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E-Book

Schamanentum

Die Wurzeln unserer Spiritualität

AutorWolf-Dieter Storl
VerlagKailash
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl184 Seiten
ISBN9783899016604
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis19,99 EUR
Angefüllt mit Geschichten und Mythen, bietet dieses Buch einen Überblick über die schamanischen Wurzeln unserer Kultur und bringt den Leser in Kontakt mit diesen alten Wegen, die auch heute noch in uns lebendig sein können. Zusammen mit Wolf-Dieter Storl gehen wir den schamanischen Praktiken der indigenen Völker Europas nach. Welche Heilmethoden kannten die Kelten, Germanen und Slaven? Wie gingen Schamanen und Schamaninnen mit den Göttern, Naturgeistern, Krankheitsdämonen und anderen Wesen aus der Anderswelt um? Welche Rolle spielten sakrale heilende Panzen oder totemische Tiere? Wie und warum geht uns das heute etwas an? Ein inspirierender Streifzug durch die Geschichte und eine Botschaft an unsere heutige Welt. Wir sind Natur. Dieses Buch spricht in schillernden Farben davon.

Wolf-Dieter Storl ist Kulturanthropologe und Ethnobotaniker. Er war Dozent an verschiedenen Universitäten in denUSA, Österreich, der Schweiz und Indien. Reisen in viele Länder der Erde und Kontakt zu indigenen Völkern sowie zu einheimischen Bauern und Kräuterkundlern prägten sein Weltbild.

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Leseprobe

Einleitung


Jetzt bin ich leicht,

jetzt fliege ich,

jetzt sehe ich mich unter mir,

jetzt tanzt ein Gott durch mich.

Friedrich Nietzsche, „Also sprach Zarathustra“

In den Wäldern von Ohio hatte ich als Jugendlicher außergewöhnliche Erlebnisse. Nicht nur müssen mir da Tier- und Pflanzengeister durch die Seele getanzt sein, sondern es schien, als ob ich Inspirationen von den ursprünglichen Einwohnern, den Shawnee und den Huronen, bekommen habe. Dass es so gewesen sein müsste, erkannte ich jedoch erst viele Jahre später.

Ich habe die Landschaft der Ortschaft in Ohio, wo wir lebten, im weiten Umkreis durchstöbert. Jeden Wasserlauf, jeden Sumpf, jeden alten Baum kannte ich – die alten Bäume habe ich sogar benannt: Eine Buche hieß Eagle Egg Tree (Adlerei Baum), eine mächtige Ulme Prayer Tree (Gebetsbaum), ein Zuckerahorn mit Blick nach Westen, wo die Sonne untergeht, Pleasant View Tree (Baum der schönen Aussicht), eine amerikanische Roteiche Thor’s Tree (Donars Baum) und so weiter. Ich wusste, wo die Vögel nisteten, kannte die Fische, Schildkröten, Flusslangusten, die Opossums, Waschbären, die putzigen Chipmunks oder Streifenhörnchen, die Skunks (Stinktiere), Stachelschweine, Bisamratten, Woodchucks (Waldmurmeltiere); ich kannte sie besser als die Jäger, Trapper oder die Farmer. Ich trug sie im Bewusstsein. Mit den Mücken schloss ich ein Bündnis, wenn sie mich nicht stechen, würde ich nicht nach ihnen schlagen. Es hat funktioniert, frag mich nicht wie.

In jeder Kultur, in jedem Stamm und jedem Dorf, gibt es immer jemanden, der mit der Landschaft, mit den Pflanzen und Tieren in geistiger Verbindung steht. Meistens sind das Schamanen oder Schamaninnen. Heutzutage sind es oft ältere Leute, die nicht mehr im Arbeitsprozess stehen, oder Kinder. Ohne es zu wissen, befand ich mich damals als Junge in dieser Rolle.

Das menschliche Bewusstsein ist Teil der Erde, Teil der Gaia, genauso wie jede Tierart und jede Pflanzenart so etwas wie ein Organ des Erdorganismus ist. Durch unsere Sinne und unser Bewusstsein ist sich Mutter Erde bewusst. Wir sind die Erde selber, die sich durch uns wahrnimmt. Ich glaube nicht an das moderne, menschenverachtende Schlagwort: „Wir brauchen die Natur; die Natur braucht uns nicht!“ Die Natur braucht alle, Wölfe, Bären, Käfer, Herkulesstauden, kanadische Goldruten, Borreliose-Spirochäten, Adler, Geier – alle, auch den Menschen. Sie alle, alle diese Wesen, machen den Ätherleib, die Seele und das Bewusstsein der Natur aus. Fehlt eines, dann wird die Natur, die Mutter Erde ärmer. Ich würde eher sagen, wir sind Teil des Ganzen, so wie die Blätter am Baum Teil des ganzen Baumes sind.

Vollgesogen mit den Wundern der Natur und neugierig, wollte ich Förster werden und schrieb mich zum Studium an der Ohio State University ein. Nach einem Jahr dort war mir klar, das die Berechnung der Quadratmeter Festholz pro Acre (Flächeneinheit), das Büffeln der Struktur der neu entdeckten DNS-Spiralen und die aufgelösten Pflanzenteile im Reagenzglas mich eher von der Natur entfremdeten, als sie mir näher zu bringen. Der Wechsel zur Anthropology – das ist ganzheitliche Menschenkunde, also Völkerkunde, Urgeschichte, physikalische Anthropologie, Linguistik und Kulturanthropologie in einem – war eine Erleichterung.

Professorin Erika Bourguignon, Spezialistin für psychologische Anthropologie, hielt Vorlesungen zum Thema Schamanentum, altered states of consciousness (ASC; veränderte Bewusstseinszustände), Besessenheitsphänomene, kulturelle Prägung des Bewusstseins, Rituale, Trance-Zustände und ähnliches. Das war aufregend. Sie selber hatte Feldforschungen auf Haiti zum Thema Voodoo gemacht. Jedes ihrer Worte sog ich auf und schrieb sie eifrig mit, so dass es der Professorin fast unheimlich vorkam. Sie nahm mich unter ihre Fittiche, sie sprach auch deutsch, da sie ursprünglich aus Wien kam. 1938 hatte sie auf abenteuerlichen Wegen die Donaustadt verlassen und war nach Amerika emigriert. Professor Bourguignon leitete zur Zeit, als ich mein Studium anfing, auch ein Projekt zur wissenschaftlichen Erfassung von außergewöhnlichen Bewusstseinszuständen, wie Trance, Halluzinationen, luzide Träume, schamanischer Flug, Telepathie. Das Projekt wurde von der nationalen Gesundheitsbehörde (National Institute of Mental Health) gesponsert – wie es hieß, mit ungefähr einer Million Dollar. Die Behörden wollten wissen, was es mit ASC-Zuständen auf sich hat. Sie wollten wissen, wie weit das in unterschiedlichen menschlichen Gesellschaften verbreitet war, ob es sich um Psychopathologie oder um etwas „Reales“ handle. Die Frage galt zu beantworten, ob Schamanen wirklich besondere Fähigkeiten haben oder ob sie Betrüger, Gaukler, oder gar gesellschaftlich sanktionierte Geisteskranke, Schizophrene, Hysteriker oder Epileptiker sind. Gibt es Geister oder Seelenflüge oder ist das nur Einbildung? Vorläufer derartiger Projekte gab es ja schon in den 50er Jahren. Berüchtigt war das MK-Ultra Projekt des Geheimdienstes, wo es um die Möglichkeit der Bewusstseinskontrolle ging, der Vorhersage und Steuerung des menschlichen Verhaltens mittels verschiedener Drogen, darunter Nachtschatten-Tropanalkaloide (Wahrheitsdrogen, Zombiedrogen), LSD und Meskalin. Die Sowjets führten zur selben Zeit ähnliche Programme durch. Dieses Projekt an der Ohio State University war sozusagen die Weitererkundung dieser Bereiche mittels vergleichender Ethnogaphie.

Auf persönlicher Ebene unternahm ich als Student eigene Erkundungen mit verschiedenen Bewusstseinszuständen. Es fing an, als ein Freund, der in Harvard als student assistant im psychologischen Labor eines Professors namens Timothy Leary tätig war, mir und meinem Freund Terrance Kearns ein seltsames Pülverchen schickte, das uns, als wir es einnahmen, in unbekannte psychische Dimensionen katapultierte. Erst später erfuhren wir, dass es Lysergsäurediäthylamid aus dem Labor von Albert Hofmann war. Die Dosis muss eine ziemlich hohe gewesen sein, denn das Bewusstsein durchbrach die alltäglichen Grenzen, wir kommunizierten rein telepathisch und erfuhren die verschiedenen Bewusstseinsstufen, bis hin in das Transzendentale. Auf einmal verstand ich klarer, was die neun Äste des Schamanenbaums bedeuteten, oder die Jakobsleiter, auf der die Engel auf- und absteigen. Das erweckte unsere Neugierde. Wir ließen uns noch einmal diese mysteriöse Substanz schicken. Terrance und ich wurden zu echten Psychonauten. Wir durchforsteten ethnobotanische Texte jeglicher Art und fingen an, alles zu probieren, was wohlmöglich die Fenster der Seele öffnen könnte: die Samen der Trichterwinde, die man in Samenhandlungen kaufen konnte und die von den Priestern der Azteken einst als Ololiuqui zum Hellsehen und als Kommunikationsmittel mit den Göttern benutzt wurden; von der indianischen Native American Indian Church, denen die Kommunikation mit dem Großen Geist mittels Peyote erlaubt ist, erhielten wir den heiligen Kaktus; von der Apotheke holten wir Asthma-Zigaretten, die mit Bilsenkraut versetzt waren; und beim Pastor der schwarzen Church of Christ’s glorious Resurrection im afroamerikanischen Ghetto gab’s immer weed. Auch mit Äther aus dem Chemie-Labor, Pilzen und sogar dem Insektengift Chloroform experimentierten wir. Unsere Erkundungen waren kein bloßes Auf-Trip-Gehen, kein sich Zudröhnen oder blödes Konsumieren, sondern ein Ausloten der psychischen Tiefen. Das Werk von Carl Gustav Jung und religiöse Texte aus verschiedenen Kulturkreisen halfen uns vieles besser zu verstehen. Da wir beide christlich geprägt waren, begannen wir unsere Forschungsreisen immer mit einer kleinen Zeremonie. Wir zündeten eine Kerze an und beteten zum Heiland, auf dass wir gut und sicher geführt würden. Das hatten wir nicht irgendwo gelesen, sondern der Gedanke das zu tun, kam spontan zu uns.

Es war nicht leicht und manchmal eher erschreckend, was sich einem da im Innenraum der Um- und Mitwelt zeigte. Es gab ja noch keine psychedelische Kultur, mit „Reiseführern“ und psychedelischer Musik, die einen einstimmen konnte. Es war eine seriöse Suche nach spirituellen Urgründen, ein Versuch Selbsterkenntnis zu erlangen, in einer Zivilisation, die – außer in dem Kriegseinsatz in Vietnam – kaum mehr Initiationsrituale kannte. Als sich dann kurz darauf die Hippiebewegung entwickelte und als Drogen und die Love and Peace-Bewegung zum Massenphänomen wurden, da hatten wir unsere Erfahrungen hinter uns. Wir hatten Türen geöffnet und hineingeschaut, sind aber nicht an diesen Dingen hängengeblieben. Es ist nicht ein Weg, den ich anderen raten würde zu gehen.

Im selben Jahr, als ich mit dem Studium anfing, begann auch Felicitas Goodman ihr Ethnologiestudium an der Ohio State University. Sie war älter als wir anderen Studenten und hatte schon ein Familienleben hinter sich. Felicitas war Ungarndeutsche, deren Familie aus Siebenbürgen vertrieben wurde. Sie sprach neben Deutsch auch Ungarisch, Rumänisch und einige südslawische Sprachen. Das machte sie wertvoll für...

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