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Schulwechsel. Von der Grundschule in die Sekundarstufe. Die subjektive Bedeutung des Übergangs für Kinder

AutorChristine Heumann
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2007
Seitenanzahl118 Seiten
ISBN9783638815062
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis27,99 EUR
Examensarbeit aus dem Jahr 2005 im Fachbereich Pädagogik - Allgemein, Note: 2,0, Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main, 54 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: 'Hoffentlich gibt es auch einen Spielplatz, und eine Rutsche, eine Schaukel und ein Klettergerüst.' Dies ist die Aussage eines Jungen der vierten Klasse, als er gefragt wurde, wie er sich seine neue Schule vorstellt. Diese Arbeit befasst sich mit der subjektiven Bedeutung des Übergangs von der Grundschule in die Sekundarstufe. Welche Gedanken machen sich Kinder, wenn sie an ihre weiterführende Schule denken? Wie fühlen sie sich am ersten Tag in der neuen Schule? Mit welchen Maßnahmen versuchen die betreffenden Institutionen den Schülern den Übergang zu erleichtern? Dies sind exemplarisch einige Fragen, mit denen sich die Studie meiner Arbeit auseinandersetzt.

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Leseprobe

3. Kritische Lebensereignisse


 

In der Literatur wird der Übergang von der Grundschule in die Sekundarstufe vielfach als kritisches Lebensereignis bezeichnet, da mit dem Übergang Veränderungen in der Schulumgebung, den Lehrern und den Mitschülern einhergeht (vgl. MAYR u.a. 1992; SIRSCH 2000; ELBEN u.a. 2003; LOHAUS u.a. 2004).

 

FILIPP (21990b, S. 23) definiert kritische Lebensereignisse als Ereignisse, die im Leben einer Person auftreten und dadurch gekennzeichnet sind, dass sie Veränderungen der (sozialen) Lebenssituation der Person mit sich bringen und von der Person mit entsprechenden Anpassungsleistungen bewältigt werden müssen.

 

Kritische Lebensereignisse können von der Person als Herausforderung wahrgenommen werden, aber auch Fehlanpassungen oder Störungen bei dieser hervorrufen. Als positiv kann z.B. gesehen werden, dass die betreffende Person neue Problemlösestrategien vorweisen muss oder lernt, mit Verlusten umzugehen. Kritische Lebensereignisse können aber auch negative Emotionen, Hilflosigkeit und Verlust an Selbstwertgefühl, Vertrauen und Sicherheit bewirken (vgl. MONTADA 52002, S. 45).

 

Studien belegen, „dass die meisten Menschen die Probleme und Verluste durch kritische Lebensereignisse alleine oder mit sozialer Unterstützung bewältigen“ (ebd., S.45).

 

In der Literatur werden kritische Lebensereignisse nur sehr allgemein definiert. Um ein Ereignis zu charakterisieren, werden verschiedene Merkmale oder Klassifikationen herangezogen, die im Weiteren dargestellt werden sollen.

 

3.1 Klassifikationsmerkmale von kritischen Lebensereignissen


 

Kritische Lebensereignisse lassen sich unter fünf Gesichtspunkten klassifizieren, wobei diese sich auch überschneiden können.

 

Erstes Merkmal von kritischen Lebensereignissen ist ihr Qualität. Sie können Veränderungen in verschiedenen Bereichen bewirken. Zu biologischen Veränderungen gehören z.B. die Pubertät oder die Menopause bei der Frau, wobei biologische Veränderungen vom Individuum unbemerkt geschehen können (vgl. FILIPP 21990b; Olbrich 21990; SIRSCH 2000). Unter sozialen Veränderungen versteht man z.B. die Rolle, die Gesellschaft einer bestimmten Person abverlangt, z.B. beim Eintritt in den Ruhestand. Beim Übergang in die weiterführende Schule ist dies die veränderte Rollenverteilung auf Grund der neu zusammengesetzten Klassengemeinschaft. Naturkatastrophen können zu physikalischen Veränderungen führen (vgl. REICHERTS 1988; FILIPP 21990b; SIRSCH 2000).

 

FILIPP (21990b) sieht bei allen kritischen Lebensereignissen den sozialen Aspekt, da auf Grund der engen Verbindung von Lebensereignissen und sozialen Veränderungen bei allen Beobachtungen der soziale Bereich mit berücksichtigt werden muss. Treten Veränderungen in mehren Bereichen auf, so spricht man von komplexen Ereignissen (vgl. REICHERTS 1988, S. 66).

 

Weiter kann man kritische Lebensereignisse in akut eintretende und chronisch wirkende in Bezug auf den zeitlichen Aspekt unterteilen. Akute Lebensereignisse geschehen zu einem bestimmten Zeitpunkt, z.B. der Tod des Partners durch einen Autounfall. Chronische Lebensereignisse dagegen ziehen sich über einen längeren Zeitraum hinweg, wobei sie nicht Folge von akuten Lebensereignissen sein müssen. Der Tod nach einer langen Krankheit ist ein Beispiel für ein chronisches Lebensereignis (vgl. FILIPP 21990b; SIRSCH 2000).

 

Das Lebensalter ist das dritte Klassifikationsmerkmal. Hierbei wird das Lebensereignis unter Berücksichtigung des Alters der Person gesehen.  Als normativ werden Lebensereignisse bezeichnet, die viele Menschen betreffen, da sie zu festen Zeitpunkten im Lebenslauf einer Person geschehen, wie z.B. die Einschulung, die Pubertät oder der Eintritt ins Berufsleben. Dagegen werden unabhängig vom Lebensalter auftretende Lebensereignisse als nicht-normativ bezeichnet und betreffen auch nur eine kleine Zahl der Bevölkerung bzw. nur einzelne Personen wie Naturkatastrophen  oder bestimmte Krankheiten. Schwangerschaft und Geburt, welche normalerweise zu den normativen Ereignissen gehören, können bei Eintreten vor dem Abschluss einer Ausbildung zu einem nicht-normativen Lebensereignis führen (vgl. FILIPP 21990b; SIRSCH 2000).

 

Ob sich ein Ereignis positiv oder negativ aus der Sicht des Betroffenen darstellt, ist das vierte Klassifikationsmerkmal für kritische Lebensereignisse. Hierbei wird danach beurteilt, wie bedrohlich ein Ereignis für eine Person ist, oder wie stark es diese `aus der Bahn wirft`. So kann der Tod nach langer Krankheit für Angehörige positiv aber auch negativ empfunden werden (vgl. FILIPP 21990b).

 

Kritische Lebensereignisse sind definiert als Veränderungen für eine Person.

 

Das fünfte Merkmal ist die subjektive Wichtigkeit eines Ereignisses für eine bestimmte Person. So wird ein Lebensereignis unter Umständen kritisch oder aber hat keinen Einfluss auf das Leben dieser Person. Durch Veränderungen sind Neu- bzw. Wiederanpassungen der Person notwendig, so dass die Situation von der Person als belastend eingeschätzt wird. Diesem Prozess liegt die kognitiv-transaktionale Stresstheorie zugrunde (vgl. FILIPP 21990b).

 

3.2 Die Lebensereignisforschung


 

Die Lebensereignisforschung oder Life-Event-Forschung beinhaltet verschiedene Forschungsperspektiven. Dies sind die klinisch-psychologisch/stresstheoretische, die entwicklungspsychologische und die sozial- bzw. familienpsychologische Perspektive.

 

3.2.1 Die klinisch-psychologische/stresstheoretische Perspektive


 

Die Erforschung von Lebensereignissen hat ihren Ursprung in der „Psychiatrie, Epidemiologie, Medizinsoziologie und klinische(n) Psychologie“ (FILIPP 21990b, S. 6). Dabei wird der Zusammenhang von Erkrankungen und Lebensereignissen untersucht und nach psychosozialen Ursachen für Störungen geforscht. Es wird angenommen, dass die Summierung von kritischen Lebensereignissen in einem bestimmten Zeitraum pathogene Effekte zeigt und so als krankheitsauslösend angesehen werden kann, was zu dem Schluss führen kann, dass die Kapazität einer Person zur Bewältigung von belasteten Situationen begrenzt ist (vgl. ebd.).

 

3.2.3 Die entwicklungspsychologische Perspektive


 

Ende der 70er Jahre wurde das Konzept der kritischen Lebensereignisse in die entwicklungspsychologische Theoriebildung eingebracht. FILIPP (21990c, S.303) sah darin die Möglichkeit, die Lebensereignisforschung zu „Entklinisieren“, was aber nicht gelang.

 

Die entwicklungspsychologische Sichtweise auf Lebensereignisse berücksichtigt Merkmale, die unter stresstheoretischen Ansätzen keine Beachtung fanden, z.B. den Einfluss des Faktors Alter auf verschiedene Ereignisse. So wurden normative Übergangsperioden aus dem Lebenslauf als neues Konzept in die Life-Event-Forschung aufgenommen. Die Sichtweise auf Ereignisse, die als Widersprüche in der Person-Umwelt-Beziehung angesehen werden und die Herstellung eines neuen Gleichgewichts von der Person erfordern, sind im Gegensatz zur klinisch-psychologischen Sichtweise kaum empirisch abgesichert (FILIPP 21990b,c).

 

FILIPP (21990b, S.8) sieht kritische Lebensereignisse als notwendige Voraussetzung für einen entwicklungsmäßigen Wandel an.

 

3.2.3 Die sozial- bzw. familienpsychologische Perspektive


 

Die sozial- bzw. familienpsychologische Forschungsperspektive der Lebensereignisforschung betont, dass bei der Untersuchung von Lebensereignissen einer Person auch das familiäre Umfeld miteinbezogen werden muss (vgl. SIRSCH 2000, S. 25).

 

Betrachten wir das familiäre Umfeld von Kindern und Jugendlichen, so muss auch die Schule miteinbezogen werden, da Schüler zahlreiche Stunden eines Tages mit Lehrern und Mitschülern verbringen.

 

Die Lebensereignisforschung geht der Frage nach, inwieweit soziale Unterstützung Einfluss auf Lebensereignisse von Personen hat (vgl. SIRSCH 2000).

 

URIE BRONFENBRENNER hat eines der bekanntesten ökologisch orientierten Sozialisationsmodelle entwickelt. Für BRONFENBRENNER (1981) ist Entwicklung eine „[…]dauerhafte Veränderung der Art und Weise, wie die Person ihre Umwelt wahrnimmt und sich mit ihr auseinandersetzt“ (BRONFENBRENNER 1981, S. 19).

 

Umwelt ist für BRONFENBRENNER ein Satz von ineinandergeschachtelten Strukturen, dessen erste Ebene der Lebensbereich einer Person beinhaltet. Zu diesem gehören die Familie, aber auch der Klassenraum oder z.B. das Labor am Arbeitsplatz.

 

Ökologische Übergänge sind für BRONFENBRENNER (1981) Veränderungen in der Rolle bzw. des Lebensbereiches einer Person. Veränderung der Rolle bedeutet, dass ein Wechsel einer bestimmten Gesellschaftsstellung der Person für diese eine Verhaltensänderung mit sich zieht...

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