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E-Book

Roland Mack

Herr der Achterbahnen

AutorBenno Stieber
VerlagVerlag Herder GmbH
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl208 Seiten
ISBN9783451802157
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis13,99 EUR
Roland Mack ist der Gründer des größten Freizeitparks im deutschsprachigen Raum. Seit seiner Eröffnung 1975 bricht der Europa-Park in Rust mittlerweile sämtliche Rekorde. Was ist das Geheimnis dieses unvergleichlichen Erfolgs? Und wer steckt dahinter? Benno Stieber zeichnet ein einzigartiges Porträt des unermüdlichen Unternehmers. Das Buch erzählt von den Anfängen des Parks, dem unglaublichen Erfolg, der Energie und den Visionen, die Roland Mack antreiben. Es berichtet von den Träumen, die er noch realisieren möchte und von den Schwierigkeiten, in der heutigen Zeit ein Familienunternehmen zu führen. Der Leser erhält einen sehr persönlichen Einblick in ein außergewöhnliches Leben und erfährt mehr über das Phänomen Europa-Park - mit Stimmen aus dem direkten Umfeld Roland Macks und zahlreichen Anekdoten aus seinem Leben.

Benno Stieber, lebt als freier Korrespondent in Karlsruhe. Er ist Autor bei Cicero, Brand eins und Merian. Mehrere seiner Wirtschaftsreportagen wurden mit Preisen ausgezeichnet.

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Leseprobe

Zirkus Macksimus


Ein alter Märchenpark, Alleen mit alten Bäumen, eine rotfunkelnde Westerneisenbahn, ein Schaufelraddampfer, dazu ein Minigolfplatz und eine Piste mit kleinen, knatternden Rennautos, die man steuern konnte. Ich muss vier oder fünf gewesen sein, als wir das erste Mal den Europa-Park besuchten. Es war also ganz am Anfang. Von da an waren wir, wie viele andere Familien aus der Region, jedes Jahr mindestens einmal dort. Immer waren wir gespannt, was es nun wieder Neues gab. Die Zeitung hatte vorher über die Wildwasserbahn, das neue italienische Stadtviertel, die unglaubliche Illusionsshow eines international bekannten Magiers im Barocktheater berichtet. Der Europa-Park war damals für mich, wie für viele andere, der Park meiner Träume. Den Raddampfer lenken und dabei die Kapitänsmütze tragen, von Delfinen in einem Schlauchboot durch das Bassin gezogen werden, sind Erlebnisse, die zu meiner Kindheit gehören wie der erste Fußball, die Höhlen und Hütten im Wald oder zum ersten Mal allein im Zelt übernachten.

Im Park in Rust durfte ich auf der Freilichtbühne bei einer Hundedressur assistieren. Der Hund folgte meinen Anweisungen nicht, vielmehr machte er, was er wollte, und ich musste ihm mit meinen Kommandos folgen. Da erkannte ich zum ersten Mal, dass das Showgeschäft mit vielen kleinen Tricks arbeitet. Hier sah ich mein erstes echtes Varietéprogramm, das man sonst nur an Silvester in einem der beiden Fernsehsender geboten bekam, und war als Halbwüchsiger beeindruckt von den knappen Trikots der Damen des Maxim-Showballetts.

Las Vegas in der Rheinebene? Zerstreuung statt Kultur? Meine Familie war angenehm undogmatisch bei der Frage, ob das nun alles nur Konsumismus und sinnlose Zerstreuung sei oder tatsächlich kulturell wertvoll. Meine Eltern hatten ein Kammerkonzert-Abonnement, bei uns lief während des Sonntagsfrühstücks klassische Musik, Bücher hatten einen hohen Stellenwert. Aber ebenso selbstverständlich besuchten wir gemeinsam ein, zwei Mal im Jahr begeistert den Park, lachten über die Papageien-Show und mampften genüsslich Zuckerwatte. Das war damals nicht unbedingt in allen Familien üblich. Viele Bildungsbürger und vor allem die Lehrer unserer Schule rümpfen die Nase über so viel Kommerz und reinen Eskapismus.

Trotzdem wuchs der Park von Saison zu Saison und ich wuchs mit. Im Studium verlor ich die Entwicklung in Rust aus den Augen. Und als ich zehn Jahr später wieder dort war, hatte sich der beschauliche Park in ein Unterhaltungsimperium verwandelt mit Hotels und einer schier unüberschaubaren Zahl an Attraktionen.

Dass das alles das Werk einer Familie war, die aus dem gleichen Städtchen stammt, in dem auch ich groß geworden bin, wusste ich natürlich seit Langem. Das Firmengelände der Macks in Waldkirch, am Ufer der Elz, war für uns Kinder ein mystischer Ort. Dort wuchsen die Achterbahnen und Autoscooter Stück für Stück auf dem Werkshof. Und ich kann mich daran erinnern, dass wir einmal mehrere Nachmittage vor dem Firmengelände bei Regen und Wind herumlungerten, weil irgendjemand von seinem Vater gehört hatte, dass früher die Kinder die Achterbahnen und Autoscooter vor der Auslieferung probefahren durften. Das war natürlich eine vergebliche Hoffnung.

Man kannte in der Stadt die Geschichte von den skeptischen Waldkircher Geschäftsleuten, die nicht in den Ruster Freizeitpark investieren wollten und sich Jahre später darüber ärgerten. Zusammen mit seinem Vater, der lange noch in seinem Haus hinter dem Waldkircher Betrieb wohnte, hatte Roland Mack diesen Park aufgebaut. Heute kann man mit einigem Recht sagen, der Europa-Park ist die Welt und das Werk von Roland Mack.

»Kunst ist eine schöne Sache, macht aber eine Menge Arbeit«, hat Karl Valentin einmal gesagt. Das gilt auch für die Unterhaltungskunst. Doch darüber macht man sich als Kind keine Gedanken, und es ist das Geheimnis des kleinen Zirkus ebenso wie das eines großen Unterhaltungsunternehmens wie dem Europa-Park, das Schwere besonders leicht aussehen zu lassen.

Die Deutschen haben Schwierigkeiten mit emotionalen Produkten. Selbst beim Kauf eines Autos, das auch heute häufig mehr mit Lust als allein mit Verstand gekauft wird, wird eher auf technische Perfektion, Sicherheit und die Sinnhaftigkeit gesetzt, während man in den USA schon in den 90er-Jahren selbst den neuen Golf – nun wirklich ein Vernunftauto – schlicht mit dem deutschen Wort »Fahrvergnügen« an den Mann brachte.

Ähnlich unterschiedlich ist das Verhältnis der Deutschen und der US-Amerikaner zur Unterhaltungsindustrie. Zwar strömen auch in Deutschland jährlich Millionen Menschen in Freizeitparks. Zwar ist die Unterhaltungsindustrie auch hierzulande zu einem echten Wirtschaftsfaktor geworden und ragt heute in fast alle Bereiche des Lebens. Aber ein Freizeitpark wird von vielen noch immer mit Jahrmarkt, Tingeltangel und Kommerz gleichgesetzt, während sich in den USA auch Bildungsbürger nicht schämen, einen unbeschwerten Tag in Disneyland zu verbringen.

Roland Mack hat unter dieser Stimmung immer gelitten und um die Anerkennung seiner Branche, wie auch der Schausteller, gekämpft. Heute ist der Europa-Park ein hochmodernes Unternehmen mit komplexen Abläufen, das sich mit seinen Attraktionen, Showprogrammen, der Gastronomie und Hotellerie mit Konkurrenten aus aller Welt messen kann. Längst ist er mit seinen über 3.500 Angestellten und Saisonkräften der größte Arbeitgeber der Region, die Hälfte der Mitarbeiter kommt aus dem nahe gelegen Elsass. Er ist ein Unterhaltungszentrum, das inzwischen nach ganz Europa ausstrahlt. Mit Jugendcamps und seinen vielen Möglichkeiten für Konferenzen und Tagungen ist er auch zur gesellschaftlichen Begegnungsstätte geworden – und wenn man nicht gerade Avantgarde erwartet –, auch zur Heimat von Kultur. Roland Mack und seiner Frau Marianne fühlen sich ihrem christlichen Glauben verpflichtet, deshalb ist es ihnen wichtig, dass der Park nicht ausschließlich zur Zerstreuung der Menschen da ist. Er soll auch Sinn stiften.

Aber da sind wir schon wieder beim Rationalisieren. Anerkennung findet eine Leistung, deren Schweiß noch nicht getrocknet ist, deren Denkleistung man messen kann. So haben die Macks, eine Handwerkerfamilie mit einem über 230 Jahre alten Betrieb, selbst immer gedacht. Seit Generationen sind sie Handwerker und Konstrukteure, also gerade nicht die geborenen Entertainer. Roland Mack, groß geworden im heimischen Karussell- und Wagenbau, gelernter Schweißer und studierter Ingenieur, hat sich das Showgeschäft als erster in der Familie angeeignet – dann aber zur Perfektion getrieben.

Er ist der Erste in der Familie, der Unterhaltung und Freude, die der Park den Menschen bereiten möchte, auch tatsächlich verkörpert. Er ist begeistert von seinem Produkt, ganz wie ein Zauberer nur dann wirklich überzeugend ist, wenn er auch selbst ein wenig daran glaubt, Wunder vollbringen zu können. Das sieht man Roland Mack an, wenn er sich mit Begeisterung in einer Achterbahn durch einen Looping schießen lässt oder wenn er in der ersten Reihe der neuen Revue seine Artisten und Clowns beklatscht. Roland Mack liebt die Bühne, die er sich mit dem Park geschaffen hat, und bespielt sie mit Leidenschaft.

Menschen die sich begeistern können, können auch andere begeistern. Roland Mack ist eins geworden mit seinem Park, so kann man in diesem Gesamtkunstwerk Geschäftssinn und Leidenschaft, Managerkalkül und eigenen Geschmack nur noch schwer auseinanderhalten.

Natürlich haben für diesen Erfolg viele Köpfe geraucht, nie allein nur der von Roland Mack. Zuerst ist da Franz Mack zu nennen, der Vater, der die Idee und den unternehmerischen Mut mitgebracht hat. Als Chef eines erfolgreichen Familienbetriebs hat er noch einmal von vorne angefangen und einen Park gegründet, als dieses Gewerbe in Deutschland noch beinahe unbekannt war. Dann ist da Ulrich Damrau, der Theater- und Filmarchitekt, der dem Park mit seinen Bauten in allen möglichen Stilen Europas den unverwechselbaren Charakter verliehen hat. Da ist Jürgen Mack, der Bruder, so etwas wie der Innenminister, der 13 Jahre nach Roland in das Unternehmen kam, den Europa-Park mit geformt hat und mit einem Ohr stets bei den Mitarbeitern ist. Auch Marianne Mack, Rolands Frau, gehört dazu, die vom ersten Tag im Park gearbeitet und daheim die Familie umsorgt hat. Mittlerweile ist da ein ganzer Stab an Kreativen und Profis im Unternehmen, die in ihrem Bereich den Park nach vorne gebracht haben. Und heute steht natürlich die nächste Generation bereit, die ihre Spuren im Park hinterlässt.

Doch Roland Mack hält die Fäden in der Hand und führt das alles zusammen. Er ist die Person, von der bis heute viele wesentliche Impulse kommen. Keiner kennt den Park so gut, hat ihn von der Eröffnung bis zum heutigen Tag so geprägt. Es gibt da dieses Foto von der Eröffnung. Da klemmt sich ein groß gewachsener, etwas schlaksiger Diplom-Ingenieur mit dunklem Schnurrbart und korrekt gezogenem Scheitel, im grauen Anzug, etwas ungelenk hinter den Steuerknüppel der Westerneisenbahn. Das war 1975. Heute steht da ein strahlender Mann, der seinen Geburtstag zwischen Hubert Burda und Sabine Christiansen feiert. Einer, der mit übergeschlagenem Bein lässig vor Branchengrößen genauso reden kann wie er im Hörsaal junge Studenten von seiner Welt zwischen Technik und Entertainment begeistert. Er ist mit seinem Betrieb gewachsen. Man nennt solche Unternehmer gerne bodenständig, was stimmt, denn was bleibt einem wie Mack anderes übrig. Wie ein Gastronom an sein Wirtshaus, ein Landwirt an seinen Acker, so ist Roland Mack an seinen Park gebunden. Er kann, anders als andere Unternehmer, die Werkhallen und...

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