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E-Book

Robin Hund

Vom Glück auf vier Pfoten

AutorOlaf Graehl
VerlagVerlagsgruppe Droemer Knaur
Erscheinungsjahr2009
Seitenanzahl192 Seiten
ISBN9783426401910
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis7,99 EUR
»Ein Leben ohne Hund ist ein Irrtum.« Carl Zuckmayer Goldenes Fell, bedingungslose Treue und eine leidenschaftliche Begeisterung für alles, was nach Wasser aussieht: Robin, der Golden Retriever, weiß, wie er die Menschen um die Pfote wickelt. Olaf Graehl, der Mann am anderen Ende der Leine, erzählt von den vielen skurrilen, dramatischen und berührenden Momenten mit Robin, von seiner Weisheit und vom Glück, das man nur mit einem Hund erleben kann. Robin Hund von Olaf Graehl: im eBook erhältlich!

Olaf Graehl, ist gelernter Journalist und Jurist. Seit frühester Jugend ist er leidenschaftlicher Hundefreund und nahm vor über dreißig Jahren den ersten Golden Retriever bei sich auf. Robin Hund wurde 1992 Familienmitglied und verbrachte sein sechzehnjähriges Hundeleben mit den Graehls in Herrsching am Ammersee.

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Leseprobe

1.


Das einzige Mal im Leben

Katzen, sagt man, hätten sieben Leben. Sieben Mal könnten sie bei ihren wilden Jagd- und Liebesabenteuern dem Tod auf die Schippe geraten – und wieder abspringen. Ich weiß nicht, ob das stimmt, und ich würde mich als Katze lieber nicht darauf verlassen.

Ich hatte einen Hund, einen Golden Retriever mit Namen Robin Hund (ja, stimmt schon, Hund, nicht Hood), der mit mir alt geworden ist. Von dem weiß ich, dass er vier Leben hatte, mindestens. Dreimal war er nahe dran, uns zu verlassen, aber er blieb. Und wenn der geliebte Hund dreimal stirbt, na ja, fast stirbt, und dann zum Glück doch nicht, gibt man sich gern der trügerischen Hoffnung hin, es werde ihm auch beim nächsten und übernächsten Mal nicht so ernst sein damit. So hat es der Robin fertiggebracht, dass ich auch die letzten Jahre unbeschwert mit ihm leben konnte, ohne bei jeder wunden Stelle im Fell und jedem Tag mit trockener Nase schon Angst vor dem Ende haben zu müssen.

Der Robin war mir ein treuer Gefährte durch sechzehn Jahre meines Lebens. Er ließ die guten Tage besser und die schlechten erträglich werden; er hat mit mir die Hügel und den See bei meinem Haus erkundet; ist mit mir sommers wie winters in die Berge gestiegen, besonders gern dort, wo Schnee lag; hat pflichteifrig mit mir Burgruinen erforscht (wobei er weniger dem Trutzigen seine Aufmerksamkeit schenkte als dem Putzigen, das heute dort in kleinen Löchern wohnt); er lag geduldig stundenlange Fahrten auf dem Rücksitz im Auto, wenn ich in Dänemark das Meer oder in der Provence nach dem Lavendel sehen wollte …

Solch schöne Jahre vergehen schnell, und das Ende der eingespielten Partnerschaft mit einem Hund kommt immer zu früh. »Als Gott die Welt erschuf, muss er wohl unerforschliche Gründe gehabt haben, dem Hunde eine etwa fünfmal kürzere Lebensdauer zuzumessen als seinem Herrn«, klagte der berühmte Gänsevater und Hundefan Konrad Lorenz. Ich kenne durchaus vernünftige Leute, die es mit Blick auf das Ende nicht wagen, einen Anfang zu machen mit einem Hund. Sie übersehen freilich, mit welcher Fülle von tagtäglichen Freuden und Erfahrungen, über ein ganzes Hundeleben hin, dieser letzte Schmerz tausendfach aufgewogen wird.

Das erste seiner vier Leben verbrauchte der Robin unter einem Auto. Meine Frau hatte eine Besucherin vor der Haustür verabschiedet, und wie es so geht, gab es auch da noch dieses und jenes zu besprechen. Als die Dame schließlich ihren kleinen Renault rückwärts aus der Hofeinfahrt steuerte, wollte das Auto auf einmal nicht mehr recht weiter. Jemand anderes wäre jetzt vielleicht erst recht aufs Gas gestiegen. Glücklicherweise aber verließ die Dame ihr Auto und schaute nach. Hinten gab es kein Hindernis, nichts. Also bückte sie sich und guckte unter den Wagen. Ihr Entsetzensschrei fuhr uns durch alle Glieder und war fast so schlimm wie das, was sie dort gesehen hatte: Platt wie ein Eisbärenfell vor dem Kamin lag der Robin eingequetscht zwischen dem Unterboden des Renault und dem Pflaster, die Pfoten breit nach vorn gestreckt, selbst sein Kopf schien flacher zu sein als sonst. Offenbar hatte er die offene Haustür zu einem Ausflug ins Freie genutzt und sich, wie er das gern tat, wenn er mitgenommen werden wollte, hinter das Auto gelegt. Als sich die Abfahrt unserer Besucherin hinzog, war er wohl eingeschlafen. Und weil der Robin damals schon nichts mehr hören konnte, hatte ihn auch das Motorengeräusch nicht geweckt.

Aber er lebte, und auch Blut war, zumindest beim ersten Hinschauen, nicht zu entdecken. Zum Glück im Unglück hatte ihn das Auto anscheinend nicht überrollt, sondern zwischen den Rädern mit der Bodenplatte in seine jetzige Form gepresst. Mit einer reichlichen Tonne Auto im Genick brachte er nicht einmal einen Ton heraus. Aber wie öfter schon, wenn er allein nicht mehr weiterwusste, in einem reißenden Bach etwa oder am steilen Abhang, schauten mich jetzt wieder seine schwarzen Augen an und sagten unhörbar, aber ganz deutlich: »Mach doch was, hol mich hier raus!«

Na klar, aber wie? Das Auto wegfahren war zu gefährlich. All die Ecken und Kanten umweltbewusster Abgasverarbeitung dort unten hätten sich in Robins Fell festhaken können. Und dann wäre doch noch Blut geflossen. Also ein Versuch mit dem Wagenheber?

»Nein, das hab ich doch nicht gewollt«, jammerte noch immer, nicht sehr hilfreich, die aufgeregte Dame und wusste nicht, wo sich das Teil in ihrem Wagen aufhielt. Der meine passte zum Glück auch und stemmte den Renault auf einer Seite hoch. Sobald der Robin die Entlastung spürte, kam Bewegung in das flache Fell, und bevor wir ihm noch weiterhelfen konnten, kroch er, oh Wunder, von ganz allein, und jetzt wieder mit normalem Kopf und Körper, unter dem Auto hervor.

Ich würde Ihnen jetzt gern erzählen, wie er begeistert an mir, seinem Retter, hochgesprungen ist, mir die Hand geleckt und mit dankbarem Augenaufschlag die Pfote hingehalten hat und so weiter, die ganze Lassie-Masche eben. Aber das soll ja ein Bericht werden und kein Roman. Also: Nichts dergleichen geschah. Anscheinend hielt Robin alle Anwesenden, mich eingeschlossen, irgendwie für sein Unglück verantwortlich, marschierte leicht hinkend und ohne uns eines weiteren Blickes zu würdigen ins Haus zurück, nahm ein paar kräftige Schlabberer aus dem Wassernapf und ließ sich auf die Schlafdecke fallen. Wir waren ihm auch so dankbar für seine Auferstehung.

 

Dem für Hunde/Bezirk Südbayern zuständigen Sensenmann, bairisch auch: »Boandlkramer«, hatte man, stelle ich mir vor, wegen dieses Misserfolges höheren Orts heftig den Kopf, genauer: den Knochenschädel, gewaschen. Man weiß ja, wie das heutzutage so läuft: Von Gehaltskürzung, gar Outsourcing, Jobverlust und dergleichen könnte da die Rede gewesen sein. Deshalb fühlte er sich wohl gedrängt, schon einige Monate später einen zweiten Versuch zu unternehmen. Und um diesmal ganz sicherzugehen, trieb er als Erstes meinen armen Hund im Kreis herum. Das ging dann so: Der Robin stand morgens von seiner Schlafdecke auf und drehte seinen Kopf so weit es ging nach links. Dort gab es nur die Wand der Diele, aber der Robin starrte sie an, als sähe er sie nach den zwölf Jahren in unserem Haus zum ersten Mal. Als er davon endlich genug hatte, machte er sich wie gewohnt auf zum morgendlichen Kontrollgang im Garten. Sein Kopf blieb festgezurrt auf der linken Seite. Versuchen Sie mal, in dieser Haltung durch eine Tür zu kommen! Dem Robin gelang das erst nach einer Reihe schmerzhafter Fehlversuche an den Wänden rechts und links vom Ausgang.

Im Garten, auf der großen Wiese, wurde die Sache dann noch schlimmer. Der Robin taumelte über den Rasen, als käme er vom Oktoberfest. Um das Vogelbad, seine bevorzugte Wasserstelle, zu erreichen, nahm er einen Weg, der in etwa dem Bauplan für eine Wendeltreppe entsprach. Dann kreiselte er weiter in die entlegenste Ecke des Gartens, hinter das Phloxbeet. Dort brach er zusammen. Lang hingestreckt, den schiefen Kopf auf der linken Pfote, lag er unter der noch kahlen Hecke und wollte sich nicht mehr bewegen. Es war Anfang April, die Regenschauer mit Schnee vermischt, also nicht gerade das passende Wetter für ein Nickerchen im Freien. Irgendetwas musste ich tun, um ihn dort heraus, und wieder auf die Pfoten zu bekommen. Erster Versuch: Hund hochheben und auf die Beine stellen. Aber da unten waren keine Beine, nur die weichen Fellwülste eines Kuscheltiers. Also zweiter Versuch mit der ganzen Palette seiner Lieblingskekse. Vergebens, keine Reaktion. Ich wedelte mit der Leine, was sonst laut und aufgeregt als Aufforderung zu einem Spaziergang begrüßt wurde. Half auch nichts, der Robin rührte sich nicht. Als er dann noch das Morgenfutter verweigerte, bei einem Golden Retriever bekanntlich der größte anzunehmende Störfall, ging bei uns die Alarmanlage los.

Noch gibt es nur wenige Tiernotärzte mit Rettungswagen und Blaulicht. Bei uns dafür eine weithin geschätzte Tierklinik in der Kreisstadt, die Tag und Nacht, auch sonn- und feiertags, ärztliche Hilfeleistungen jeder erforderlichen Art bereithält. Über all die Robinjahre hin war sie uns ein schützender Begleiter, sozusagen das Drahtseil neben dem Klettersteig. Wenn Hunde sich einen Nagel oder ähnlich scharfes Gefahrengut in die Pfote treten, dann sicher an Weihnachten oder einem anderen arbeitsfreien Tag.

Also 37 Kilo Robin ins Auto gestemmt und auf zu den Tierheilern. Das Gefühl der Erleichterung und der Hoffnung auf die richtige Diagnose und Medizin, wie bei früheren Ausflügen dieser Art, wollte sich diesmal nicht einstellen. Außer dem Hund schleppte ich auch noch den bedrückenden Gedanken mit mir herum, dass dies Robins letzter Weg sein, dass statt der heilenden Arznei die allerletzte Spritze auf ihn warten könnte. Dann würde er Haus und Garten – und wir ihn – nie wiedersehen. Der Robin selbst war so todmüde, dass seine sonst so sprechenden Augen keine Hilfe für meine Mutlosigkeit wussten.

In der Klinik marschierte der Robin tapfer mit schrägem Kopf, aber auf eigenen Beinen, in Richtung Behandlungszimmer und prallte erst einmal an die Wand neben der Tür. Als langjährige und prompt zahlende Patienten bekamen wir Chefbehandlung. Der wuchtige Arzt mit dem Rittergesicht und Händen für behandlungsresistente Bernhardiner zeigte sich von unserer dramatischen Kopfnummer nur mäßig beeindruckt. »Das gibt’s schon mal bei älteren Hunden«, lautete die prompte Diagnose. »Da ist etwas im Gleichgewichtsorgan durcheinandergekommen, und den Hunden wird’s dann schwindlig und übel. Das kann manchmal gefährlich werden. Aber wenn wir Glück haben, bekommen wir das in acht Tagen weg.« Ein Spritzencocktail wurde aufgezogen (geschüttelt, nicht...

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