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E-Book

Rational-Emotive Verhaltenstherapie

AutorAlbert Ellis, Catharine MacLaren
VerlagJunfermann
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl176 Seiten
ISBN9783955713454
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis18,99 EUR
Den Menschen als Einheit verstehen Die Rational-Emotive Verhaltenstherapie (REVT) basiert auf der Annahme, dass Kognition, Emotion und Verhalten niemals getrennt voneinander gedacht werden können: Wenn wir fühlen, so denken und handeln wir auch; wenn wir handeln, so fühlen und denken wir auch, und wenn wir denken, so fühlen und handeln wir auch. Damit ein Mensch eine psychische Störung bewältigen kann, ist also sowohl eine Veränderung seiner Kognitionen als auch seiner emotionalen Reaktionen und Aktivitäten notwendig. Die Praxis der Rational-Emotiven Verhaltenstherapie entwickelt sich ständig weiter. Die Autoren bieten in diesem Buch eine Übersicht über die Theorie der REVT sowie die aktuellsten Informationen über die Praxis und die spezifischen Interventionen, die von REVT-Praktikern auf der ganzen Welt verwendet werden.

Albert Ellis, Ph. D, (1913-2007) war ein US-amerikanischer Psychologe und Psychotherapeut. Er entwickelte die Rational-Emotive Verhaltenstherapie (REVT) und eröffnete 1961 das Albert Ellis Institut in New York.

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Leseprobe

2. Die philosophischen und persönlichkeitstheoretischen Grundlagen der REVT


Der REVT liegen in ihrem Kern zwei Arten von Theorien zugrunde: erstens ihre philosophische Betrachtungsweise und ihre allgemeine Sicht der menschlichen Persönlichkeit und ihrer Störungen, zweitens ihr Konzept der therapeutischen Veränderung. Diese beiden Arten von Theorien greifen in mehrerlei wichtiger Hinsicht ineinander. In diesem Kapitel befassen wir uns vorwiegend mit der philosophischen Betrachtungsweise der REVT, ihren persönlichkeitstheoretischen Aspekten und der Frage, weshalb manche Menschen scheinbar ausgeprägtere Störungen aufweisen als andere.

Postmoderne Philosophie und REVT


AE begründete die REVT als logischer Empirist[3] – also als ein Mensch, der überzeugt ist, dass wir uns als Wissenschaftler der Wahrheit annähern müssen, indem wir Fakten aufspüren und aus diesen dann Schlussfolgerungen ziehen.

Der logische ? Empirismus hat seine Grenzen, wie Popper (1935), Bartley (1984) und Mahoney (1991) später zeigten, und wurde insbesondere von einigen Vertretern des Postmodernismus stark erschüttert (Derrida, 1967; Feyerabend, 1975; Gergen, 1991). Diese weisen darauf hin, dass „Fakten“ und „Wahrheiten“ stets von Menschen identifiziert würden, weshalb ihnen keine „objektive“ oder „wahre“ Realität innewohnen würde. Nachdem er lange Zeit viel von einem Phänomenologen und Existenzialisten hatte, wurde AE schließlich zu einem gemäßigten, nicht radikalen Postmodernisten. Die REVT selbst war ebenfalls stets recht postmodern, da sie vehement gegen absolutistische Konzepte von „müssen“ und „sollen“ eintrat und damit dem Gedanken einer absoluten Wahrheit entgegenstand. Im Folgenden sind die wichtigsten postmodernen Ideen der REVT aufgezählt, wie sie in „Postmodern ethics for active-directive counseling and psychotherapy“ beschrieben wurden (Ellis, 1997).

  1. Möglicherweise existiert irgendeine Art von unzweifelhafter objektiver Realität oder Sache an sich, aber wir können diese nur mit unserer fehlbaren, persönlich und sozial überformten, individuell unterschiedlichen und veränderlichen menschlichen Wahrnehmung erfassen. Wir haben keine absolute Gewissheit darüber, was Realität ist oder sein wird – obwohl wir oft in hohem Maße überzeugt sind, dass dies der Fall wäre.
  2. Unsere Sichtweise in Bezug darauf, was richtig und falsch, was moralisch und unmoralisch ist, basiert, wie von George Kelly (1955) ausgeführt, größtenteils auf persönlichen und sozialen Konstrukten. Universelle Wahrheiten zu identifizieren ist eine unlösbare Aufgabe, und alle ethischen Überzeugungen beruhen auf Konstrukten.
  3. Auch wenn die menschliche Persönlichkeit einige wichtige angeborene und relativ fixe Elemente aufweist, ist sie dennoch in weiten Teilen das Produkt relationaler und sozialer Einflüsse und sehr viel weniger individualistisch als gemeinhin angenommen wird.
  4. Menschen werden durch die Kultur, in der sie aufwachsen, stark beeinflusst oder konditioniert. Ihr Verhalten ist erstaunlich multikulturell und es gibt keine schlüssigen Beweise dafür, dass eine Kultur richtig oder falsch, besser oder schlechter ist als irgendeine andere (Ivey & Ragazio-DiGilio, 1991; Sampson, 1990).

    Entweder-oder-Konzepte von Gut und Schlecht sind oft anzutreffen und werden auch vehement vertreten, jedoch neigen sie dazu, unzutreffend, eingeschränkt und vorurteilsbeladen zu sein. Aufgeschlossenere Sichtweisen des Menschen betonen hingegen eher, dass Dinge und Prozesse auf einer Sowohl-als-auch- und einer Und-ebenso-Basis existieren. Da monolithische Entweder-oder- und Alles-oder-nichts-Lösungen für irgendwelche Probleme ihre Grenzen haben, sollten wir besser auch eine breite Palette alternativer Und-ebenso-Lösungen in Betracht ziehen und diese ausprobieren, um zu sehen, wie gut – und wie schlecht – sie funktionieren.

  5. Fast alle Lösungen, die wir für unsere Probleme anstreben, hängen davon ab, welche Ziele und Absichten wir als Ausgangsbasis nehmen. Diese Ziele und Absichten sind stets diskutierbar, niemals absolut. Wir können einen Konsens darüber erreichen, welche Ziele und Absichten wir auswählen, aber keine absolute Übereinkunft darüber, welche besser und welche schlechter sind.

Die REVT wurde gelegentlich als nicht konstruktivistisch bezeichnet (Guidano, 1991; Mahoney, 1991), tatsächlich ist sie jedoch auf eine ungewöhnliche Art und Weise konstruktivistisch. Sie betont, dass Menschen in flexibler und adaptiver Weise denken und handeln. Sie stellt heraus, dass Menschen das rigide, absolutistische Müssen, mit dem sie sich oft selbst unter Druck setzen, einerseits in ihrer Kultur lernen, es andererseits aber auch das Produkt ihrer eigenen schöpferischen und biologischen Tendenzen ist. Für Klienten ist es hilfreich, zu erkennen, wie sie zentrale dysfunktionale Philosophien für sich erschaffen und wie sie diese durch Denken, durch Denken über das Denken und durch Denken über das Denken über das Denken verändern können (Dryden, 1995; Ellis, 1994, 1996; Ellis & Dryden, 1975; Ellis, Gordon, Neenan & Palmer, 1998). In Bezug auf Probleme mit dem Selbstwertgefühl steht die REVT im Einklang mit der sozialkonstruktivistischen und existenzialistischen Position von Heidegger (1927), Tillich (1953) und Rogers (1961), dass Menschen sich selbst als wertvoll definieren können, indem sie sich einfach dafür entscheiden, dies zu tun. Sie befasst sich mit unbewussten und verborgenen Prozessen, die Störungen hervorrufen oder auch die Lösung von Problemen begünstigen. Sie vertritt die Position, dass Menschen eine ausgeprägte natürliche Fähigkeit dazu besitzen, sich selbst zu rekonstruieren und zu verändern, aber sie versucht aktiv-direktiv, sie in der Zusammenarbeit mit einem involvierten Therapeuten dabei zu unterstützen. Sie betont den Einsatz der flexiblen, nicht dogmatischen Methode der wissenschaftlichen Hypothesenbildung und Hypothesenprüfung sowie die empirische Erkundung von Werten und Standards, um zu sehen, welche Ergebnisse diese in der Regel hervorbringen.

Die philosophische Ausrichtung der REVT


Wie wir oben beschrieben haben, entstammt ein Großteil der Theorie der REVT der Philosophie anstatt der Psychologie. Und wie wir weiterhin beschrieben haben, ist die REVT kognitiver, emotionaler und behavioraler, jedoch nicht strikt „intellektueller“ Natur. Jedoch ist sie in mancherlei Hinsicht darauf ausgerichtet, dass die Klienten tief greifende philosophische Veränderungen vornehmen, anstatt lediglich ihre spezifischen irrationalen Überzeugungen und negativen automatischen Gedanken im Disput infrage zu stellen und vernünftigere hervorzubringen. Ebenso wenig strebt die REVT das an, was man als „positives Denken“ bezeichnet, oder das Ersetzen negativer Gedanken durch – manchmal unverbesserlich – optimistische.

Donald beispielsweise hatte die irrationale Überzeugung, ein schlechter Mensch zu sein, da er seinen Bruder David um einen Teil des Geldes betrogen hatte, das ihre Mutter ihnen testamentarisch vererbt hatte. Donald war der Vollstrecker des Testaments und zweigte unberechtigterweise mehrere Tausend Dollar für Ausgaben bei der Abwicklung des Nachlasses für sich ab, was David naiverweise akzeptierte. So betrachtete Donald sich selbst ein Jahr später als einen „dreckigen Dieb“ und schämte sich, David zu sagen, was er getan hatte. Er ging gnadenlos mit sich ins Gericht und wurde depressiv.

Donald nahm mehrere Sitzungen bei einem Hypnotherapeuten, der Donald mittels positiven Denkens dazu brachte, zu sehen, dass er viele gute Dinge getan und David auch die meiste Zeit seines Lebens sehr oft geholfen hatte, jedoch nur einige wenige schlechte Dinge, wie etwa David zu betrügen. Das Mantra seines positiven Denkens, dass er sich selbst immer wieder eindrücklich aufsagen sollte, lautete: „Ich tue mehr gute als schlechte Taten, daher bin ich im Grunde ein guter Mensch.“

Dieses positive Denken funktionierte eine Weile, aber bald fühlte Donald sich wieder schuldig und depressiv und wurde in Bezug auf die Wirksamkeit seines positiven Denkens sehr desillusioniert. Als er AE für eine REVT aufsuchte, hegte er immer noch die verdeckte irrationale Überzeugung: „Ich darf absolut keine eindeutig bösen Taten tun. Die guten Dinge, die ich tue, wiegen die absolut unzulässigen schlechten kaum auf. Eine wirklich böse Tat, wie mein Betrug an David, macht mich zu einer verkommenen Person! Ich verdiene es daher, zu leiden und depressiv zu sein. Nur genug Leid wird mich zu einem guten Menschen machen. Ich bin wirklich von Grund auf verkommen!“

Donalds positives Denken hatte seinen Anspruch, niemals böse Dinge zu tun, nur weggeschoben und sein negatives, selbstabwertendes Denken für eine Weile verdeckt – es aber nicht entfernt. Mit der REVT half AE ihm dabei, seine irrationalen Überzeugungen aktiv im Disput zu prüfen und sie wirklich abzulegen. In der Folge von diesem Vorgehen, einigen REVT-„Schamüberwindungsübungen“ (eine Erklärung findet sich hier) und der Überwindung zum Beichten der eigenen Tat gegenüber David, begann Donald, einige zentrale Philosophien zu sehen und an ihrer Verinnerlichung zu arbeiten: 1) „Es gibt keinen Grund, weshalb ich absolut keine wirklich bösen Taten tun darf, auch wenn es eindeutig vorzuziehen ist, diese zu unterlassen“; 2) „Ich werde immer ein fehlbarer Mensch sein und mich daher manchmal ungeschickt verhalten. Schade, aber ich werde mein Bestes tun, um weniger fehlbar statt unfehlbar zu sein“; 3) „Eine böse Tat zu tun kann mich...

Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Cover1
Inhalt8
Einfu?hrung10
Teil I: Die theoretischen Grundlagen der REVT12
1. Rational-Emotive Verhaltenstherapie: Einfu?hrung und Reflexion14
2. Die philosophischen und persönlichkeits-theoretischen Grundlagen der REVT22
3. Die REVT-Theorie der menschlichen Persönlichkeit und ihrer Störungen34
4. Der diagnostische Prozess in der REVT58
Teil II: Die praktischen Grundlagen der REVT64
5. Kognitive Techniken66
6. Emotive / erlebensorientierte Techniken82
7. Behaviorale Techniken98
8. Die Integration der REVT mit anderen Therapiesystemen110
Resu?mee122
Anhang A: Wie Sie die Erfolge aus Ihrer Rational-Emotiven Verhaltenstherapie aufrechterhalten124
Anhang B: Literatur / Ressourcen136
Glossar160
Index166

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