Orientiert an den Axiomen von Watzlawick ist es „unmöglich, nicht zu kommunizieren“ (Watzlawick, Bavelas & Jackson, 2007, S. 50 ff.). Eine Kommunikation ist demnach permanent gegeben und wird dann zu Feedback, wenn sie in einem Beziehungskontext stattfindet (vgl. Looss, 2013, S. 16). Dabei soll Feedback kein Beurteilungsinstrument darstellen, sondern der Entwicklung der jeweiligen Situation dienen (vgl. Bastian, Combe & Langer, 2005, S. 15). Die Entwicklung, und damit das Ziel des Feedbacks umschließt Reflexion, Leistungssteigerung und Professionalisierung des eigenen und des gemeinsamen Könnens (vgl. Schinzilarz, 2011, S. 18). Um das zu erreichen, sollte Feedback an Regeln gekoppelt werden: Im Kontext von äußeren Gesprächsregeln, die auf dem zwischenmenschlichen Umgang wie Respekt, Toleranz und Zuhören basieren, sollte Feedback inhaltlich ressourcen- und lösungsorientiert sein (vgl. Schinzilarz, 2011, S. 19).Wichtig ist, dass jedes Feedback keine Pflicht, sondern ein Angebot für das Gegenüber darstellt; dementsprechend sollte es formuliert werden.
Von einer Feedbackkultur wird gesprochen, wenn Feedback in laufenden Prozessen angewandt wird, um neue Ideen umzusetzen, regelmäßig stattfindet und Kontrollcharakter hat (vgl. Schinzilarz, 2011, S. 18). Sie wird in Institutionen als konkrete Rückmeldung auf verschiedenen Ebenen genutzt, vom kollegialen Feedback hin zum Zielgruppenfeedback.
Bezogen auf die Institution Schule kann Feedback von der Schulleitung an die Lehrenden, von Lehrern an ihre Kollegen, von den Lehrkräften an die Lernenden, von den Schülern an ihre Mitschüler, aber auch von den Lernenden an ihre Lehrkräfte gegeben werden (vgl. Granzer & Waack, 2013, S. 40). Unter Schülerfeedback im Sinne dieser Arbeit wird die Rückmeldung, die sich die Lehrperson von ihren Schülern einholt, verstanden. Die Lehrperson bittet um Schülerfeedback, wenn sie erfahren möchte, wie ihr Handeln und Verhalten von ihren Schülern wahrgenommen, verstanden und erlebt wird. Schülerfeedback soll eine konstruktive Unterrichtskritik sein und stellt somit eine Art „Lehrerzeugnis“ dar (vgl. Wolf, 1996, S. 175). Die Hauptaufgabe der Lehrkräfte ist es demnach, sich mit den Auswirkungen des eigenen professionellen Handelns zu beschäftigen und diese Handlungen entsprechend zu optimieren (vgl. Granzer & Waack, 2013, S. 41). Dabei bringt das Feedback aber nicht nur die Position der unzufriedenen, sich vernachlässigenden Schülern zum Ausspruch, sondern kann sowohl konstruktiv als auch positiv formuliert werden, sodass der Anspruch des Unterrichts- und Schulentwicklungsinstruments wiederhergestellt ist (vgl. Bastian, Combe & Langer, 2005, S. 15). Bei den Schülern der beruflichen Schulen handelt es sich schließlich nicht um kleine Kinder, sondern um junge Erwachsene. Diese haben zum Teil schon produktiv im Betrieb gearbeitet, kennen Alltagssorgen und haben Erfahrungen mit Kollegen, Vorgesetzten, Kunden, Mitschülern und Lehrern gemacht (vgl. Wolf, 1996, S. 176).
Für das Ziel, eine fundierte und nachhaltige Schulqualitätsentwicklung sicherzustellen, ist das Instrument des Schülerfeedbacks besonders wichtig (vgl. Berger, 2013, S. 45). Es wurde bereits festgestellt, dass QM systematisch gesteuertem Wandel entsprechen kann. Diese Definition wird durch die Möglichkeit des Schülerfeedbacks gewährleistet. Der Orientierungsrahmen zur Schulqualität weist auf den hohen Nutzen desgleichen hin (vgl. Helmke, 2009, S. 232). Mit Blick auf Unterrichts- und Schuloptimierung sollte es als Feedbackkultur regelmäßig stattfinden, um Unzufriedenheit zu beseitigen und positive Aspekte zu bewahren. Durch Regelmäßigkeit kann Nachhaltigkeit angestrebt werden, welche wiederum dazu dient, das Management der Güte des Systems messbar zu machen.
Weiterhin werden Parallelen zu verschiedenen QM-Modellen wie dem TQM oder EFQM sichtbar, bei denen die Integration aller Handelnden eines Kontextes zur Entwicklung und Qualitätssicherung gegeben sein soll. So stellt auch das Schülerfeedback als Feedbackkultur den Lernenden in den Mittelpunkt, der aktiv Einfluss auf seinen Lehr- und Lernkontext ausüben kann. Da die Kommunikation in der Schule stark im Kontext der Beziehung zwischen Lehrenden und Lernenden steht, ist die Beziehungsgestaltung mit dem Instrument des Schülerfeedbacks besonders wichtig. Auf die konkrete Bedeutung des Schülerfeedbacks, sowohl für den Lehrer als auch für den Schüler, wird nun eingegangen.
Sollte Schülerfeedback als gängige Methode im Schulalltag zur Bewertung von Schul- und Unterrichtsqualität herangezogen werden, wird dies Konsequenzen verschiedener Richtungen haben. So steht nicht nur die Lehrperson im Mittelpunkt des Feedbacks, die ihren Unterricht und möglicherweise sich selbst in Diskussion setzen muss. Auch für den Schüler hat der Ausdruck von Feedback gleichermaßen inhaltliche als auch emotionale Aspekte.
Die Lernenden werden durch Schülerfeedback als Beteiligte in die Qualitätssicherung der Schulen integriert (vgl. Berger, Granzer & Waack, 2013, S. 77). Der regelmäßige Einbezug der Lernenden ist ein präsenter Teil der Schülerorientierung, da diese sich wahr- und ernstgenommen fühlen (vgl. Helmke, 2009, S. 232). Dies kann positive Folgen hinsichtlich der Selbstwahrnehmung haben, begünstigt dann, wenn die Mitschüler ähnliche Eindrücke formulieren.
In seiner Studie „Visible Learning“ unterteilt Hattie (2012, S. 13) die von ihm untersuchten lernrelevanten Faktoren in die Gruppen „Lernende“, „Lehrperson“, „Schule“, „Elternhaus“, „Curricula“ sowie „Unterricht“. Unterzieht man diese Faktoren einer näheren Betrachtung, so stellt sich eindeutig heraus, dass die größte Effektstärke der Lehrperson zukommt (vgl. Granzer & Waack, 2013, S. 32). Was die Lehrkraft also tut, wie sie sich den Lernenden gegenüber verhält und wie sie Lehr-Lern-Prozesse organisiert, ist von entscheidender Bedeutung, da ihr Handeln das Lernen befördern, aber auch behindern kann (vgl. Granzer & Waack, 2013, S. 32). Das Feedback, welches die Schüler über ihr Lernen als Botschaft an die Lehrkräfte geben, ist demnach elementar, um die Wirksamkeit des Lernens zu steigern (vgl. Berger, 2013, S. 47).
Gerade die überfachlichen und pädagogischen Anforderungen an die Lehrkräfte sind in den letzten Jahren aufgrund einer immer geringer werdenden erzieherischen Unterstützung durch das Elternhaus, des allgemeinen Werteverfalls, eines erhöhten unreflektierten Medienkonsums sowie einer Zunahme an Schülern mit Migrationshintergrund stark gestiegen (vgl. Müller, 2011, S. 14). Schüler profitieren also von der Möglichkeit, ihren Lehrern ein Feedback zu geben, da sie so die Möglichkeit haben, die Bildungsqualität zu erhöhen (vgl. Reese, 2013, S. 8). Von großer Bedeutung ist dabei jedoch, dass die erhobenen Daten der Rückmeldung verbalisiert werden, um einen weiteren Austausch zu ermöglichen. Nur so können Konsequenzen für Unterricht und Handelnde gezogen und neue Impulse umgesetzt werden (vgl. Helmke, 2009, S. 232). Dies führt dazu, dass sich Verbesserungen des Unterrichts konkret an den Schülern orientieren (vgl. Berger, Granzer & Waack, 2013, S. 77).
Die empirische Schulforschung belegt, dass die Wahrnehmung des Unterrichts auf Schüler- und Lehrerseite sehr weit differiert. Bei Angaben zum Unterricht aus unterschiedlichen Perspektiven, unter anderem auch neutraler Beobachter, waren sämtliche Daten übereinstimmend, mit Ausnahme derer der Lehrkraft selbst (vgl. Helmke, 2003, S. 156). Da diese Ergebnisse häufiger aufkamen, musste eine Methode für die Lehrkraft gefunden werden, sich über die Wirksamkeit des eigenen Unterrichts bewusst zu werden. Das Schülerfeedback als konstruktive Rückmeldung kann helfen, Unterrichtsdurchführung aus unterschiedlichen Positionen zu verstehen und damit zu einer ganzheitlichen Planung desgleichen beizutragen.
Die Beobachtungsgabe und Urteilskraft sowie die Vorstellungen von einem „guten Lehrer“ seitens der Schüler können den Lehrkräften von großem Nutzen sein. Dieser Nutzen ergibt sich einerseits für die Verbesserung der Unterrichtsqualität, andererseits aber auch für das eigene persönliche Auftreten (vgl. Wolf, 1996, S. 176).
Die Lehrkräfte erhalten mit dem Feedback, das ihnen die Schüler geben, zum einen ein gesichertes Wissen über die Wirksamkeit der von ihnen eingesetzten pädagogischen Maßnahmen und sind dadurch in der Lage, rationale Entscheidungen bezüglich der weiteren Gestaltung ihres Unterrichts zu treffen. Zum anderen erweitern sie ihr Wissen über die eigene Situation, gewinnen neue Einsichten und erhalten so mehr Handlungssicherheit und Orientierung. Es geht hierbei um die Bereitschaft der Lehrenden, sich mit der eigenen Rolle als Lehrkraft auseinanderzusetzen und Chancen zur Verbesserung der Lehrertätigkeit zu erkennen (vgl. Berger, Granzer & Waack, 2013, S. 77). Denn Lehrkräfte, die viel über die Wirkung ihres eigenen Handelns wissen, können...