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E-Book

Römische Geschichte, Band 4

Vollständige Ausgabe

AutorTheodor Mommsen
VerlagJazzybee Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl444 Seiten
ISBN9783849614942
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis0,99 EUR
Römische Geschichte: Mommsens berühmtestes Werk erschien von 1854 bis 1856 in drei Bänden und schilderte die Geschichte Roms bis zum Ende der römischen Republik und der Herrschaft Caesars, den Mommsen als genialen Staatsmann darstellte. Die politischen Auseinandersetzungen vor allem der späten Republik werden auch in der Terminologie mit den politischen Entwicklungen des 19. Jahrhunderts (Nationalstaat, Demokratie) verglichen. Das engagiert geschriebene Werk gilt als Klassiker der Geschichtsschreibung. (aus wikipedia.de) Dies ist Buch 4, Die Revolution. Inhalt: Die untertänigen Landschaften bis zu der Gracchenzeit Die Reformbewegung und Tiberius Gracchus Die Revolution und Gaius Gracchus Die Restaurationsherrschaft Die Völker des Nordens Revolutionsversuch des Marius und Reformversuch des Drusus Die Empörung der italischen Untertanen und die Sulpicische Revolution Der Osten und König Mithradates Cinna und Sulla Die Sullanische Verfassung Das Gemeinwesen und seine Ökonomie Nationalität, Religion, Erziehung Literatur und Kunst

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Leseprobe

Die Revolution und Gaius Gracchus


 


Tiberius Gracchus war tot; indes seine beiden Werke, die Landaufteilung wie die Revolution, überlebten ihren Urheber. Dem verkommenen agrikolen Proletariat gegenüber konnte der Senat wohl einen Mord wagen, aber nicht diesen Mord zur Aufhebung des Sempronischen Ackergesetzes benutzen; durch den wahnsinnigen Ausbruch der Parteiwut war das Gesetz selbst weit mehr befestigt als erschüttert worden. Die reformistisch gesinnte Partei der Aristokratie, welche die Domanialteilung offen begünstigte, an ihrer Spitze Quintus Metellus, eben um diese Zeit (623 131) Zensor, und Publius Scaevola, gewann in Verbindung mit der Partei des Scipio Aemilianus, die der Reform wenigstens nicht abgeneigt war, selbst im Senat für jetzt die Oberhand, und ausdrücklich wies ein Senatsbeschluß die Teilherren an, ihre Arbeiten zu beginnen. Nach dem Sempronischen Gesetz sollten dieselben jährlich von der Gemeinde ernannt werden, und es ist dies auch wahrscheinlich geschehen; allein bei der Beschaffenheit ihrer Aufgabe war es natürlich, daß die Wahl wieder und wieder auf dieselben Männer fiel und eigentliche Neuwahlen nur stattfanden, wo ein Platz durch den Tod sich erledigte. So trat für Tiberius Gracchus in dieselbe ein der Schwiegervater seines Bruders Gaius, Publius Crassus Mucianus; und als dieser 624 (130) gefallen und auch Appius Claudius gestorben war, leiteten das Teilungsgeschäft in Gemeinschaft mit dem jungen Gaius Gracchus zwei der tätigsten Führer der Bewegungspartei, Marcus Fulvius Flaccus und Gaius Papirius Carbo. Schon die Namen dieser Männer bürgen dafür, daß man das Geschäft der Einziehung und Aufteilung des okkupierten Domaniallandes mit Eifer und Nachdruck angriff, und in der Tat fehlt es auch dafür nicht an Beweisen. Bereits der Konsul des Jahres 622 (132), Publius Popillius, derselbe, der die Blutgerichte gegen die Anhänger des Tiberius Gracchus leitete, verzeichnet auf einem öffentlichen Denkmal sich als "den ersten, der auf den Domänen die Hirten aus- und dafür die Bauern eingewiesen habe", und auch sonst ist es überliefert, daß sich die Aufteilung über ganz Italien erstreckte und überall in den bisherigen Gemeinden die Zahl der Bauernstellen vermehrt ward – denn nicht durch Gründung neuer Gemeinden, sondern durch Verstärkung der bestehenden die Bauernschaft zu heben, war die Absicht des Sempronischen Ackergesetzes. Den Umfang und die tiefgreifende Wirkung dieser Aufteilungen bezeugen die zahlreichen in der römischen Feldmesserkunst auf die Gracchischen Landanweisungen zurückgehenden Einrichtungen; wie denn zum Beispiel eine gehörige und künftigen Irrungen vorbeugende Marksteinsetzung zuerst durch die Gracchischen Grenzgerichte und Landaufteilungen ins Leben gerufen zu sein scheint. Am deutlichsten aber reden die Zahlen der Bürgerliste. Die Schätzung, die im Jahre 623 (131) veröffentlicht ward und tatsächlich wohl Anfang 622 (132) stattfand, ergab nicht mehr als 319000 waffenfähige Bürger, wogegen sechs Jahre später (629 125) statt des bisherigen Sinkens sich die Ziffer auf 395000, also um 76000 hebt – ohne allen Zweifel lediglich infolge dessen, was die Teilungskommission für die römische Bürgerschaft tat. Ob dieselbe auch bei den Italikern die Bauernstellen in demselben Verhältnis vermehrt hat, läßt sich bezweifeln; auf alle Fälle war das, was sie erreichte, ein großes und segensreiches Resultat. Freilich ging es dabei nicht ab ohne vielfache Verletzung achtbarer Interessen und bestehender Rechte. Das Teilherrenamt, besetzt mit den entschiedensten Parteimännern und durchaus Richter in eigener Sache, ging mit seinen Arbeiten rücksichtslos und selbst tumultuarisch vor; öffentliche Anschläge forderten jeden, der dazu imstande sei, auf über die Ausdehnung des Domaniallandes Nachweisungen zu geben; unerbittlich wurde zurückgegangen auf die alten Erdbücher und nicht bloß neue und alte Okkupation ohne Unterschied wieder eingefordert, sondern auch vielfältig wirkliches Privateigentum, über das der Inhaber sich nicht genügend auszuweisen vermochte, mitkonfisziert. Wie laut und großenteils begründet auch die Klagen waren, der Senat ließ die Aufteiler gewähren: es war einleuchtend, daß, wenn man einmal die Domanialfrage erledigen wollte, ohne solches rücksichtsloses Durchgreifen schlechterdings nicht durchzukommen war. Allein es hatte dies Gewährenlassen doch seine Grenze. Das italische Domanialland war nicht lediglich in den Händen römischer Bürger; große Strecken desselben waren einzelnen bundesgenössischen Gemeinden durch Volks- oder Senatsbeschlüsse zu ausschließlicher Benutzung zugewiesen, andere Stücke von latinischen Bürgern erlaubter- oder unerlaubterweise okkupiert worden. Das Teilungsamt griff endlich auch diese Besitzungen an. Nach formalem Rechte war die Einziehung der von Nichtbürgern einfach okkupierten Stücke unzweifelhaft zulässig, nicht minder vermutlich die Einziehung des durch Senatsbeschlüsse, ja selbst des durch Gemeindebeschlüsse den italischen Gemeinden überwiesenen Domaniallandes, da der Staat damit keineswegs auf sein Eigentum verzichtete und allem Anschein nach an Gemeinden eben wie an Private nur auf Widerruf verlieh. Allein die Beschwerden dieser Bundes- oder Untertanengemeinden, daß Rom die in Kraft stehenden Abmachungen nicht einhalte, konnten doch nicht, wie die Klagen der durch das Teilungsamt verletzten römischen Bürger, einfach beiseite gelegt werden. Rechtlich mochten jene nicht besser begründet sein als diese; aber wenn es in diesem Falle sich um Privatinteressen von Staatsangehörigen handelte, so kam in Beziehung auf die latinischen Possessionen in Frage, ob es politisch richtig sei, die militärisch so wichtigen und schon durch zahlreiche rechtliche und faktische Zurücksetzungen Rom sehr entfremdeten latinischen Gemeinden noch durch diese empfindliche Verletzung ihrer materiellen Interessen aufs neue zu verstimmen. Die Entscheidung lag in den Händen der Mittelpartei; sie war es gewesen, die nach der Katastrophe des Gracchus im Bunde mit seinen Anhängern die Reform gegen die Oligarchie geschützt hatte, und sie allein vermochte jetzt in Vereinigung mit der Oligarchie der Reform eine Schranke zu setzen. Die Latiner wandten sich persönlich an den hervorragendsten Mann dieser Partei, Scipio Aemilianus, mit der Bitte, ihre Rechte zu schützen; er sagte es zu, und wesentlich durch seinen Einfluß ward im Jahre 625 (129) durch Volksschluß der Teilkommission die Gerichtsbarkeit entzogen und die Entscheidung, was Domanial- und was Privatbesitz sei, an die Zensoren und in deren Vertretung an die Konsuln gewiesen, denen sie nach den allgemeinen Rechtsbestimmungen zukam. Es war dies nichts anderes als eine Sistierung der weiteren Domanialaufteilung in milder Form. Der Konsul Tuditanus, keineswegs gracchanisch gesinnt und wenig geneigt, mit der bedenklichen Bodenregulierung sich zu befassen, nahm die Gelegenheit wahr, zum illyrischen Heer abzugehen und das ihm aufgetragene Geschäft unvollzogen zu lassen; die Teilungskommission bestand zwar fort, aber da die gerichtliche Regulierung des Domaniallandes stockte, blieb auch sie notgedrungen untätig. Die Reformpartei war tief erbittert. Selbst Männer wie Publius Mucius und Quintus Metellus mißbilligten Scipios Zwischentreten. In anderen Kreisen begnügte man sich nicht mit der Mißbilligung. Auf einen der nächsten Tage hatte Scipio einen Vortrag über die Verhältnisse der Latiner angekündigt; am Morgen dieses Tages ward er tot in seinem Bette gefunden. Daß der sechsundfünfzigjährige in voller Gesundheit und Kraft stehende Mann, der noch den Tag vorher öffentlich gesprochen und dann am Abend, um seine Rede für den nächsten Tag zu entwerfen, sich früher als gewöhnlich in sein Schlafgemach zurückgezogen hatte, das Opfer eines politischen Mordes geworden ist, kann nicht bezweifelt werden; er selbst hatte kurz vorher der gegen ihn gerichteten Mordanschläge öffentlich erwähnt. Welche meuchelnde Hand den ersten Staatsmann und den ersten Feldherrn seiner Zeit bei nächtlicher Weile erwürgt hat, ist nie an den Tag gekommen, und es ziemt der Geschichte weder die aus dem gleichzeitigen Stadtklatsch überlieferten Gerüchte zu wiederholen noch den kindischen Versuch anzustellen, aus solchen Akten die Wahrheit zu ermitteln. Nur daß der Anstifter der Tat der Gracchenpartei angehört haben muß, ist einleuchtend: Scipios Ermordung war die demokratische Antwort auf die aristokratische Blutszene am Tempel der Treue. Die Gerichte schritten nicht ein. Die Volkspartei, mit Recht fürchtend, daß ihre Führer, Gaius Gracchus, Flaccus, Carbo, schuldig oder nicht, in den Prozeß möchten verwickelt werden, widersetzte sich mit allen Kräften der Einleitung einer Untersuchung; und auch die Aristokratie, die an Scipio ebensosehr einen Gegner wie einen Verbündeten verlor, ließ nicht ungern die Sache ruhen. Die Menge und die gemäßigten Männer standen entsetzt; keiner mehr als Quintus Metellus, der Scipios Einschreiten gegen die Reform gemißbilligt hatte, aber von solchen Bundesgenossen schaudernd sich abwandte und seinen vier Söhnen befahl, die Bahre des großen Gegners zur Feuerstätte zu tragen. Die Leichenbestattung ward beschleunigt; verhüllten Hauptes ward der Letzte aus dem Geschlecht des Siegers von Zama hinausgetragen, ohne daß jemand zuvor des Toten Antlitz hätte sehen dürfen, und die Flammen des Scheiterhaufens verzehrten mit der Hülle des hohen Mannes zugleich die Spuren des Verbrechens.

 

Die Geschichte Roms kennt manchen genialeren Mann als Scipio Aemilianus, aber keinen, der an sittlicher Reinheit, an völliger Abwesenheit des politischen Egoismus, an edelster Vaterlandsliebe ihm gleich kommt; vielleicht auch keinen, dem das Geschick eine tragischere Rolle zugewiesen hat. Des besten Willens und nicht gemeiner Fähigkeiten sich...

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