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Rationalisierung der Supply Chain im Hilfsmittelmarkt. Innovative Versorgungswege: strategische Option für Hersteller von Medizinprodukten.

AutorChristian Stienhans
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl120 Seiten
ISBN9783656063070
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis22,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2011 im Fachbereich Gesundheit - Sonstiges, Note: 1,3, Hochschule Osnabrück, Sprache: Deutsch, Abstract: Die Hilfsmittelversorgung ist ein zentraler Bereich des nationalen Gesundheitswesens. Durch einen anhaltenden wirtschaftlichen Druck auf das gesamte Gesundheitssystem, sehen sich auch die Teilnehmer des Hilfsmittelmarktes der elementaren Herausforderung einer effizienten und effektiven Versorgung gegenüber. Die Einführung der Ausschreibungspraxis sowie die Bestimmung von Festbeträgen im Zuge einer zunehmenden Standardisierung der Leistungen, haben zu der Herabstufung des Marktpreisniveaus, ausgedrückt durch stetig sinkende Erstattungspreise, geführt. Die folgende Arbeit greift diesen Zusammenhang auf und untersucht dessen strategische Auswirkung auf die Gestaltung einer direkten Vertriebs- bzw. Versorgungsstruktur durch herstellende Industrieunternehmen innerhalb der Supply Chain. Zur praxisnahen Informationsgenerierung wurden zu diesem Zweck neben einer ausführlichen Auseinandersetzung mit der vorhandenen Literatur, zehn qualitative Experteninterviews geführt. Eine Einflussanalyse der entscheidenden Umweltfaktoren auf den Markt und deren Stakeholdern verdeutlicht den aktiven Zusammenhang der benannten Kriterien auf das Vertriebsmanagement der herstellenden Unternehmen. Eine konkrete Ausgestaltung von direkten Versorgungswegen kann bisher großflächig nur im Segment der Inkontinenzartikel beobachtet werden. Konkrete Vorteile, welche aus einer vermehrten Ertragsmöglichkeit und Kundennähe resultieren, stehen im Kontrast zu hohen Investitionskosten und der Gefahr einer Konkurrenzsituation mit regional starken Leistungserbringern sowie einer Verminderung der Servicequalität für die Kunden. Für herstellende Unternehmen können vereinzelte Marktentwicklungen benannt werden, wonach eine praktische Umsetzung der direkten Versorgung in Zukunft an Relevanz gewinnen wird. Als mögliche Varianten für eine organisationale Umsetzung sind daraufhin, unter Verwendung eines morphologischen Kastens, zwei divergierende Ausgestaltungsformen hierfür entwickelt worden. Die strategische Option der direkten Versorgung kann demnach ein Rationalisierungspotential in Form einer erhöhten Prozessgeschwindigkeit, geringeren Kosten der Leistungsbereitstellung und der Möglichkeit einer gesteigerten Produktqualität anbieten. Auf Grundlage dieser thematischen Auseinandersetzung wird angenommen, dass eine Abkehr von den üblichen indirekten Vertriebs- bzw. Versorgungswegen, unter bestimmten Bedingungen, für Hersteller einiger Hilfsmittelprodukte entscheidende Wettbewerbsvorteile bietet.

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Leseprobe

2. Hilfsmittelversorgung in Deutschland: Abgrenzung, Gesetzgebung und Vertragsgestaltung


 

Die definitorische Eingrenzung des Hilfsmittelsegments im Bereich der Medizinprodukte bildet den Ausgangspunkt des zweiten Kapitels. Die Behandlung der gesetzlichen und finanziellen Rahmenbedingungen der deutschen Hilfsmittelversorgung greift diese Abgrenzung auf. In diesem Zusammenhang wird der reformbezogene Einsatz von marktwirtschaftlichen Verfahren in der Zusammenarbeit zwischen Leistungserbringern und Kostenträgern beleuchtet.

 

2.1 Segmentierung von Medizinprodukten


 

Während die Unterscheidung zwischen Medizinprodukten und Arzneimitteln rechtlich durch die medizinische Wirkungsweise nach § 3 Nr. 1 S. 1 des Medizinproduktegesetzes (MPG) eindeutig ist[35], besteht zwischen Medizinprodukten und Hilfsmitteln keine derart trennscharfe Spezifizierung. Hinzukommen andere branchenübergreifende Segmente, wie Orthopädie-, Rehabilitations (Reha)- und Medizin-Technik sowie Homecare, die das komplexe Marktbild prägen und in deren fachlichen Abgrenzung ebenfalls Schnittmengen auftreten.

 

Eine mangelnde Abgrenzungsfähigkeit ist nicht nur aus Gründen der Rechtsklarheit zu beseitigen. Insbesondere im Hilfsmittel- und Medizinproduktebereich ist die Vermeidung von Verzerrungen des Wettbewerbes, etwa aufgrund unterschiedlich hoher Zulassungsanforderungen für die jeweilige Produktkategorie von immenser Bedeutung.[36] Daneben spielt eine zielgenaue Zuordnung von Produkten in einen übergeordneten Produktbereich bei der Anwendung von Finanzierungs- und Abrechnungsgrundlagen eine wichtige Rolle.

 

2.1.1 Hilfsmittel in Abgrenzung zu Medizinprodukten


 

Unter dem Begriff Medizinprodukte wird eine sich stetig erweiternde, heterogene Palette an Produkten subsumiert.[37]

 

Nach § 3 Abs. 1 MPG sind Medizinprodukte sämtliche einzeln oder miteinander verbunden verwendete, diagnostische oder therapeutische Instrumente, Apparate, Vorrichtungen, Software, Stoffe sowie deren Zubereitungen oder andere Gegenstände deren bestimmungsgemäße Hauptwirkung im oder am menschlichen Körper vor sich geht.

 

Die Anwendung derartiger Produkte dient sowohl dem Zweck der Erkennung, Verhütung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten als auch der Kompensierung von Behinderungen. Zudem kann deren Nutzung zur Untersuchung, Ersetzung oder Veränderung des anatomischen Aufbaus oder eines physiologischen Vorgangs sowie zur Empfängnisregelung eingesetzt werden.[38] Beispiele für klassische Medizinprodukte sind unter anderem Verbandstoffe, Infusionsgeräte, Katheter, Herzschrittmacher, Röntgengeräte, ärztliche Instrumente oder auch Labordiagnostika.[39]

 

Im Vergleich dazu werden unter dem spezifischen Term Hilfsmittel in § 33 Nr. 1 des fünften Sozialgesetzbuches (SGB V) Hörhilfen, Körperersatzstücke, orthopädische und andere Hilfsmittel, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen[40] zusammengefasst. Diese Definition wird in ergänzenden Richtlinien noch um die Bereiche Sehhilfen und weitere sächliche Mittel oder technische Produkte erweitert, die dazu dienen, Arzneimittel oder andere Therapeutika, welche zur inneren Anwendung bestimmt sind, in den Körper zu bringen. Dies können beispielsweise Spritzen, Inhalationsgeräte oder ähnliche Applikationshilfen sein.[41]

 

Eine klare Unterscheidung zwischen Medizinprodukten und Hilfsmitteln per gesetzlicher Definition existiert demnach nicht. Medizinprodukte bilden hier jedoch ein deutlich weiteres Spektrum an Funktionen und Anwendungsgebieten ab, in denen das Teilgebiet Hilfsmittel vollständig enthalten ist.

 

Es ist somit lediglich eine einseitige Abgrenzung zwischen Hilfsmitteln und Medizinprodukten zu ziehen, in der Form, dass jedes Hilfsmittel zwar ein Medizinprodukt, jedoch ein Medizinprodukt nicht zwangsläufig ein Hilfsmittel darstellt.[42]

 

Beispielhaft belegt bedeutet dies, dass materielle und immaterielle Güter zur ableitenden oder aufsaugenden Inkontinenzbehandlung, Stoma- oder Tracheostomaartikel aufgrund ihrer kompensierenden Funktionsweise und dem Anwendungsgebiet am Körper zu dem spezifischen Teilbereich der Hilfsmittel zu zählen sind. Verbandsstoffe, wie Produkte der modernen Wundversorgung, gehen jedoch aufgrund des Einsatzes zur Behandlung oder Linderung von Krankheiten und der inneren wie äußeren Wirkungsweise auf den Körper über diese Eingrenzung hinaus und gelten somit als Medizinprodukte.

 

Im Zuge dieser einseitigen Abgrenzungsproblematik sind im Hinblick auf die gesetzlichen und die Finanzierung regelnden Grundlagen in diesem thematischen Kontext sowohl die Vorgaben des Medizinprodukterechts als auch die spezifischen Regelungen für Hilfsmittel zu beachten.

 

2.1.2 Einordnung von Medizintechnik, Orthopädie-, Rehabilitations-Technik und Homecare


 

Im Segment von medizinischen Produkten und speziellen Erzeugnissen zur Hilfsmittelversorgung sind weitere Sparten vorhanden, welche den Markt an Medizinprodukten und ergänzenden Dienstleistungen weiter untergliedern. Hierzu gehören die klassischen Gebiete der Medizin-, Orthopädie- und Reha-Technik. Als relativ neuartiger Versorgungsbereich hat sich in diesem Umfeld auch die Rubrik Homecare etabliert.[43] Hinzu kommt das spartenunabhängige Gesundheitshandwerk. Abbildung 3 setzt diese Bereiche in Beziehung zueinander.

 

 

Abbildung 3: Sparten von Medizin- und Hilfsmittelprodukten.

 

Quelle: Eigene Darstellung

 

Einer dieser Bereiche ist die Medizintechnik, welche auch einen wichtigen Eckpfeiler der deutschen Wirtschaft darstellt.[44] Allgemein ist die Medizintechnik die Anwendung technischer Apparate als Hilfsmittel der medizinischen Diagnostik und Therapie von Krankheiten.[45] Die Medizintechnik umfasst dabei im engeren Sinne die Wirtschaftszweige zur Herstellung von elektromedizinischen oder medizintechnischen (Groß-)Geräten und Instrumenten, orthopädischen Erzeugnissen oder auch zahntechnischen Laboratorien. In einer erweiterten Sicht wird der Medizintechnik auch die Herstellung von augenoptischen Erzeugnissen, Verbandsmaterialien oder die Produktion von Rollstühlen oder Krankenfahrstühlen zugemessen.[46]

 

Von Betrieben der Orthopädietechnik werden medizinisch-technische Konstruktionen wie Prothesen, Orthesen, Bandagen oder individuelle Rehabilitationsmittel angefertigt.[47] Diese dienen der äußerlichen Versorgung von krankhaften Veränderungen, Fehlbildungen oder durch chirurgische Eingriffe bedingte Folgen am menschlichen Bewegungsapparat.[48]

 

Die Reha-Technik umfasst Geräte und Verfahren, die Personen mit erworbenen oder angeborenen Behinderungen bzw. altersbedingt benötigen, um ihr Leben aktiver gestalten zu können. Hierunter werden auch technische Geräte der Diagnostik und Therapie beim Einsatz in der rehabilitativen medizinischen Behandlung und bei chronischen Krankheiten gefasst.[49] Als Produktbeispiele können neben Pflegebetten und Badewannen-Lifter auch Gehwagen angeführt werden.

 

Inhalt der Homecare ist die umfassende ambulante Versorgung eines Patienten mit erklärungsbedürftigen Hilfsmitteln, Medizinprodukten und Arzneimitteln durch geschultes Fachpersonal im Rahmen einer ärztlich gestützten Therapie. Als Kombination aus produkt- und dienstleistungsbezogener Krankenbehandlung kann Homecare daher einerseits von der häuslichen Pflege und andererseits vom Gesundheitshandwerk abgegrenzt werden.[50] Leistungen der Homecare sind typischerweise organisatorischer und versorgender Art und werden in den Bereichen der enteralen und parenteralen Ernährung, der Stoma-/ Tracheostoma und Inkontinenzversorgung sowie der modernen Wundversorgung oder der respiratorischen Heimtherapie erbracht.[51]

 

In der gesamten Branche von Hilfsmittel- und Medizinprodukten sind die Angehörigen der Berufsgruppe der Gesundheitshandwerker tätig. Zur Hauptaufgabe des Gesundheitshandwerks gehören dabei Dienstleistungen technischer Art, wie die Anfertigung und Anpassung von Hilfsmitteln.[52] Diese Leistungen finden folglich in allen vier Teilsegmenten statt, weshalb das Gesundheitshandwerk in dieser Einteilungssystematik keinen eigenständigen Bereich darstellt.

 

Ergänzende Dienstleistungen oder produktspezifische Modifikationen des Gesundheitshandwerks erschweren somit eine spezifische Aufschlüsselung zusätzlich, da neben der industriellen Standardversorgung somit ein erheblicher Anteil an individuellen Leistungen den Charakter eines Hilfsmittels prägen kann. [53]

 

Außerhalb dieser Sparten existieren jedoch sowohl einige wenige Medizinprodukte als auch Hilfsmittel, die sich dieser Einteilungsmethodik entziehen. Hierzu gehören exemplarisch auf der einen Seite...

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