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Seitenwechsel

Die Geschichte eines schwulen Familienvaters

AutorBastian Brisch
VerlagMännerschwarm Verlag GmbH
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl168 Seiten
ISBN9783863000196
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
Im Alter von 43 Jahren erlebt Bastian Brisch - verheiratet, zwei Töchter, im kirchlichen Dienst - sein Coming-out. Das war 1985. Schritt für Schritt ging es einem neuen Leben entgegen, doch der innere und äußere Druck waren enorm. Manche Leser fragten sich: Ist das wirklich der Bericht einer Emanzipation - oder der ihres Scheiterns? Zehn Jahre nach der Erstveröffentlichung seiner Lebensgeschichte denkt Brisch in einem Nachwort zur Neuausgabe über vieles noch einmal nach. Weil sich die äußeren Verhältnisse verändert haben, rücken andere Aspekte in den Mittelpunkt: das unausweichliche Drama, erst ein 'falsches Leben' gelebt und dann verinnerlichte, eigene Werte verraten, nahe Menschen im Stich gelassen zu haben. Und selbst im Stich gelassen worden zu sein. 'Die widersprüchliche Geschichte eines Mannes, dessen Lebensweg Debatten herausfordert.' (Sabine Peters, Deutschlandfunk)

Bastian Brisch, geb. 1942 in Schlesien, kam 1945 mit der Familie nach Süddeutschland. Nach einer Lehre zum Kfz-Mechaniker folgte das Studium zum Dipl. Sozialpädagogen und verschiedene Tätigkeiten in kirchlich-diakonischen Arbeitsfeldern. Verheiratet seit 1969, hat er zwei Töchter. 1989 trennte er sich von der Familie, die Scheidung folgte 2007. Seit 2007 lebt Brisch mit seinem Lebenspartner in Braunschweig.

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Leseprobe
Ich setzte mich auf die Couch, die in der Mitte des Raumes steht. Ich atme schwer. Seit Tagen geht mir nichts anderes mehr durch den Kopf: Sag ich ihr es? Wann sag ich es ihr? Wie sag ich es ihr? Ute kommt ins Wohnzimmer, es ist neun Uhr abends. Sie setzt sich mir schräg gegenüber auf die Couch. Sie bemerkt mein schweres Atmen und fragt: 'Hast du was?' Diese Frage stellt sie öfter, wenn ihr irgendetwas auffällt. Schließlich kennt sie mich seit achtzehn Jahren. Oft sage ich 'nein, nein' und das Fragen hat ein Ende. Zu diesem Zeitpunkt sind wir sechzehn Jahre verheiratet. Ich bin dreiundvierzig, Ute siebenunddreißig Jahre alt, Rebekka ist zehn und Miriam acht. Mir schießt es wie wirr durch den Kopf: Soll ich es jetzt sagen? Das Herz schlägt mir bis zum Hals. Ich habe Angst. Schließlich antworte ich: 'Ja, es ist was!' - 'Ja, was ist es denn?' erkundigt sich Ute. Ihre Stimme klingt warm, es schwingt Fürsorge, Interesse, Teilnahme mit. Das macht es mir leicht. Zögerlich und leise, vor mich hinschauend, dann wieder Ute ansehend, beginne ich: 'Ich will es dir schon lange sagen. Ich hab' mich aber nicht getraut.' Noch immer zögere ich es auszusprechen. 'Ich habe schwule Anteile, die immer stärker werden.' Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Ute sieht mich gespannt, aber liebevoll an. Ihre Reaktion überrascht mich: 'Warum hast du mir das denn nicht schon früher gesagt? Da hätten wir doch miteinander darüber reden können. Warum hast du alles mit dir allein herumgetragen?' Mir fällt ein Stein vom Herzen. In einem Kreis unzähliger Gedanken und in ebenso unzähligen Gesprächen mit wenigen, eingeweihten Freunden quälen mich seit Jahren die Fragen: Wie wird Ute reagieren, wenn ich ihr von meiner 'schwulen Seite' erzähle oder wenn sie anderweitig davon erfährt? Wird sie Verständnis haben oder mich auf der Stelle aus der Wohnung werfen? Mit mir nichts mehr zu tun haben wollen? Wie wird unsere Ehe weitergehen? Wie wird es mit den Kindern? Nun ist es heraus! Wir führen eine sehr gute Ehe und sind einander gegenüber sehr offen. Streit kennen wir kaum, mit den Kindern läuft alles prima. Wir sind integriert und akzeptiert in Verwandtschaft, Beruf, Nachbarschaft, Kirchengemeinde. Es hat mich in letzter Zeit immer mehr bedrückt, dass ich meiner Frau gegenüber ein so großes, lebensbestimmendes 'Geheimnis' habe. Ich habe mich umsonst gesorgt. Gott sei Dank! Langsam, stockend und mit leiser Stimme erzähle ich Ute von meinen jahrelangen Kämpfen. In der Vergangenheit habe ich immer wieder zwanglos und ohne persönliche Betroffenheit zu zeigen, aus 'dienstlichem Interesse' das Gespräch auf 'Homosexuelle' gelenkt. Ich wollte 'testen', wie sie damit umgeht. Obwohl diese 'Tests' immer positiv verliefen, habe ich so lange gebraucht, um mit ihr zu reden. Ute weiß, dass ich vor zehn Tagen dienstlich bei einem Kollegen in der Stadt war, der schwul ist. Sie weiß auch, dass ich mich mit ihm, dienstlich natürlich, über Homosexualität unterhalten habe. Sie weiß aber nicht, dass sie und ich der Gegenstand des Gesprächs waren und das Dienstliche nur vorgeschoben war. Ute weiß auch, dass ich bei diesem Besuch das erste Mal in meinem Leben in einem schwulen Lokal war. Ich hatte an jenem Abend lang und breit mit dem Kollegen und seinem Freund diskutiert. Eine Äußerung meines Kollegen hat sich dabei eingeprägt: 'Ich kann dir nicht sagen, ob und wann du es ihr sagen sollst und wirst. Ich weiß nur, du wirst es tun, wenn der Zeitpunkt dafür gekommen ist.' Dieser Satz hat mich sehr entlastet und viel Druck von mir genommen.
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