Kanon repräsentativ-demokratischer Interessenartikulationen zuzurechnende lokale Beteiligungsformen wurden in der Politikforschung lange Zeit als „Sache von Minderheiten" (Vetter 2008: 7) angesehen.

Neuere Untersuchungen lokaler partizipativer Ansätze (vgl. Haus 2002, Haus u.a. 2005, Geis 2005, Greiffenhagen & Neller 2005, Vetter 2008) zeugen von einem wachsenden Forschungsinteresse für dialogische Beteiligungsformen, wie sie seit der im Westdeutschland der 1970er Jahre einsetzenden „partizipatorischen Revolution" auch auf der lokalen Ebene entstanden (vgl. Selle 2000: 69ff.). Sie weisen nicht nur darauf hin, dass das Ausmaß von Beteiligung zuzunehmen scheint. Vielmehr betonen einige Forschungsbeiträge unter der Überschrift „kooperative Demokratie" (vgl. Bogumil 2002, Holtkamp u.a. 2006) auch eine qualitative Veränderung im Verhältnis zwischen Bürgern und Kommunen. Als Formen kooperativer Demokratie gelten: „die neuen nicht gesetzlich vorgeschriebenen, sondern freiwilligen, dialogisch orientierten und auf kooperative Problemlösungen angelegten Verfahren der Bürger- und Verbändebeteiligung an der Politikformulierung und an der Politikumsetzung" (Bogumil 2002: 152).

In diesem Kontext wird u.a. die Erweiterung der Auftraggeberrolle der Bürger um dialogisch ausgerichtete Formen der Beteiligung an Planungs- und Entscheidungsprozessen konstatiert. Dabei kann es sich um punktuelle Varianten – wie Planungszellen oder -werkstätten handeln –, es können aber auch dauerhafte kooperative Zusammenschlüsse – wie Seniorenbeiräte, kriminalpräventive Räte oder Stadtteilausschüsse – entstehen. Sowohl Einzelpersonen als auch Vertreter von Organisationen sind in diesen neuen Arrangements, die eine Erweiterung der traditionellen, repräsentativen Partizipationsformen anstreben, beteiligt.

Dieser Beitrag stellt die Untersuchung eines innovativen Beteiligungsverfahrens, wie es derzeit im Rahmen des Bund-Länder-Programms „Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf – die soziale Stadt" (kurz: „Soziale Stadt") in Berlin etabliert wird, in den Mittelpunkt. In den dortigen Quartiersmanagementgebieten findet seit 2006 die Vergabe von Fördermitteln in partizipativen Verfahren statt. Solche neuen Formen der Bürgerbeteiligung an und in der Quartiersentwicklung stellen den Versuch einer Erweiterung der traditionellen (repräsentativen) Partizipationsformen dar und sind nicht zuletzt einzuordnen in den Kontext aktueller Debatten um Chancen und Grenzen von Bürgerhaushalten und entsprechende lokalpolitische Experimente.

Mitentscheidungsverfahren dieser Art werden Potenziale in den Bereichen „Bewohneraktivierung", „Dezentralisierung von Verantwortung", „kostenbewusste Mittelverwendung" und „Demokratiestärkung" zugeschrieben – wobei genaue Untersuchungen ihrer konkreten Umsetzung noch ausstehen. Der vorliegende Artikel will eine erste, empirisch fundierte Bewertung eines partizipativen Vergabeverfahrens anhand der Analyse des Quartiersrats in dem Berliner Großwohnsiedlungsgebiet Marzahn-Nordwest liefern. In diesem Quartiersmanagementgebiet der „ersten Stunde" wirkt seit April 2006 ein neues Gremium, der Quartiersrat, bestehend aus Bewohnern und anderen, auf der Quartiersebene relevanten Akteuren, bei der Entscheidung über die Vergabe der Fördermittel mit. Zunächst soll jedoch anhand wesentlicher Befunde verschiedener Programmevaluierungen der Stellenwert von Bewohnerbeteiligung innerhalb der Umsetzung der „Sozialen Stadt" kurz skizziert werden.
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis6
Einführung und Zusammenfassung der Beiträge19
I Überblick17
Quartiersforschung im Überblick: Konzepte, Definitionen und aktuelle Perspektiven18
1 Unterwegs in dynamischen Mikrowelten18
2 Acht Portale zum Quartier20
3 Definitionen? Abgrenzungen? Die Ambivalenz von realer Komplexität und notwendiger Vereinfachung33
4 Fazit: Wozu „Quartiersforschung”?41
Literatur44
II Theoretische Perspektiven auf das Quartier51
Die Metapher vom Raum als soziale Landschaft: Perspektiven zur Überwindung der Dichotomie von Quartierkonzeptionen52
1 Das Quartier in der klassischen Stadtforschung52
2 Relativistische Ansätze innerhalb des absolutistischen Raumverständnisses54
3 Die Metapher des Raums als soziale Landschaften55
4 Junge Erwachsene in der Stadt Basel: empirische Annäherung an das Konzept der sozialen Landschaften57
5 Fazit62
Stadt der Quartiere? Das Place-Konzept und die Idee von urbanen Dörfern66
1 Eckpunkte des Place-Konzeptes im Kontext der Quartiersforschung68
2 Place-Studien: Das Beispiel ‚Urbane Dörfer’ und weitere Felder der empirischen Praxis73
3 Die Stadt der Quartiere als Summe urbaner Dörfer?77
4 Das Place-Konzept in der Quartiersforschung – eine Evaluation79
Lebensstile in der Quartiersforschung84
1 Das Soziale und der Raum – Lebensstile, Entankerung und die Rolle des Quartiers86
2 Lebensstilforschung und Quartier: Drei Perspektiven und ihre Defizite89
3 Einige Anregungen für den Umgang mit Lebensstilen in der Quartiersforschung99
Literatur101
Class, race, gender– neighbourhood? Zur Bedeutung von Quartierseffekten in der europäischen Stadtforschung104
1 Quartierseffekte – eine Annäherung105
2 Theoretische Bezüge107
3 Der amerikanische Forschungskontext113
4 Forschung in Europa115
5 Resümee120
Literatur121
Wo kann sich die „Soziale Stadt“ verorten?124
1 „Benachteiligte Stadtteile“: Anlass für Programme zur integrierten Stadt( teil) entwicklung124
2 Gebietsausweisung – Gebietsabgrenzung – Gebietsbezug: Ausgangspunkt integrierter Stadt( teil) entwicklungspolitik127
3 Gebietsbezug in der Praxis: Einige Erkenntnisse aus dem Projekt „ Gebietsbezogenes Verwaltungshandeln im Rahmen integrierter Stadtteilentwicklungsansätze“134
4 „Doppelter Gebietsbezug“: Gegenüber von Verwaltungs- und Alltagswelt138
Literatur140
III Prozesse, Steuerung und Governance im Quartierskontext142
Wohl und Weh von Quartiersbudgets: Einblicke in die lokale Umsetzung eines Verfahrens zur partizipativen Fördermittelvergabe143
1 Einleitung143
2 Beteiligung im Kontext der „Sozialen Stadt“145
3 Das partizipative Vergabeverfahren in Marzahn-Nordwest148
4 Fazit157
Literatur160
Das Quartier als revanchistische Stadtpolitik: Verdrängung des Sexgewerbes im Namen eines neoliberalen Konstrukts164
1 Die Entdeckung des Quartiers166
2 Verdrängung des Sexgewerbes im Namen des Quartiers173
3 Fazit: kritische Quartiersforschung?182
4 Literatur183
Integration von Zuwanderern im Quartier: Ausgangslage, Herausforderungen und Perspektiven188
Vorbemerkung188
1 Begriffsbestimmungen188
2 Ausgangslage190
3 Herausforderungen der stadträumlichen Integration: Die Bedeutung des Quartiers wächst192
4 Integration unter den Bedingungen der stadträumlichen Segregation195
5 Perspektiven der Integration von Zuwanderern im Quartier199
Literatur201
Behindern ethnisch geprägte Wohnquartiere die Eingliederung von Migranten?204
1 Einleitung204
2 Die ethnische Segregation türkischer Migranten im Bremer Stadtteil Gröpelingen206
3 Das Ausmaß inter-ethnischer Freundschaften im Stadtteil Gröpelingen209
4 Mögliche Ursachen eines nicht vorhandenen Einflusses ethnisch geprägter Wohnquartiere214
5 Heterogenität der kleinräumigen Verteilung türkischer Migranten in Gröpelingen218
6 Der Einfluss der kleinräumigen ethnischen Segregation in den näheren Nachbarschaften221
7 Zusammenfassung224
Literatur226
Ein neues Image für benachteiligte Quartiere: Neighbourhood Branding als wirksamer Ansatz?228
1 Imageentwicklung von benachteiligten Stadtquartieren228
2 Neighbourhood Branding als Ansatz zur Imageverbesserung von Stadtteilen239
3 Schlussfolgerungen248
Literatur249
Von Stadtmarketing, BIDs und ISGs: Neue Governance- Formen in der Quartiers- Ökonomie251
1 Einleitung251
2 Verständnis der „Lokalen Ökonomie“252
3 Engagement von Unternehmern im Quartier253
4 Fazit265
Literatur267
Housing Improvement Districts (HIDs): Ein neues Instrument für die Quartiersentwicklung?271
1 Grundlage des HID-Konzepts: Das Modell der „Business Improvement Districts“272
2 Die Übertragung des BID-Konzepts auf Wohnquartiere: Das Modell der HIDs273
3 Mögliche HID-Gebiete: Von „problematischen“ bis hin zu „gehobenen“ Quartieren278
4 Die Chancen und Risiken des neuen Konzepts283
5 Einordnung des Konzepts in bestehende Ansätze: Zur Rolle von HIDs in der Quartiersentwicklung286
6 Fazit290
Literatur291
IV Quartiere im soziodemographischen Wandel293
Quartiere auf Zeit294
1 Einleitung294
2 Bevölkerungsrückgang und Alterung als Bedrohung der städtischen Funktionsfähigkeit295
3 Vom überdimensionierten Wohnungsleerstand zum Flächenabriss296
4 Quartiere auf Zeit – Rückzug aus der Fläche298
5 Fallbeispiele Hoyerswerda und Wolfen299
6 Wohnen und Leben im Quartier auf Zeit303
7 Resümee: Quartiere auf Zeit als Realität und Herausforderung308
Literatur309
Wohnquartiere im Kontext demographischer und baulicher Alterung312
1 Einführung312
2 Räumliche Aspekte der demographischen Alterung312
3 Annäherung an den Begriff „Alter“315
4 Bedeutung alternsgerechter Wohnquartiere317
5 Bedeutung des Wohnens und quartiersbezogener Wohnkonzepte321
6 Ableitungen für den Umgang mit dem Thema der Alterung im Quartier326
Literatur327
Entwicklungsperspektiven von alternden Einfamilienhausquartieren329
1 Ausgangslage und Problemstellung329
2 Einfamilienhäuser im Wandel330
3 Chancen und Restriktionen von Einfamilienhausquartieren333
4 Konzept zur nachfragegerechten Bestandsanpassung von Einfamilienhausquartieren336
5 Fazit340
Literatur342
Autorinnen und Autoren343

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