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E-Book

Mit Reinhold Messner hoch hinaus

Abenteuer auf Achttausendern

AutorGernot Uhl
Verlaghockebooks: e-book first
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl90 Seiten
ISBN9783957512208
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis2,99 EUR
Eisige Kälte, Schneegestöber, wenig Sauerstoff: Auf den höchsten Bergen der Welt - dem Mount Everest, dem K2 oder dem Nanga Parbat - gibt es keine Komfortzone. Über 8000 Metern Meereshöhe beginnt das Sterben: Der menschliche Körper baut in der dünnen Atmosphäre unaufhaltsam ab, selbst in Rastpausen. Hier oben klettert Reinhold Messner mit dem Tod um die Wette. Dieses E-Book aus der »Bibliothek der Wagemutigen« nimmt Sie mit in Reinhold Messners Lebensgeschichte von Ehrgeiz und Erfolgen, von Ängsten und Verlusten. Besuchen Sie das enge Villnösstal in Südtirol, wo Reinhold aufwächst und seine Leidenschaft für das Felsklettern entdeckt, reisen Sie mit dem Ausnahmekletterer zum Nanga Parbat, wo Triumph und Tragödie verschmelzen, wehren Sie sich mit dem streitbaren Bergsteiger gegen schwerwiegende Vorwürfe und stapfen sie in Reinhold Messners Spur auf alle 14 Achttausender ...

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Leseprobe

Die Bibliothek der Wagemutigen


Rebellische Künstler, furchtlose Freiheitskämpfer, kühne Sportler – Wagemut hat viele Gesichter. Starke Persönlichkeiten folgen nicht flüchtigen Trends, sondern inneren Überzeugungen. Leidenschaftlich, streitbar und risikobereit gehen die Helden dieser Reihe außergewöhnliche Lebenswege, auf denen nichts unmöglich ist. Erleben Sie unterhaltsam und spannend erzählte Lebensgeschichten voller Überzeugung: Wo ein Wille ist, ist auch ein Lebensweg. Die E-Books aus der Bibliothek der Wagemutigen führen Sie zu den dramatischen Schicksalsmomenten im Leben von Menschen, die Geschichte machen.

Über den Berg


Mächtig ragt der Berg empor. In seine steilste Flanke, die höchste Wand der Welt, duckt sich ein winziges Zelt. Der Höhenmesser zeigt 7350 Meter, das Thermometer zweistellige Minusgrade. Es ist drei Uhr in der Nacht an diesem 27. Juni 1970. Im schwachen Schein seiner Stirnlampe wurschtelt sich Reinhold Messner in seine dicke Überhose und in seinen Anorak. Dann stopft er sich zwei Astronautenfolien in die Jackentasche, dazu Ersatzhandschuhe, zwei Mützen, ein paar Brocken Dörrobst, Brausetabletten und zur Orientierung im Notfall ein kleines Farbbild der Wand, die er vor sich hat.[1] Die Fotokamera muss auch mit. Sie soll bezeugen, dass Messner sein großes Ziel erreicht: den Gipfel des Nanga Parbat.

Dieser Achttausender ganz im Westen des Himalayas, der neunthöchste Berg der Welt, ist überhaupt erst zweimal bestiegen worden. Noch nie ist jemand über die Rupalflanke zum Gipfel gekommen. 4500 Meter fällt sie steil ab, teilweise senkrecht. Diese Wand ist so lebensgefährlich wie die berüchtigte Eiger-Nordwand, aber dreimal so hoch. Noch dazu ruht der Wandfuß der Rupalflanke knapp unter der Baumgrenze. In dieser Höhe wird die Luft schon dünn. Dann führen zehn Kilometer extreme Kletterei über Gletscher und gefährliche Spalten, durch Eisfelder und Felsrinnen, vorbei an gewaltigen Eisabbrüchen. Überall drohen Lawinen und Steinschläge.[2] Die kühnsten Bergsteiger hatten bislang keine Chance gesehen, die Rupalwand hinaufzukommen. Selbst Hermann Buhl, der 1953 über eine andere Route als erster Mensch den Gipfel des Nanga Parbat erreicht hatte, war vor dieser Wand zurückgeschreckt: »Für alle Zeit unmöglich!«[3] Reinhold Messner, von Kindertagen an glühender Bewunderer von Hermann Buhl, fordert nun diese Unmöglichkeit heraus. Er will die Grenzen des Machbaren verschieben – schon in seinem ersten Abenteuer auf einem Achttausender.

Eisige Kälte umfängt ihn, als er über die halb aufgeblasene Luftmatratze ins Freie krabbelt. Das Lager V, das eigentlich nur aus dem roten Sturmzelt und ein paar Konserven im Schnee besteht, liegt noch ganz im Dunkeln. Das fahle Mondlicht dringt nicht bis in die schmale Nische, die die Männer mit Pickeln als Lagerplatz in das ewige Eis gehauen haben, das das Felsmassiv des Nanga Parbat überzieht. Dort, im Schutz der Wand, haben Reinhold Messner, sein Bruder Günther und ihr Bergkamerad Gerhard Baur die vergangenen Stunden verbracht. Die beiden anderen liegen noch in unruhigen Schlaf, als Reinhold sich die Steigeisen umschnallt und nach seinem Eispickel greift. Er will alleine zum Gipfel, ehe das Wetter umschlägt. So ist es mit dem Chef der deutschen Nanga Parbat-Expedition, Dr. Karl Maria Herrligkoffer, abgesprochen.

Herrligkoffer führt schon zum vierten Mal eine Mannschaft zur Rupalflanke des Nanga Parbat.[4] Er sitzt zwar tausende von Höhenmetern tiefer im Basislager am Fuß dieser gewaltigen Wand, aber er hat den Wetterbericht im Blick. Und der verheißt offenbar nichts Gutes. Zwar kann der Expeditionsleiter die Männer im letzten Hochlager vor dem Gipfel nicht mehr anfunken, weil sie keines der schweren und sperrigen Geräte hinauf geschleppt haben. Aber Herrligkoffer hat am Vorabend eine rote Leuchtrakete in den düsteren Himmel zwischen sich und seinen Bergsteigern abgefeuert. Rot ist die verabredete Farbe für schlechtes Wetter.

Für diesen Fall hatte sich Reinhold Messner angeboten, schnell und im Alleingang durch die schwierigste Passage der Rupalwand zu klettern: eine steile Schlucht aus Fels und Eis, die sogenannte Merkl-Rinne. Diese Schlüsselstelle hatte Herrligkoffer nach seinem vor Jahrzehnten am Nanga Parbat verunglückten Halbbruder Willy Merkl benannt. Dort wird sich entscheiden, ob der Gipfel auf dieser Route zu erreichen ist.

Die Merkl-Rinne ist der Weg, der Gipfel ist das Ziel. Messner will rauf auf den Nanga Parbat, oben möglichst ein paar Fotos schießen, und dann nichts wie runter – alles an einem Tag. Herrligkoffer hatte Messners Vorschlag, bei unsicherem Wetter einen Gipfelsprint im Alleingang zu versuchen, mit gemischten Gefühlen angenommen. Einerseits wäre ihm ein reiner Mannschaftserfolg unter seiner Leitung lieber gewesen. Andererseits musste er fürchten, ein viertes Mal in der Rupalwand zu scheitern. Deshalb hatte er trotz seiner Bedenken irgendwie erleichtert nach oben gefunkt: »Reinhold, Du sprichst mir aus der Seele.«[5]

Was Messner nicht wissen kann: Herrligkoffer hat die falsche Rakete gezündet. Der Wetterbericht war gut und die Rakete war falsch beschriftet. Messners Wettlauf gegen die Schlechtwetterfront ist ein Missverständnis. Weil er aber glaubt, schnell sein zu müssen, will er so wenig Gewicht wie möglich schleppen. Ein Seil nimmt er nicht mit, wen soll er auch sichern? Der Rucksack mit dem brennstoffbetriebenen Wasserkocher und der Biwakausrüstung für das Übernachten im Freien bleibt ebenfalls im Lager, zu viel Gewicht für den geplanten Kletterspurt zum Gipfel.

Auch ohne den zusätzlichen Ballast geht es in dieser Höhe nur sehr langsam voran. Es fehlt an Sauerstoff, das Atmen wird zum Japsen und Hecheln. Die trockene, kalte Luft greift die Kehle an. Der Hals wird rau und schwillt. Schleim bildet sich und jedes Husten schmerzt.

»Höhenbergsteigen ist kein Genuss«, sagt Reinhold Messner, »es ist eine einzige Plage.«[6]

Schon die kleinste Bewegung ist eine Qual, noch dazu, wenn es steil bergauf geht und mit jedem Schritt erst einmal ein sicherer Halt geschaffen werden muss. Der Eispickel ist dabei ein treuer Helfer, aber es kostet Kraft, ihn ein ums andere Mal in die Wand zu treiben.[7] Das Eis schreit auf, wenn sich die Stahlzacken der Steigeisen unter anstrengenden Tritten tief hineinbohren.

Meter für Meter arbeitet sich Messner die Merkl-Rinne empor. Die ersten Schneehänge hat er rasch überwunden. Ganz bei sich und seiner Kletterei, alle Gedanken immer gebündelt auf den nächsten Tritt und den nächsten Griff, hat er bald einen guten Rhythmus gefunden. Er kommt schnell voran. Noch hält das Wetter. Die Gipfelchancen steigen. Mittlerweile hat Messner einen schmalen Risskamin erreicht: zwei eng beieinanderstehende senkrechte Eiswände, zwischen denen er sich nach oben drückt.[8] In den Dolomiten und in den Alpen hat er das hunderte Male mit spielerischer Leichtigkeit geschafft. Mal mit gespreizten Beinen, mal mit dem Rücken an der einen, und mit beiden Füßen an der gegenüberliegenden Wand. Hier oben aber, am Rand der Todeszone, ist jeder Zentimeter eine Schinderei. Über 8000 Metern Meereshöhe beginnt das Sterben: Der menschliche Körper baut in der dünnen Atmosphäre unaufhörlich ab, selbst in Erholungs- und Ruhepausen. Ab hier klettert Reinhold Messner mit dem Tod um die Wette.

Trotzdem muss er alle paar Schritte rasten. Schwer atmend und vornüber auf seinen Eispickel gestützt bemerkt er plötzlich einen zweiten Bergsteiger unter sich, der zügig zu ihm aufschließt.

Günther! Reinhold Messner kann nicht glauben, dass ihm sein jüngerer Bruder nachgestiegen ist. Das war nicht abgemacht! Günther hätte doch zusammen mit Gerhard Baur den unteren Teil der Merkl-Rinne mit Seilen versichern sollen, um Reinhold nach seinem Gewaltmarsch die Rückkehr zu erleichtern. Was hat er also hier zu suchen, kurz unter dem Gipfel?

Eigentlich hätte er überhaupt nicht hier sein dürfen, nicht einmal am Nanga Parbat. Günther Messner war gar nicht vorgesehen für die Reise zur Rupalwand. Erst als Ersatzmann ist er zur Expedition gestoßen. »Bin mit Günther einverstanden Karl«[9], hatte Herrligkoffer an Reinhold telegrafiert, der seinen Bruder vorschlagen hatte.

Jetzt ist er also da – und zwar nur wenige Meter unter der Stelle, an der Reinhold rastet. Schon hört er das Krachen, mit dem auch Günther Eispickel und Steigeisen in die Wand haut. Gebannt und verblüfft folgt Reinhold Messner den schnellen und sicheren Bewegungen seines Bruders. Wieso ist er nachgekommen? Wie hat er so schnell aufsteigen können? Und wer hat jetzt dafür gesorgt, dass der Abstieg gesichert ist?

Eigentlich hätte es Reinhold Messner ahnen können. Seit ihrer Kindheit klettern die Messner-Buben zusammen. Sie sind eine verschworene Seilschaft, die unzählige Abenteuer bestanden hat. Nicht selten ist es Reinhold gewesen, der Günther mit seinen waghalsigen Ideen begeistert und mitgerissen hat. Reinhold hat nichts als Klettern im Kopf. Ob es Bäume sind, alte Gemäuer oder Felsformationen im Wald: Was bestiegen werden kann, wird bestiegen.

Sie sind auf die brüchige Friedhofsmauer geklettert, auf die heimischen Geislerspitzen in Südtirol. Sie sind auf Vaters Motorroller zu den schwierigsten Wänden der Westalpen gerollt. Gerade einmal zwei Jahre ist es her, dass die beiden Brüder die bis dahin noch unbezwungene Nordwand des zweiten Sellaturms in den Dolomiten durchstiegen haben – und zwar ohne die modernen Bohrhaken, mit denen jede Wand wie von selbst gelingt. Günther hatte sich von Reinholds Leidenschaft anstecken lassen[10].

Genau wie jetzt? Immerhin hat Günther für den Nanga Parbat – auch für den Gipfel – seinen...

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