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E-Book

Regensburg

Kleine Stadtgeschichte

AutorMatthias Freitag
VerlagVerlag Friedrich Pustet
Erscheinungsjahr2016
ReiheKleine Stadtgeschichten 
Seitenanzahl184 Seiten
ISBN9783791760926
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis13,99 EUR
Eine auf das Wesentliche konzentrierte, unterhaltsame Darstellung der Welterbe-Stadt Regensburg von den Anfängen in der Römerzeit bis in die Gegenwart - jetzt in der 6. Auflage! 'Nicht nur, dass sich die Kleine Regensburger Stadtgeschichte spannend wie ein Roman liest, diese Fülle an Informationen bekommen Sie nirgends kompakter und unterhaltsamer aufbereitet als hier.' KULTURJOURNAL REGENSBURG 'Eine spannende Lektüre - bei weitem nicht nur für Regensburg-Fans, sondern besonders für solche, die es werden wollen.' BAYERISCHER RUNDFUNK

Matthias Freitag, M. A., geb. 1963, studierte Geschichte und Romanistik an der Universität Regensburg. Er arbeitet für die Museen der Stadt Regensburg und ist außerdem als Gästeführer tätig.

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Leseprobe

Kelten, Römer und Germanen: Regensburg in der Antike


Geschichtliche Anfänge dingfest zu machen, zu sagen, etwas habe zu einem bestimmten Zeitpunkt begonnen: Das gehört zu den schwierigsten Aufgaben, die sich dem Historiker stellen. Aus frühen, weit zurück und vielfach im Dunklen liegenden Zeiten fehlen oft Nachrichten und Belege; man ist auf Vermutungen angewiesen, auf Theorien und Kombinationen, die einmal mehr, einmal weniger plausibel klingen. Im Fall von Regensburg verhält es sich fundamental anders: Was den Beginn, die Gründung der Stadt angeht, sind die Dinge klar und eindeutig. Im Jahr 179 nach Christus ließ der römische Kaiser Mark Aurel hier einen befestigten Platz errichten, ein Militärlager. Seine Besatzung: eine Legion des römischen Heeres. Seine Lage: an der Donau, der Grenze des Römischen Reichs, und zwar an deren nördlichstem, das heißt: an einem strategisch besonders wichtigen Punkt. Seine Aufgabe: die Verteidigung der Grenze gegen Angriffe der feindlichen Nachbarn, der Germanen.

Woher diese Klarheit? Ganz einfach: Nachdem das Lager fertig gestellt war, installierte man über einem seiner Tore eine große steinerne Tafel mit einer Inschrift, die jedermann über den Bauherrn und die Bauzeit informierte. Diese Inschrift – ein großer Glücksfall! – ist bis heute erhalten geblieben; damit kann Regensburg sich rühmen, über die älteste „Gründungsurkunde“ einer deutschen Stadt überhaupt zu verfügen.

Anfänge


Mit dem Jahr 179 beginnt die Geschichte Regensburgs; das kann man ohne Wenn und Aber festhalten. Eine Relativierung ist aber trotzdem zu machen, oder besser: Eine Präzisierung ist vorzunehmen. Was damals beginnt, ist die Geschichte Regensburgs, nicht die Geschichte des Regensburger Raums. Sie reicht wesentlich weiter zurück in die Vergangenheit. Siedlungsspuren am nördlichsten Punkt der Donau gibt es nämlich bereits viel früher, in der Jungsteinzeit, also um 5000 vor Christus; seither brechen Funde, die Rückschlüsse zulassen auf die Existenz von kleinen Siedlungen, von Grablegen, von Schatzhorten und so weiter nicht mehr ab.

Abb. 1: „Gründungsurkunde“ von Regensburg (Ausschnitt). Die Steintafel mit Inschrift zu den Einzelheiten der Gründung des römischen Legionslagers im Jahr 179 nach Christus befand sich ursprünglich über dessen Osttor (porta principalis dextra). – Regensburg, Historisches Museum.

Die Gründe, weshalb die Region früh und dauerhaft besiedelt wurde, liegen auf der Hand. Zum einen: die günstigen Lebensbedingungen. Das Tal der Donau bietet ein relativ angenehmes Klima; die Temperaturen sind milder als an vielen anderen, vor allem nördlich und nordöstlich gelegenen Stellen des Umlands. Auf der Südseite der Donau öffnet sich, von Westen nach Osten weiter werdend, ebenes Gelände, die so genannte „Regensburger Bucht“. Hier sind die Böden überaus fruchtbar: ideale Voraussetzungen für eine ertragreiche Landwirtschaft.

Zum anderen: Im Regensburger Raum trafen schon in vorgeschichtlicher Zeit wichtige Verkehrswege aufeinander. Man darf sich diese Wege natürlich nicht einmal ansatzweise als ausgebaute Straßen vorstellen; eher muss man an mehr oder weniger häufig begangene Pfade denken. Bemerkenswerterweise aber lassen sie sich mit etwas Phantasie sogar noch auf einem modernen Stadtplan nachziehen. Einer von ihnen führte am Südufer der Donau entlang, in gebührendem Sicherheitsabstand zum Fluss und zu dessen Überschwemmungsgebieten; heute ist das die Verbindung von der Straubinger Straße im Osten Regensburgs über die Platzfolge innerhalb der Altstadt zum Hochweg im Westen. Dort stieß der Weg auf den Bogen, den die Donau bildet; überquerte man sie, ging es im Tal der hier mündenden Naab weiter. Setzte man schon vorher, ein Stück flussabwärts, über die Donau, an einer Stelle, die man im Bereich des heutigen Eisernen Stegs lokalisiert, gelangte man auf eine Route, die direkt nach Norden führte. Ihr erster Abschnitt, der ohne Umweg und dementsprechend steil ansteigend die jenseitigen Hänge der Donau, die Winzerer Höhen, erklomm, ist in Gestalt des Schelmengrabens beinahe original erhalten geblieben; dessen tiefe Einkerbung ins Gelände zeugt deutlich von sehr langem Gebrauch. In entgegengesetzter Richtung führte dieser Weg südwärts vom Fluss weg hinauf zum Ziegetsberg; heute verlaufen hier die Kumpfmühler und die Augsburger Straße. Mit anderen Worten: Am nördlichsten Punkt der Donau existierte eine Kreuzung von vorgeschichtlichen Verkehrswegen, die aus allen vier Himmelsrichtungen zusammenkamen. Genutzt wurden sie schon damals in erster Linie von Händlern. Gewiss: Der Warenaustausch war seinerzeit nicht sonderlich intensiv, aber er überspannte bereits erstaunlich weite Distanzen. Funde belegen zum Beispiel, dass bestimmte Metalle auf der Nord-Süd-Route von Böhmen bis ins Alpenland oder auch in umgekehrter Richtung gebracht wurden.

 

HINTERGRUND

 

Regensburgs „Gründungsurkunde“

„Der Imperator Caesar (…) Marcus Aurelius Antoninus Augustus, Germanensieger, Sarmatensieger, Oberster Priester, mit Tribunengewalt zum 36. Mal, Feldherr zum neunten Mal, Konsul zum dritten Mal, Vater des Vaterlandes, und der Imperator Caesar Marcus Aurelius Commodus Antoninus Augustus, der Sarmatensieger, der allergrößte Germanensieger, des Imperators Antoninus Sohn, (…) mit Tribunengewalt zum vierten Mal, Feldherr zum zweiten Mal, Konsul zum zweiten Mal, haben die Umwehrung mit Toren und Türmen für die 3. Italische Legion, die Einträchtige, machen lassen“: Das ist – hier in gekürzter Form zitiert, aber auch so immer noch höchst eindrucksvoll klingend – der Wortlaut der „Gründungsurkunde“ von 179 (Übersetzung: Karlheinz Dietz). Nach der Römerzeit waren die Steine mit der Inschrift über Jahrhunderte hinweg zusammen mit anderem Bauschutt im Erdreich verborgen; bei Bauarbeiten im Bereich des heutigen Dachauplatzes wurden sie 1873 teilweise wiederentdeckt und um das, was fehlte, sinngemäß ergänzt. Aus der genauen Nennung der Titel von Kaiser Mark Aurel und seinem Sohn und Mitregenten Commodus ergibt sich umgerechnet die Jahreszahl 179; aus der Formulierung „Umwehrung mit Toren und Türmen für die 3. Italische Legion“ (im lateinischen Original: „vallum cum portis et turribus legioni III Italicae“) die Funktion als Militärlager.

 

Angesichts so günstiger Rahmenbedingungen wird verständlich, warum sich Menschen schon frühzeitig im Regensburger Raum angesiedelt haben. Freilich: Vom Umfang, in dem das geschah, darf man sich keine falschen, übertriebenen Vorstellungen machen. Die Siedlungen waren jeweils sehr klein und über die Landschaft verstreut; und vor allem: Es gab keinen zentralen, festen Ort, den man in irgendeiner Weise als Vorläufer der späteren Stadt Regensburg bezeichnen könnte.

Das gilt auch und insbesondere für den letzten Zeitabschnitt vor der Ankunft der Römer, den der Kelten, die etwa ab 500 vor Christus in der Region lebten. Eine keltische Stadt Regensburg hat nicht existiert: Dieser gewissermaßen negative Sachverhalt muss deshalb so ausdrücklich betont werden, weil sich vielfach immer noch die Auffassung hält, zur Zeit der Kelten habe am nördlichsten Punkt der Donau eine Großsiedlung namens „Rataspona“ bestanden. Nun hat es zwar solche keltischen Großsiedlungen, „oppida“ genannt, durchaus gegeben, einige von ihnen sogar in der näheren oder weiteren Umgebung von Regensburg, so zum Beispiel in Kelheim oder in Manching bei Ingolstadt; von ihrem Charakter her dürften sie dem, was man gemeinhin unter einer Stadt versteht, recht nahe gekommen sein, mit wehrhaften Befestigungsanlagen, mit zahlreicher Bevölkerung, mit ausdifferenzierter Gesellschaft. Nur: All das existierte im Regensburger Raum nicht; das ist jedenfalls der gesicherte Befund der Prähistoriker und Archäologen. Für die Zeit der Kelten bleibt deshalb wie für die Vor- und Frühgeschichte insgesamt festzuhalten: Kleine Siedlungen, Streusiedlungen: ja; eine zentrale Großsiedlung: nein.

 

ZEITZEUGE

 

„Die Gegend musste eine Stadt hierher locken“

Den Zusammenhang, der im Fall von Regensburg zwischen den natürlichen und naturräumlichen Voraussetzungen des Orts auf der einen und der Ansiedlung von Menschen auf der anderen Seite besteht, hat bereits Johann Wolfgang von Goethe mit klarem Blick gesehen. Er war es auch – und wer sonst sollte es sein? –, der ihn bis heute am prägnantesten in Worte gefasst hat. Von Karlsbad kommend, auf seiner „Italienischen Reise“ unterwegs in Richtung Süden, weilte er am 4. und 5. September 1786 in Regensburg und hielt, wie überall, wohin er kam, in seinem Tagebuch seine Eindrücke fest. Im Anschluss ging es weiter nach Italien, wo er sich bis Mai 1787 an verschiedenen Orten umschaute – und danach dauerte es noch einmal Jahre und Jahrzehnte, bis er schließlich, in zwei Teilen 1813 und 1817, das Ganze veröffentlichte. Es war also Zeit genug für allerlei Überarbeitungen, Stilisierungen und vielleicht auch Verklärungen. Dennoch klingt seine Bemerkung über Regensburg eher nüchtern und prägnant und deshalb besonders glaubwürdig, wenn er kurz und bündig notiert: „Regensburg liegt gar schön; die Gegend musste eine Stadt hierher locken.“ – ein Spruch, der am Ort noch heute in aller Munde ist. Der Vollständigkeit halber, und weil sie für Regensburg ein durchaus charakteristisches Bild zeichnen, seien an dieser Stelle gleich noch ein paar weitere Einlassungen Goethes zitiert: „… auch haben sich die geistlichen Herren wohl bedacht. Alles Feld um die Stadt gehört ihnen, in der Stadt steht Kirche gegen Kirche und Stift gegen Stift. Die Donau erinnert mich an den alten Main. Bei...

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