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E-Book

Sex macht Spaß, aber viel Mühe

Eine Entdeckungsreise zur schönsten Sache der Welt

AutorSteffen Münzberg, Susanne Thiele, Vladimir Kochergin
VerlagOrellFüssli
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl256 Seiten
ISBN9783280038314
Altersgruppe13 – 
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis11,99 EUR
Warum gibt es bei uns Menschen eigentlich Männchen und Weibchen? Warum vermehren sich Blattläuse jungfräulich, Elefanten aber nicht? Warum haben wir Menschen überhaupt Sex? Wäre es vielleicht besser, wir würden uns auch mit geschlechtsloser Vermehrung begnügen? Viele Lebewesen fahren damit ganz ausgezeichnet. Zumindest legt dies die Scheidungsrate bei Schimmelpilzen nahe.

Steffen Münzberg, geboren 1968, ist Diplom-Ingenieur und Techniker. Seit der Kindheit hat er ein starkes Interesse an den Naturwissenschaften. Er fragt sich, wie die Biologie des Menschen die Gesellschaft beeinflusst? Welche evolutionären Prozesse treten in Gesellschaften auf? Susanne Thiele, geboren 1970, ist Biologin und Wissenschaftsjournalistin. Sie ist fasziniert von den unglaublichen Krimis, die die Evolution erzählt. Die Biologie erklärt uns, wie wir alle, Mensch oder Mikrobe, in unserer Komplexität und Vielfalt entstanden sind. Vladimir Kochergin, geboren 1981, ist Diplom-Biologe, Lehrer und Ausbilder. Er sieht die Biologie als Mittel, um die Menschen besser zu verstehen und sich über die wahre Natur unserer Emotionen und unseren Verhaltens klar zu werden.

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Leseprobe

Teil I

Erregungsphase:

Wozu das Ganze?

Sex und Tod

Wozu Sexualität?

Warum betreiben wir Sex? Weil es Spaß macht. Warum macht Sex Spaß? Damit wir ihn machen. Wenn Sex keinen Spaß machen würde, würden wir uns nicht paaren, nicht vermehren und schon bald wären wir ausgestorben.

Warum aber brauchen wir unbedingt Sex für die Vermehrung? Es ginge doch auch ohne Sex. Bakterien vermehren sich ganz keusch durch Teilung. Viele Pflanzen lassen einfach einen Ableger wachsen, der dann eine neue Pflanze wird. Auch einige Tiere vermehren sich enthaltsam. Ein kleines, mit den Quallen verwandtes Hohltier namens Hydra – bekannt auch als Wasserpolyp – kann eine neue Hydra seitlich aus sich herauswachsen lassen. Oder sie teilt sich quer oder längs, um dann zwei Hydras zu sein. Blattläuse gebären junge Blattläuse –, im Sommer legen Blattläuse keine Eier, sondern sind lebend gebärend – ohne dass die Blattlausmutter irgendetwas wie Sex gehabt hätte. Es geht also auch ohne. Wozu dann der ganze Paarungsaufwand? Warum teilen wir Menschen uns nicht einfach wie die Hydra? Morgens aufwachen und neben sich liegen? Das wäre doch was.

Bakterienfutter

Um zu verstehen, weshalb uns Menschen die Sexualität mitge­geben wurde, müssen wir die Perspektive wechseln. Statt mit uns Menschen müssen wir uns mit Viren und Bakterien beschäftigen. Es geht nicht um die Bakterien und Viren, die beim Sex von Mensch zu Mensch springen; es geht hier ganz allgemein um die knisternde Beziehung zwischen den Viren bzw. Bakterien und uns Vielzellern. Die Frage also lautet: Was haben die Erreger von Grippe und Durchfall mit unserem Sexualleben zu tun?

Betrachten Sie sich einmal aus dem Blickwinkel einer hungrigen Bakterie. Ein Mensch ist für eine Bakterie ein riesiger Fleischhaufen, der für lange Zeit Nahrung bieten könnte. Und hungrige Bakterien gibt es viele. Von dem Gewicht, das Ihnen Ihre Waage anzeigt, entfallen drei Kilogramm auf die in und an Ihnen lebenden Bakterien. Auch wenn Sie im Meer baden, sind in jedem Kubikzentimeter Meerwasser, also in nur einem Fingerhut voll, zehn Millionen Viren enthalten, die sich gern in Ihnen vermehren würden. Damit uns die vielen Bakterien und Viren nicht auffressen, brauchen wir eine Abwehrstrategie. Aber welche?

Bakterien brechen unsere Zellen auf, um sie zu verspeisen. Viren dringen in unsere Zellen ein, um sie als Viren-Brutstätte zu benutzen. Das Aufbrechen einer Zelle und das Eindringen in eine Zelle sind komplizierte biochemische Vorgänge: Die Bakterien und Viren docken an bestimmten Strukturen unserer Zelloberfläche an und benutzen dann chemische »Schlüssel«, um die Zellen zu öffnen. Zu unserem Glück verfügt nicht jede Bakterie und nicht jeder Virus über das Talent, unsere Zellen zu öffnen. Wenn dem so wäre, würden wir nicht aufrecht über die Erde gehen, sondern aufgelöst von den Viren und Bakterien als Zellflüssigkeitspfütze in der Erde versickern.

Die Schlüsselfrage

Zellen haben auf ihren Zellmembran-Oberflächen raffinierte molekulare Strukturen und Vorrichtungen. Es gibt komplexe Zuckermoleküle für den mechanischen und chemischen Schutz. Auf der Zelloberfläche befinden sich komplizierte Moleküle, die die chemischen Signale von anderen Zellen verstehen können und diese Signale in das Zellinnere weiterleiten. Und es gibt Molekülpumpen, die bestimmte Stoffe in die Zelle hinein- und andere Stoffe hinausbefördern. Die Oberfläche einer Zelle ist keine glatte Hülle, sondern eine Mischung aus Molekülgebirge, Antennenwald und Chemiefabrik.

Um eine Zelle zu öffnen, brauchen die Bakterien und Viren »Werkzeuge« oder »Schlüssel«, die biochemisch ganz genau zu einer Stelle auf der Zelloberfläche passen. Mit solch einem passenden Schlüssel können die Viren und Bakterien bestimmte biochemische Reaktionen in den Zellwänden auslösen, die die Zellwände öffnen. Diese »Sesam öffne dich«-Reaktionen, die sonst dazu dienen, bestimmte nützliche Stoffe in die Zelle zu schleusen, gewähren nun den Viren und Bakterien Zutritt in das Zellinnere. Nur wer den richtigen Schlüssel zu einer Zelle hat, bekommt Futter und kann sich vermehren. Für die Bakterien sind unsere Zellen gut gefüllte Vorratskammern, Kühlschränke und Weinkeller gleichzeitig. Und die Viren sehen in unseren Zellen kostenfreie Entbindungsstationen und Kindergärten. Das klingt harmlos, ist es aber nicht. Unsere Zellen werden von eingeschleusten Virengenen gezwungen, in ihrem Inneren gewaltige Mengen von Jung-Viren zusammenzubauen. Die so in einer Zelle herangewachsenen Viren wollen in die Welt hinaus und brechen dazu die Zelle von innen auf. Die aus den Zell-Trümmern ausgeschwemmten Viren befallen sofort die nächsten Zellen, denen dann das Gleiche bevorsteht.

Wie aber kommen die Viren und Bakterien an die richtigen Zell-Schlüssel heran? Und wie können wir das verhindern?

Sollte auf Ihrem Körper einmal eine neue Bakterie landen, dann besitzt diese Bakterie wahrscheinlich keinen passenden Schlüssel zu Ihren Zellen. Aber die Bakterien haben die Zeit auf ihrer Seite. Bakterien können sich innerhalb von 20 Minuten teilen, immer und immer wieder und dabei mutieren. Mit neuen Mutationen können immer neue chemische Schlüssel entstehen. Irgendwann einmal wird irgendeine Bakterie einen Schlüssel haben, der genau zu Ihren Zellen passt. Und dann werden Sie von den Bakterien an- oder vielleicht auch aufgefressen.

Happy End

Es gibt aber eine sichere Methode, das Gefressenwerden zu verhindern. Eine todsichere Methode. Sterben Sie! Sterben Sie, bevor Sie gefressen und dadurch krank werden!

Aber geht es nicht um das Überleben? Wie soll Sterben beim Überleben helfen? Ja, es geht um das Überleben. Aber leider nicht um Ihr wertes Überleben, sondern um das Ihrer Gene, um das Überleben Ihrer Erbinformationen. Um also Ihre Gene vor den Bakterien und Viren, den Parasiten, zu retten, sollten Sie schnell Kinder bekommen, die Kinder schnell großziehen und dann schnell sterben. So lassen Sie den Parasiten nicht genug Zeit, Ihren Zellwand-Code zu entschlüsseln. Bevor sich die Bakterien und Viren bei Ihnen gemütlich einrichten können, sind Sie schon gestorben. Und weil Sie noch keine Parasiten in Ihren Zellen haben, sterben Sie bei bester Gesundheit. Ein zeitlich gut geplanter Tod ist für die Gene eine wirksame Überlebenshilfe.

Dass Sterben geplant sein kann, sehen Sie an den Eintagsfliegen. Nachdem die Eintagsfliegen-Larven viele Monate im Wasser verbracht haben, steigen alle Larven gleichzeitig aus dem Wasser, häuten sich und leben als flugfähige geschlechtsreife Insekten nur noch einige Tage. Sie sterben aber nicht, weil ihnen kein längeres Leben möglich wäre oder weil sie gefressen werden. Nein, sie sterben, weil sie genetisch so programmiert sind. Zu einem bestimmten Termin, gleich nach Paarung und Eiablage, sterben sie pflichtbewusst zum Zwecke der Arterhaltung. Die Eintagsfliegen überlisten so die Räuber und Parasiten. Kein Vogel, keine Libelle und auch keine Schlupfwespe oder Milbe kann sich an die nur wenige Tage im Jahr herumfliegenden Eintagsfliegen anpassen. Keine Art kann zum spezialisierten »Eintagsfliegenjäger« werden, ohne dabei zu verhungern und auszusterben.

Auch unser Tod ist geplant. Wir sterben zwar nicht auf den Tag genau geplant wie die Eintagsfliegen, aber wir sterben. Was lässt uns sterben? Wenn uns nicht die Parasiten hingerafft haben, dann sterben wir an Krebs oder am Alter. Altern bedeutet, dass die Zellen immer schlechter funktionieren. Die Zellen verschleißen, weil das zellinnere Reparatur- und Wartungsprogramm immer schlechter abläuft. Stark verschlissene Zellen werden auch nicht mehr erneuert. Sind das aber nicht normale Lebenserscheinungen? Wieso sollen das Altern und der dann folgende Tod geplant sein? Sind Altern und Sterben denn nicht unvermeidlich?

Altern ist vermeidbar. Altern muss nicht sein. Ewige Jugend ist machbar – aber nur dort, wo sie einen evolutionären Vorteil hat. Dazu mehr im Kapitel »Tod und Alter«, in dem wir auch die Telomere betrachten, die uns vor Krebs schützen sollen, uns aber auch pünktlich sterben lassen. Nun zurück zu den Parasiten und ihrer Lieblingsspeise: uns.

Sei ANdERS!

Bei Wesen wie Mensch und Elefant, bei denen die Nachwuchserzeugung durch lange Schwangerschaft und Brutpflege ein paar Tage länger dauert als bei den Eintagsfliegen, ist das »schnelle Sterben« nicht ganz so einfach zu bewerkstelligen. Langlebige Lebewesen haben es schwerer, den Parasiten zu entkommen als die Schnellsterber. Aber außer dem eiligen Dahinscheiden gibt es noch eine andere Methode, mit heiler, einigermaßen parasitenfreier Haut davonzukommen.

Unsere Kinder werden in eine Welt voller Viren und Bakterien hineingeboren. Die Parasiten, die vielleicht schon 20 oder 30 Jahre auf oder in der Mutter leben und dabei den passenden Zelloberflächen-Schlüssel schon gefunden haben, stürzen sich nun auf den Nachwuchs. Wenn die Kinder der Einfachheit halber...

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