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Regulierung von Ratingagenturen. Eine ökonomische Analyse

AutorMartin Schmidt
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl114 Seiten
ISBN9783640960286
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis24,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2011 im Fachbereich BWL - Bank, Börse, Versicherung, Note: 1,3, Fachhochschule Worms , Veranstaltung: Betriebswirtschaftslehre, Wirtschaftsrecht, Sprache: Deutsch, Abstract: Ratingagenturen sind ein fester Bestandteil internationaler Finanzmärkte. Globalisierung, das Vertrauen anderer Marktteilnehmer sowie aufsichtsrechtliche Anforderungen sind Ursachen des beträchtlichen Einflusses. Sobald eine der führenden Ratingagenturen eine Wertung abgibt, reagieren weltweit die Finanzmärkte. Umso erschütternder ist das Untersuchungsergebnis des US-Kongresses zu den Ursachen der Finanzmarktkrise: 'Diese Krise hätte nicht geschehen können ohne Ratingagenturen.' Laut US-Kongress bewerteten Moody's und Standard & Poor's verbriefte Unternehmens- und Wohnungsbaukredite mit AAA-Ratings, welche somit scheinbar sichere Investments darstellten. Im Juli 2007 erfolgte eine massive Abwertung eben dieser Produkte, welche der Untersuchungsausschuss als Hauptauslöser der Finanzmarktkrise identifiziert hat. Auf Grund der zeitlich begrenzten Existenz und der häufigen Modifizierungen der Regulierung kann der Nutzen neu geschaffener Gesetze empirisch nicht belegt werden. Angesichts dieses Forschungsdefizits wird in der vorliegenden Arbeit ein Agency-Modell zur Eignung der Regulierung von Ratingagenturen entwickelt. Aus dem Modell werden Kriterien abgeleitet, welche eine Analyse der Zweckmäßigkeit der geschaffenen Gesetze ermöglichen. Im Mittelpunkt der Abhandlung steht die Analyse der Regulierung von Ratingagenturen innerhalb der EU. Genauer untersucht werden Verordnungen und Diskussionsvorschläge der letzten drei Jahre. Ebenfalls überprüft wird die für Ratingagenturen relevante Gesetzeslage in den USA. Nationale Regulierungsansätze werden aus Gründen ihrer beschränkten Bedeutung nicht betrachtet. Die Analyse erfolgt lediglich mittels der erstellten Modellkriterien. Das zweite Kapitel diskutiert und definiert Grundbegriffe des Ratings. Im Kapitel drei sind die untersuchten Gesetzestexte komprimiert dargestellt. Gegenstand des vierten Kapitels sind die Prinzipal-Agenten-Theorie und das erstellte Agency-Modell. Kapitel fünf, sechs und sieben beinhalten die Synthese vorheriger Abschnitte; in diesen wird die Regulierung von Ratingagenturen mittels abgeleiteter Modellkriterien untersucht und anschließend verglichen. Ansichten und Vorschläge des Verfassers zur gewünschten Ausprägung der Regulierung werden in Kapitel acht geschildert. Diese Abhandlung beinhaltet die Gesetzgebung bis zum 10. Juni 2011

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Leseprobe

3 Aktuelle Regulierung von Ratingagenturen innerhalb der EU


 

Nachfolgend ist die Regulierung von Ratingagenturen komprimiert und chronologisch abgebildet. Die Darstellung der Regulierung beschränkt sich auf den Raum der EU, auch wenn nicht alle Regelungen (IOSCO-Vorschriften) von EU- Institutionen erlassen wurden.

 

Ausgangspunkt der Betrachtung ist das Jahr 2004. Erste Regelungen der Tätigkeit von Ratingagenturen fanden bereits vor 2004 statt. Deutsche Ansätze waren z. B. die Initiativen des BdRA (Bundesverband der Ratinganalysten und Ratingadvisor) im Jahr 1999[52] und des DVFA (Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management) im Jahr 2001.[53] Diese unverbindlichen Standards hatten jedoch nur eine begrenzte Wirkung. Für international tätige Ratingagenturen bestand kein Anreiz, deutsche Standards oder Standards ausländischer Institutionen zu übernehmen.[54] Deshalb werden nationale Regelungen von Ratingagenturen im Folgenden nicht behandelt.

 

3.1 ErsteRegulierungsansätze


 

3.1.1 IOSCO-Grundsätze 2004


 

Die International Organization of Securities Commissions (IOSCO) ist eine Organisation, welche im Jahr 1983 als Zusammenschluss von elf wertpapierregulierenden Institutionen Nord- und Südamerikas gegründet wurde. Heute ist die IOSCO als Standard setzende Organisation für den Wertpapierhandel weltweit anerkannt. Die Zielsetzung der Organisation kann in drei Aufgabenfelder unterteilt werden:

 

 Investorenschutz

 

 Fairness, Effizienz und Transparenz der Märkte gewährleisten

 

 Das systematische Risiko verringern[55]

 

Als Reaktion auf vorangegangene Krisen weltweiten Ausmaßes hat das technische Komitee der IOSCO im September 2003 eine Empfehlung mit allgemeinen Prinzipien für Ratingagenturen verabschiedet. Diese Prinzipien wurden nach ausführlichen Dialogen mit Regulierungsbehörden, Ratingagenturen und anderen bedeutenden Marktteilnehmern im Dezember 2004 unter dem Namen Code of Conduct Fundamentals for Credit Rating Agencies konkretisiert (IOSCO- Grundsätze).[56] Die IOSCO-Grundsätze sind in vier Themenfelder gegliedert:

 

 Qualität und Integrität des Ratingprozesses

 

 Unabhängigkeit und Vermeidung von Interessenkonflikten

 

 Die Verantwortung von Ratingagenturen gegenüber Investoren und Emittenten

 

 Veröffentlichung eigener Verhaltenskodizes und Kommunikation mit Marktteilnehmern[57]

 

Qualität und Integrität des Ratingprozesses

 

A. Qualität des Ratingprozesses[58]

 

Ratingagenturen sollten schriftliche Verfahren erarbeiten und umsetzen, welche eine gründliche Analyse aller verfügbaren Information sowie das Nutzen der publizierten Ratingmethoden erfordern. Das Ratingverfahren soll ein strenger und systematischer Prozess sein. Wenn möglich, sollten Ratings mittels historischer Erfahrungswerte objektiv validiert werden können. Das Rating soll durch Arbeitsgruppen erzeugt werden, deren Wissensstand und Erfahrung ausreichend sind. Die Arbeitsgruppen sollten konsistent sein und die Beeinflussung von Dritten vermeiden. Für das Erstellen eines Ratings müssen ausreichende Ressourcen verwendet werden.

 

B. Überwachung und Aktualisierung[59]

 

Vergebene Ratings sollen regelmäßig überwacht und aktualisiert werden. Bei Bedarf sollte ein Rating kurzfristig aktualisiert werden. Eine Einstellung der Ratingüberwachung durch die Agentur sollte bei weiterer Publikation des Ratings kenntlich gemacht werden.

 

C. Integrität des Ratingprozesses[60]

 

Eine Ratingagentur und ihre Mitarbeiter sollten fair und ehrlich im Umgang mit Investoren, Emittenten und der Öffentlichkeit handeln. Die Position eines Compliance Officers soll eingerichtet werden, welcher die Einhaltung der Unternehmensgrundsätze überwacht. Der Compliance Officer soll unabhängig von den Aktivitäten der Ratingagentur vergütet werden. Ein illegales oder ethisch unkorrektes Verhalten sollte dem Compliance Officer berichtet werden und zu entsprechenden Maßnahmen führen.

 

Unabhängigkeit und Vermeidung von Interessenkonflikten

 

A. Allgemein[61]

 

Ratings sollen unabhängig von ökonomischen, politischen oder anderweitigen Interessen anderer Personen, Unternehmen oder Institutionen vergeben werden. Gegenwärtige oder potentielle Geschäftsbeziehungen sollten ein Rating nicht beeinflussen. Der Ratinggeschäftsbereich sollte von anderen Geschäftsfeldern rechtlich und betrieblich getrennt werden. Interessenkonflikte in angrenzenden Geschäftsfeldern sollen durch geeignete Maßnahmen minimiert werden.

 

B. Verfahren und Methoden[62]

 

Schriftliche Verfahren zur Vermeidung oder Identifikation und anschließenden Beseitigung von Interessenkonflikten sollten entwickelt werden. Auftretende Interessenkonflikte sind vollständig, präzise und zeitnah zu behandeln. Allgemeine Informationen zur Vergütung von Emittenten für Ratingdienstleistungen sowie für andere Arbeitsleistungen sollten offengelegt werden.

 

C. Unabhängigkeit der Mitarbeiter[63]

 

Die Vergütung von Mitarbeitern soll unabhängig von den Einnahmen der Agentur sein, welche durch deren Tätigkeit erzielt wurden. Ratinganalysten sollten nicht in den Prozess der Vergütungsbestimmung zwischen Agentur und Emittent eingebunden werden. Von dem Bewertungsprozess sollten Mitarbeiter ausgeschlossen werden, die Finanzinstrumente des Emittenten besitzen. Ebenso sollte der Einfluss der Mitarbeiter, die eine geschäftliche oder private Beziehung mit Mitarbeitern des bewerteten Objekts unterhalten oder unterhalten haben, vermieden werden. Das Ersuchen um finanzielle oder nichtfinanzielle Geschenke sollte ebenso wie deren Annahme untersagt werden.

 

Die Verantwortung von Ratingagenturen gegenüber Investoren und Emittenten

 

A. Transparenz und Aktualität von Ratings[64]

 

Außer privaten Ratings sollen alle Ratings sowie deren Aussetzen frühzeitig und gebührenfrei publiziert werden. Des Weiteren sollten ausreichende Informationen über verwendete Ratingmethoden sowie deren Änderungen, das Datum der letzten Ratingaktualisierung, die Bedeutung von Ratingsymbolen sowie auch ratingrelevante Annahmen und Schlussfolgerungen veröffentlicht werden. Um die Qualität von Ratings beurteilen zu können, sollten historische Ausfallraten verwendeter Ratingobjektkategorien publiziert werden. Jedes Rating sollte Aufschluss über die (Nicht)partizipation des Emittenten an der Ratingerstellung geben.

 

B. Behandlung vertraulicher Informationen[65]

 

Vertrauliche Emittenteninformationen sollten in angemessener Weise und nur für Zwecke der Ratingerstellung benutzt werden. Mitarbeiter einer Ratingagentur sollten keine vertraulichen Informationen an Dritte weitergeben. Ferner sollten sich Mitarbeiter mit der unternehmensinternen Wertpapierhandelspolitik vertraut machen, diese befolgen und ihre Kenntnisse regelmäßig überprüfen lassen.

 

Veröffentlichung eigener Verhaltenskodizes und Kommunikation mit Marktteilnehmern

 

Ratingagenturen sollen anhand der zuvor geschilderten Vorschriften eigene Verhaltenskodizes entwickeln und regelmäßig publizieren. Ein Abweichen des selbst erstellten Verhaltenskodex von den IOSCO-Grundsätzen soll ausreichend begründet werden (,,Comply-or-explain“-Ansatz). Zur Klärung von Fragen oder Beschwerden zwischen Ratingagentur und anderen Marktteilnehmern sollte eine Kommunikationsmöglichkeit geschaffen werden. Relevante Informationen sollen anschließend an zuständige Organisationseinheiten innerhalb der Agentur weitergegeben werden.

 

Die Ausgestaltung der IOSCO-Grundsätze ist weder starr noch formelhaft. Ratingagenturen sollten einen Gestaltungsfreiraum erhalten, innerhalb dessen eigene Verhaltenskodizes zu erstellen sind. Die Notwendigkeit allgemein gehaltener Vorschriften begründete die IOSCO durch unterschiedliche rechtliche und kulturelle Marktumfelder, in welchen Ratingagenturen Geschäftsaktivitäten ausüben. Zu der Zeit waren nach Auffassung der IOSCO keine weiteren Regulierungen notwendig.[66]

 

3.1.2 Konsequenzen von Basel II für die Regulierung von Ratingagenturen


 

Basel II ist ein internationaler Rahmenvertrag. Das Ziel von Basel II ist die Stärkung der Sicherheit und Solidität des Finanzsystems. Nach Basel II müssen Banken ihre Eigenkapitalanforderungen stärker als bis dato von dem eingegangenem Risiko bei Kreditvergabe abhängig machen.[67]

 

Basel II gestattet Banken ab Januar 2006[68], externe Ratings zu verwenden, um die Höhe des einzubehaltenden Eigenkapitals zu bestimmen.[69] Zu diesem Zweck dürfen nur Ratings benutzt werden, die von einer zertifizierten Ratingagentur erstellt wurden. Bankenaufsichtsinstanzen im jeweiligen Staat sind für die Erteilung der Zertifizierung...

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