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Quote und Qualität im deutschen Fernsehen im Zeitalter von Internet- und Digitalangeboten

AutorAnnika Hoffmann
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2009
Seitenanzahl58 Seiten
ISBN9783640444724
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis13,99 EUR
Magisterarbeit aus dem Jahr 2009 im Fachbereich Medien / Kommunikation - Film und Fernsehen, Note: 2,3, Universität zu Köln, Sprache: Deutsch, Abstract: Seit der Einführung des dualen Rundfunksystems in Deutschland im Jahr 1984, hat sich die Fernsehlandschaft extrem verändert. Neben dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk existieren die kommerziellen, die privaten Sender, die besonders in jüngster Zeit - womit der Zeitraum ab Anfang der neunziger Jahre gemeint ist- den Fernsehmarkt zu dominieren scheinen. So erreichen die Privaten nicht nur viele Zuschauer und damit eine hohe Einschaltquote, sondern werden auch in anderen Medien wie Zeitungen und Hörfunk häufig erwähnt. Dabei erlangen Formate wie 'Deutschland sucht den Superstar'(RTL) und 'Germany's Next Topmodel' (PRO 7) große Aufmerksamkeit und sorgen mit jeder neuen Staffel für Diskussionsstoff und Schlagzeilen. Die öffentlich-rechtlichen Sender hingegen fallen eher dadurch auf, dass sie von anderen Medien und Zuschauern kritisiert werden. So wird zum Beispiel bemerkt, dass in den öffentlich-rechtlichen Programmen zu wenig Qualität gesendet wird und dass der eigentliche, gesetzlich festgelegte Bildungs- und Programmauftrag in den Hintergrund gerückt ist. Viele Zuschauer empfinden deswegen die Rundfunksgebühren als nicht mehr gerechtfertigt. Die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten unterliegen bestimmten Gesetzen hinsichtlich ihrer Programmgestaltung, die im Rundfunkstaatsvertrag definiert sind. Dieser Themenkomplex ist einer der Hauptgesichtspunkte dieser Arbeit. Gibt es wirklich kaum noch Qualität im deutschen Fernsehen? Und unterscheiden sich ARD, ZDF und die Dritten Programme noch von den zahlreichen privaten Sendern?

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Leseprobe

3.   Das deutsche Fernsehen des 21. Jahrhunderts


 


„Wenn man vor 30 Jahren beim Brötchenholen einen Bekannten traf, konnte man mit ihm nicht nur über das Wetter, sondern auch über das Fernsehen sprechen, über Robert Lembke, die Tagesschau, über Lassie, Kulenkampff oder über Panorama: Heute bleibt man besser beim Wetter, denn wahrscheinlich hat er nicht gesehen, was man selbst gesehen hat -und umgekehrt.“[43]

 

Im Zeitalter von Digitalfernsehen und Online Angeboten ist es eher unwahrscheinlich, dass man einen Bekannten trifft, der zufällig dasselbe im Fernsehen gesehen hat. Es gibt heute zum einen viel mehr Sender als zu den Anfängen des Fernsehens. Laut Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten existieren mittlerweile 522 empfangbare Programme in Deutschland. Dabei handelt es sich um 383 private Sender, dreiundzwanzig öffentlich-rechtliche, siebenundfünfzig des Bürgerfernsehens und neunundfünfzig Pay TV Kanäle.[44] Doch die Zuschauer nutzen gar nicht alle Sender regelmäßig, nur einige werden dauerhaft gesehen.

 

[45]

 

Weiterhin gibt es das Internet, das häufig genutzt wird, um Sendungen zu sehen. Oder es werden DVDs konsumiert. Eine andere Möglichkeit ist die, dass Leute gar nicht zwingend fernsehen, sondern diverse andere Unterhaltungselektronik nutzen, die es heute zu Genüge gibt.

 

Fernsehen ist heute ein nicht mehr so exklusives und einzigartiges Medium wie zu seinen Anfängen. Im 21. Jahrhundert ist es selbstverständlich, mindestens ein Fernsehgerät zu besitzen.

 

Das Fernsehen ist vom Ereignismedium zum „Tagesbegleitmedium“[46] geworden. Es läuft oft nebenbei und begleitet den Zuschauer durch den Alltag.

 

Das Fernsehen des 21. Jahrhunderts unterscheidet sich sehr von dem, der fünfziger Jahre. Heute gibt es nur noch wenig Unterschiede im Hinblick auf das gesendete Programm im dualen System. Die öffentlich-rechtlichen Sender nähern sich zunehmend den Privaten an, sie kopieren erfolgreiche Formate der Privaten. Der Grund dafür ist vor allem die Einschaltquote. Die Qualität des Programms ist dabei eher zweitrangig. Es geht fast gar nicht mehr um Qualität, sondern nur um Marktanteile und die meisten Zuschauer.

 

Die Öffentlich-Rechtlichen Fernsehanstalten werden dadurch verwechselbar, irrelevant, überflüssig, was Unmut bei den Gebührenzahlern auslöst.

 

Wenn die Öffentlich-Rechtlichen die Privaten kopieren, ist das Ergebnis meistens schlecht. Und vor allem unnötig. Die Öffentlich-Rechtlichen haben andere Qualitäten und eine völlig andere Zielgruppe. ARD-Zuschauer haben kein Interesse an einer Model Show, die mit einen Protagonisten von Heidi Klums Pro7 Sendung „Top-Model“[47] versucht, junge Zuschauer für die öffentlich-rechtlichen Sender zu begeistern.

 

Dabei stellt sich die Frage, warum die einzelnen unterschiedlichen Sender unbedingt alle das gleiche Fernsehen machen wollen. Jeder Sender versucht den anderen zu überbieten, eine höhere Quote zu erreichen. Es geht gar nicht mehr um Inhalte, es geht darum, wenn ein Sender mit einem bestimmtem Format eine gute Quote erzielt hat, dieses zu kopieren, um möglichst auch viele Zuschauer zu erreichen.

 

Dabei ist ein Konkurrenzkampf zwischen so ungleichen Sendern wie beispielsweise ADR und RTL völlig unnötig und überflüssig. Sie bedienen eine komplett andere Zielgruppe mit verschiedenen Ansprüchen.

 

Doch Fernsehen ist heute ein konsumorientiertes Massenmedium, es geht nur darum, möglichst viele Zuschauer zu erreichen und viel damit zu verdienen. Das Fernsehen heute zeichnet eine starke Programmvermehrung, eine Spezialisierung der Angebots- und Finanzierungsstruktur und Zielgruppen- und themenorientierte Programme aus.

 

Marshall McLuhan prägte den Begriff „Global Village“ bereits 1962[48], und auf die heutige Medienlandschaft, die durch Internet und Fernsehen geprägt ist, scheint er perfekt zu passen. Die moderne Welt wächst durch elektronische Vernetzung zu einem globalen Dorf zusammen, doch das globale Dorf grenzt auch viele aus. Denn heute werden hauptsächlich bestimmte Zielgruppen berücksichtigt. Nur für die Gruppe, die am meisten Quote und damit Geld bringt, wird sich bemüht, ein Fernsehprogramm zu machen.

 

Das Fernsehen ist ein Massenmedium. Dies wird aber nicht als Anreiz genommen, der Masse Qualität zu bieten, sondern es wird dem Volk nach dem Mund gesendet.[49]

 

Ursprünglich versteht sich das Fernsehen aber als Kulturelles Forum. Es sollte als Ort gesellschaftlicher Selbstverständigung fungieren, zum gesellschaftlichen Austausch anregen. Die Metapher des televisuellen Lagerfeuers ist dabei angebracht, um das herum sich Gesellschaft versammelt, sich austauscht, redet.

 

Hier wird die Identität stiftende oder zumindest Zugehörigkeit verstärkende Funktion des Fernsehens deutlich.

 

Das Fernsehen ist außerdem ein dominantes Medium. Es ist  Teil der Realität, vermittelt Bilder, Konstruktionen und Darstellungen.

 

Das Fernsehen des 21. Jahrhunderts ist aber hauptsächlich durch die Begriffe Quote, Zielgruppe und Digitalfernsehen geprägt. Das Fernsehen hat sich selbst degradiert. Heute wird nur noch auf Unterhaltung und Quote Wert gelegt.[50] Ferner kommt hinzu, dass das Fernsehen keinen besonders guten Ruf hat.

 

„Der intellektuelle Mensch, der guckt ja überhaupt nicht Fernsehen. Und wenn, dann vielleicht Arte oder Phoenix.

Aber doch nicht dieses, den wirtschaftlichen Zwängen unterworfene Kommerzfernsehen.“[51]

 

Auch das Programm hat sich sehr geändert. Es wird nichts Besonderes mehr angeboten.

 

Das Fernsehen ist im Hinblick auf das Programm vom „Kolonialwarenladen zum Supermarkt mutiert“.[52]

 

Auf der anderen Seite ist das heutige Fernsehen aber auch dialogfähig geworden. Die Zuschauer haben die Möglichkeit, das Fernsehen mit zu gestalten. Nicht nur im Hinblick auf die Sendungen, die sie sehen, und dadurch die Quoten beeinflussen, sondern auch durch aktive Teilnahme. Interaktives Fernsehen ist beispielsweise Fernsehen auf dem Computer. Anfangs gab es nur das traditionelle Fernsehen, das im Ein- und Ausschalten und zappen bestand. Es folgte eine leichte Beteiligung der Zuschauer, indem sie durch TED abstimmen und bei den Sendern anrufen konnten. Paralleles Fernsehen bedeutete, dass den Zuschauern eine synchrone Ausstrahlung von Programmen auf mehren Kanälen geboten wurde, bei denen sie außerdem verschiedene Sprachen wählen und den Zeitpunkt selbst bestimmen konnten. Additives Fernsehen stellte einen zusätzlichen Videotext zur Verfügung, der parallel zum Fernsehprogramm Informationen lieferte. Heute besteht außerdem die Möglichkeit, Informationen parallel auf dem Computer zu verfolgen. Media on demand speichert Medieninhalte, die über Fernsehen oder den Computer abgerufen werden können. Kommunikatives Fernsehen heißt, dass der Zuschauer sich aktiv beteiligen kann. Er hat die Möglichkeit, die Programminhalte zu beeinflussen. Beispielsweise kann er entscheiden, wie ein Spielfilm ausgeht, da mehrere Versionen angeboten werden.[53]

 

3.1 Die Öffentlich-Rechtlichen Anstalten


 


Die öffentlich-rechtlichen Anstalten geraten heute immer mehr in die Kritik. Im Gegensatz zu den Anfangszeiten des Fernsehens haben sie, seit der Einführung des Dualen Rundfunksystems, Konkurrenz durch die kommerziellen Sender und müssen sich gegen diese behaupten. Dabei ist es offenbar nicht leicht, den im Rundfunkstaatsvertrag[54] festgelegten Regeln und Richtlinien treu zu bleiben. Die Öffentlich-Rechtlichen haben weniger Zuschauer in der Zielgruppe 14-49 als die Privaten und sind nicht gerade beliebt bei den jungen Zuschauern. Dies versuchen sie zu ändern, indem sie dabei allerdings teilweise die privaten Sender kopieren.

 

Die Quote steht auch bei den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten stark im Mittelpunkt. Der eigentliche Auftrag, Bildung und Information zu vermitteln, kommt dabei immer häufiger zu kurz. Im Vordergrund steht auch hier immer mehr Kommerz und Quote. Die Qualität, die eigentlich der Schlüsselbegriff und die Legitimitätsgrundlage ist, rückt in den Hintergrund. Die dienende Funktion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, die Organisation eines Gesprächs der Gesellschaft mit sich selbst, der Anspruch Dinge zu tun, die andere nicht tun[55] – dies alles scheint nicht mehr so wichtig zu sein. Was zählt, ist die Quote.

 

Es gibt zwar noch Qualität in den öffentlich-rechtlichen Programmen, doch wird diese meist auf schlechten Sendeplätzen gezeigt. Ein Beispiel ist das aufwendig angekündigte ARD Sommerkino, das mit „neuen Blockbustern“[56] und „populären arthouse-Filmen“[57] wirbt, die aber erst ab 22:45 ausgestrahlt werden. Auch werden Dokumentationen und ähnliche Sendungen erst kurz vor oder sogar nach Mitternacht gesendet. Zur besten Sendezeit nach der Tagesschau läuft...

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