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E-Book

Römische Charakterköpfe

Vollständige Ausgabe

AutorTheodor Birt
VerlagJazzybee Verlag
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl402 Seiten
ISBN9783849623012
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis0,99 EUR
Das vorliegende Buch will Personen schildern, Menschen uns nahe bringen, und aus der Fülle der überlieferten historischen Einzelheiten das Wesentliche hervorheben, damit vom Beiwerk die Zeichnung selbst nicht zugedeckt werde. Dabei wendet sich die Darstellung der römischen Staatsmänner, Feldherren und Kaiser an den weiten Kreis der Gebildeten; sie möchte aber auch die flüchtige Beachtung des Gelehrten und Fachmannes auf sich lenken. Denn es handelt sich um eine wichtige Sache, um die richtige Beurteilung eben jener vielgenannten führenden Männer Roms, des Hadrian und Mark Aurel, aber auch des Pompejus, Augustus, Mark Anton und anderer Größen.

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Leseprobe

 


Lukull war ohne Frage ein genialer Feldherr; aber er wurde durch einen andern in den Schatten gestellt; das ist Pompejus, der sich den Großen nannte; Pompejus Magnus. In ihm zeigt sich uns der letzte erfolgreiche Generalissimus Roms, der sich mit Krieg und Sieg begnügte, ohne den Verfassungsbruch zu wollen und nach der Königsbinde zu streben. Im Kampf mit ihm gründet Cäsar die erste Monarchie.

 

In Pompejus steht wieder einmal ein großer Typ und ein ganz neuer Typ vor uns: ein Soldat, der nichts als Soldat ist, dem schon als Knabe das Herz lacht, wenn er Waffenlärm hört, der jahrzehntelang in den Wogen des Krieges schwimmt wie der Delphin im Meer, mit dem Trieb zum Großartigen und zum Ruhm; der alles aus dem Vollen schöpft, weitblickend immer nur mit großen Mitteln arbeitet und von vornherein den Beruf in sich fühlt, zu führen. Das alles ist großstilig römisch; aber mehr als römisch ist, daß er die harte Grausamkeit Sullas von sich wirft und ein Kraftmensch voll Milde und Freundlichkeit ist, gewohnt, wo er sich zeigt, ohne viel Worte zu überreden. Das war die Gabe, die dem Lukull abging: Pompejus hat von vornherein seine Umgebung beherrscht. Denn er fühlte sich ihr überlegen. Ein märchenhafter Goldschimmer hängte sich schon um seine Jugend. Seine Begabung war begrenzt und vielleicht im Grunde nicht glänzender als die des Marius. Mut und Unternehmungslust, Umsicht und Sorgsamkeit zeichnen ihn aus. Ein stolzes Selbstgefühl gab seinem Auftreten Wucht und Nachdruck. Ihm fehlte der zündende Funke der Genialität und die Begabung des Staatsmannes, die Ideenfülle des epochemachenden Neuerers. Aber er war liebenswert, und wenige sind so geliebt worden wie er.

 

Wer Menschen kennen lernen will, muß sie in ihrer Jugend aufsuchen und nachsehen, wo ihre Wurzeln stecken. Wir denken an Sulla zurück und an das Jahr 83. Sulla war eben im Begriff, Rom zum zweiten Mal zu erobern. Aber sein Erfolg war noch unsicher. Da erhebt sich ein junger Mensch im Studentenalter: es war in der Landschaft Picenum, die nicht allzu fern von Rom, jenseits des Apennin und des Gran Sasso liegt, bei der Stadt Ascoli am kleinen Fluß Tronto: da beginnt der junge Mensch aus eigener Tasche (denn sein Vater ist tot) Truppen anzuwerben, Offiziere und Unteroffiziere zu ernennen; man ahnt nicht, zu welchem Zweck. Dann fing er an, für Sulla zu kämpfen und dreinzuschlagen; in einem Reitergefecht haut er einen Gallier vom Pferde. Sulla selbst kennt ihn gar nicht, weiß nichts von seinen Veranstaltungen und muß den noch so grünen, weichwangigen Condottiere als ebenbürtigen Verbündeten anerkennen; er begrüßt ihn als »Imperator«. Das war Gnäus Pompejus; einen Zunamen führte er damals noch nicht.

 

Und so ging es dann weiter. Pompejus liebte es, mit einigen Regimentern hinter sich durch die Welt spazieren zu gehen, wie der Jäger mit seinem Hund. Er war im September 106 geboren, und schon 16jährig, im Alter des Sekundaners, hatte er unter seines Vaters Befehl im Bundesgenossenkrieg im Felde gestanden. Da war der Junge bei den Soldaten so beliebt, daß sie in Angst um ihn gerieten, als er sich eine Zeitlang verborgen hielt, und den Feldherrn Cinna, den hohen Konsular, erschlugen, lediglich deshalb, weil sie glaubten, er habe den jungen Pompejus töten lassen.

 

Man sieht: Pompejus war von Erziehung kein Städter; er war ein Kind des Feldlagers. Er wußte von bürgerlichen Dingen wenig. Wie die Knaben am frohsten sind, wenn sie Soldat spielen, so auch er. Aber das Spiel wurde bei ihm Ernst, und die Liebe der Truppe gewöhnte ihn an den Gedanken, daß man sich ihm unterzuordnen habe.

 

Warum ergriff er Sullas Partei? Marius war damals schon tot und Sulla der einzige erhebliche Mann, der einem Pompejus imponieren konnte. Vor allem war schon sein Vater, Pompejus Strabo, Sullas eifriger Anhänger gewesen, und dieser Pompejus, der Vater, war deshalb beim Volk in Rom verhaßt. Es schien eine gerechte Todesart, daß ihn der Blitz erschlug. Seine Leiche wurde öffentlich ausgestellt; aber das Volk riß die Leiche von der Bahre und entstellte sie. Daß hiernach der Sohn, der unfertige Mensch, zunächst die Parteistellung seines Vaters einnahm, bedarf keiner Erklärung.

 

Sulla suchte den jungen Degen sogleich durch Heirat noch näher an sich zu fesseln. Es war eine rohe Machenschaft, ganz in der Manier des Tyrannen: Sullas Stieftochter Ämilia, die eine verheiratete Frau war und eben ein Kind erwartete, trennte er gewaltsam von ihrem Gatten und gab sie dem Pompejus ins Haus. Die Unglückliche starb kurz darauf in Schmerz und Jammer.

 

Nun galt es, den Pompejus zu beschäftigen. Denn Sulla hatte keine Lust, Rom zu verlassen, und es herrschte noch viel Unordnung und Revolten. Pompejus ging wie ein Kehrbesen durchs Reich und reinigte die Provinzen von allen aufrührerischen Elementen. Was wäre die Welt, die Sulla zurückließ, ohne diesen behenden Kehrbesen gewesen?

 

Die Erfolge waren rasch, leicht und sicher, und es bildete sich sofort ein huldigender Kreis um ihn. Der Südländer, auch der Italiener, liebt es, zu bewundern, einen Helden zu haben, den er vergöttern kann, und Pompejus war eben ein schöner, eleganter, ritterlicher Mensch, von fürstlicher Haltung, von geradem Sinn und freundlichem Blick und eben durch seine Schlichtheit faszinierend; als Seemann ebenso tüchtig wie als Reiter. Im Sprung und Wettlauf, auch im Lastenheben mit Hilfe des Hebebaums maß er sich mit jedem, der wollte; solange er jung, hatte er den Typus Alexanders des Großen, prächtig anzusehen; das Haar stand ihm in steiler Böschung über der Stirn; aber ihm fehlte vollständig alles Vulkanische, das Weltumstürzende im Wesen Alexanders. Er unterschied sich von Alexander wie der Jagdfalke vom Adler; d. h. er ging nicht auf eigenen Raub aus. Sein Teint war zart, und eine Röte flog ihm übers Gesicht, wenn er vor vielen reden sollte. Er hatte etwas Wonniges in seinem Wesen. Von einem Weibe wird uns die Wonne seines Kusses geschildert; und zwar war es wieder einmal eine Dame der Halbwelt, mit dem poetischen Namen Flora, der Pompejus, der sonst so keusche Mann, für kurze Zeit nahe trat und die hernach vor Sehnsucht nach ihm erkrankte und von der Erinnerung an ihn zehrte. Diese Flora stand übrigens in solchem Ansehen in der Gesellschaft, daß man ihr Porträt im Castorentempel als Schmuck aufstellte; denn sie galt als eine der ersten Schönheiten.

 

So war Pompejus der geliebteste Sohn eines verhaßten Vaters.

 

Sulla schickte ihn nach Sizilien; da spielte er in einigen Fällen in Sullas Namen den Scharfrichter; im ganzen aber schonte er Menschenleben, wo er konnte.

 

Auch in Afrika standen Gegner Sullas, Reste der Marianischen Partei. Da zeigte Pompejus seine gute Laune. Als er in die Gegend Karthagos kam, marschierten seine Soldaten nicht; sie glaubten, in der Nähe dieser Ruinenstätte lägen gewaltige Schätze, und fingen an zu graben, wohl eine Woche lang, ein Ameisengewimmel; Pompejus lachte dazu, bis die Leute müde waren. Gefunden wurde nichts. Trotzdem bezwang er den dortigen Feind, Domitius Ahenobarbus, in vierzig Tagen, indem er auch tief in Numidien (Algier) vordrang. Daran schlossen sich herrliche Löwenjagden, Elefantenjagden. In der Hauptschlacht wäre Pompejus beinahe umgekommen. Es war furchtbarer Regensturz und Unwetter und solche Dunkelheit, daß man ihn nicht erkannte; einer seiner eigenen Soldaten wollte ihn niederstechen, weil er auf Anruf die Losung nicht gleich sagte.

 

Jetzt befahl Sulla, er solle sein Heer entlassen. Aber das Heer erhob sich tumultuarisch dagegen; es wollte dem Pompejus gehorchen, nicht dem Sulla. Pompejus mußte drohen, sich selbst zu töten, um die Leute zu beschwichtigen. Schließlich kam er aber doch mit seinem Heer nach Italien und stand vor Rom. Da war es, daß Sulla ihn gleichsam amtlich mit der Anrede »Pompejus der Große« begrüßte. Pompejus Magnus! Man weiß bei einem Menschen wie Sulla nie, ob das nicht bloß eine Anulkung war. Tatsächlich aber hatten die Soldaten selbst Pompejus schon so benannt; sicher hat das Vorbild Alexanders des Großen darauf Einfluß gehabt, mit dem man ihn ja allgemein verglich. Nach Sullas Tod hat Pompejus dann das Wort Magnus wirklich als Eigennamen angenommen und so seine Briefe und Erlasse gezeichnet; auch erbte der Name in seiner Familie weiter. Die Welt erzog Pompejus also zum Größenwahn; das Magnus war wie ein Programm; aber es klang immer noch bescheiden gegen den Namen Maximus, den sich andere Römer beilegten.

 

 

Alexander der Große – Pompejus

 

Alexander der Große. Kopf. Konstantinopel, Kais. Ottom. Museum. Nach Altertümer von Pergamon. VII. 33.
Pompejus. Kopenhagen, Glyptothek Ny-Carlsberg. Nach Arndt-Bruckmann, Griech. u. röm. Porträts 523. Phot. F. Bruckmann. München.

 

Nun wollte er aber auch im Triumph mit seinen Soldaten in Rom einziehen. Ein Triumph war immer eine große Zeremonie; der Triumphator erschien da in der Tracht des großen Gottes Jupiter selbst. Sulla wagte nicht, ihm das...

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