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Rechtliche und ökonomische Aspekte vergleichender Werbung

AutorMarcel Oben-Stintenberg
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl104 Seiten
ISBN9783640987665
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2011 im Fachbereich Jura - Zivilrecht / Handelsrecht, Gesellschaftsrecht, Kartellrecht, Wirtschaftsrecht, Note: 1,0, Ruhr-Universität Bochum (Wirtschaftswissenschaft), Sprache: Deutsch, Abstract: In der folgenden Arbeit werden die rechtlichen und ökonomischen Aspekte der vergleichenden Werbung in Deutschland untersucht. Diese Thematik ist besonders vor dem Hintergrund interessant, dass vergleichende Werbung seit dem Erlass der EG-Richtlinie 97/55/EG im Oktober 1997 und deren späteren Umsetzung in Deutschland - bei Einhaltung bestimmter Voraussetzungen - für grundsätzlich zulässig erklärt wurde, flächendeckende Werbekampanien mit Vergleichen jedoch trotzdem nur sporadisch zu finden sind. Während vergleichende Werbung in den USA schon fast traditionell dazu genutzt wird, sich von Mitbewerbern und deren Konkurrenzprodukten abzugrenzen, sind Unternehmen hierzulande zurückhaltender. Diese Verhaltensweise ist auf den ersten Blick überraschend. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, rechtliche und ökonomische Aspekte der ver-gleichenden Werbung zu analysieren, um Gründe für den zurückhaltenden Einsatz von Werbevergleichen zu finden. Zu Beginn dieser Arbeit wird zum besseren Verständnis und zur Einführung in die Thematik zunächst die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands zu einer kapita-listisch geprägten Industriewirtschaft im 19. Jahrhundert dargestellt, was eine Verschärfung des Wettbewerbs zur Folge hatte. Vor dem historischen Kontext der wirtschaftlichen Entwicklung wird dann der Veränderungsprozess der Werbung dargestellt; anschließend soll die Notwendigkeit von rechtlichen Schranken nach-vollziehbar und die Entstehung des UWG aufgezeigt werden. Daraufhin wird die historische Entwicklung der rechtlichen Rahmenbedingungen der vergleichenden Werbung in Deutschland u.a. anhand der wichtigsten europäi-schen Richtlinien beschrieben. Nach den Legaldefinitionen sowie den Erschei-nungsformen werden die Unlauterkeitskriterien der vergleichenden Werbung nach § 6 II UWG dargestellt und der Bezug der Werbung mit Vergleichen zu anderen rechtlichen Normen des Wettbewerbsrechts aufgezeigt. Zum Abschluss der recht-lichen Betrachtung wird die Beweislast sowie die Rechtsfolgen und die Klagebe-fugnis dargestellt. Abschließend sollen die Chancen und Risiken der vergleichen-den Werbung als Werbeinstrument, zum Teil anhand von Beispielen, beleuchtet werden. Im Fazit werden die zentralen Ergebnisse dieser Arbeit dann zusammen-gefasst und bilanziert.

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Leseprobe

3 Vergleichende Werbung nach § 6 UWG


 

Die Zulässigkeit der vergleichenden Werbung in Deutschland ist, wie bereits dargestellt, in § 6 UWG geregelt. Die darin enthaltenen Regelungen bilden die wesentliche, rechtliche Grundlage zur Beurteilung von vergleichender Werbung, jedoch regelt § 6 UWG nur einen Teil der verschiedenen Erscheinungsformen vergleichender Werbung. Der genaue sachliche Anwendungsbereich hängt zum einen von der Auslegung der Legaldefinition der vergleichenden Werbung in § 6 I UWG ab, zum anderen von der Abgrenzung der Unlauterkeitskriterien der Werbung mit Vergleichen des § 6 II UWG. Nachfolgend wird zunächst der erste Absatz des § 6 UWG sowie die Erscheinungsformen der vergleichenden Werbung näher beleuchtet, der darauf folgenden Punkt 4 befasst sich mit den Unlauterkeitskriterin des § 6 II UWG.

 

3.1 Definition der vergleichenden Werbung


 

Bei der Definition der vergleichenden Werbung muss zwischen der betriebswirtschaftlichen und der juristischen Auslegung dieses Begriffs unterschieden werden. Eine allgemeingültige Terminologie der vergleichenden Werbung im betriebswirtschaftlichen Sinn existiert nicht. Häufig wird in der Literatur auf eine genauere Begriffsbestimmung verzichtet oder die Autoren verwenden ihre eigene Definition.[121]

 

Gemäß einer betriebswirtschaftlichen Definition laut Wiltinger ist vergleichende Werbung „…jede Werbung, die in ihrer Werbeaussage einen oder mehrere Mitbewerber nennt oder für die Zielgruppe eindeutig kenntlich macht und Vergleiche mit diesen Mitbewerbern auf mindestens einer Produkt-, Dienstleistungs- oder Unternehmensdimension zieht.“[122]

 

Ähnlich formuliert ist die Legaldefinition, gemäß § 6 Abs. 1 UWG ist „…jede Werbung, die unmittelbar oder mittelbar einen Mitbewerber oder die von einem Mitbewerber angebotenen Waren oder Dienstleistungen erkennbar macht“, vergleichende Werbung. Diese Begriffsbestimmung entspricht inhaltlich dem Art. 2 lit. c RL 2006/ 114/ EG[123], lediglich in der veränderten Satzstellung und in der Verwendung des Begriffs „Waren“ anstelle von „Erzeugnissen“ ergeben sich Unterschiede. Die in der Definition verwendeten Schlüsselbegriffe Werbung (Punkt 3.2), Mitbewerber (Punkt 3.3), Waren bzw. Dienstleistungen (Punkt 3.4) und die Erkennbarkeit (Punkt 3.5) werden unter den in Klammern stehenden Punkten näher erläutert. Insbesondere die Erkennbarkeit, die Identifizierung eines oder mehrerer Mitbewerber ist entscheidend für die Definition der vergleichenden Werbung. Diese Definition stellt die Weiche zwischen dem unter Punkt 4 näher beschriebenen Kriterienkatalog des § 6 II UWG und dem Rückgriff auf andere lauterkeitsrechtliche Vorschriften, den §§ 3 I und 4 UWG. Die harmonisierten Zulässigkeitsbedingungen des § 6 II UWG dürfen nur bei Werbung mit Vergleichen gemäß § 6 I UWG angewendet werden, ansonsten finden die o. g. lauterkeitsrechtlichen Paragraphen Anwendung.[124] Gemäß Erwägungsgrund 8 der RL 2006/ 114/ EG ist der Begriff der vergleichenden Werbung breit zu fassen[125], alle Werbearten sollen abgedeckt werden.[126] Die Definition in § 6 I UWG umfasst alle früher im deutschen Recht enthaltenen Fallgruppen der „Bezug nehmenden Werbung“ (kritisierende, anlehnende und persönlich vergleichende Werbung) und deren zusammengefassten Formen, soweit mindestens ein Mitbewerber erkennbar gemacht wird.[127] Diese Erscheinungsformen werden unter Punkt 3.7 näher definiert.

 

3.2 Werbung (Art. 2 lit. a RL 2006/ 114/ EG)


 

Den Schlüsselbegriff der „Werbung“ hat der deutsche Gesetzgeber nicht direkt definiert, allerdings ist gemäß Art. 2 lit. a der WerbeRL[128] „Werbung jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen zu fördern“. Diese Definition der RL 2006/ 114/ EG ist gültig, da § 6 UWG richtlinienkonform auszulegen ist.[129]

 

3.2.1 Äußerung


 

Der Begriff der Äußerung ist sehr weit gefasst („jede Äußerung“). Daher ist es unerheblich, in welcher Form die Äußerung (verbal oder nonverbal[130]) erfolgt[131] und an wen sie sich richtet.[132] Ebenfalls unerheblich ist es, in welchem Rahmen die Äußerung getätigt wird, ob öffentlich oder bei einer individuellen Kommunikation mit einem Kunden.[133] Öffentliche Äußerungen sind beispielsweile klassische Werbeformen wie Print-, Radio- und TV-Werbung, individuelle Kommunikation mit dem Kunden kann durch Verkaufsgespräche, Telefon- und Faxwerbung, Emailwerbung und andere Formen der Direktwerbung erfolgen.[134]

 

3.2.2 Geschäftlicher Verkehr


 

Des Weiteren setzt die o. g. Definition voraus, dass die Äußerung „…bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs…“ erfolgt. Sie muss demnach im funktionellen Zusammenhang mit einer (eigenen oder fremden) unternehmerischen Tätigkeit,[135] also im Rahmen einer selbstständigen wirtschaftlichen bzw. planmäßig auf Gewinn abzielenden Tätigkeit, stehen. Eine einmalige, ob entgeltlich oder unentgeltliche, Tätigkeit ist nicht ausreichend. [136] Der weite Begriff der Äußerung wird also ein wenig eingegrenzt, da Äußerungen ohne unternehmerischen Bezug nicht unter Anwendungsbereich des § 6 UWG fallen.

 

3.2.3 Absatzförderung


 

Die Äußerung muss allerdings, wie in der Definition der RL 2006/ 114/ EG beschrieben, „…mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen zu fördern“, erfolgen, ansonsten liegt keine Werbemaßnahme vor. Der Begriff der Absatzförderung ist ebenfalls weit zu verstehen. So umfasst er neben der klassischen Produktwerbung z. B. auch die reine Aufmerksamkeitswerbung/ Imagewerbung, da diese zwar nicht zum Kauf bestimmter Produkte auffordert, jedoch die Wahrnehmung und die Wertschätzung des werbenden Unternehmens positiv beeinflusst und somit letztlich der Absatzförderung dient. Auch die bloße Kritik an einem Mitbewerber fällt demnach unter § 6 I UWG, da sie zumindest mittelbar den Warenabsatz fördert.[137] Häufig fehlt es solchen kritischen Äußerungen jedoch an einer Vergleichsaussage (s. Punkt 3.6).[138] Neutrale Vergleiche durch unabhängige Dritte, also Personen oder Organisationen z. B. Testinstitute, die nicht in Wettbewerbsförderungsabsicht, sondern zur Information der Verbraucher oder zur wissenschaftlichen Diskussion vorgenommen werden, fallen nicht unter § 6 UWG.[139] Sollte ein Unternehmen sich die Äußerungen Dritter, z. B. wissenschaftliche Untersuchungen[140], Marktforschungsstudien[141] oder einen Pressebericht[142], für Werbezwecke zu eigen machen, wirbt es vergleichend und muss die Kriterien der §§ 6 II und 5 erfüllen. Dies gilt auch für Werbung mit Testergebnissen, sofern ein Mitbewerber erkennbar gemacht wird.[143]

 

Dem Wortlaut nach erfasst die Definition nur Äußerungen, die dem Warenabsatz oder der Erbringung von Dienstleistungen dienen. Jedoch sollte auch Werbung zur Förderung der Nachfrage mit eingeschlossen werden,[144] obwohl die RL wohl nur die Absatzwerbung erfassen sollte.[145] Die Formulierung des Erwägungsgrundes 6 lässt jedoch darauf schließen, dass der europäische Gesetzgeber die Problematik der Förderung der Nachfrage übersehen hat. Laut Erwägungsgrund 9 der WerbeRL sollen Praktiken, die den Wettbewerb verzerren und dem Mitbewerber schädigen können, erfasst werden. Da vergleichende Werbung eines Nachfragers zur diesen Effekten führen kann, sollte dieser Fall in § 6 UWG mit einbezogen werden.[146]

 

Ähnlich ist der Bereich der Drittwerbung zu handhaben. Die Definition des Werbebegriffs lässt offen, ob nur die Förderung des eigenen Wettbewerbs oder auch die Förderung fremden Wettbewerbs, der s. g. Drittwerbung, erfasst wird. Auch in diesem Fall ist eine weite Auslegung der RL angebracht, da es keinen überzeugenden Grund gibt, zwischen der Förderung des eigenen und des fremden Wettbewerbs zu unterscheiden. Werbevergleiche Dritter werden also von § 6 I UWG erfasst.[147]

 

3.2.4 Verhältnis zum Begriff der geschäftlichen Handlung (§ 2 I Nr.1 UWG)


 

In diesem Zusammenhang ist das Verhältnis zwischen dem Begriff der Werbung und dem Begriff der geschäftlichen Handlung[148] in § 2 I Nr.1 UWG interessant. Dieser Begriff ist im UWG von zentraler Bedeutung, da das Vorliegen einer geschäftlichen Handlung Grundlage für die Eröffnung des Schutzbereiches des UWG und dessen Anwendung ist. Es fällt auf, dass die Legaldefinition der Werbung[149] und die Definition der geschäftlichen Handlung ähnliche Elemente aufweisen;...

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