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E-Book

Sieben Männer, die Geschichte schrieben

AutorEric Metaxas
VerlagSCM Hänssler im SCM-Verlag
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl264 Seiten
ISBN9783775172028
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis17,99 EUR
Anhand von sieben Kurzporträts illustriert Metaxas, was wahres Menschsein bedeutet. Mit dabei: Martin Luther, seit 500 Jahren ein Held. Sklavenbefreier William Wilberforce. Sportler Eric Liddell, dem Gott wichtiger war als seine Goldmedaille. Märtyrer Dietrich Bonhoeffer. Der erste schwarze Baseballspieler, Jackie Robinson. Papst Johannes Paul II., der für die Würde des Lebens eintrat. Und Ex-Präsidentenberater Charles Colson, für den Watergate zum Wendepunkt seines Lebens wurde. Der Bestsellerautor schreibt Beiträge für verschiedene Medien (u.a. New York Times, CNN). In Deutschland wurde er vor allem durch seine Bonhoeffer-Biografie bekannt. Inklusive 8-seitigem Bildteil.

Eric Metaxas studierte an der Yale University und ist in Deutschland vor allem für seine Biografie über Bonhoeffer bekannt, die auf Deutsch in der siebten Auflage vorliegt. Seine Beiträge als Journalist erschienen u.a. in der New York Times, auf CNN und im Wall Street Journal.

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Leseprobe

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1. Kapitel


Martin Luther

1483–1546

Meine Mutter wuchs als evangelische Christin in Deutschland auf. Mein ganzes Leben lang hörte ich von Martin Luther – und wusste doch sehr wenig über ihn. Mir war bekannt, dass er Sinn für Humor hatte und viele derbe Aussprüche auf ihn zurückgehen. In unserer Wohnung steht ein vergoldeter Becher mit Luthers Konterfei und dem Spruch: »Wer nicht liebt Wein, Weib und Gesang, der bleibt ein Narr sein Leben lang.«1 Ich kannte Luthers bulliges Gesicht durch das berühmte Porträt von Lucas Cranach und wusste, dass die »Lutheraner« nach ihm benannt waren.

Aber das war auch schon fast alles, und bis zu den Recherchen für mein Buch über Dietrich Bonhoeffer, der stark von Luther geprägt war, war mir nicht klar, was ich da alles verpasst hatte. Falls Sie noch nicht viel über diesen großen Reformator wissen, hoffe ich, dass dieses Kapitel Ihnen helfen wird. Und falls Sie schon viel wissen, hoffe ich, dass Sie ein paar neue Entdeckungen machen.

Ich schreibe diese Zeilen zu einer Zeit, in der das große Reformationsjubiläum seine Schatten vorauswirft. 2017 sind fünfhundert Jahre seit jenem historischen 31. Oktober vergangen, an dem Luther seine 95 Thesen veröffentlichte und an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg angeschlagen haben soll.F2 Es wird als Geburtstag der Reformation erinnert und gefeiert. Kein Wunder, dass Luther zurzeit bei vielen große Aufmerksamkeit weckt, was nicht ohne geschäftstüchtige Auswüchse bleibt. Luther-Produkte sind in. Vor Kurzem schickte mir ein Freund ein Paar Socken, auf denen die vielleicht berühmtesten Worte gestickt waren, die auf Luther zurückgehen sollen: »Hier stehe ich.«

Ich weiß nicht, ob Sie sich jetzt laut lachend auf die Schenkel klopfen oder aber dieses Buch am liebsten in die Ecke legen würden. Ich selbst musste (nun ja, ein bisschen) kichern. Aber das Kichern vergeht mir sofort, wenn ich bedenke, wie wenig Menschen heute wirklich wissen, wer Luther war.

Wenn Sie in den USA den Namen »Luther« erwähnen, denken viele als Erstes an Martin Luther King, das große Idol der Bürgerrechtsbewegung, der weder Deutscher noch Lutheraner noch ein Mönch des sechzehnten Jahrhunderts war. Viele Menschen haben vergessen, wer Luther wirklich war, so wie sie auch William Wilberforce vergessen haben oder nur oberflächliches Halbwissen über Dietrich Bonhoeffer haben. Sie haben vergessen (falls sie es denn überhaupt je gewusst haben), was dieser Mönch mit den tiefgründigen Augen2 in nur fünfzehn Jahren angestoßen hat: Seine Taten und Worte brachten einen Stein ins Rollen, der schließlich die fünfzehn Jahrhunderte alte christliche Kirche auseinanderriss, was zu den beiden Strömungen führte, die wir heute als »katholisch« und »evangelisch« bezeichnen.

Luther wurde so etwas wie ein Star des sechzehnten Jahrhunderts, und ähnlich wie die heutigen Stars schockierte er seine Zeitgenossen manchmal durch das, was er tat oder sagte, etwa über den Zustand seiner Kirche. Und noch heute, im einundzwanzigsten Jahrhundert, wären viele schockiert, wenn sie hörten, ein Priester habe eine ehemalige Nonne geheiratet. Können wir uns vorstellen, was für ein Skandal es vor fünfhundert Jahren gewesen sein muss, als Luther Katharina von Bora ehelichte, eine Nonne, die kurz zuvor den Nonnenhabit und ihr lebenslanges Gelübde abgelegt hatte?

Können wir uns vorstellen, wie sich die Kirchenführer des sechzehnten Jahrhunderts fühlten, als ein aufmüpfiger Mönch, der an der Universität Wittenberg lehrte, sie öffentlich angriff und wüst beleidigte? Seinen Widersacher, Dr. Eck, betitelte er mit »Dr. Sau« oder »Das Schwein aus Ingolstadt«.3 Den Reformationsgegner, Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel, bezeichnete er nicht nur als dummen »Hans Worst« (Hanswurst),4 sondern für ihn war er auch der »grobe Filtz, Rultz und Tölpel, der Esel aller Esel zu Wolfenbüttel«5. Und das war noch vergleichsweise harmlos. Es sollte noch heftiger kommen.

So stellte Luther eine fünfzehn Jahrhunderte alte Tradition auf den Kopf und erzürnte seine Kirchenoberen, als er das Alte und Neue Testament in das Deutsch seiner Zeit übersetzte, damit auch die einfachen Leute, die nicht des Lateinischen mächtig waren, sie lesen und darüber ins Gespräch kommen könnten. So etwas galt damals als hochgefährlich, denn der normale Bürger, so hieß es in der Kirche, wusste doch gar nicht, wie man die Bibel richtig las; was, wenn er sie völlig falsch verstand? Deshalb brauchte er das kirchliche Lehramt.

An diesem Argument war durchaus etwas Wahres dran. Was jeder lesen kann, kann auch jeder falsch verstehen; dieses Prinzip hat sich bis heute nicht geändert. Doch Luther war bereit, dieses Risiko einzugehen; er war der Überzeugung, dass die Vorzüge die Nachteile bei Weitem überwiegen würden: dem Wort der Heiligen Schrift direkt und unmittelbar zu begegnen. Und quasi nebenbei schuf Luther als Sprachgenie nichts anderes als die heutige deutsche Sprache.

Doch manchmal waren Luthers Absichten weniger edelmütig. Oft ging es ihm nur darum, seine Gegner zu schockieren, wenn er beispielsweise seinen Freund, den berühmten Maler Lucas Cranach, dazu brachte, einige seiner Schriften mit deftigen Karikaturen zu illustrieren.

Luther war ein Universalgelehrter mit vielfältigen Interessen und Talenten. Er liebte die Musik und glaubte, sie bringe uns näher zu Gott, schrieb Choräle, die Christen heute noch singen, darunter seinen berühmtesten, Ein feste Burg ist unser Gott.

Fünfhundert Jahre nachdem Luther das Übel des Ablasshandels bekämpft und den damaligen Papst als Antichristen tituliert hatte, ist sein berühmtes sola fide (»allein durch den Glauben«) nicht verstummt. Und wir erinnern uns ebenfalls immer noch an einige seiner heftigsten Beleidigungen – und daran, dass auch dieser große Mann des Glaubens nicht vollkommen war.

Martin Luther wurde am 10. November 1483 in Eisleben (Sachsen-Anhalt) geboren, als Sohn von Hans und Margarete Luther. Es war ein sehr bewegtes Jahr für das christliche Abendland. Karl VIII. wurde zum König von Frankreich gekrönt, während in England Richard III. den Thron an sich riss. Die Bürger von Rom erlebten die Einweihung der Sixtinischen Kapelle, während in Spanien 1484 Tomás de Torquemada zum ersten Großinquisitor (also oberstem Ketzerjäger) ernannt wurde – wie gut für Luther, dass er in fernen deutschen Landen geboren wurde.

Johannes Gutenbergs Druckerpresse, die Luther gute Dienste leisten würde, war noch nicht lange erfunden, und neun Jahre nach Luthers Geburt begann ein genuesischer Seemann und Visionär namens Christoph Kolumbus seine epochale Reise über den Atlantik. Epidemien, die Millionen Opfer fordern konnten, waren häufig und sicher einer der Gründe für endzeitliche Stimmungen. Auch Luther war der Meinung, das Ende der Welt stehe vor der Tür.

Kein Jahr nach Martins Geburt zog die Familie nach Mansfeld um, das zu Luthers Heimat wurde. Luthers Vorfahren waren Bauern gewesen, doch sein Vater, der aus Rechtsgründen keinen Familienhof hatte erben können, wurde Bergmann und konnte schließlich eine Kupferschmelzerei erwerben. Obwohl er nicht lesen konnte, wurde er zu einem der »Viermänner« gewählt, die die Gemeinde Mansfeld gegenüber dem Rat vertraten.

Luthers Mutter hatte alle Hände voll zu tun mit Martin und seinen Geschwistern, von denen mehrere nicht das Erwachsenenalter erreichten. Das Geld reichte anfangs nur knapp zum Leben, und der erwachsene Luther sollte sich noch oft an die enorme Sparsamkeit und bittere Armut in seinem Elternhaus erinnern.

Mit Staunen sollte Luther später feststellen, wie hoch er in seinem Leben aufgestiegen war. Ein Biograf kommentiert:

Dieses Wurzelbodens war er sich ebenso bewusst wie des für ihn wundersamen Umstandes, dass er, der Mann aus den eigentlich kleinen und einfachen bäuerlichen Verhältnissen, es zum Doktor der Heiligen Schrift und Gegenspieler des Papstes gebracht habe.6

Luthers Erziehung war streng; harte Prügel durch beide Eltern waren nicht ungewöhnlich. Uns Heutige mag das befremden, doch es war der damals übliche Stil in der Erziehung. Typisch war auch die konsequente religiöse Prägung. Schon als kleiner Junge war Luther von der Realität des Satans überzeugt – aber auch davon, dass Jesus Christus noch stärker war.7 An der Schule, an der Luther auch schon in Latein und Logik unterrichtet wurde, herrschte die Prügelstrafe, oft aus nichtigstem Anlass; an diese Sitte blieben Luther bittere Erinnerungen.

Luther machte sich als Schüler so gut, dass er 1501, mit 19 Jahren, das Studium der Philosophie an der Universität im thüringischen Erfurt beginnen konnte, das er 1505 mit einem Magistergrad abschloss. Hans Luther wollte, dass es seinen Kindern einmal besser ginge als ihm. Sein Sohn sollte Rechtsanwalt werden. Also fing Martin gehorsam ein Jurastudium an. Doch dann geschah eines Tages etwas, das den Gang seines Lebens und damit auch den Gang der Weltgeschichte dramatisch verändern sollte.

Es war ein typisches »Damaskuserlebnis«, und ähnlich wie bei der Bekehrung des Apostels Paulus fand es unterwegs statt. Luther hatte gerade seine Eltern besucht und war zu Pferde auf dem Rückweg zur Universität, als ein gewaltiges Unwetter aufkam, bei dem ein Blitz so nah einschlug, dass Luther vor Angst wie gelähmt war. In Todesnot betete der junge Mann, der nichts anderes als Gottes baldiges Gericht erwartete, zur heiligen Anna, der Mutter...

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