Eine Legaldefinition des Begriffes der Arbeitnehmerüberlassung ist § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG wenn überhaupt nur implizit zu entnehmen.[39] Um eine Arbeitnehmerüberlassung handelt es sich demnach, wenn ein Unternehmen (Verleiher oder Arbeitgeber) einen oder mehrere seiner Angestellten (Leih-Arbeitnehmer) auf Grundlage eines Vertrages einem anderen Unternehmen (Entleiher oder Dritter) zur Erbringung der Arbeitsleistung überlässt.[40] Der Entleiher kann die Leih-Arbeitnehmer nach seinen „eigenen betrieblichen Erfordernissen“ einsetzen.[41] Dabei wird der Leih-Arbeitnehmer vollständig in den Betrieb des Dritten eingegliedert und ist diesem gegenüber weisungsgebunden.[42] Früher wurde ausschließlich zwischen echten und unechten Leiharbeitsverhältnissen unterschieden. Um eine echte Arbeitnehmerüberlassung handelt es sich, wenn der Leih-Arbeitnehmer hauptsächlich im Betrieb des Verleihers arbeitet und einem Entleiher nur gelegentlich und vorübergehend (zum Beispiel zur Deckung eines kurzfristigen Personalengpasses bei einem Drittunternehmen[43]) überlassen wird. Die Unterscheidung an sich hat heute noch Bestand, jedoch differenziert man nun zudem zwischen legaler und illegaler Arbeitnehmerüberlassung im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit (ehemals gewerbsmäßige Leiharbeit). Um eine legale Überlassung von Arbeitskräften handelt es sich, wenn dem Verleiher hierzu eine entsprechende Erlaubnis erteilt wurde. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass Überlassungen, die in den Regelungsbereich des AÜG fallen, ohne eine solche Erlaubnis illegal sind. Hier wird weiter zwischen der offenen und verdeckten illegalen Arbeitnehmerüberlassung unterschieden. Um den offenen illegalen Verleih von Arbeitnehmern handelt es sich, wenn schlichtweg die Verleiherlaubnis fehlt. Bei der verdeckten illegalen Überlassung hingegen wird kein Überlassungsvertrag zwischen Verleiher und Entleiher geschlossen, sondern die Arbeitnehmerüberlassung unter dem Deckmantel eines anderen Vertrags wie einem Werk- oder Dienstvertrag vollzogen.[44] Im Fall der Überlassung ohne die Absicht auf Gewinnerzielung findet das AÜG inzwischen prinzipiell auch Anwendung, da auch beispielsweise gemeinnützige Einrichtungen eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben können. Ausnahmen hiervon stellen Sonderfälle wie die Abordnung zu einer Arbeitsgemeinschaft (§ 1 Abs. 1 S. 3 AÜG)[45], die wirtschaftszweiginterne Überlassung (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 AÜG) sowie die konzerninterne Arbeitnehmerüberlassung (§ 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG)[46] dar. In diesen Fällen findet das AÜG keine Anwendung.[47] Stellt der Verleiher jedoch einen Arbeitnehmer nur vor dem Hintergrund ein, dass er diesen mit der Absicht Gewinn zu erzielen, dauerhaft in (verschiedenen) Drittunternehmen einsetzen will, handelt es sich um eine Arbeitnehmerüberlassung im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit.[48]
Auf die sich aus dem AÜG ergebenden Voraussetzungen und Merkmale für das Bestehen einer Arbeitnehmerüberlassung wird nachfolgend eingegangen.
1. Voraussetzungen
a. Arbeitgeberbegriff
Gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG kommt für die Funktion des Verleihers nur ein Arbeitgeber im allgemeinen arbeitsrechtlichen Sinne in Betracht.[49] Somit kommt als Verleiher jede natürliche oder juristische Person in Frage, sofern ein Arbeitsvertrag mit dem entsprechenden Arbeitnehmer besteht. Keine Arbeitgeberstellung liegt jedenfalls bei einem faktischen und einem fehlerhaften Arbeitsverhältnis vor.[50] Da Entleiher jede Person sein kann, die auch selbst Arbeitgeber sein könnte, fällt auch dieser unter die allgemeine Definition eines Arbeitgebers. Ausgeschlossen ist hiervon natürlich der Verleiher, der als Entleiher nicht in Betracht kommt.[51]
b. Arbeitnehmerbegriff
Da das AÜG nur Anwendung auf Arbeitnehmer findet, spielt der Arbeitnehmerbegriff hier eine wichtige Rolle. Arbeitnehmer ist nach ständiger Rechtsprechung, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages einem anderen gegenüber zur Leistung unselbständiger Dienste gegen Zahlung eines Entgeltes verpflichtet ist. Ob diese Kriterien erfüllt werden, ist im Einzelfall zu prüfen. Die Definition deckt sich in jedem Fall mit der des Arbeitnehmerbegriffes der Leiharbeitsrichtlinie.[52] Durch den öffentlich-rechtlichen Charakter von Dienstverhältnissen, wie zum Beispiel bei Beamten oder Richtern der Fall, findet das AÜG hier keine Anwendung.[53] Ausgeschlossen von einer Arbeitnehmerüberlassung sind durch den Arbeitnehmerbegriff beispielsweise auch Heimarbeiter.[54] Weiterhin fallen auch Selbständige nicht in den Geltungsbereich des AÜG. Die Inanspruchnahme der Arbeitsleistung ist hier jedoch ohne Einschränkungen (vor allem des AÜG) möglich, weshalb es durchaus nicht unüblich ist, dass man Arbeitnehmer als Selbständige qualifiziert. Hierbei handelt es sich dann um eine sogenannte Scheinselbständigkeit.[55]
c. Wirtschaftliche Tätigkeit nach § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG
Wir zuvor beschrieben wurde die Formulierung des § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG geändert. Erlaubnispflichtig ist demnach jetzt nicht mehr nur die rein gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung, sondern auch jene, die im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit des Verleihers und des Entleihers erfolgt.[56] Bei der Gewerbsmäßigkeit wurde bisher auf die Gewinnerzielungsabsicht abgestellt, die bei der neuen Formulierung des § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG nach dem EuGH keinerlei Relevanz mehr hat. Dies wird damit begründet, dass gemeinnützige Organisationen und Unternehmen ihre Dienstleistungen oder Güter am Markt anbieten und somit auch dann, wenn sie keine Absicht zur Gewinnerzielung haben, in Konkurrenz zu anderen Unternehmen stehen, die die gleichen Leistungen anbieten.[57]
Zu unterscheiden ist in jedem Fall die wirtschaftliche Tätigkeit des Verleihers von der des Entleihers. Eine unter das AÜG fallende Arbeitnehmerüberlassung setzt jedenfalls eine solche Tätigkeit von beiden Parteien voraus.[58] Erfolgt durch das Verleihunternehmen eine gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung, liegt immer auch eine solche innerhalb einer wirtschaftlichen Tätigkeit vor. Handelt es sich um eine nicht gewerbsmäßige Überlassung ist vor allem darauf abzustellen, ob es sich um eine „auf den Markt gerichtete Tätigkeit“[59] handelt. Die zuvor erwähnte Konkurrenz ist hierfür das ausschlaggebende Kriterium, denn sollte es Wettbewerber geben, ist das Handeln innerhalb eines Marktes anzunehmen.[60] Beim Entleiher ist ebenfalls von einer wirtschaftlichen Tätigkeit auszugehen, wenn dieser seinen Betrieb gewerbsmäßig ausübt. Bei einer nicht gewerbsmäßigen Tätigkeit kommt es zum einen auf eine wenigstens faktische Arbeitgeberfunktion dem Leih-Arbeitnehmer gegenüber und die Selbständigkeit des Entleihers an. Gemäß dem Gewerberecht handelt es sich um eine selbständige Tätigkeit, wenn der Gewerbetreibende diese „im eigenen Namen für eigene Rechnung unter Tragung des Unternehmerrisikos“ ausübt.[61] Bei am Markt tätigen Unternehmen sind diese Kriterien unkritisch. Anderes gilt beispielsweise für die Überlassung von Pflegekräften an Privatleute, da diese nicht im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit handeln.[62]
d. Verbot mit Erlaubnisvorbehalt
aa. Erlaubnispflicht nach § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG
Gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG i.V.m. § 2 AÜG benötigt der Verleiher für die Arbeitnehmerüberlassung im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit eine entsprechende Erlaubnis der Bundesagenturen für Arbeit Düsseldorf, Kiel und Nürnberg. Die Erlaubnis erhält der Verleiher gemäß § 2 Abs. 4 AÜG für den Zeitraum eines Jahres. Spätestens drei Monate vor Ablauf dieses Jahres muss der Verleiher die Verlängerung der Erlaubnis um ein weiteres Jahr beantragen. Die Gebühren trägt nach § 2a Abs. 1 AÜG der Antragsteller, also das Verleihunternehmen.[63] Bei einer Überlassung ohne Erlaubnis handelt es sich um eine illegale Arbeitnehmerüberlassung. Folglich verbietet § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG die Arbeitnehmerüberlassung erst einmal generell. Dies ist aber als präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt anzusehen. Hat das Verleihunternehmen eine Erlaubnis, ist die Arbeitnehmerüberlassung somit legal.[64] Weiter soll der Erlaubnisvorbehalt der Bundesagentur für Arbeit die Überprüfung der Einhaltung des Arbeitnehmerschutzes ermöglichen.[65] Außerdem soll durch diese Hürde vermieden werden, dass Dauerarbeitsplätze wegfallen, indem diese langfristig mit Leih-Arbeitnehmern besetzt...