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Schmerzgrenze

Vom Ursprung alltäglicher und globaler Gewalt

AutorJoachim Bauer
VerlagBlessing
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl288 Seiten
ISBN9783641054359
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis8,99 EUR
Schmerz erzeugt Aggression. Doch die 'Schmerzgrenze' des Gehirns verläuft anders, als wir bisher dachten
Brutale Gewalt in aller Öffentlichkeit, Amokläufe an Schulen, tödliche ethnische Konflikte und Kriege um knapper werdende Ressourcen: Das Phänomen der Aggression wird immer bedrängender und macht uns Angst.

Der 'Aggressionstrieb', folgenreiche Erfindung von Sigmund Freud und Konrad Lorenz, erklärte die Gewalt zur unverrückbaren Konstante der menschlichen Natur. Joachim Bauer entlarvt den Mythos des Aggressionstriebes und liefert mit Schmerzgrenze eine Neukonzeption des Gewaltphänomens, die auf neuesten neurowissenschaftlichen Erkenntnissen beruht. Evolutionärer Zweck der Aggression ist, uns gegen die Zufügung von Schmerzen wehren zu können. Doch die Schmerzgrenze des Gehirns verläuft anders, als wir bisher dachten. Unser Gehirn bewertet Ausgrenzung und Demütigungen wie körperlichen Schmerz und reagiert deshalb auch darauf mit Aggression. Dies bedeutet: Aggression steht im Dienste der Verteidigung sozialer Bindungen.

Auch Armut bedeutet Ausgrenzung und Demütigung, zumal wenn sie sich im Angesicht von Reichtum ausbreitet. Wasser, Nahrung und Rohstoffe werden auf unserem Globus zur immer knapperen Ressource. Wenn wir das Problem der ungerechten Ressourcenverteilung nicht in den Griff bekommen, wird die Gewalt weltweit zunehmen und die menschliche Existenz bedrohen.

Joachim Bauers neues Buch 'Schmerzgrenze' zeigt: Nur Fairness, Kooperation und ein neues Verständnis der Mechanismen der Gewalt können einen Weg aus der Aggressionsspirale weisen.

Prof. Dr. med. Joachim Bauer ist Neurowissenschaftler, Arzt und Psychotherapeut. Nach erfolgreichen Jahren an der Universität Freiburg lehrt und arbeitet er heute in Berlin. Für seine Forschungsarbeiten erhielt er den renommierten Organon-Preis. Er veröffentlichte zahlreiche Sachbücher, u. a. »Warum ich fühle, was du fühlst«. Zuletzt erschienen bei Blessing/Heyne der SPIEGEL-Bestseller »Selbststeuerung - Die Wiederentdeckung des freien Willens« (2015), »Wie wir werden, wer wir sind - Die Entstehung des menschlichen Selbst durch Resonanz« (2019) und »Fühlen, was die Welt fühlt« (2020).

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Leseprobe
6 Gegenpole zur Dynamik der Aggression: die Entstehung von Moralsystemen, Religion und Recht (S. 102-103)

Die Auflösung natürlich zusammenlebender Gemeinschaften, die Zwänge einer arbeitsteiligen Erwerbswirtschaft, das Konkurrenzprinzip als neue Grundlage des sozialen Zusammenlebens und die Ausgrenzung derer, die weniger oder nichts besaßen, dies alles sind klassische Reizauslöser der Schmerzgrenze. Die Folge war eine massive Entfesselung der Dynamik der menschlichen Aggression und eine über die postneolithischen Gesellschaften hereinbrechende Gewaltwelle.

Die Gewalt fand nicht nur in mesopotamischen Legenden ihren Niederschlag. Mord und Totschlag, Kriege und Massendeportationen kennzeichneten das Geschehen in den sich entwickelnden mesopotamischen Kulturen. Gewalt wurde zum Markenzeichen der Menschheitsgeschichte der letzten 10 000 Jahre. Ich möchte zeigen, dass die Entwicklung von Moralsystemen ein Reflex auf die durch den zivilisatorischen Prozess erzeugte Entfremdung des Menschen war. Moralsystemen kommt eine Garantenfunktion zu, angesichts der zivilisatorischen Entfremdung unsere eigentliche menschliche Bestimmung nicht zu vergessen.

Die Erforschung der Moral Warum machen sich Menschen Moralsysteme? Warum sind sie ein fester Bestandteil in allen zivilisatorischen Kulturen des Menschen? Diese Frage ist Gegenstand des noch relativ jungen Forschungsgebietes der Neuroethik. Anstatt Moralsysteme und Religionen als grundsätzlich gegen die Vernunft und gegen die menschliche Natur gerichtete Konstruktionen zu denunzieren und abzulehnen, macht sich die neuroethische Forschung zur Aufgabe zu überprüfen, inwieweit es sich bei beidem um einen Ausdruck der »Natur des Menschen« handelt.

Bei der neurowissenschaftlichen Beschäftigung mit der Moral geht es nicht um das Pro und Contra verschiedener Moralsysteme, sondern alleine darum, den Kern dessen zu beschreiben, was Moral ist, und ihre Funktionen im menschlichen Zusammenleben zu erforschen. Empathie als »Grundstein« der Moral (Charles Darwin) Die Erforschung von Moralsystemen ist relativ neu.

Eine der sich dabei stellenden Aufgaben ist, menschliches Verhalten in moralisch relevanten Testsituationen, die realen Alltagssituationen analog sind, wissenschaftlich zu untersuchen. Wichtige zusätzliche Erkenntnisse können dadurch gewonnen werden, dass man dabei auch die neurobiologischen Begleitprozesse abbildet, wenn Menschen in moralisch relevanten Entscheidungssituationen stehen315. Dass die Moral eine natürliche, biologisch angelegte menschliche Kompetenz ist, erkannte bereits Charles Darwin.

Er bezeichnete die zwischenmenschliche Zuneigung und die Fähigkeit, sich in andere einzufühlen, als den zentralen Trieb (»instinct«) des Menschen. Für Darwin war die natürliche Fähigkeit des Menschen zur Empathie der Grundstein (»foundation-stone«) der Moral316. Moral und Moralsysteme sind also nicht die Ursache, sondern die Folge der menschlichen Fähigkeit zu Kooperation und Empathie. Sie sind, was ihre prinzipielle Entstehung angeht, keine von ideologischen oder religiösen Eiferern entworfene Konstrukte (auch wenn sich Eiferer und Moralapostel hier reichlich betätigen), sondern ein natürliches, zur realen Welt gehörendes Phänomen.
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