3 Die Analyse exemplarischer Lebensentwürfe junger Erwachsener in erschwerten Lebenslagen
3.1 Das methodische Vorgehen
3.1.1 Ableiten von Fragestellungen für die empirische Untersuchung
Die zentrale Intention der Forschungsarbeit im Sinne der Analyse exemplarischer Lebensentwürfe junger Erwachsener in erschwerten Lebenslagen, bezogen auf die Lebensbereiche…
Ausbildung, Beruf und Einkommen
Freizeit
Wohnen
Familie und soziale Beziehungen
Beurteilung der eigenen sozialen Lage - Lebensstandard und -zufriedenheit im Ganzen,
konkretisiert sich vor dem dargelegten theoretischen Hintergrund. Eine weitere Zielstellung beinhaltet die Analyse der Kompatibilität und Abstimmung bereichsspezifischer Auseinandersetzungen mit den Wünschen und Zielen in anderen Lebensbereichen sowie Bewältigungsstrategien beim Umgang mit möglichen Divergenzen. Die aktuellen Lebenssituationen (und Antizipationen) der Befragten werden dabei zunächst bereichsweise beschrieben.
Bezüglich des Bereiches Ausbildung, Beruf und Einkommen wurden der aktuelle Berufs-, Erwerbs- und Einkommensstatus sowie antizipierte Präferenzen (zukünftige Berufswünsche) inhaltlich erfasst.
Im Hinblick auf die persönlich wahrgenommene Bedeutung von Freizeit ließen sich Funktionen und damit verknüpfte Bedürfnisse im Zusammenhang mit bestimmten Aktivitäten betrachten. Erfragt wurden derzeitige Freizeitaktivitäten, weitere Interessen und Freizeitpartner, um den Stellenwert des Freizeitbereiches im gegenwärtigen Lebenszusammenhang zu erfassen. Des Weiteren thematisierten die Befragten den grundsätzlichen Stellenwert des Freizeitsektors.
Konkrete individuelle Bedeutungen und Funktionen des Wohnens fanden hauptsächlich in den Antizipationen zu Sozialgefügen und Haushaltstypen bzw. zu verschiedenen Charakteristika der anvisierten Wohnverhältnisse Ausdruck - auch im Sinne der Ablösung von der Herkunftsfamilie.
Im Bereich der familiären Lebensformen interessieren vor allem Antizipationen bezüglich der präferierten Gestaltung und Institutionalisierung von Partnerschaften sowie zum grundsätzlichen Kinderwunsch, zur antizipierten Kinderzahl und zum vorgesehenen Zeitpunkt des Übergangs zur Elternschaft. Zudem werden Partnerwunschvorstellungen thematisiert. Des Weiteren äußern sich die Befragten zur Bedeutung familiärer Bindungen als auch von Freundschaftsnetzwerken. Besonders interessant sind die Beziehungen untereinander und dabei vor allem deren sinnstiftende Funktion für die eigene Biographie. Dabei spielt es für die Beurteilung von Quantität und Qualität sozialer und emotionaler Unterstützung eine entscheidende Rolle, welche Ressourcen der Einzelne für sich tatsächlich aktivieren kann. Von Bedeutung ist dabei vor allem auch die Art und Weise, in der sich der Biographieträger selbst in Beziehung zu anderen darstellt, da er sich durch die von ihm genannten Ereignisträger unterstützt, bestärkt oder behindert fühlen kann.
Hinsichtlich der Beurteilung der eigenen sozialen Lage steht die Wahrnehmung
der Qualität des Lebens, das geführt wird, im Fokus der Aufmerksamkeit. Hierzu
zählen sowohl die Reflexion bisheriger Entscheidungen als auch persönliche Erwartungshaltungen hinsichtlich der Gestaltung des zukünftigen Lebensweges. Diese Beurteilungen schließen auch Empfindungen der (Un-) Zufriedenheit ein.
3.1.2 Die Bestimmung der Zielgruppe
Die Auswahl der Zielgruppe richtete sich nach dem Ziel der Forschungsfrage.
Zur empirischen Bearbeitung der hier formulierten Fragestellung war dafür
eine Operationalisierung des Phänomens „erschwerte Lebenslage“ erforderlich
Da spezielle Persönlichkeitsmerkmale, die diese jungen Erwachsenen von anderen zweifelsfrei unterscheiden, nicht existieren, ergab sich aus dem Forschungsdesign,
dass Personen einbezogen wurden, welche zunächst typische „Maßnahmekarrieren“ aufgrund einer durchweg brüchigen Berufsbiographie aufwiesen. Dies beinhaltete
folglich den erschwerten Übergang von der Schule in das Berufsleben und die sich daraus ableitende erschwerte Integration in die Gesellschaft, bspw. aufgrund des familiären bzw. sozialen Umfeldes oder der materiellen Situation.
Das Konstrukt „erschwerte Lebenslage“ verweist demzufolge auf die geringere Ausstattung mit finanziellen, sozialen und kulturellen Ressourcen der Zielgruppe im Sinne...
ökonomisch - situativer Benachteiligungen
bildungsbedingter Benachteiligungen
sozial - individuell bedingter Benachteiligungen.
3.1.3 Die Gewinnung der Interviewpartner
Da es mir nicht um Repräsentativität, sondern um ein möglichst zutreffendes Set der relevanten Handlungsmuster ging, hatte ich im Theoretical Sampling Personen angefragt, die zu meiner Fragestellung auch Bezug nehmen konnten. Bei der Auswahl der Interviewpartner spielten dabei informelle Kontakte zu meinem früheren Arbeitgeber sowie teilweise noch zur untersuchenden Personengruppe eine entscheidende Rolle.
Aus Gründen der Praktikabilität ergab sich eine regionale Einschränkung der Befragten auf den Landkreis Harz. Die Probanden hatte ich telefonisch angefragt und über die Interviews aufgeklärt. Deren spontane Zusage werte ich als Ausdruck des persönlichen Interesses an der Thematik und individuellen „Betroffenheit“. Diese Einschätzung wird auch durch das Verhalten der Interviewten bestätigt, die sich auffallend motiviert, interessiert und gesprächsbereit zeigten. Die Gesprächstermine wurden nach anfänglichem Telefonkontakt verabredet und fanden aufgrund der Bedeutung der natürlichen Feldsituation in den Wohnungen der Befragten statt.
3.1.4 Die Datenerhebung
Die Intention der Arbeit erforderte ein hypothesengenerierendes, qualitativ - exploratives Vorgehen. Im Zentrum der Datenerhebung standen halbstrukturierte Interviews, bezogen auf die einzelnen Lebensbereiche in der Einzelsituation, bei denen wie bei narrativen Interviews das Erzählungsprinzip zu Grunde liegt. Diese gliederten sich wie folgt:
Einführung
persönliche Kontaktaufnahme
Erläuterung des Erkenntnisinteresses und der geplanten Vorgehensweise
Erklärung der Aspekte der Freiwilligkeit, Vertraulichkeit, des Datenschutzes und der Aufzeichnungstechnik
Erhebung der personenbezogenen Daten mittels eines Kurzfragebogens, um die innerhalb der Leitfadeninterviews gewonnenen Informationen inhaltlich zu ergänzen und validieren zu können.
Bei der Datenerhebung verwendete ich zunächst einen standardisierten Kurzfragebogen zur aktuellen Lebenssituation (siehe Anhang), der personenbezogene Daten der Befragten erfasste, die nicht mehr während des Interviews eruiert werden mussten und somit nicht den Gesprächsfluss durch Fragen unterbrachen. Zum anderen dienten mir die in ihm enthaltenen Informationen - und insbesondere in Kombination mit einer offenen Frage - zu einem Gesprächseinstieg.
Nach der Sicherung des Verständnisses für Intention, Inhalte und Ablauf der Datenerhebung begann der Hauptteil der halbstrukturierten Interviews. Ein wichtiges Instrument stellte hierbei der Gesprächsleitfaden dar (siehe Anhang), der mir als Gliederungshilfe und Orientierungsrahmen diente und einen organisierten Überblick über die einzelnen Lebensbereiche lieferte. Dieser beinhaltete im Hauptteil die bereits genannten Themenkomplexe:
Hauptteil
Ausbildung, Beruf und Einkommen
Freizeit
Wohnen
Familie und soziale Beziehungen
Beurteilung der eigenen sozialen Lage - Lebensstandard und
zufriedenheit im Ganzen
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(eigene... |