Sie sind hier
E-Book

Sexueller Missbrauch. Kinder als Täter

AutorDaniela Koch
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2006
Seitenanzahl68 Seiten
ISBN9783638496087
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich Soziale Arbeit / Sozialarbeit, Note: 1,3, Technische Hochschule Köln, ehem. Fachhochschule Köln, 49 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Sexuell aggressive Kinder sind kein neues Phänomen. Erste Fallsammlungen wurden bereits Ende des 19. Jahrhunderts dokumentiert. Obwohl die Literatur über sexuellen Missbrauch inzwischen unübersehbar geworden ist und sexueller Missbrauch durch Kinder und Jugendliche verstärkt in den Blick der Forschung geraten, findet sich speziell für den Bereich sexuell übergriffiger Kinder bzw. sexuellen Missbrauch durch Kinder kaum etwas. Auch in der Forschung finden sich nur wenige empirische Untersuchungen, die meisten beziehen sich auf kindliche und jugendliche Täter zusammen. Da aber mittlerweile bekannt ist, dass die meisten Täterkarrieren in der Kindheit beginnen, oder anders gesagt, dass 'die Grundlage für das sexuelle Misshandlungsmuster oft bereits im Jugendalter oder früher angelegt werden' ( Fürniss, 2000) ist eine gesonderte Betrachtung des Bereichs -Kinder als Täter- wichtig. Ziel dieser Arbeit soll es sein, den Zusammenhang von sexuell missbräuchlichem Verhalten und Aggressivität und dessen Entwicklung herzustellen, die Entwicklung einer normalen kindlichen Sexualität darzustellen und Möglichkeiten aufzuzeigen, sexuell übergriffiges Verhalten davon abzugrenzen. Die Herausarbeitung von den Ursachen für sexuell missbräuchliches Verhalten von Kindern wird den Hauptteil dieser Arbeit ausmachen. Da, wie bereits erwähnt die Mehrzahl jugendlicher Täter bereits als Kinder durch sexuell übergriffiges Verhalten auffallen, kann durch die Analyse der Ursachen bestimmt werden, welche Maßnahmen zur Prävention und Intervention ergriffen werden können, um effektiv die Wahrscheinlichkeit von Täterkarrieren zu vermindern. Die Möglichkeiten, aber auch die Grenzen von Sozialarbeit werden im letzten Abschnitt besprochen.

Kaufen Sie hier:

Horizontale Tabs

Leseprobe

4.0 Kindliche Sexualität

 

Lange Zeit galten Kinder in unserer Kultur als „asexuelle“ Geschöpfe.[32]

 

 Den Mythos vom sexualitätsfreien Kind beendete Freud mit seinen Theorien zur „kindlichen Sexualität“, worauf im Rahmen dieser Diplomarbeit aufgrund des Umfanges nicht weiter eingegangen werden kann. Diesbezüglich verweise ich auf

 

Dagma Potzykus, /Manfred Wöbcke und Charles Brenner[33]

 

 Ford und Beach (1968, S.7)[34] bezeichnen jenes Verhalten als Sexualverhalten, welches „mit der Reizung und Erregung der Sexualorgane“ verbunden ist.

 

Bettina Schuhrke erweitert dieses dadurch, dass genitale Erregungen nicht nur durch Handlungen, sondern auch durch Gedanken, Phantasien und Empfindungen hervorgerufen werden können[35]. In der Regel wird bei Kindern noch als Sexualverhalten aufgefasst, was zur sexuellen Annäherung zwischen den Geschlechtern gehört oder was dem unmittelbar körperlichen Sexualkontakt Erwachsener entspricht. Ebenfalls zählt Schuhrke (2002) die auf primäre und sekundäre Geschlechtsorgane gerichtete Neugier und körperliche Untersuchung dazu.

 

Sexuelle Reaktionen, Manipulationen oder Situationen haben für Kinder zunächst keine sexuelle Bedeutung und dürfen nicht mit denen Erwachsener gleichgesetzt

 

werden[36] Erst durch die Einführung in das in unserer Kultur herrschende symbolische System für Sexualität [37] , welches durch die Interaktionen mit Bezugspersonen, Medieninhalten, etc. transportiert wird, gewinnen diese an Bedeutung.

 

Was Kindern an Sexualität zugestanden wird, ist gesellschaftlich

 

geprägt. Neben den sozialen Einflüssen wird die sexuelle Entwicklung von der biologischen Grundlage und der Eigenaktivität des Kindes beeinflusst.[38] Zusätzlich zum sexuellen Verhalten im eigenlichen Sinne gehören Bereiche wie Geschlechtsidentität, Intimität und Privatheit, sexuelle Orientierung, Geschlechtsrolle, sexuelles Wissen und körperliche Veränderung zur sexuellen Entwicklung.[39]

 

Kindliches Sexualverhalten kann als sexuelle Erfahrung mit dem eigenen Körper oder als sexuelle Erfahrung mit anderen erlebt werden.

 

Bereits im Mutterleib und in den ersten Monaten nach der Geburt zeigen Kinder reflexhafte sexuelle Reaktionen, welche bei verschiedenen Gelegenheiten, wie beispielsweise beim Saugen oder bei affektiven Verspannungen vorkommen. Bereits im ersten Lebensjahr spielen Kinder an ihren Genitalien. Schuhrke (2002)  gibt an, dass bereits ab dem vierten Monat Orgasmen beobachtet wurden, welche das Kind nicht durch Manipulation auslöst, sondern welche durch andere Reizungen im Genitalbereich zustande kommen.

 

Im ersten Lebensjahr hat die Auseinandersetzung der Kinder mit ihren Genitalien überwiegend den Zweck der Erforschung und nur selten eine lustvolle Komponente.[40] Im zweiten Lebensjahr setzt sich diese Untersuchung fort; Kinder entdecken ihre Genitalien bereits sehr bewusst, teilweise mit Zunahme der spielerischen Manipulation und der Lustkomponente. Diese lustvolle Erfahrung ist eine Möglichkeit für das Kind, sich hinsichtlich Zärtlichkeiten und Wohlbefinden von den Erwachsenen unabhängig zu machen. Im dritten Lebensjahr erfolgt eine weitere Intensivierung dieser Auseinandersetzung, sodass von Masturbation gesprochen werden kann.

 

Es kann davon ausgegangen werden, dass die Mehrheit der Kinder im Alter bis zu sechs Jahren an ihren Genitalien herumspielt und dass Manipulationen, die mit Lust und Erregung, aber nicht unbedingt mit Orgasmen einhergehen, in der frühen Kindheit weit verbreitet sind. Im Grundschulalter scheinen die Masturbationen

 

zurück zu gehen, und vor bzw. mit der Pubertät wieder vermehrt aufzutreten. Schuhrke weist darauf hin, dass Angaben aus verschiedenen Studien variieren, was damit zusammenhängt, dass meist Eltern oder Erwachsene retrospektiv befragt werden oder Kinder ihre sexuellen Aktivitäten verbergen.[41]

 

Erstes Interesse an den Genitalien anderer Personen bemerken die Eltern bereits am Ende des ersten Lebensjahres, der Median liegt bei der Beschäftigung in den Untersuchungen von Schuhrke bei 18 Monaten[42]. Kinder wollen die Geschlechtsteile ihrer Eltern erkunden, anschauen, manchmal berühren, so wie sie beispielsweise die Nase von Erwachsenen anfassen. Das Interesse ist anfangs

 

überwiegend an Nacktheit gebunden und richtet sich an die Eltern, mit zunehmenden Alter (ab dem zweiten Lebensjahr) auch an Geschwister und in einigen Fällen auch an nicht zur Familie gehörenden Kindern und Erwachsenen. Über sexuelle Phantasien von Kindern über andere Personen gibt es keine gesicherten Informationen. Erst ab einem Alter von 10 Jahren werden diese Gefühle stabile, erinnerbare Erfahrungen, was nach Herdt und

 

McClintock (2000)[43] mit der Adrenarche in Verbindung gebracht wird.

 

Einen großen Bereich der sexuellen Erfahrungen mit anderen nehmen bei Kindern die sexuellen Spiele ein, worauf im folgenden Kapitel noch detailliert eingegangen wird.

 

Beim sexuellen Wissen von Kindern gibt es teilweise innerhalb der Altergruppen und Dimensionen große Unterschiede. Im Alter von zwei bis vier Jahren entwickelt sich das Wissen um die eigene Geschlechtszugehörigkeit. [44]

 

Das Bewusstsein über die eigene Geschlechtsidentität ist daran zu erkennen, dass Jungen beispielsweise voller Stolz ihr Genital zur Schau stellen und Mädchen manchmal ihren Rock heben und damit andeutungsweise ihre Scheide präsentieren. Körperscham, nackt herum laufen oder sich vor anderen ausziehen, setzt in der Regel um den Schulbeginn ein.

 

Auch wenn ein Wissen über genitale Geschlechtsunterschiede bei Kindern vorhanden ist, stützen sie die Einordnung des Geschlechts anderer Personen auf äußerliche Merkmale, wie beispielsweise die Bekleidung. Nach einer Untersuchung von Trautner et al. (1985, n. Schuhrke, 1991)[45] kennen erst 80%

 

der Mädchen und 50% der Jungen die Bedeutung der äußeren Genitalien für die Zuordnung des Geschlechts.

 

Kenntnisse um das Sexualverhalten Erwachsener, welche bis zum Alter von sieben Jahren bei Kindern noch nicht detailliert sind und Wissen um die Zeugung, kann bei Kindern nebeneinander bestehen. Schuhrke (2002)  ist der Ansicht, dass verschiedene Studien die Tatsache nahe legen, dass Kinder erst in einem Alter von neun bis zehn Jahren in erwähnenswerten Umfang den Koitus mit der Fortpflanzung in Verbindung bringen.

 

Hinweise auf Faktoren, die einen positiven Einfluss auf das sexuelle Wissen von Kindern haben, finden sich in verschiedenen Studien. Solche sind beispielsweise

 

die elterliche oder schulische Sexualerziehung, das Vorhandensein von gegengeschlechtlichen Geschwistern oder das Erleben von Schwangerschaft und Geburt im Umfeld des Kindes.[46]

 

4.1 Sexuelle Spiele unter Kindern

 

Sexuelle Spiele unter Kindern, welche auch unter dem Begriff „Doktorspiele“[47] bekannt sind, gehören zu der normalen Entwicklung von Mädchen und Jungen.

 

Überwiegend geht es um das Zeigen, Betrachten, Manipulieren oder Stimulieren   der Genitalien, aber auch in selteneren Fällen um vaginale und urethrale Einführungen, um vaginale und anale Koitusversuche und orale Kontakte.[48]

 

Das Verhalten der Kinder ist zunächst nicht mit dem sexuellen Verhalten Erwachsener gleichzusetzen, es ist zunächst nur eine Art mit der menschlichen Anatomie vertraut zu werden. Kinder lernen erst nach und nach, bestimmte Handlungen und Situationen mit einer erotischen Facette zu verbinden.[49]

 

Sexuelle Spiele unter Kindern gibt es sowohl als heterosexuelle wie auch als homosexuelle Varianten.

 

Kinsey et al. (zitiert nach Schuhrke 1994) kommen in eine retrospektiven Befragung zu dem Ergebnis, dass im Alter von fünf Jahren acht Prozent der Mädchen an homosexuellen und fünf Prozent der Mädchen an heterosexuellen Spielen beteiligt sind. Bei den Jungen dieses Alters sind sechs Prozent an homosexuellen und 6,5 Prozent an heterosexuellen Spielen beteiligt. Im Alter von neun Jahren stiegen die entsprechenden Ergebnisse bei den Mädchen auf neun und sieben Prozent und bei den Jungen auf  21,5 und siebzehn Prozent. Weitere Ergebnisse dieser Studie sind, dass das homosexuelle Spiel bei beiden Geschlechtern im Alter von acht bis neun Jahren dominiert,  bei Mädchen zu diesem Zeitpunkt der Höhepunkt des Sexualspiels liegt und dass es bei den Jungen noch zu einem weiteren Anstiegt kommt.[50]

 

Homosexuelle Spiele in der Kindheit schließen weder eine heterosexuelle Orientierung im Erwachsenenalter aus, noch sind die ersten Anfänge von Homosexualität oder eine „homosexuelle Phase“. [51]

...

Weitere E-Books zum Thema: Pädagogik - Erziehungswissenschaft

Weitere Zeitschriften

Ärzte Zeitung

Ärzte Zeitung

Zielgruppe:  Niedergelassene Allgemeinmediziner, Praktiker und Internisten. Charakteristik:  Die Ärzte Zeitung liefert 3 x pro Woche bundesweit an niedergelassene Mediziner ...

BIELEFELD GEHT AUS

BIELEFELD GEHT AUS

Freizeit- und Gastronomieführer mit umfangreichem Serviceteil, mehr als 700 Tipps und Adressen für Tag- und Nachtschwärmer Bielefeld genießen Westfälisch und weltoffen – das zeichnet nicht ...

CE-Markt

CE-Markt

CE-Markt ist Pflichtlektüre in der Unterhaltungselektronik-Branche. Die Vermarktung von Home und Mobile Electronics mit den besten Verkaufsargumenten und Verkaufsstrategien gehören ebenso zum ...

Euphorion

Euphorion

EUPHORION wurde 1894 gegründet und widmet sich als „Zeitschrift für Literaturgeschichte“ dem gesamten Fachgebiet der deutschen Philologie. Mindestens ein Heft pro Jahrgang ist für die ...

Euro am Sonntag

Euro am Sonntag

Deutschlands aktuelleste Finanz-Wochenzeitung Jede Woche neu bietet €uro am Sonntag Antworten auf die wichtigsten Fragen zu den Themen Geldanlage und Vermögensaufbau. Auch komplexe Sachverhalte ...

Evangelische Theologie

Evangelische Theologie

Über »Evangelische Theologie« In interdisziplinären Themenheften gibt die Evangelische Theologie entscheidende Impulse, die komplexe Einheit der Theologie wahrzunehmen. Neben den Themenheften ...