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Selbstgesteuertes Lernen ermöglichen durch den Personenzentrierten Ansatz

AutorBernadette Gubser
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl72 Seiten
ISBN9783668351851
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2015 im Fachbereich Pädagogik - Reformpädagogik, Pädagogische Hochschule Zentralschweiz, Hochschule Luzern (PH Luzern -PH Luzern in Adult and Professional Edukation), Veranstaltung: Master of Advanced Studies, Sprache: Deutsch, Abstract: In unserer modernen Gesellschaft ist die Fähigkeit zum lebenslangen, selbstgesteuerten Lernen unabdingbar. Auf der Niveaustufe der Höheren Fachschule wird deutlich, dass nicht alle Studierenden diese Fähigkeit mitbringen. Daher stellt sich die Frage, wie die Lehrperson ein selbstgesteuertes Lernen ermöglichen kann. Die Metastudie von Hattie zeigt, wie wichtig die 'Lehrer-Schüler-Beziehung' mit einer bestimmten Haltung und Kommunikation der Lehrperson ist, um ein selbstgesteuertes Lernen zu ermöglichen. Rogers entwickelte bereits zu Beginn der postindustriellen Gesellschaft den personenzentrierten Ansatz, dessen lernfördernde Wirkung weltweit nachgewiesen wurde. Deshalb werden in dieser Arbeit dessen Elemente, ein Schulungsprogramm und einige Evaluationsinstrumente für Lehrpersonen dargelegt. Wenn die 'Lehrer-Schüler-Beziehung', basierend auf dem personenzentrierten Ansatz, einen so relevanten Einfluss auf das Selbstgesteuerte Lernen, die Entwicklung der Persönlichkeit und auf den Lernerfolg der Studierenden hat, dann müsste eine gezielte Schulung der Lehrpersonen auf die dargelegte Weise eine messbare Wirkung auf den Output erzielen.

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Leseprobe

2 Entwicklung und Veränderung


 

„Mehr als das Gold

 

hat das Blei die Welt verändert.

 

Und mehr als das Blei in der Flinte

 

das im Setzkasten.“

 

Georg Christoph Lichtenberg,

 

deutscher Physiker und Schriftsteller

 

(1742–1799)

 

2.1 Gesellschaft


 

Die Zivilisationsepochen werden immer kürzer. Die Agrarische Gesellschaft entstand vor etwa 12’000 Jahren und löste die Jäger-und-Sammler-Gemeinschaft ab, die sich in grauer Urzeit entwickelte. Mit der technischen Entwicklung anfangs des 18. Jahrhunderts entstand die Industriegesellschaft, welche seit den 70er-Jahren von der Dienstleistungsgesellschaft abgelöst wird. Die Industriegesellschaft wird als Stufe zwischen der Agrar- und der Dienstleistungsgesellschaft betrachtet. Dieser historische Ablauf, der auf einer Interpretation von Fourastié beruht, wird Drei-Sektoren-Hypothese genannt. Gemäss der Drei-Sektoren-Hypothese findet „in dem namensgebenden Sektor jeweils der Hauptanteil an Beschäftigung wie an wirtschaftlicher Wertschöpfung statt (...)“ (Stettler, 2008, S. 26).

 

 

Grafik 1: „Drei-Sektoren-Hypothese“ (Dückert, 2013)

 

Inzwischen bestimmt der Begriff „Wissensgesellschaft“ zunehmend die politische Debatte. Der Begriff „Dienstleistungsgesellschaft“ wurde als zu diffus und „Informationsgesellschaft“ als zu technokratisch empfunden. Mit diesen neuen Bezeichnungen der heutigen Gesellschaft soll vor allem die relative Positionierung von Volkswirtschaften erklärt werden, die sich dank der digitalen Technologie veränderte. Diese Veränderung bewirkte einen gesellschaftlichen Strukturwandel, der sich seit den 70er-Jahren auf unterschiedliche Weise in allen westlichen Industriestaaten vollzieht. Aufgrund der enormen Dynamik durch den internationalen Wettbewerb sind Wissen, Bildung und Innovation immer wichtigere Produktionsfaktoren für die Volkswirtschaft, wenn sie im internationalen Wettbewerb bestehen will.

 

Nach Boden, Kapital und Arbeit wird Wissen zunehmend zu einem immer zentraleren Faktor und wird deshalb als der vierte Produktionsfaktor bezeichnet. Dadurch verändert sich die gesamte gesellschaftliche Struktur. In der Agrar- und auch in der Industriegesellschaft war die gesellschaftliche Ordnung noch stabil. Die soziale Schichtung, die religiöse Praxis und die Bildung waren fest und damit nahezu undurchlässig organisiert. Die Tradition und die Institutionen gaben die Lebensentwürfe vor (vgl. Stettler, 2008, S. 26).

 

Die Entwicklung der einzelnen Individuen und der menschlichen Gesellschaft wurde massgeblich durch die Entwicklung der Sprache sowie die Erfindung von Medien zur Verbreitung von Wissen und Information beeinflusst.

 

2.2 Der Einfluss von Sprache, Schrift und Medien


 

Die Kommunikationswissenschaften befassen sich mit der Kulturgeschichte des Menschen in Bezug auf die Sprache und die Medien zu deren Übermittlung. Sie zeigen auf, dass es kein Wahrnehmen und kein gesellschaftliches Leben ausserhalb der Vermittlung von Realität gibt. Ein wesentlicher Einfluss auf die Entwicklung und den Wandel von Gesellschaft und Kultur findet in der bewussten menschlichen Wahrnehmung, also vermittelt über Sprache, Schrift oder Medien, statt.

 

Sprache und Schrift spielen eine wichtige Rolle in der Bildung. Denn die geschriebenen Texte können eine Komplexität darstellen, die in der wörtlichen Rede kaum nachvollziehbar wäre. Dadurch kann das Vokabular detailreicher werden. Die Erfindung von Vermittlungstechniken wie die Einführung der Schrift bewirkten eine wesentliche Umstrukturierung von Denkweisen und Mentalität. Die Auswirkungen der grafischen Speicherung von Sprache in der Form abstrakter Schriftzeichen hatten in der Urzeit einen wesentlichen Einfluss auf die kognitiven Prozesse der Menschen. Der ungleiche Zugang zu den handschriftlichen Dokumenten festigte im Laufe der Zeit die sozialen Strukturen in der Agrargesellschaft (vgl. Wolschner, 2014,

S. 102ff).

 

Mit den grossen Entwicklungsschritten der Technik sind auch jedes Mal grosse Umwälzungen in der Bildung und deren Stätten der Vermittlung gefordert. Wissen ist Macht. Durch den ungleichen Zugang zu Wissen konnte sich in den Anfängen der Zivilisation die Zweiklassengesellschaft bilden und sich entsprechend heterogen weiterentwickeln. Die Entwicklung der Technik bewirkte einen Wandel in der Gesellschaft. Einerseits brauchte es mehr Arbeitskräfte in den Fabriken, andererseits führte die geniale Erfindung einer preiswerteren Drucktechnik von Johannes Gutenberg (1400–1468) dazu, dass Wissen und Informationen schneller verbreitet werden konnten. Diese führte zu einem fundamentalen gesellschaftlichen Wandel. Denn durch Gutenbergs Erfindung des Buchdruckes konnte in der Industriegesellschaft auf einen Schlag eine breite Masse erreicht werden. Dieser ungewohnte Zugang zu Wissen führte zu Revolutionen gegenüber der herrschenden Klasse. Der Zugang zu Wissen löste die sogenannte „Wissensrevolution“ aus, die unter anderem die katholische Kirche entmachtete. Bauern schmähten frei nach dem Schlachtruf „sola scriptura” (Wolschner, 2014, S. 101) den Papst, stürmten Kirchen und zerstören Heiligenbilder. Denn es gab „(…) plötzlich kein feudales oder klerikales Herrschaftsgeheimnis mehr. Mit dem Kommunikationsmittel Flugschrift übersprang der kleine Mönch Luther die Stufen der kirchlichen Hierarchie und konnte öffentlich mit dem Papst streiten, ob der wollte oder nicht. Luther begrüsste die Druck-Kunst als das letzte und zugleich grösste Geschenk Gottes“ (Wolschner, 2014, S. 101).

 

Die Monarchien und Diktaturen wichen zwar demokratischen Formen. Doch die Schenkel der berühmten sozialen Schere sind dadurch nicht näher zueinander gerückt. Im Gegenteil, sie sind weiter auseinander denn je. Und nun, mit der Entwicklung der digitalen Datenübermittlung, wurde der Austausch global. Mit dieser ungewohnten Flut an Informationen müssen der Mensch und die Gesellschaft erst lernen umzugehen (vgl. Stettler, 2008, S. 22f).

 

Die Digitalisierung der Schrift, und mit ihr die globale Verbreitung von Wissen und Information, fordert einen nächsten Wandel in unserer heutigen Gesellschaft. Heute verändert eine „(…) digitale Medienrevolution die Welt“ (Stettler, 2008, S. 308). Es gibt keinen gesellschaftlichen Bereich, in dem die neuen Kommunikationstechniken nicht eine schwindelerregend schnell wachsende Rolle spielen würden „(…) und das schon wenige Jahrzehnte, nachdem die Elektronik-Tüftler ihre ersten technischen Innovationen erfunden haben. In der Liebe wie in der Politik, im privaten Alltagsleben wie in politischen Machtkämpfen und das global: in Hongkong, Kairo, Washington, Paris (…)“ (Stettler, 2008, S. 308) - und auch hier in Zürich.

 

In der heutigen Zeit sind aufgrund der Erfindungen mächtige Weltkonzerne entstanden, deren Produkte Strukturen umwälzen. Es wird sich weiter in allen Bereichen viel verändern. Allein schon in Bezug auf die private Kommunikation wird in Zukunft einiges möglich werden. In unserer Postindustriellen Gesellschaft lösen sich die stabilen sozialen Strukturen zunehmend auf. Produkte und Leistungen werden variabler. Ebenso die Rollen und Funktionen der Menschen. Die Gesellschaft verliert an Bindungskraft. Dadurch wird es zunehmend die Aufgabe von jedem Individuum, seinen Lebensentwurf selbst zu steuern, zu bestimmen und zu verantworten. Zukunftsorientierte Unternehmen und Mitarbeitende kümmern sich daher um ihre Ressource „Wissen“ (vgl. Stettler, 2008, S. 24f).

 

Damit unsere Gesellschaft im globalen Wettkampf bestehen kann, ist das angestrebte Ziel unserer hochentwickelten Kultur die „Wissensgesellschaft“. Dazu braucht es jedes Individuum, das fähig ist zur Selbststeuerung und zum kooperativen Austausch. Das blosse Sammeln von Wissen und Information genügt nicht. Mandl und Krause sehen den Anspruch, den die Wissensgesellschaft an die Bildung stellt, darin, dass sie zusätzlich zur Informations- und Wissensvermittlung, diese auch sozial verträglich nutzen soll. Dazu muss Bildung die entsprechende Werteorientierung unterstützen.

 

Der Auftrag an die Bildung ist es daher, neben der Vermittlung von Basisfähigkeiten und Fachwissen, die Persönlichkeitsentwicklung sowie eine fachübergreifende Lernkompetenz zu fördern, die das lebenslange Lernen überhaupt ermöglichen. Dazu muss Bildung die Lernenden in die Lage versetzen, mit den Anforderungen der Wissensgesellschaft zurecht zu kommen. Bildung muss den Einzelnen dazu befähigen, sich „gut zu informieren“. Mit der rasanten Entwicklung in Wissenschaft und Technik und zudem mit der Globalisierung und dem damit verbundenen raschen Zerfall von aktuell gültigem Wissen bedeutet dies, die Fähigkeit zu eigenständigem, lebenslangem Lernen zu entwickeln (vgl. Mandl & Krause, 2001, S....

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