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Retro, Postmoderne, Jugendsubkultur: Eine kritische Betrachtung

AutorManuel Wagner
VerlagBachelor + Master Publishing
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl59 Seiten
ISBN9783863417109
FormatPDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis14,99 EUR
Dass die 2000er das Jahrzehnt der Retro-Wellen gewesen seien, wurde in den Feuilletons der Zeitungen, Mode- und Musikmagazine nicht erst nach der Veröffentlichung von Simon Reynolds Buch Retromania thematisiert. Retromania eröffnete der Debatte nach Abschluss des Jahrzehnts jedoch implizit Perspektiven fernab von Kulturpessimismus und der Konstatierung von Kreativitätskrisen. In seiner Bachelorarbeit versucht Manuel Wagner, diese Perspektiven explizit zu machen und die zahlreichen Pop-Anekdoten, die Simon Reynolds bereitstellt, zu sortieren und in einen größeren Zusammenhang zu stellen, namentlich jugend- und subkulturelle Identitätskonstruktionen angesichts des Bruchs mit Authentizitäts- und Fortschrittsparadigmen im postmodernen Zustand. Es werden die feinen Unterschiede zwischen Retro und Nostalgie herausgearbeitet, um - anhand der ästhetischen Geschichte der Jugendkulturen der Nachkriegszeit - Retrowellen nun als originär postmodern verstehen zu können. Anschließend werden die Schwierigkeiten der etablierten Sozialwissenschaften beim Versuch beschrieben, Jugendkultur und Retrophänomene adäquat zu erfassen. Der interdisziplinäre Ansatz der Cultural Studies, welche sich in Deutschland erst seit kurzer Zeit etablieren, soll den soziologischen Werkzeugkoffer erweitern. Auf diesem Weg kann letztendlich der besagte Bruch exemplarisch an jenen illustriert werden, die zeitgenössisch mit den Bezeichnungen Emo und Hipster versehen werden, und an jenen, die gegenwärtig versuchen ihre selbstauthentifizierte und legitimierte Deutungsmacht über diese Bezeichnungen zu verteidigen.

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel 7, RETROMANIA UND JUGEND(SUB)KULTURELLE IDENTITÄT: Im Folgenden wird, aufbauend auf die bisherigen Befunde, der Diskurs über das Ende der Jugendkultur aus verschiedenen Positionen dargestellt und anschließend die Möglichkeit der Entstehung neuer Identitäten durch Rekonfigurationen und Rekontextualisierungen erörtert. 7.1, Das Ende der Jugendkulturen: Das bereits eingetretene oder in naher Zukunft eintretende Ende der Jugendkulturen lässt sich aus einer politisch-identitären und aus einer kultur-identitären Position konstruieren. Beide Positionen beruhen auf einem Synkretismus aus den Konzepten Jugendkultur, Subkultur und Gegenkultur, wobei angenommen wird, dass Jugend(sub)kulturen selbstverständlich subversive und progressive Elemente beinhalten, die über Popmusik vermittelt werden können. Diese Vermengung wird in der vorliegenden Untersuchung als Pop-Mythos bezeichnet. Für deutschsprachige Poptheoretiker wie Diedrich Diederichsen, Roger Behrens oder Martin Büsser stellte der Pop-Mythos bis Anfang der 1990er Jahre ein apriorisches Bekenntnis zu dem politisch linken und auf Subversion abzielenden Wesen der Jugend(sub)kultur und Popkultur dar. Dieser Glaube wurde 1992 erschüttert, als Diederichsen in einem Fernsehbeitrag über die rassistisch motivierten Anschläge auf Asylbewerber in Rostock eine Vielzahl jugend(sub)kultureller Symbole und Codes an der Kleidung der Angreifer ausmachte (vgl. Ernst, 2002, S. 7). Nicht nur der (konservative) Mainstream, sondern auch Neonazis bedienten sich nun ehemals linker, subversiver Praktiken und Motive (ebd.). Als solches Subversionsmotiv bezeichnete Diederichsen auch '[...] das Zerreißen von vorgegebenen Formen, wobei diese erkennbar bleiben/bleiben sollen (Collage, De-Collage, Eklektizismus, Sample, Zitat) [...]' (zitiert nach: Ernst, 2002, S. 10). Derartige Aneignungen von rechter Seite fanden zunächst im an Punk und Hardrock angelehnten Rechtsrock statt und weiteten sich später auf alle jugend(sub)kulturellen Bereiche aus. So existieren heute rechte Szenen wie Hatecore, NSBM (National Socialist Black Metal) und Autonome Nationalisten, während in einigen traditionell der Linken nahestehenden Szenen und speziell in der Schwarzen Szene ein provokatorisches Spiel mit der politischen Grauzone, ohne explizite Distanzierung von rechten Künstlern und rechtem Gedankengut, durch die sich als unpolitisch verstehenden Szene-Angehörigen betrieben wird. In diesen Nischen genießen Interpreten wie Douglas Pierce und Varg Vikernes - nicht zuletzt aufgrund der polarisierenden Außenwirkung eines Fan-Bekenntnisses - eine hohe Popularität. Wird der Pop-Mythos aus der kultur-identitären Position der jüngeren Cultural Studies am Beispiel neuerer jugendkultureller Erscheinungen wie Emo oder der Hipsterkultur betrachtet, lässt er sich auch hier nicht aufrechterhalten. Eine Bezugnahme der Jugend(sub)kulturen blieb bislang auch im Falle der neueren Phänomene der Emos und Hipster aus, die eher unpolitisch und konsumorientiert scheinen. Die Feststellung vom Ende der Jugendkulturen aus dieser Position resultiert aus einer teilweisen Wiederaufnahme derjenigen Überlegungen der Kritischen Theorie, laut denen die Kulturindustrie die Möglichkeit zur wirklichen Subversion in der populären Kultur vorwegnimmt. Hierdurch kehrten die jüngeren Cultural Studies vom optimistischen, am Pop-Mythos festhaltenden Denken über Jugend(sub)kulturen früherer Vertretern wie Dick Hebdige ab (vgl. Flohé & Schmoliner, 2006, S. 2 f). Hebdige zufolge sei eine subversive Herausforderung des hegemonialen Mainstreams durch Rekombinationen wie etwa im Punk möglich, solange diese subkulturellen Zeichen nicht Gefahr laufen würden, in ebendiesen Mainstream übersetzt und zurückverkauft zu werden (Witzke, 2004, S. 367 ff). Diese Haltung ließ sich nicht an Beobachtungen bestätigen und erzeugte komplexe Widersprüche. Viele Zeichen und Symbole der Jugend(sub)kulturen waren in der Geschichte bereits kurze Zeit nach ihrem ersten Auftreten von der Kulturindustrie übernommen und wurden zurückverkauft, bevor die jeweilige Jugend(sub)kultur überhaupt als solche erkannt und etabliert war. Die Punkgruppe Sex Pistols war 1976 gleichzeitig als vom Situationismus beeinflusstes Experiment ihres Managers Malcom McLaren und als gewinnbringende Boygroup in Kooperation mit den Plattenfirmen EMI und Virgin angelegt (vgl. Marcus, 1990). Ein Jahr später, 1977 im Zuge der Ausverkaufsvorwürfe an die Band The Clash, die einen Vertrag bei CBS über die Veröffentlichung ihres Debütalbums unterschrieben, wurde Punk von Mark Perry in seinem als Sprachrohr der frühen Bewegung fungierendem Fanzine Sniffing Glue für tot erklärt (vgl. Frere-Jones, 2004). Die verbliebenen Punks spalteten sich anschließend in eine Post-Punk Fraktion einerseits, die sich stilistisch weit öffnete und optisch und musikalisch für Außenstehende nicht mehr als Punks zu erkennen war, und die Hardcore-Punks andererseits, die in Nostalgie an die frühen Tage des Punk und in Abgrenzung zum als zu arty und weichlich befundenen Post-Punk weiterhin schneller, härter und lauter werden wollten und das heutige Bild von Punk prägten.
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