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Sensorische Modulation für Menschen mit Demenz

Assessments und Aktivitäten für eine sensorisch anregende Umgebung zur Bedürfnisbefriedigung und Wahrnehmungsförderung. Sensorische Bedürfnisse befriedigen, Wahrnehmung fördern

AutorTina Champagne
VerlagHogrefe AG
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl208 Seiten
ISBN9783456759883
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis26,99 EUR
Düfte, Farben und Formen, Geräusche, Strukturen und die Bewegung im Raum - sinnlich-sensorische Eindrücke prägen die Wahrnehmung unseres täglichen Lebens, auch des Lebens mit einer Demenz. Die Autorin stellt Strategien vor, wie Pflegende die sensorischen Bedürfnisse und Wahrnehmungsmuster kompetent einschätzen und besser verstehen können, um das (Er)leben von Menschen mit Demenz zu bereichern. Dabei erläutert sie verständlich, welche Besonderheiten die sensorischen Wahrnehmungen von alternden Menschen aufweisen. Dem Lesenden zeigt sie, wie das 'Sensory Modulation Program' (SMP) Menschen mit Demenz unterstützen kann, sich selbst besser zu organisieren, um am Alltag besser teilnehmen und teilhaben zu können. Im Anhang stellt die US-amerikanische Ergotherapeutin viele Vorschläge für wahrnehmungsorientierte und -modulierende Aktivitäten zusammen, die Menschen mit einer Demenz in allen Stadien ausüben, anregen und entspannen können. Die deutschsprachige Ausgabe des SMP-Ansatzes wurde von Thomas Buchholz bezüglich der Gemeinsamkeiten und Unterschiede zur Basalen Stimulation in der Pflege verglichen sowie inhaltlich angepasst und ergänzt Wer die sinnlichen und wahrnehmungsbezogenen Bedürfnisse von Menschen mit Demenz verstehen und befriedigen möchte, findet in diesem Werk ein fundiertes und verlässliches Handbuch für die Praxis von Altenpflegenden, Fachpflegenden für Basale Stimulation, Aktivierungsfachpersonen, Alltagsbegleitenden und Ergotherapeuten.

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Leseprobe

1
Alterungsprozess und Demenz


Der Sinn des Lebens besteht darin, es zu leben, Erfahrungen maximal auszukosten und sich neuen und bereichernden Erfahrungen bereitwillig und furchtlos zu stellen.

Eleanor Roosevelt

Der Alterungsprozess ist ein natürlicher Bestandteil des menschlichen Lebens. Viele Menschen halten Demenz für eine normale Begleiterscheinung des Alterungsprozesses, doch laut der Alzheimer’s Association (2017a) ist dies ein Irrglaube, denn viele ältere Menschen leben ohne Demenz. Diejenigen, die eine Demenz entwickeln, erkranken aus verschiedenen Gründen. Dieses Kapitel beschreibt die einzelnen Formen der Demenz, nennt Gründe für ihr Auftreten und präsentiert allgemeine Sicherheitsbelange, die es bei der [Betreuung und] Pflege von Menschen mit Demenz oder der Arbeit mit ihnen, zu beachten gilt. Die Informationen in diesem Kapitel sind nicht allumfassend, sondern als Einführung in die behandelten Themen zu verstehen.

Der Alzheimer’s Association (2017a) zufolge geht Demenz mit verschiedenartigen Symptomen einher, etwa nachlassende Gedächtnisleistung oder Kognition und Intellekt. Dies hat massive Auswirkungen auf die Fähigkeit der Betroffenen, sich an Freunde und nahestehende Menschen zu erinnern sowie Routinen und Aktivitäten des täglichen Lebens sicher und funktional durchzuführen. Die Krankheit und die damit einhergehenden Symptome sind progressiv, was bedeutet, dass die Krankheit und ihre Symptome sich mit der Zeit verschlimmern. Je nachdem, welche Hirnareale betroffen sind, manifestieren sich entsprechende kognitive, soziale, emotionale und funktionale Probleme. In der Regel treten bei Menschen mit Demenz in den einzelnen Bereichen folgende Probleme auf:

  • Sicherheit (z.B. Sturzrisiko, Agitiertheit/Aggression, medizinische Komplikationen, körperliche Verletzungen, umherwandern und sich verlaufen)
  • Kognition (z.B. Gedächtnis, Aufmerksamkeitsspanne, Problemlösung)
  • sensorische Funktionsfähigkeit (z.B. Veränderung des Seh- und Hörvermögens und des Geschmackssinns)
  • sensorische und motorische Integration und Verarbeitung (z.B. Abnahme der körperlichen Leistungsfähigkeit (deconditioning), Gleichgewichtsprobleme, Probleme mit der räumlichen Orientierung und verminderte motorische Leistungsfähigkeit)
  • sensorische Präferenzen (z.B. gesteigerte oder verminderte sensorische Sensibilität)
  • sensorische und aktionale Deprivation
  • Rollen, Beziehungen, Selbstwert- und Identitätsgefühl
  • Partizipation an Rollen, Routinen und Aktivitäten (z.B. Autofahren, Hausarbeit, Freizeitaktivitäten, berufliche oder ehrenamtliche Tätigkeiten, Feiertage begehen).

Gelegentlich treten Symptome auf, die denen einer Demenz sehr ähneln, z.B. wenn Menschen deprimiert sind, unter den Nebenwirkungen von bestimmten Medikamenten leiden, exzessiv Alkohol konsumieren, unter einschneidenden hormonalen Veränderungen, Vitaminmangel oder Schilddrüsenproblemen leiden (Alzheimer’s Association, 2017a). Solche Demenzsymptome verschwinden gewöhnlich, sobald die Ursache erkannt ist und behandelt wird (Alzheimer’s Association, 2017a).

1.1
Die verschiedenen Formen der Demenz


Es gibt verschiedene Formen der Demenz, doch da ungefähr 60–80% aller Demenzfälle der Alzheimer-Demenz zuzurechnen sind, ist sie die häufigste Form. Die zweithäufigste Form ist die vaskuläre Demenz. Sie ist die Folge eines oder mehrerer Infarkte (Schlaganfälle) und zurückbleibender Hirnschäden. Diese führen zu kognitiven Beeinträchtigungen und Schwierigkeiten mit dem Leistungsvermögen und der sozialen Teilhabe (Alzheimer’s Association, 2017a). Häufig haben Menschen nicht nur einen Schlaganfall, sondern mehrere, die unterschiedlich schwer sein können. Hinzu kommt, dass sie aufgrund der Unterbrechung der neurophysiologischen Abläufe Anfälle haben, die sich negativ auf die elektrischen Aktivitätsmuster im Gehirn auswirken.

Wer mit Menschen arbeitet, die Demenz haben, muss wissen, dass es verschiedene Demenzformen gibt, die in unterschiedlichen Lebensphasen auftreten können, und nicht nur im Alter. Nachfolgend werden die verschiedenen Formen der Demenz kurz skizziert:

  • Alzheimer-Demenz
    • Ursache: Ablagerungen (Plaques) von Beta-Amyloid (Proteinpartikel) und Cluster von Neurofibrillen schädigen die Nervenzellen und lassen das Hirngewebe absterben.
    • Symptome: Fortschreitende Verschlechterung der Gedächtnisleistung und der Fähigkeit, zu kommunizieren und sich selbst und den Haushalt zu versorgen. Es werden drei Stadien unterschieden (leicht, mittel, schwer), deren Symptome in jedem Stadium an Heftigkeit zunehmen. Die einzelnen Stadien der Demenz werden weiter hinten in diesem Kapitel ausführlicher dargestellt.
  • Vaskuläre Demenz
    • Ursachen: Schlaganfall und andere Gefäßprobleme
    • Symptome: beeinträchtigtes Urteilsvermögen, Schwierigkeiten, Entscheidungen zu treffen, zu planen oder Gedanken zu strukturieren
  • Lewy-Körperchen-Demenz
    • Ursache: anormale Anhäufungen (oder Klumpen) des Proteins Alpha-Synuclein im Gehirn
    • Symptome: Gedächtnisverlust und Probleme mit dem Denkvermögen, die denen der Alzheimer-Demenz ähneln. Wahrscheinlicher sind jedoch anfängliche oder frühe Symptome wie Schlafstörungen, ausgeprägte optische Halluzinationen, langsamer Gang, Gleichgewichtsprobleme oder Bewegungsmuster, die an das Parkinson-Syndrom erinnern.
  • Frontotemporale Demenz
    • Ursache: Abnahme der Nervenzellen in den Frontal- und Temporallappen des Gehirns
    • Symptome: Identitätsprobleme und verändertes Verhalten sowie Schwierigkeiten mit Sprache und Bewegung, die sich mit der Zeit verschlimmern
  • Parkinson-Krankheit
    • Ursache: Cluster von Alpha-Synuclein in der Substantia nigra des Gehirns. Die Cluster führen zur Degeneration der Nervenzellen, die den Neurotransmitter Dopamin produzieren.
    • Symptome: Probleme mit der Bewegung, die meistens die ersten Anzeichen sind. Entwickelt sich eine Demenz, ähneln die Symptome häufig der Lewy-Körperchen-Demenz. Das Gesicht wird mit der Zeit starr oder ausdruckslos, unabhängig davon, was die Betroffenen empfinden. Menschen mit der Parkinson-Krankheit leiden außerdem häufig an Depressionen.
  • Creutzfeld-Jakob-Krankheit
    • Ursache: eine schnell zum Tode führende Krankheit, die ein fehlerhaft gefaltetes Prion (Proteinpartikel) aktiviert, das einen „Dominoeffekt“ auslöst. Dieser Effekt bewirkt, dass Gehirnstrukturen sich nicht normal entfalten und in der Folge das Gehirn nicht richtig funktioniert.
    • Symptome: Gedächtnis- und Koordinationsprobleme sowie verändertes Verhalten
  • Normaler druckbedingter Hydrozephalus
    • Ursache: Flüssigkeitsansammlung im Gehirn
    • Symptome: Gangunsicherheit, Gedächtnisverlust und mangelnde Miktionskontrolle
  • Chorea-Huntington
    • Ursache: eine Erbkrankheit, die sich durch Proteinanomalien im Gehirn manifestiert
    • Symptome: anormale, unwillkürliche Bewegungen, massive Abnahme des Denk- und Urteilvermögens, Reizbarkeit, Depressionen und andere Stimmungsschwankungen
  • Wernicke-Korsakoff-Krankheit
    • Ursache (sehr oft): massiver Alkoholkonsum über lange Zeit und bedrohlicher Mangel an Thiamin (Vitamin B1)
    • Symptome: gravierende Gedächtnisprobleme, andere Bereiche sind jedoch weniger betroffen
  • Mischformen
    • Zwei oder mehr Demenzformen (z.B. Alzheimer-Demenz und normaler druckbedingter Hydrozephalus) treten gleichzeitig auf.

1.2
Die Stadien der Demenz


In der Literatur werden die einzelnen Stadien der Demenz ausgiebig beschrieben. Die Stadien der Demenz zeigen, wie sich die Krankheit im Laufe der Zeit entwickelt und welche Symptome und Verhaltensweisen in der Regel auftreten. Demenz wird gewöhnlich in drei Stadien dargestellt: Frühstadium, mittleres Stadium und fortgeschrittenes Stadium (Alzheimer’s Association, 2017a). Die folgenden Symptome der Demenz sind in den einzelnen Stadien häufig zu beobachten:

  • Frühstadium (leichte kognitive Beeinträchtigung) :
    • Die Betroffenen können noch ohne fremde Hilfe funktionieren.
    • Gelegentlich treten Wortfindungsprobleme auf.
    • Gelegentlich treten Gedächtnisprobleme auf.
    • Sie vergessen Namen und wo sie bestimmte Dinge aufbewahren.
    • Es fällt ihnen schwerer, zu planen und zu organisieren.
    • Ängste, Gereiztheit und Depressionen nehmen zu.
  • Mittleres Stadium (mittlere kognitive Beeinträchtigung):
    • Die Betroffenen haben Probleme, sich an Dinge aus der eigenen Lebensgeschichte zu erinnern.
    • Sie haben Schwierigkeiten...
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